ULTIMO Zusammenleben - Akzente
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Text: Tamara Volgger, Sozialogin, Graffiti-Künstlerin<br />
Foto: Shutterstock<br />
Die neuen UreinwohnerInnen<br />
des Weltdorfes<br />
Jugendliche mit Migrationshintergrund: jung, flexibel, leistungsorientiert und aufgeschlossen.<br />
Eine Studie des Sachverständigenrates<br />
deutscher Stiftung für Integration und<br />
Migration verdeutlicht, dass Eltern der<br />
Mittelschicht ihre Kinder lieber in Schulen<br />
schicken, die einen geringeren Anteil an<br />
MigrantInnen aufweisen. 1<br />
Ähnliche Verhaltensweisen zeigen sich<br />
auch in Österreichischen Ballungszentren,<br />
obwohl beispielsweise in der Stadt<br />
Salzburg rund 20 % der Bevölkerung einen<br />
Migrationshintergrund aufweisen (im Land<br />
Salzburg sind es etwa 12 % das entspricht<br />
65 500 Menschen) 2 , was uns dazu zwingt<br />
sowohl auf politischer Ebene, als auch im<br />
Alltag uns mit dem Thema Integration<br />
auseinander zu setzen.<br />
Der Soziologe Georg Simmel sah die<br />
Kennzeichen einer urbanen Kultur darin,<br />
dass sich Fremde hier besonders leicht<br />
integrieren lassen. 3 Er bezeichnet dies als<br />
Integrationsmodus urbaner Indifferenzen,<br />
welche eine problemlose Koexistenz des<br />
Heterogenen gewährleistet, was wohl<br />
auch erklären dürfte, warum sich Jugendliche<br />
nicht Österreichischer Herkunft<br />
z. B.: wohler im Streetdance (eine Tanzform,<br />
die aus der antirassistischen Hinterhof-<br />
Subkultur Hip Hop entsprang) als beim<br />
Schuhplatteln fühlen.<br />
Aus Soziologischer Sicht ist das Auftreten<br />
Jugendlicher mit Migrationshintergrund in<br />
urbanen Subkulturen besonders interessant:<br />
Nach der neuesten Sinus-Studie<br />
(2008), 4 welche an Hand von Interviews die<br />
Lebenswelt von MigrantInnen in Deutschland<br />
analysierte und die irrtümlich für<br />
homogen gehaltene Gruppe der „AusländerInnen“<br />
in acht Milieus einteilt, sind es<br />
vor allem Jugendliche aus dem multikulturellen<br />
Performermilieu, die sich als führende<br />
Personen in diesen Jugendszenen<br />
herauskristallisieren. Sie sind jung, flexibel,<br />
leistungsorientiert und aufgeschlossen<br />
und verstehen sich als WeltbürgerInnen –<br />
sie sind die „neuen Ureinwohner des Weltdorfes“,<br />
wie sie die Soziologin Elisabeth<br />
Beck-Gernsheim bezeichnet. Außerdem ist<br />
es für multikulturelle Performer kein Problem,<br />
Österreichische Traditionen und Bräuche<br />
aus ihrem Herkunftsland unter einem<br />
Hut zu bringen. Natürlich gibt es auch<br />
eine andere Seite, also eine ausgrenzende<br />
Auffassung der Subkulturen, wie man es<br />
im hedonistischen-subkulturellen Milieu<br />
wieder findet. Akteure dieser Gruppe<br />
stammen aus der zweiten Einwanderergeneration<br />
und befinden sich meist noch in<br />
der Ausbildung. Sie identifizieren sich nicht<br />
mit der Mehrheitskultur und nehmen die<br />
Subkultur als Ausgrenzungswerkzeug, wie<br />
es z. B.: Der „Kanaken-Rap“, dessen Texte<br />
eine starke Zusammengehörigkeit innerhalb<br />
der türkisch-deutschen männlichen<br />
Jugendlichen verherrlichen, verdeutlicht.<br />
Letztendlich ist Integration kein Zustand,<br />
sondern ein nie endender Prozess, der von<br />
beiden Seiten her geschehen muss, um die<br />
Lebensqualität aller in Österreich lebenden<br />
Menschen zu verbessern.<br />
1<br />
http://www.unzensuriert.at/content/0010956-Mittelschicht-meidet-Schulen-mit-hohem-Migrantenanteil<br />
2<br />
http://www.salzburg.gv.at/themen/gv/migration/bevoelkerung_salzburg/migrantinnen_in_salzburg.htm<br />
3<br />
http://www.uni-kassel.de/fb13/su/seminar/pdf/Literatur_Zuwanderung05%20H%E4uSie_Integration.pdf<br />
4<br />
http://www.sinus-institut.de/uploads/tx_mpdownloadcenter/MigrantenMilieus_Zentrale_Ergebnisse_09122008.pdf<br />
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