05.11.2012 Aufrufe

Kennen Sie Korea - beim Städtischen Musikverein zu Düsseldorf eV

Kennen Sie Korea - beim Städtischen Musikverein zu Düsseldorf eV

Kennen Sie Korea - beim Städtischen Musikverein zu Düsseldorf eV

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

NEUE<br />

CHOR<br />

SZENE<br />

Zeitschrift des<br />

<strong>Städtischen</strong> <strong>Musikverein</strong>s<br />

<strong>zu</strong> <strong>Düsseldorf</strong> e.V.<br />

Konzertchor der<br />

Landeshauptstadt <strong>Düsseldorf</strong> 2/09 10


NEUE<br />

CHORSZENE<br />

Inhaltsverzeichnis 2/09<br />

Editorial Georg Lauer 3<br />

Musikalisch durch die Grundschule<br />

Das Projekt SingPause Jens D. Billerbeck 4<br />

<strong>Kennen</strong> <strong>Sie</strong> <strong>Korea</strong>? Udo Kasprowicz 7<br />

Impressum / Städtischer <strong>Musikverein</strong> <strong>zu</strong> <strong>Düsseldorf</strong> e.V.<br />

Herausgeber: Geschäftsstelle Ehrenhof 1 - 40479 <strong>Düsseldorf</strong><br />

E-Mail: info@musikverein-duesseldorf.de /<br />

Internet: www.musikverein-duesseldorf.de<br />

V.i.S.d.P.: Georg Lauer - g.lauer@musikverein-duesseldorf.de<br />

Redaktion: Jens D. Billerbeck, Erich Gelf, Georg Lauer,<br />

Udo Kasprowicz, Dr. Thomas Ostermann, Konstanze Richter<br />

Titelbild: Städtischer <strong>Musikverein</strong> - Detail Tonhalle <strong>Düsseldorf</strong><br />

Textbilder: Städtischer <strong>Musikverein</strong>, Internet<br />

Nr. 10<br />

6. Jahrgang<br />

August 2009<br />

Hak-Young Lee 11<br />

Louis Spohr und die Vokalmusik<br />

Ein Beitrag <strong>zu</strong>m Spohrjahr Dr. Wolfram Boder 14<br />

Der Komponist Sigismund Neukomm<br />

Neues vom Schüler Joseph Haydns von Erich Gelf 23<br />

Termine, Termine - Vorschau auf die neue Konzertsaison als 25 - 28<br />

heraustrennbarer Kompaktfalter mit weiteren wichtigen Informationen<br />

Selten gehörte Chorwerke<br />

Carl Loewes Oratorien Dr. Michael Wilfert 37<br />

Buchrezension: Joseph Gelinek‘s<br />

„Beethovens 10. Sinfonie“ Dr. Thomas Ostermann 48<br />

Wuppertaler Singpause<br />

Unser Beitrag <strong>zu</strong>m Haydn-Jahr von Udo Kasprowicz 50<br />

ISSN-Nr.: 1861-261X / Erscheineinungsweise: halbjährlich<br />

Druck: Druckerei Preuß GmbH - Ratingen<br />

Hinweis: Namentlich gekennzeichnete Beiträge geben nicht die Meinung der Redaktion wieder. Nachdruck<br />

- auch aus<strong>zu</strong>gsweise - oder sonstige Vervielfältigung nur mit schriftl. Genehmigung der Redaktion.<br />

