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Z12 Die Frage nach dem Fundament

Welche Werte prägen unsere Gesellschaft und worauf sind diese gegründet? Vollversion 60 Seiten

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Kirche & Gesellschaft<br />

Ihrer Meinung <strong>nach</strong> enthält die Bibel Texte, in denen<br />

„menschliche Erfahrungen mit Gott” so verdichtet<br />

wurden, „dass andere Menschen sich und<br />

ihre Erfahrungen mit Gott darin wiederentdecken<br />

können”. 2 Daher sei sie nicht mehr Gottes Wort<br />

im objektiven Sinne, sondern der menschlichen<br />

Beurteilung unterworfen; <strong>nach</strong> <strong>dem</strong> humanistischen<br />

Denkansatz „Der Mensch ist das Maß aller<br />

Dinge” wird der Mensch so auch zum Maß für die<br />

Beurteilung des Wortes Gottes.<br />

Löst man subjektive Erkenntnis von der objektiven<br />

Autorität der Bibel, macht sich der Ausleger<br />

zur letzten Instanz in der <strong>Frage</strong>, was Gottes Wort<br />

ist und was nicht. Da wundert es nicht, wenn Landesbischof<br />

Ralf Meister (Hannover) auffordert,<br />

damit ernst zu machen, dass die Bibel „ein ganz<br />

normales Stück Literatur” sei.<br />

Ralf Meister meint denn auch zur Beurteilung<br />

praktizierter Homosexualität: „Natürlich<br />

findet sich in der Bibel nicht eine Stelle, die homosexuelle<br />

Praktiken positiv oder auch nur neutral<br />

werten würde. Daraus folgt aber eben nicht<br />

automatisch, dass wir <strong>dem</strong> Urteil der biblischen<br />

Schriften hier folgen müssten.” 3<br />

<strong>Die</strong> Abkehr vom Schriftverständnis der Reformatoren<br />

wird <strong>dem</strong> Leser als „segensreiches“ Endprodukt<br />

einer „offenen Lerngeschichte“ der Reformation<br />

verkauft. 4 Er erfährt dagegen nicht, dass die<br />

vermeintlichen Erben der Reformation deren Grundpfeiler<br />

„Allein die Schrift” längst zu Fall gebracht haben<br />

und somit das Erbe völlig verspielt wurde.<br />

Genügt Christus?<br />

<strong>Die</strong> Reformatoren proklamierten „Solus Christus”.<br />

Christus allein bedeutete für sie: Jesus ist der Weg<br />

zu Gott, er ist die Wahrheit und das Leben, 5 denn<br />

kein anderer hat durch sein Leiden und Sterben am<br />

Kreuz die Errettung der Welt vollbracht. So schrieb<br />

Luther: „Gott will nicht, dass man auf einem anderen<br />

Wege zu ihm gehe, ihn erkenne und liebe.” 6<br />

Foto: © screenshot/Lutherfilm<br />

Natürlich ist es legitim, dass die Verfasser die<br />

Zweifel und Bedenken unserer Zeit zur Sprache<br />

bringen: „Ist diese Exklusivität Jesu Christi nicht anmaßend?<br />

Wie kann man so auftreten und andere religiöse<br />

Gründe für ein heilvolles Leben bestreiten?” 7<br />

Aber anstatt einer Antwort im Sinne der Reformation<br />

präsentiert man <strong>dem</strong> Leser Wege an<br />

Christus vorbei. Der Christ möge zwar weiterhin<br />

in der Vielstimmigkeit einer „multireligiösen<br />

Gesellschaft” sein Bekenntnis vertreten und seine<br />

„Eigentümlichkeiten” nicht verbergen, aber er<br />

solle im interreligiösen Dialog den Glauben des<br />

anderen nicht für unwahr erklären. 8<br />

Noch deutlicher hat es Nikolaus Schneider auf<br />

<strong>dem</strong> Kirchentag in Dresden 2011 ausgedrückt:<br />

„<strong>Die</strong> Religionen müssen sich von <strong>dem</strong> Gedanken<br />

verabschieden, die Wahrheit allein zu besitzen.<br />

Gott ist immer größer als unsere Wahrheitserkenntnis.”<br />

9 Offensichtlich vertritt die EKD 500<br />

Jahre <strong>nach</strong> <strong>dem</strong> Thesenanschlag die Ansicht,<br />

dass es neben Christus auch andere Erlösungswege<br />

geben könne. Sie hat das „Solus Christus”<br />

aufgegeben und damit jede missionarische<br />

Stoßkraft verloren.<br />

Was ist eigentlich Sünde?<br />

Wenn man über den Tod Jesu am Kreuz spricht, muss<br />

auch geklärt werden, was Sünde ist. <strong>Die</strong> Verfasser<br />

der EKD-Schrift stellen fest, dass man heute nicht<br />

mehr gern über Sünde spricht. Das ist richtig. Heute<br />

lebt man, wie es einem gefällt, da würde es einengend<br />

wirken, etwas als „Sünde” zu bezeichnen.<br />

Aber der Knackpunkt des reformatorischen<br />

Sündenbegriffs ist, dass alle Menschen in gleicher<br />

Weise Sünder sind – die vielbeschworene<br />

Gleichstellung wäre durchaus gegeben.<br />

<strong>Die</strong> Reformatoren haben die Sündhaftigkeit aller<br />

Menschen in Folge der Erbsünde betont. Sehr<br />

viel klarer und schärfer als wir heute sahen sie,<br />

dass der Mensch „von Mutterleib an voll böser<br />

Lust und Neigung” und „ohne wahre Gottesfurcht<br />

und Glauben” ist. 10 Kann man das nicht auch heute<br />

sehen? Man schlage nur die Tageszeitung auf,<br />

um sich von der Sündhaftigkeit des Menschen zu<br />

überzeugen. Wenn die EKD-Führung nicht mehr<br />

Bild: © Wikipedia<br />

Deformationen von Lehre<br />

und Leben der Kirche war<br />

vor fünfhundert Jahren<br />

Anlass zur Reformation<br />

Über Sünde<br />

spricht man<br />

nicht gerne,<br />

das könnte<br />

engstirnig<br />

wirken<br />

Z für Zukunft<br />

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