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Z12 Die Frage nach dem Fundament

Welche Werte prägen unsere Gesellschaft und worauf sind diese gegründet? Vollversion 60 Seiten

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Leitthema<br />

Überschätzung (Versuchung) erwächst ein Verhalten,<br />

das für mich und meine Mitwelt zerstörerisch<br />

wirkt. Ich nehme andere Menschen und<br />

die Natur (die Schöpfung) für die Verwirklichung<br />

meiner Ziele in Anspruch – ich benutze sie, um<br />

mein Bildnis von mir zu erzeugen, das der Skizze<br />

des Schöpfers gleicht. Als Geschöpf falle ich nun<br />

diesem Irrglauben gleichermaßen zum Opfer. Ich<br />

bin überfordert und erlebe Burn-out durch Irrtum.<br />

Weil ich die Wirklichkeit fehldeute, verbrenne<br />

ich meine Lebenskraft.<br />

Kennen Sie den Satz: „Wer bin ich –<br />

und wenn ja – wie viele?“<br />

Er ist der Ausruf einer Generation sogenannter<br />

multipler Persönlichkeiten – Menschen, die ihre<br />

Identität suchen. Ein solchermaßen in sich gespaltener<br />

Mensch ist permanent damit beschäftigt,<br />

sich zu (er-)finden. Er sucht sein Drehbuch –<br />

d. h. ein stimmiges Selbstbild als Teil im Ganzen<br />

der Welt. <strong>Die</strong> Ansprüche vieler Menschen, die nur<br />

etwas für sich erreichen wollen und keine gemeinsame<br />

Bestimmung haben, führen dazu, dass<br />

sie einander als Konkurrenten sehen (in der Jagd<br />

um Zeit und Ressourcen). Verzweifelt versucht<br />

man nun, sich in den unterschiedlichen Rollen auf<br />

den Bühnen der Welt zu inszenieren und eine illusionäre<br />

Identität auszubilden, mit der man <strong>dem</strong><br />

permanent drohenden Kontrollverlust entgegenwirken<br />

und sich möglichst lange „im Fahrersitz“<br />

wähnen kann.<br />

Foto: © flickr/Andy G<br />

Das Linsengericht der Unsterblichkeit<br />

Das Internet, die Werbung, virtual reality, video<br />

games, second life, Avatare bieten wie nie zuvor<br />

an, uns in scheinbar „berechenbaren“ Parallelwelten<br />

zu bewegen. <strong>Die</strong> Drehbücher und Bühnen<br />

dieser Parallelwelten sind Ergebnis einer wachsenden<br />

Datenmenge, die wir alle täglich, ohne es<br />

zu bemerken, ins Netz einspeisen. Wir geben Auskunft<br />

über unsere intimsten Gefühle und Einstellungen,<br />

ohne dass uns dies bewusst wird: meine<br />

persönlichen Daten, mit wem ich kommuniziere,<br />

was ich kaufe, was ich denke, wohin ich in Urlaub<br />

fahre, welche Wege ich zurücklege (GPS),<br />

welchen Partner ich suche – das ist der Stoff<br />

der Drehbücher, die die Groß-Server generieren.<br />

Sie sammeln Daten, bilden daraus Persönlichkeitsprofile<br />

(gesammelte Identitäten, Cyber-DNA)<br />

und verkaufen sie für Werbezwecke. Mithilfe von<br />

Algorithmen (Szenarien, die sich aus Annahmen,<br />

mathematischen Modellen und Datenkombinationen<br />

ergeben) berechnen sie die Deutungsmuster<br />

unseres Verhaltens und entwerfen daraus<br />

Zukunfts-Szenarien. <strong>Die</strong>se werden uns dann als<br />

Trends, Prognosen oder Analyse-Tools zur Verfügung<br />

gestellt. Sie wirken navigatorisch, das heißt,<br />

sie lenken und steuern uns, aber sie entspringen<br />

nicht unserer eigenen Wahrnehmung oder Erfahrung.<br />

In Ermangelung einer eigenen Bildungsinstanz<br />

für Werte richten wir unser Leben ganz<br />

<strong>nach</strong> den Maßstäben dieser virtuellen Orakel<br />

aus. <strong>Die</strong>se bilden dann die „Erfahrungswelt“<br />

der nächsten Generation.<br />

In den Parallelwelten begegnen uns die Werbebotschaften<br />

derjenigen, die uns für ein Linsengericht<br />

unsere Daten entlocken. Sie bieten uns die<br />

Attribute an, mit deren Hilfe wir uns per Flatrate<br />

scheinbar glücklich und erfolgreich durchs Leben<br />

bewegen können. Nach <strong>dem</strong> Tod verbleibt unser<br />

virtuelles Erbe als Upload auf den Servern.<br />

Unser Glaube an diese Orakel kostet uns alles(!).<br />

Auch unsere Identität als Geliebte, ohne<br />

Vorbedingung Wertgeschätzte, zum ewigen Leben<br />

Berufene. Welch ein Unterschied zu den verzweifelten<br />

Szenarien der Selbstverwirklichung, wenn<br />

wir uns im Glauben an einen liebenden Gott ohne<br />

Bedingungen angenommen wissen könnten. Wenn<br />

wir die Gewissheit haben, dass die uns bevorstehende<br />

Zukunft von Gott gecovert ist, dass alles,<br />

„Burn-out“<br />

in seiner<br />

Vollendung<br />

Virtual<br />

reality, Videogames,<br />

Second<br />

Life, bieten uns<br />

an, in scheinbar<br />

„berechenbaren“<br />

Parallelwelten<br />

zu<br />

leben<br />

Z für Zukunft<br />

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