2 NC 2 / 09


Editorial<br />

Liebe Leserinnen und Leser!<br />

Das Jahr 2009 hat einiges an runden Fest-<br />

und Gedenktagen <strong>zu</strong> bieten: Neben den bekannten<br />

Daten wie dem 250. Todestag von G.<br />

F. Händel, dem 200. Todestag von J. Haydn<br />

oder dem 200. Geburtstag von F. Mendelssohn<br />

Bartholdy gibt es 2009 noch (mindestens) zwei<br />

weitere Laureaten, an die wir erinnern. Der eine<br />

ist Louis Spohr, der vor 150, der andere Carl<br />

Loewe, der vor 140 Jahren starb.<br />

In seiner Geburtsstadt Löbejün - das Zweieinhalbtausenseelenstädtchen<br />

liegt 15 km nördlich<br />

von Halle an der Saale - ehrte die Carl-Loewe-<br />

Gesellschaft am 20. April 2009 den großen Balladenvertoner,<br />

der vor allem Goethes „Erlkönig“<br />

<strong>zu</strong> Weltruhm verhalf. Unser Gastautor Dr. Michael<br />

Wilfert beleuchtet mit seinem Beitrag die<br />

weniger bekannte Schaffensseite Carl Loewes<br />

und stellt in unserer Rubrik „Selten gehörte<br />

Chorwerke“ den Oratorienkomponisten vor.<br />

Den Beitrag <strong>zu</strong>m Spohrjahr unseres zweiten<br />

Gastaustors Dr. Wolfram Boder empfehle ich<br />

ebenfalls Ihrer besonderen Aufmerksamkeit:<br />

Das letzte „Universalgenie der Musikgeschichte“<br />

schrieb mit seinen Oratorien Musikgeschichte<br />

auch in <strong>Düsseldorf</strong>! Sein berühmtes Violinkonzert<br />

Nr. 8 in a-Moll, op 47 mit dem Untertitel<br />

„In Form einer Gesangsszene“ hören <strong>Sie</strong> im<br />

November in der Tonhalle im „Sternzeichen-<br />

4-Konzert“, in dessen 2. Teil die „Lobgesang-<br />

Symphonie“ von Felix Mendelssohn Bartholdy<br />

<strong>zu</strong>r Aufführung gelangt. Mit Auszügen aus dieser<br />

Symphonie Nr. 2 B-Dur op. 52 eröffneten die<br />

<strong>Düsseldorf</strong>er Symphoniker und der Städtische<br />

<strong>Musikverein</strong> am Neujahrsmorgen 2009 das Jubiläumsjahr,<br />

mit der Aufführung dieser großartigen<br />

Symphonie-Kantate unter der Leitung des neuen<br />

Opernchefs Axel Kober beschließen sie es.<br />

Keine drei Wochen vor diesem Konzert erklingt<br />

in der Tonhalle ein weiteres Großwerk<br />

von Georg Lauer<br />

der Musikgeschichte, das<br />

ebenfalls in einem besonderen<br />

Be<strong>zu</strong>g <strong>zu</strong> Felix Men-<br />

delssohn und seiner Zeit als<br />

Städtischer Musikdirektor in <strong>Düsseldorf</strong> steht:<br />

Am Allerheiligenwochenende 2009 können <strong>Sie</strong><br />

in der Tonhalle dreimal Georg Friedrich Händels<br />

Oratorium „Israel in Egypt“ erleben! Unter der<br />

Leitung von Frieder Bernius werden die <strong>Düsseldorf</strong>er<br />

Symphoniker, ein erlesenes Solistenensemble<br />

und der Städtische <strong>Musikverein</strong> dieses<br />

chorreichste Oratorium des großen Jubilars in<br />

englischer Sprache erklingen lassen.<br />

Um der Informationsfülle, die Erich Gelf <strong>zu</strong>m<br />

Komponisten, <strong>zu</strong>r Entstehung seines Werkes<br />

und <strong>zu</strong> den <strong>Düsseldorf</strong>er Aufführungen unter<br />

Mendelssohn <strong>zu</strong>sammengetragen hat, gerecht<br />

<strong>zu</strong> werden, haben wir im Händeljahr 2009 diesem<br />

Thema eine Sonderausgabe unserer Zeitschrift<br />

gewidmet. Sollte diese Sonderausgabe<br />

2a/09 in der Ihnen gerade vorliegenden Ausgabe<br />

2/09 nicht (mehr) enthalten sein, reichen wir<br />

Ihnen diese gerne nach.<br />

Mit zwei Themen, die uns besonders am Herzen<br />

liegen, haben wir diese turnusmäßige Ausgabe<br />

eröffnet: mit der SingPause und mit <strong>Korea</strong>!<br />

Und dass sich Chor und Redaktion auch dem<br />

Jubilar Josef Haydn gewidmet haben, erfahren<br />

<strong>Sie</strong> am Schluss dieses Heftes. Und „unterwegs“,<br />

und zwar genau in seiner Mitte, finden <strong>Sie</strong> erstmals<br />

einen besonderen Service für Konzertbesucher<br />

und -besucherinnen: unseren vielfach<br />

nachgefragten „Falt-Plan“, den <strong>Sie</strong> (vorsichtig!)<br />

heraustrennen und nach dreimaligem Falten Ihrer<br />

Brief- oder Handtasche hin<strong>zu</strong>fügen können.<br />

Außer den Konzertterminen des Chores finden<br />

<strong>Sie</strong> darin auch die Ihnen wichtigen Daten der für<br />

<strong>Sie</strong> handelnden Personen.<br />

Eine angenehme Lektüre wünscht Ihnen wie<br />

immer herzlichst Ihr<br />

NC 2 / 09 3


Musikalisch durch die Grundschule<br />

Das Projekt SingPause von Jens D. Billerbeck<br />

Mittwoch, 10. Juni 2009,<br />

8:30 Uhr: Durch das grüne<br />

Gewölbe betreten klassenweise<br />

rund 1000 Kinder<br />

die Tonhalle. Für viele<br />

von ihnen ist es das erste<br />

mal, dass sie einen großen<br />

Konzertsaal von innen<br />

sehen. Entsprechend<br />

groß und spürbar ist die<br />

Aufregung unter den<br />

Grundschülern. Für die<br />

Saalordner der Tonhalle<br />

keine leichte Aufgabe, die<br />

Besucherströme an die richtigen Aufgänge<br />

<strong>zu</strong> lenken. Doch alles ist minutiös<br />

durchgeplant: Jeder Grundschule,<br />

jeder Klasse ist ein Block im Saal <strong>zu</strong>gewiesen<br />

und so füllt sich der große Saal<br />

bis 9 Uhr mit einer fröhlich schnatternden<br />

Menschenmasse.<br />

Mittwoch 10. Juni 2009 ist SingPause-Tag,<br />

heute werden insgesamt 2000<br />

Kinder aus <strong>Düsseldorf</strong>er Grundschulen<br />

sich selbst und ihren Eltern in zwei<br />

Konzerten beweisen, was sie in diesem<br />

musikalischen Früherziehungsprojekt<br />

gelernt haben. „Jedes Kind kann singen<br />

lernen“ – dies steht als Motto über dem<br />

Projekt SingPause, mit dem der Städtische<br />

<strong>Musikverein</strong> <strong>zu</strong> <strong>Düsseldorf</strong> und<br />

das Kulturamt der Landeshauptstadt<br />

seit Oktober 2006 musikalische Basisarbeit<br />

leisten. Ziel der SingPause: Jedes<br />

Kind soll singen lernen. Und zwar<br />

in der Gemeinschaft mit Mitschülern<br />

unter der fachkundigen Anleitung ausgebildeter<br />

Sängerinnen und Sänger. Ab<br />

August werden 37 Grundschulen mit<br />

insgesamt mehr als 8.000 Schülern am<br />

4 NC 2 / 09<br />

1000 Kinder bei der SingPause in der Tonhalle<br />

Projekt teilnehmen. Und es bewerben<br />

sich immer neue Schulen darum, in das<br />

Projekt aufgenommen <strong>zu</strong> werden.<br />

Höhepunkt des SingPause-Jahres<br />

ist das große Konzert in der Tonhalle.<br />

Hier, wo sich sonst die Größen der<br />

weltweiten Musikszene die Klinke in<br />

die Hand geben, haben jetzt die Kleinen<br />

das Sagen. Und sie schonen den<br />

Saal nicht: Aufgeregt hopsen sie immer<br />

wieder von den Klappsesseln und<br />

stellen die Mechanik des Gestühls auf<br />

eine harte Probe. Der Lärm ist einfach<br />

ohrenbetäubend. Doch dann, kurz<br />

nach 9 Uhr, betreten die Singleiter die<br />

Bühne und binnen weniger Sekunden<br />

ist es im Saal mucksmäuschenstill. In<br />

der nun folgenden Stunde werden die<br />

Kinder nach einer kurzen Begrüßung<br />

und einem kleinen Einsingen zahlreiche<br />

Frühlings- und Sommerlieder <strong>zu</strong>m<br />

Besten geben.


