Zwölf-Apostel-Kirchengemeinde
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Die Zwölf <strong>Apostel</strong> (6)<br />
Judas Ischarioth<br />
Der verräterische Glaube an Geld und Macht<br />
Pubertierende Rockbands nennen<br />
sich gern nach Judas, denn der war<br />
bekanntlich der mit Abstand<br />
schlimmste unter den <strong>Apostel</strong>n. Das<br />
in seinem Namen verfasste Evangelium<br />
erlebt hohe Auflagen. Judas<br />
war so schlimm, dass man kaum<br />
glauben mag, dass er dazugehörte.<br />
Gehörte er aber.<br />
Judas („Gottlob“) ärgerte sich<br />
über das herausgeschmissene Geld<br />
bei der Salbung des Messias (Joh<br />
12,5), er verkaufte seinen Herrn zum<br />
Mindestpreis eines Sklaven (vgl.<br />
Sach 11,12 f.) und wegen der Dunkelheit<br />
identifizierte er ihn für die<br />
hohepriesterliche Greiftruppe mit einem<br />
Kuss (Mt 26,48). Wie konnte<br />
Jesus nur auf so jemanden hereinfallen?<br />
Konnte er natürlich nicht, weil<br />
er sowieso alles von vornherein<br />
wusste (Joh 13). Aber er hat Judas<br />
trotzdem nicht gehindert. Und den<br />
elf anderen hat Jesus auch nichts<br />
verraten, die hätten doch glatt Judas<br />
umgestimmt und die Erhöhung am<br />
Kreuz wäre geplatzt.<br />
Dass Judas zum Verräter an<br />
der Sache Jesu wurde, hat seine innere<br />
Logik. Denn bekanntlich war<br />
Judas der Kassenverwalter Jesu (Joh<br />
12,6). Und wer in den Kategorien<br />
der Wirtschaftlichkeit denkt, der<br />
kann nicht zugleich lieben. Entweder<br />
das oder das (Mt 6,24).<br />
Judas Ischarioth („Dolchkämpfer“?),<br />
so darf man vermuten,<br />
wollte seinem Herrn Gelegenheit geben<br />
oder ihn sogar zwingen, sich zu<br />
offenbaren. Judas glaubte voll Inbrunst<br />
daran, dass Jesus die himmlischen<br />
Kampftruppen (Mt 26,53; Joh<br />
18,36) einsetzen würde, um seine<br />
Macht zu demonstrieren, mit ganz<br />
großem Trara, mit einstürzenden<br />
Mauern und allem, was dazugehört.<br />
Aber es blieb still. Nur das Röcheln<br />
der Gefolterten und unter dem<br />
Kreuz das Schluchzen der Frauen.<br />
Laut war höchstens der brutale Spott<br />
der abgehärteten Soldateska. Keine<br />
himmlischen Trompeten, nur das<br />
Signal der römischen Wachablösung.<br />
Statt Weihrauch nur der unerträgliche<br />
Gestank der Hinrichtungsstätte.<br />
Judas ist das tragischste Beispiel<br />
dafür, wie jemand in bester Absicht<br />
voll danebenliegen kann. Er<br />
wollte einen mächtigen Herrn, keinen<br />
ohnmächtigen, schon gar keinen<br />
in Schande hingerichteten. Auf diese<br />
Art der göttlichen Offenbarung war<br />
er nicht gefasst, und so erlebte er seine<br />
persönliche Apokalypse nur als<br />
Vernichtung. Dabei hätte er es besser<br />
wissen können. Aber vermutlich<br />
hat er bei der Bergpredigt (Mt 5–7)<br />
irgendwie nicht zugehört.<br />
Als das, was Judas erwartet<br />
hatte, nicht geschah, brachen seine<br />
kleine Welt und sein kleiner Glau-<br />
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