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Z12 Die Frage nach dem Fundament

Welche Werte prägen unsere Gesellschaft und worauf sind diese gegründet? Vollversion 60 Seiten

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Kirche & Gesellschaft<br />

Der Klerus, Hindernis für das allgemeine<br />

Priestertum aller Gläubigen<br />

Mit <strong>dem</strong> Bau von Kirchen entwickelte sich auch<br />

die Vorrangstellung des Priesters, Pfarrers oder<br />

Pastors.<br />

<strong>Die</strong> Bibel gebraucht den Begriff des Hirten<br />

für den <strong>Die</strong>nst des Pastors nur in einem einzigen<br />

Vers. 10 Der Hirtendienst steht hier in der Mehrzahl!<br />

In diesem Vers werden aber noch weitere<br />

<strong>Die</strong>nste genannt, die in einer Versammlung in<br />

Funktion sind (oder sein sollten): Apostel, Propheten,<br />

Evangelisten und Lehrer – im Zusammenspiel<br />

sollen sie den Organismus zur vollen Entfaltung<br />

bringen.<br />

Als der Mensch sich im Paradies von Gott abwandte,<br />

wuchs in ihm das Verlangen <strong>nach</strong> einem<br />

sichtbaren Leiter, der eine Art Mittler zu Gott darstellt.<br />

So traten in der Menschheitsgeschichte in<br />

verschiedenen Formen religiöse Führer hervor:<br />

Medizinmänner, Schamanen, Magier, Priester. Auch<br />

das Volk Israel verlangte <strong>nach</strong> einem König, wie die<br />

Heiden einen hatten. 11 Wieder entschied sich der<br />

Mensch gegen die direkte Königsherrschaft Gottes.<br />

<strong>Die</strong>se Fehlentscheidungen stecken der Kirche wohl<br />

immer noch in den Knochen.<br />

Ignatius von Antiochien (35–107) war der Erste,<br />

der den gefährlichen Weg in Richtung eines<br />

einzelnen Leiters einschlug. Er überhöhte die Position<br />

eines Einzelnen, <strong>dem</strong> bedingungsloser Gehorsam<br />

geleistet werden sollte.<br />

Clemens von Rom, der etwa 100 n. Chr. starb,<br />

war der Erste, der in der ekklesia einen Standesunterschied<br />

einführte zwischen christlichen<br />

Leitern und Nicht-Leitern. Er war der Ansicht,<br />

in der christlichen Gemeinde solle die alttestamentliche<br />

Priesterordnung ihre Erfüllung finden.<br />

<strong>Die</strong> Gläubigen schauten nur noch zu, was der Bischof<br />

tat.<br />

Tertullian und Clemens von Alexandrien führten<br />

den Begriff „Klerus“ ein (im Neuen Testament<br />

tauchen die Begriffe „Klerus“ und „Laie“ kein einziges<br />

Mal auf). Der Bruch mit <strong>dem</strong> allgemeinen<br />

Priestertum aller Gläubigen war vollzogen. Der<br />

Organismus wurde seiner Kraft beraubt und die<br />

Glieder lahmgelegt.<br />

Foto: © Wikipedia<br />

Gegen Ende des vierten Jahrhunderts verkehrten<br />

die Bischöfe mit den Oberen der weltlichen<br />

Herrschaft und gewannen Einfluss in der Politik.<br />

<strong>Die</strong>se zunehmende Machtdominanz wurde später,<br />

Ende des 16. Jahrhunderts, zum Auslöser der<br />

Aufklärung, die ursprünglich für die Emanzipation<br />

des Denkens und Handelns von Kirche und Christentum<br />

eintrat, aber wie ein überzogener Pendelschwung<br />

in die sogenannte „Befreiung” des Menschen<br />

von der Religion überhaupt führen sollte.<br />

<strong>Die</strong> fatale Zweiteilung in Geistliche und Laien<br />

ist bis heute tief in den Köpfen der Gläubigen<br />

verankert. <strong>Die</strong>se Fehlentwicklung hat bisher noch<br />

jede Reformation überstanden; sie ist auch in sogenannten<br />

„Freikirchen“ anzutreffen.<br />

So werden bis heute Kirchenbesucher zu passiven<br />

Konsumenten degradiert. Dass jedes Gemein<strong>dem</strong>itglied<br />

im Gottesdienst etwas zu geben<br />

hätte, kann so nicht praktiziert werden. Aber „nur<br />

wer sich gibt, empfängt auch“. Deshalb ist es für<br />

einfache Mitglieder oft schwer, aus solchen Veranstaltungen<br />

etwas mitzunehmen.<br />

„Wenn ihr zusammenkommt, so hat jeder etwas<br />

zu geben.“ 12<br />

Damit das möglich wird, sind neben einigen<br />

Pastoren ursprünglich auch mehrere Apostel sowie<br />

einige Propheten, Evangelisten und Lehrer in einer<br />

Versammlung vorgesehen. Auf ein so vielköpfiges<br />

Team würden sich die Lasten gut verteilen lassen.<br />

Natürlich stellt sich die <strong>Frage</strong>: Wie kommt man<br />

von „solus pastorus“ wieder zu <strong>dem</strong> Konzept, bei<br />

<strong>dem</strong> Christus selbst das Haupt sein darf?<br />

Foto: © Wikipedia/Erell<br />

Kaiser Konstatin (Mitte)<br />

trieb den Kirchenbau<br />

voran. Wer das Geld<br />

gibt, hat die Macht<br />

Kirchenmitglieder<br />

zum Zuschauen<br />

verurteilt<br />

Z für Zukunft<br />

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