Was ist die SingPause?<br />

Was aber ist das Motiv, das hinter diesem<br />

in seiner Dimension bundesweit<br />

einmaligen Vorhaben steckt? „Wir wollen,<br />

dass Kinder möglichst früh beginnen,<br />

ihr ureigenstes Musikinstrument <strong>zu</strong><br />

entdecken: die Stimme“, sagte <strong>Musikverein</strong>svorsitzender<br />

Manfred Hill auf der<br />

am gleichen Tag stattfindenden gemeinsamen<br />

Pressekonferenz mit der Stadt<br />

<strong>Düsseldorf</strong>. Der <strong>Musikverein</strong> ist organisatorischer<br />

Träger der SingPause.<br />

Die künstlerische Gesamtleitung liegt<br />

in Händen von Marieddy Rossetto. <strong>Sie</strong><br />

erklärte den anwesenden Journalisten<br />

von Presse, Rundfunk und Fernsehen<br />

die Methode: „Zweimal wöchentlich<br />

werden alle Schulklassen für jeweils<br />

20 Minuten von unseren ausgebildeten<br />

Sängerinnen und Sängern betreut.“ Gemeinsam<br />

erarbeiten sie musikalische<br />

Grundkenntnisse und lernen ein breites<br />

internationales Liedrepertoire.<br />

Gearbeitet wird nach der „Ward-Methode“.<br />

<strong>Sie</strong> ist benannt nach der amerikanischen<br />

Musikpädagogin Justine<br />

Bayard Ward (1879-1975). Die Ward-<br />

Methode wurde in Zusammenarbeit mit<br />

der Catholic University of America in<br />

Washington D. C. für den Musikunterricht<br />

entwickelt und in der Praxis stetig<br />

weiter überprüft und verbessert. „Vorrangiges<br />

Ziel der Ward-Methode ist, bei<br />

den Kindern wahre Freude und Begeisterung<br />

für das Singen und Musizieren<br />

<strong>zu</strong> wecken“, erläuterte Rossetto. In<br />

einer kurzen Demonstration zwischen<br />

den beiden Singpause-Konzerten<br />

konnten sich zahlreiche geladene Gäste,<br />

darunter auch Oberbürgermeister<br />

Dirk Elbers und Ex-GMD Bernhard Klee<br />

von der Methode überzeugen, die den<br />

Kindern wirklich spielerisch den siche-<br />

ren Umgang mit ihrer Stimme und den<br />

Tönen beibringt.<br />

Die finanzielle Basis für die SingPause<br />

schafft das Kulturdezernat mit einem<br />

jährlichen Zuschuss von jetzt 90.000<br />

Euro. Mittel in gleicher Höhe wurden in<br />

diesem Jahr aus dem Schuletat beigesteuert.<br />

„Die SingPause“, so Kulturdezernent<br />

Hans-Georg Lohe auf der Pressekonferenz,<br />

„ist ein zentraler Baustein<br />

des städtischen Gesamtkonzepts <strong>zu</strong>r<br />

kulturellen Bildung und Kreativitätsförderung<br />

von Kindern und Jugendlichen.<br />

Ich freue mich, dass wir dieses Projekt<br />

auch dank der beeindruckenden Unterstüt<strong>zu</strong>ng<br />

aus der Bürgerschaft so<br />

ausbauen konnten.“ Und sein Kollege,<br />

Schul- und Jugenddezernent Burkhard<br />

Hintzsche, ergänzte: „Mit der SingPause<br />

haben ganze Schulklassen in <strong>Düsseldorf</strong><br />

die Freude am gemeinsamen<br />

Singen entdeckt. Es macht Spaß <strong>zu</strong> erleben,<br />

wie Kinder mit einfachen Mitteln<br />

und einem attraktiven Vermittlungskonzept<br />

für die Musik begeistert werden<br />

können.“<br />

Neben der musikalischen Basisarbeit<br />

hat die SingPause aber noch einen<br />

weiteren Zweck: <strong>Sie</strong> versteht sich<br />

als sozial-integratives Kulturangebot,<br />

dass sich ganz bewusst an alle Kinder<br />

richtet, egal welcher Herkunft, musikalischer<br />

Vorbildung oder sozialer Schicht<br />

sie angehören.<br />

„Kinder ziehen Selbstbewusstsein<br />

aus der SingPause, ohne in eine Konkurrenzsituation<br />

<strong>zu</strong> gelangen, da ja<br />

gemeinsam gesungen wird“, sagte<br />

Manfred Hill. Lehrer berichten, dass die<br />

Kinder nach einer SingPause ausgeglichener<br />

wirken, dass sich ihre Stimmung<br />

bessert und dass Konflikte zwischen<br />

den Kindern beigelegt werden.<br />

NC 2 / 09 5


Da die Kinder ihr Instrument - die eigene<br />

Stimme - ja stets mit sich tragen<br />

und für eine SingPause außer den ausgebildeten<br />

Mitgliedern des SingPause-<br />

Teams keine weiteren Hilfsmittel gebraucht<br />

werden, ist die Realisierung,<br />

verglichen mit anderen Musikprojekten,<br />

sehr kostengünstig. Dennoch braucht<br />

es natürlich finanzielle Rückendeckung<br />

<strong>zu</strong>m Beispiel für die Sängerdozenten<br />

und deren intensive Weiterbildung.<br />

Deswegen ist Hill auch für die zahlreichen<br />

Spenden von Vereinen, Institutionen<br />

und Privatpersonen dankbar, die<br />

ebenfalls da<strong>zu</strong> beitragen, das Projekt in<br />

seiner heutigen Dimension mit Leben <strong>zu</strong><br />

füllen. Zu diesen Unterstützern gehören<br />

heute die BürgerStiftung <strong>Düsseldorf</strong>, die<br />

Stiftung van Meeteren <strong>Düsseldorf</strong>, die<br />

Heinz-Schmöle-Stiftung, die Dr. Carola<br />

und Dr. Edmund Haffmans-Stiftung, die<br />

Gesellschaft der Freunde und Förderer<br />

der <strong>Düsseldorf</strong>er Tonhalle e.V., die<br />

Tonhalle <strong>Düsseldorf</strong>, der Heimatverein<br />

<strong>Düsseldorf</strong>er Jonges e.V., der Rotary-<br />

Club <strong>Düsseldorf</strong>, der InnerWheel Club<br />

Clara Schumann <strong>Düsseldorf</strong>, der<br />

Industrie-Club <strong>Düsseldorf</strong>, die Victoria<br />

Versicherung AG <strong>Düsseldorf</strong>, die<br />

Hermann Weber Feuerlöscher GmbH<br />

und private Spender.<br />

SingPause am Familientag der<br />

Tonhalle<br />

Am Sonntag, dem 28. Juni, war Familientag<br />

in der Tonhalle <strong>Düsseldorf</strong>.<br />

Ab 14 Uhr präsentierten dabei 900<br />

„SingPause“-Kinder ihr Liederprogramm<br />

unter der künstlerischen Leitung<br />

von Marieddy Rossetto, mit Günther<br />

Weißenborn als Moderator, Klaus Wallrath<br />

am Flügel und Tobias Liebezeit am<br />

Schlagzeug. Über 1.000 Eltern und Zuhörer<br />

konnten sich von der Qualität des<br />

Gesanges und vom Spaß, den die Kinder<br />

mit den Liedern hatten, überzeugen<br />

und jubelten den jungen Sängerinnen<br />

und Sängern begeistert <strong>zu</strong>. Auch hier<br />

hatten die meisten dieser Kinder die<br />

Tonhalle <strong>Düsseldorf</strong> noch nie von innen<br />

gesehen und waren tief beeindruckt.<br />

Schuldezernent Burghardt Hintzsche, Chordirektorin Marieddy Rossetto und Dieter Schwarz vom Amt<br />

für Kommunikation am 10.06.2009 bei der Pressekonferenz <strong>zu</strong>rm Projekt „SingPause“<br />

6 NC 2 / 09


<strong>Kennen</strong> <strong>Sie</strong> <strong>Korea</strong>?<br />

von Hak-Young Lee und Udo Kasprowicz<br />

<strong>Korea</strong> gehört nicht <strong>zu</strong> den Ländern<br />

Ostasiens, die in der Vergangenheit die<br />

Sehnsucht der Europäer nach fernöstlicher<br />

Exotik gestillt haben, wie es bei<br />

China und Japan der Fall ist. Auch nennt<br />

man in Europa <strong>Korea</strong> nie <strong>zu</strong>erst, wenn<br />

nach asiatischen Wirtschaftszentren gefragt<br />

wird. Hier stehen traditionell Japan<br />

und Singapur, mittlerweile auch China im<br />

Mittelpunkt des europäischen Bewusstseins.<br />

Aus dem Chor des <strong>Musikverein</strong>s sind<br />

sie inzwischen jedoch nicht mehr weg<strong>zu</strong>denken,<br />

die charmanten jungen Damen<br />

mit dem silberhellen Lachen und<br />

die höflichen jungen Männer mit den gewaltigen<br />

Stimmen, die gar nicht <strong>zu</strong> ihrem<br />

körperlichen Erscheinungsbild <strong>zu</strong> passen<br />

scheinen. Und doch sind sie uns trotz<br />

des vertrauten Anblicks ein wenig fremd<br />

geblieben.<br />

Grund genug, sich mit <strong>Korea</strong> <strong>zu</strong> befassen!<br />

Das Land, seine Menschen und<br />

ihre Sprache<br />

Die Nord-Südausdehnung <strong>Korea</strong>s entspricht<br />

mit 1100 km etwa der Deutschlands,<br />

mit seiner Fläche von 221.000km 2<br />

(davon 99.000km 2 Südkorea) ist es deutlich<br />

kleiner. (357.092,90km 2 )<br />

Die Vorfahren der heutigen <strong>Korea</strong>ner<br />

wanderten vermutlich im dritten vorchristlichen<br />

Jahrtausend aus Innerasien<br />

ein. Als mythisches Gründungsdatum gilt<br />

das Jahr 2333 v.Chr, in dem Tangun, ein<br />

Göttersohn, das Land Chošon gründete.<br />

Die Mehrheit der Linguisten hält die<br />

Zugehörigkeit des <strong>Korea</strong>nischen <strong>zu</strong>r altaischen<br />

Sprachfamilie für wahrscheinlich.<br />

Ihr gehören außerdem das Türkische,<br />

Mongolische, Japanische und auch das<br />

Mandschu an. Die enge Verbindung zwischen<br />

<strong>Korea</strong> und dem China der Han-<br />

Dynastie (206 v - 220 n.Chr.) führt <strong>zu</strong> einer<br />

kulturellen Hegemonie der Chinesen,<br />

so dass die <strong>Korea</strong>ner viele Begriffe des<br />

Chinesischen übernahmen. Noch heute<br />

prägt ein Dualismus von Vokabeln beider<br />

Sprachen die Kommunikation. Die koreanische<br />

Schrift stammt aus dem Jahr<br />

1446 n.Chr, und gilt mit 10 Vokalen und<br />

14 Konsonanten wegen ihrer Einfachheit<br />

und Logik in Fernost als einzigartige Kulturleistung.<br />

Müller, Meier, Schulze, Schmidt<br />

Die meisten von uns sind verwirrt von<br />

den Namen unserer koreanischen Mitsänger<br />

und dadurch natürlich bei der Anrede<br />

verunsichert. Tatsächlich tragen trotz<br />

285 existierender Familiennamen 49,6%<br />

der <strong>Korea</strong>ner einen der vier Namen Kim<br />

(21,6%), Lee (14,8%), Park 84,7%) und<br />

Choi (4,7%) Eheschließungen zwischen<br />

partnergleichen Namen sind un<strong>zu</strong>lässig,<br />

wobei allerdings die Zugehörigkeit <strong>zu</strong> unterschiedlichen<br />

Großfamilien das Verbot<br />

aufhebt.<br />

Neben die variationsarmen Nachnamen<br />

tritt ein Vorname, der als Generationskennzeichen<br />

gilt. Alle Angehörigen<br />

einer Familiengeneration, also Geschwister,<br />

Vettern und Basen sollten den gleichen<br />

Zweitnamen führen. Die Individualisierung<br />

schafft der zweite Vorname, bei<br />

NC 2 / 09 7


dem die <strong>Korea</strong>ner eine große Kreativität<br />

entwickeln. Die Eltern wählen hier programmatische,<br />

prophetische, glückverheißende<br />

oder einfach schmückende<br />

Wörter: Perle, Langlebiger, Schönheitsduft.<br />

Man redet sich prinzipiell mit den Nachnamen<br />

an. Im beruflichen Umfeld tritt,<br />

um Verwechslungen vor<strong>zu</strong>beugen, der<br />

Titel oder die Tätigkeitsbezeichnung hin<strong>zu</strong>,<br />

im Familienbereich die im Vergleich<br />

<strong>zu</strong> Europa sehr differenzierte Verwandtschaftsbezeichnung.<br />

So gibt es z.B. für<br />

den älteren, Bzw. jüngeren Bruder oder<br />

die Schwester besondere Anreden. Außerhalb<br />

der Familie heißt es Lee Ssi,<br />

also Herr Lee! Wenn aber zwei Lees<br />

anwesend sind, Lee Jinju Ssi, also Frau<br />

Perle Lee. Die Höflichkeitsformel ist also<br />

geschlechtsneutral.<br />

Daseinsdeutung durch Konfuzius<br />

oder Christus?<br />

Lee Hak Young Ssi, Herr Lee, erzählte<br />

in einer Probenpause, dass er aus einem<br />

evangelischen Elternhause stamme. Seine<br />

Eltern waren Bauern in der Nähe von<br />

Seoul gewesen.<br />

Man vermutet angesichts europäischer<br />

Konfessionsbezeichnungen sofort den<br />

Einfluss englischer oder amerikanischer<br />

Missionare in kolonialen oder imperialistischen<br />

Zeiten. Aber bei Bauern?<br />

Christliche Gemeinden entstanden in<br />

Staaten mit kolonialer Vergangenheit<br />

eher in Städten als auf dem Land. Die<br />

Missionsgeschichte Südamerikas und<br />

auch Chinas liefert dafür Beispiele. Noch<br />

da<strong>zu</strong> wird <strong>Korea</strong> als das konfuzianischste<br />

Land Asiens bezeichnet. (Maull 137)<br />

Tatsächlich prägt die Lehre des Konfuzius<br />

<strong>Korea</strong> bis heute. In deren Mittelpunkt<br />

8 NC 2 / 09<br />

steht die Entsakralisierung des Staates<br />

durch seine Moralisierung. Das bedeutet,<br />

dass <strong>beim</strong> Herrscher nicht seine<br />

Legitimation durch göttliche Berufung<br />

zählt, sondern seine vollkommene Einsicht<br />

in die Gesetze, die den Himmel in<br />

einem dauerhaften Ideal<strong>zu</strong>stand erhalten.<br />

Der Herrscher muss die Menschen<br />

da<strong>zu</strong> anhalten, die Sittengesetze <strong>zu</strong><br />

befolgen, damit es dem Staat ähnlich<br />

wohlergehe wie dem Himmel. Dies geschieht<br />

allerdings nicht durch Zwang,<br />

sondern durch Bildung. Je mehr Menschen<br />

die Schriften weiser Männer studieren<br />

und Einsicht in das Wesen der<br />

Sittengesetze erlangen, desto besser<br />

ergeht es dem Gemeinwesen.<br />

Der erste Kontakt mit dem Katholizismus<br />

war intellektuell, kein Damaskuserlebnis.<br />

Einige konfuzianische Gelehrte<br />

entdeckten am kaiserlichen Hof <strong>zu</strong> Peking<br />

christliche Schriften und versprachen<br />

sich von der Erlösungshoffnung<br />

der Christen einen Ausweg aus den endlosen<br />

Diskussionen über den rechten<br />

Weg im Diesseits. Die erste Taufe eines<br />

konfuzianischen Gelehrten ist 1784 bezeugt.<br />

Zulauf bekamen diese „Ur“-Gemeinden<br />

aus den Reihen der landlosen<br />

Bauern, die vom Erfolg der konfuzianischen<br />

Mittelschichten ausgeschlossen<br />

waren. Trotz blutiger Christenverfolgungen<br />

im 19 Jhdt. gibt es heute 3,2 Mio<br />

Katholiken in <strong>Korea</strong>. Ihnen stehen 8,7<br />

Mio Protestanten gegenüber, so dass<br />

etwas ¼ der 47 Mio Südkoreaner Christen<br />

sind. Die protestantische Mission<br />

wurde von amerikanischen Missionaren<br />

im ausgehenden 19. Jhdt. betrieben,<br />

allen voran den Presbyterianern<br />

und Methodisten, deren pragmatische<br />

Diesseitigkeit die Modernisierung des<br />

Sozialsystems in <strong>Korea</strong> vorantrieb und


damit als tatkräftige Variante der konfuzianischen<br />

Kontemplation galt. Nicht<br />

unterschätzt werden sollte auch die politische<br />

Dimension. Wer sich <strong>zu</strong>m Protestantismus<br />

bekannte, erwies sich als<br />

aufgeschlossen gegenüber der Öffnung<br />

der asiatischen Gesellschaften gegenüber<br />

dem Einfluss der westlichen Moderne.<br />

Im 20. Jhdt. verliehen die Leiden<br />

des <strong>Korea</strong>krieges, die sich nicht mehr<br />

mit Anstrengung <strong>zu</strong>r Erforschung der<br />

rechten Sittenlehre kompensieren ließen,<br />

dem Protestantismus einen gewaltigen<br />

Schub. Zudem sahen viele koreanische<br />

Intellektuelle in der dauerhaften<br />

Teilung des Landes am 38. Breitengrad<br />

eine Niederlage der Weltanschauung<br />

des Konfuzius. Ein geteiltes Reich kann<br />

nicht Abbild der kosmischen Harmonie<br />

und Ordnung sein.<br />

Wirtschaftlicher Wandel in Südkorea<br />

Wie Herr Lee weiter berichtet, hat er<br />

seine Kindheit auf einem Bauernhof verbracht.<br />

Sein Vater produzierte auf seinem<br />

eigenem Bauernhof Reis, Getreide und<br />

Gemüse und gehörte damit <strong>zu</strong> den Nahrungsmittelversorgern<br />

der nahegelegenen<br />

Hauptstadt. Als Herr Lee 16 Jahre alt war,<br />

gab sein Vater den Bauernhof auf und zog<br />

nach Seoul. Damit verkörpert die Familie<br />

unseres Mitsängers offenbar den Strukturwandel<br />

Südkoreas, der Parallelen <strong>zu</strong> der<br />

Entwicklung in Deutschland aufweist. Abgeschnitten<br />

vom Großteil seiner Industrie<br />

stand der südliche Landesteil nach dem<br />

Krieg vor dem Problem, die wenig entwikkelten,<br />

agrarisch geprägten Regionen vor<br />

der Verelendung <strong>zu</strong> bewahren. Die <strong>Korea</strong>ner<br />

beschritten den uns bekannten Weg<br />

weg vom Kleinstbetrieb hin <strong>zu</strong>m Großbetrieb<br />

mit arrondierten Flächen.<br />

Der bäuerliche<br />

Mittelstand<br />

mit seinem<br />

vielfältigen<br />

Angebot<br />

an verbrauchernahwachsendenNahrungsmitteln<br />

schwindet.<br />

An seine<br />

Stelle treten<br />

Monokulturen. Inzwischen ist <strong>Korea</strong> für<br />

die Großproduktion von Nahrungsmitteln<br />

auf Importe angewiesen.<br />

Das Bildungswesen<br />

Mit einer beispiellosen Alphabetisierungskampagne<br />

bereitete die Regierung<br />

nach der Teilung des Landes<br />

1953 die 75% der Bevölkerung, die<br />

nie eine Schule besucht hatten, auf die<br />

Herausforderung einer modernen Industriegesellschaft<br />

vor. Das Schulsystem<br />

verrät deutlich anglo-amerikanische<br />

Einflüsse. Herr Lee erzählt von seinem<br />

Kindergarten, in dem er im Rahmen<br />

der musikalischen Früherziehung<br />

<strong>zu</strong> ersten Mal mit europäischer Musik<br />

in Berührung gekommen ist. Was Herr<br />

Lee Kindergarten nennt, ist eigentlich<br />

eine leistungsorientierte Vorschule, an<br />

die sich eine sechsjährige Grundschule<br />

anschließt.<br />

Die weiterführenden Schulen haben<br />

ihre eigenen Profile entwickelt und<br />

weisen mit ihrem außerordentlich breit<br />

gefächerten Fremdsprachenangebot<br />

auf die Orientierung der koreanischen<br />

NC 2 / 09 9


Wirtschaft weit über die Landesgrenzen<br />

hinaus hin. Herr Lee zählt Englisch,<br />

Japanisch, Chinesisch, Deutsch, Französisch,<br />

Russisch und Spanisch auf.<br />

Er besuchte ein normales Gymnasium,<br />

hatte dort privaten Musikunterricht und<br />

beendete es mit der Zulassung <strong>zu</strong>r Universität.<br />

Das Sprachenangebot, das<br />

außer Englisch alle romanischen Sprachen<br />

sowie Deutsch umfasste, lässt<br />

darauf schließen, dass ein Europaaufenthalt<br />

<strong>zu</strong>m Bildungsziel gehörte. Herr<br />

Lee wählte Deutsch und Französisch.<br />

Nach der dreijährigen Mittelstufe endet<br />

die Schulpflicht. Die ebenfalls dreijährige<br />

Oberstufe bereitet auf das Studium<br />

an einer der meist privaten Hochschulen<br />

vor. <strong>Korea</strong>nische Eltern seien sehr<br />

ehrgeizig und <strong>zu</strong> großen finanziellen<br />

Opfern bereit, erzählt Herr Lee unter<br />

Zustimmung seiner Kommilitonen.<br />

Deshalb blühen neben dem staatlichen<br />

Schulsystem viele Paukschulen, die an<br />

den hervorragenden Pisaergebnissen<br />

<strong>Korea</strong>s großen Anteil haben.<br />

Die offensive Bildungspolitik wird begleitet<br />

von 5 Fünfjahresplänen, in deren<br />

Folge sich Südkorea vom Reislieferanten<br />

Japans <strong>zu</strong>m weltweit führenden Anbieter<br />

von Infrastruktureinrichtungen,<br />

<strong>zu</strong>m weltgrößten Stahlerzeuger und <strong>zu</strong><br />

Ya-Young Park<br />

Hyun-Jin Lim<br />

Herzlichen Glückwunsch!<br />

10 NC 2 / 09<br />

einem ernsthaften Konkurrenten auf<br />

dem Elektronik und Kraftfahrzeugmarkt<br />

entwickelte. Herrn Lees Bruder arbeitet<br />

als Ingenieur bei Kia Motors.<br />

So ist es dem kleinen ostasiatischen<br />

Land gelungen, ohne vorteilhafte Standortfaktoren<br />

den Industrialisierungsprozess,<br />

der die europäischen Länder 150<br />

Jahre lang prägte, im Zeitraffer von 25<br />

Jahren <strong>zu</strong> durchlaufen.<br />

Herr Lee möchte noch sieben bis<br />

acht Jahre in Deutschland als Sänger<br />

Erfahrung sammeln und dann nach<br />

<strong>Korea</strong> <strong>zu</strong>rückkehren. Welchen Platz er<br />

mit seiner europäischen Ausbildung,<br />

seinem Repertoire und seinen Erfahrungen<br />

im koreanischen Musikleben<br />

anstrebt, wird Thema vieler Gespräche<br />

mit unseren koreanischen Choristen<br />

sein. Eine Anregung vorab: Wir sollten<br />

ihn bei der Gründung eines <strong>Städtischen</strong><br />

<strong>Musikverein</strong>s <strong>zu</strong> Seoul unterstützen.<br />

Grundlagen <strong>zu</strong> diesem Beitrag sind Gespräche<br />

mit Herrn Ha k Yo u n g Le e. Die Angaben<br />

über Geschichte, Land und Leute stammen<br />

aus Ma u L L, Ha n s W. und Iv o M. Ma u L L:<br />

Im Brennpunkt <strong>Korea</strong>. München (Beck) 2004,<br />

<strong>zu</strong>m Konfuzianismus aus sc H o e p s, Ha n s<br />

Jo a c H I M: Religionen. Gütersloh o.J. Einige<br />

Zahlen und Fakten <strong>zu</strong>r Landwirtschaft und<br />

<strong>zu</strong>m Schulsystem sind dem <strong>Korea</strong> Artikel aus<br />

WI k I p e d I a entnommen.<br />

Unsere Gastsängerinnen<br />

verabschieden<br />

sich mit bestandenenKonzertexamen<br />

und<br />

Diplomprüfung!<br />

Bo-Ram Yang


<strong>Kennen</strong> <strong>Sie</strong> <strong>Korea</strong><br />

von Udo Kasprowicz und Hak-Young Lee<br />

NC 2 / 09 11


12 NC 2 / 09


Hak-Young Lee... ...im Gespräch über <strong>Korea</strong> mit... ...Udo Kasprowicz<br />

NC 2 / 09 13


Louis Spohr und die Vokalmusik<br />

Ein Beitrag <strong>zu</strong>m Spohrjahr von Dr. Wolfram Boder<br />

Heide-Marie Spohr ist seit November 2006 Mitglied der Alt-Fraktion<br />

unseres Chores. Im weitverzweigten Stammbaum ihrer Familie taucht<br />

auch irgendwo der Name Louis auf. Und da 2009 nicht nur Händel-,<br />

Haydn- und Mendelssohn- sondern auch Spohrjahr ist, möchten wir hier<br />

die Gelegenheit nutzen, den Musikwissenschaftler und Spohrforscher<br />

Dr. Wolfram Boder <strong>zu</strong> Wort kommen <strong>zu</strong> lassen.<br />

Sein Beitrag erinnert an eines der letzten Universalgenies der Musikgeschichte:<br />

Spohr betätigte sich als Dozent und Musikschriftsteller, er inspirierte<br />

Wagner und Berlioz mit seiner Leitmotividee, als Dirigent war er<br />

bahnbrechend für die moderne Orchesterkultur und als Geigenvirtuose<br />

direkter Konkurrent Paganinis. Seine Violinschule war allseits anerkannt<br />

und seine Oratorien sorgten in Europa für Furore.<br />

Louis Spohr, der <strong>zu</strong> seiner Zeit berühmter als der heute hier<strong>zu</strong>lande<br />

hochgeschätzte Robert Schumann war, verstarb vor 150 Jahren am<br />

22.10.1859 in Kassel.<br />

Lesen <strong>Sie</strong> im Folgenden, was die Öffentlichkeit über ihn dachte und<br />

welche Rolle der Vorfahre von Heide-Marie in den Jahren 1824 bis 1833 im<br />

Musikleben der Stadt <strong>Düsseldorf</strong> spielte.<br />

Ludwig Emil Grimm, der malende<br />

jüngere Bruder von Jacob und Wilhelm<br />

Grimm, machte 1826 seinem Ärger<br />

über das immergleiche Geschwätz einer<br />

Kasseler Mäzenatin mit den folgenden<br />

Worten Luft: „Da ich eigentlich seit<br />

Monaten nicht bei der Malsburg war sie<br />

aber wohl 100 mal bei uns, so kann ich<br />

mich doch noch nicht entschließen hinüber<br />

<strong>zu</strong> ihr <strong>zu</strong> gehn da ich schon ihre<br />

Musick Reise nach Cöln u <strong>Düsseldorf</strong><br />

195 mal gehört u ich sie da noch <strong>zu</strong>m<br />

196 oder wohl 197, 198, 199, 200,<br />

malsten höhren müsste, u ich daß geschwätz<br />

über Musick u den himlischen<br />

Spohr satt habe bis an den Hals. Da sie<br />

nun schon längst gemerkt hat u auch<br />

weis daß ich mir aus dem immerwährenden<br />

Musickspektakel nichts mache,<br />

14 NC 2 / 09<br />

so nimt sie sich in acht so es nur gehn<br />

will aber sie kans nicht über die Seele<br />

bringen u ehe man die Hand umgewendet<br />

sitzt sie wieder in Spohrs himlischen<br />

Compositionen, u das ewige einerlei ist<br />

mir <strong>zu</strong>wieder wie ein Landregen von 6<br />

Monaten.“ 1<br />

Aus diesen Worten lässt sich deutlich<br />

die Popularität ablesen, die der Komponist,<br />

Violinvirtuose, Dirigent und Pädagoge<br />

Louis Spohr Ende der 1820er<br />

Jahre bereits besaß – immerhin war<br />

er offensichtlich ein so häufiges Gesprächsthema<br />

in der Kasseler Bevölkerung,<br />

dass es dem jungen Ludwig Emil<br />

Grimm, der den Musiker Spohr durchaus<br />

schätzte, gehörig auf die Nerven<br />

1 Grimm, Ludwig Emil, Briefe, hrsg. v. Egbert<br />

Koolman, 2 Bde., Marburg 1985, S. 56.


ging. Auch das hier angesprochene<br />

Musikereignis bestätigt das. Caroline<br />

von der Malsburg hatte Spohr im Mai<br />

1826 bei seiner Reise <strong>zu</strong>m rheinischen<br />

Musikfest in <strong>Düsseldorf</strong> begleitet, wo<br />

er sein neues Oratorium Die letzten<br />

Dinge dirigiert hatte. Auch die <strong>Düsseldorf</strong>er<br />

fanden offensichtlich Gefallen<br />

an Spohrs Musik, denn das Oratorium<br />

wurde hier so enthusiastisch aufgenommen,<br />

dass das Musikfest kurzerhand<br />

um einen Tag verlängert wurde,<br />

um eine zweite Aufführung des Werkes<br />

<strong>zu</strong> ermöglichen. In England sollte das<br />

Werk dann sogar noch mehr Furore<br />

machen.<br />

Überhaupt spielt die Vokalmusik in<br />

Spohrs Leben von Anfang an eine<br />

bedeutende Rolle. Kaum dass er seine<br />

ersten erhaltenen Kompositionen,<br />

die drei Violinduos WoO 21, die er als<br />

Zwölfjähriger gemeinsam mit seinem<br />

Geigenlehrer uraufgeführt hatte, vollendet<br />

hatte, wagte er sich inspiriert<br />

von diesem Erfolg an die Komposition<br />

einer Oper. Allerdings realisierte er<br />

nur die Ouvertüre und einen Chor, die<br />

sich leider nicht erhalten haben, bevor<br />

er einsehen musste, dass dieses Unterfangen<br />

doch noch eine Nummer <strong>zu</strong><br />

groß für ihn war. Immerhin führte die<br />

Kritik des Vaters an dem abgebrochenen<br />

Projekt da<strong>zu</strong>, dass Louis von nun<br />

an mit Akribie bemüht war, jedes einmal<br />

begonnene Werk auch tatsächlich<br />

<strong>zu</strong> vollenden.<br />

Mit fünfzehn Jahren entschied er sich<br />

für eine Karriere als Berufsmusiker und<br />

nach dem gescheiterten Versuch einer<br />

Konzertreise nach Hamburg fand<br />

er eine feste Anstellung als Geiger im<br />

herzoglichen Hoforchester seiner Heimatstadt<br />

Braunschweig. Mit 21 Jahren<br />

Abb. 1: Portrait Louis Spohrs, Stahlstich von<br />

Carl Meyer nach einem Gemälde von Johann<br />

Friedrich Wilhelm Roux (1838), nach 1838.<br />

Aus der Sammlung W. Boder.<br />

wurde er dann in Gotha <strong>zu</strong>m jüngsten<br />

Konzertmeister Deutschlands. Hier war<br />

es wieder eine Vokalkomposition, die<br />

einen entscheidenden Wendepunkt im<br />

Leben des Geigers Louis Spohr markieren<br />

sollte. Für die Hofsängerin Susanne<br />

Scheidler komponierte er die<br />

Gesangsszene Oskar! Umsonst! Nicht<br />

ganz ohne Hintergedanken vermutlich,<br />

denn er hatte sich in ihre Tochter, die<br />

begabte Harfenistin Dorette Scheidler<br />

verliebt. Offensichtlich half die Konzertarie<br />

dabei, die („alleinerziehende“)<br />

Hofsängerin von Spohrs Qualitäten als<br />

Schwiegersohn <strong>zu</strong> überzeugen, denn<br />

am 2. Februar 1806 konnte er seine<br />

Angebetete in der Gothaer Hofkapelle<br />

heiraten. Mit ihr gemeinsam begeisterte<br />

er in den folgenden Jahren auf verschiedenen<br />

Konzertreisen das Publikum<br />

in ganz Europa.<br />

NC 2 / 09 15


Die nächste Station seines Wirkens<br />

sollte dann ab 1813 Wien werden. Hier<br />

entstand seine Oper Faust, die neben<br />

E.T.A. Hoffmanns Undine als erste romantische<br />

Oper gilt. <strong>Sie</strong> konnte aufgrund<br />

von Theaterintrigen <strong>zu</strong>nächst<br />

nicht aufgeführt werden und erst Carl<br />

Maria von Weber verhalf ihr 1816 in<br />

Prag <strong>zu</strong>r Uraufführung. Von da an war<br />

ihr <strong>Sie</strong>ges<strong>zu</strong>g aber kaum mehr auf<strong>zu</strong>halten<br />

und schon bald hatte sie sich<br />

einen festen Platz auf den Spielplänen<br />

der Opernhäuser Europas erobert. 1852<br />

bestellte die englische Königin Victoria<br />

sogar eine Umarbeitung des Werks <strong>zu</strong>r<br />

großen Oper, bei der die <strong>zu</strong>vor gesprochenen<br />

Texte ebenfalls in Musik gesetzt<br />

wurden. Nach den wichtigen Wiener<br />

Jahren konnte Spohr sich 1816 endlich<br />

den lang gehegten Wunsch einer<br />

Italienreise erfüllen. Für die Konzerttournee<br />

im Land der Oper ließ sich der<br />

Violinvirtuose etwas ganz besonderes<br />

einfallen. Er komponierte ein Violinkonzert<br />

in Form einer Gesangsszene (Nr.<br />

8 in a-Moll, op 47). Es begeisterte nicht<br />

nur die Italiener und gehört bis heute <strong>zu</strong><br />

seinen beliebtesten Werken.<br />

Zunehmende gesundheitliche Probleme<br />

Dorettes ließen ab 1820 das Leben<br />

als reisende Virtuosen bald unmöglich<br />

werden und so nahm Spohr 1822 die<br />

Stelle als Hofkapellmeister in der kurhessischen<br />

Residenzstadt Kassel an,<br />

in der er den Rest seines Lebens verbringen<br />

sollte. Hier war es wieder ein<br />

Vokalwerk, das diesen wichtigen Einschnitt<br />

markierte und mit dem er gleich<br />

die Herzen (nicht nur) des Kasseler<br />

Publikums eroberte. In seinem ersten<br />

Kasseler Jahr vollendete er die Komposition<br />

seiner Oper Jessonda, die am<br />

16 NC 2 / 09<br />

28. Juli 1823 im Hoftheater uraufgeführt<br />

wurde. Auch sie sollte bald in ganz<br />

Europa Verbreitung finden. Daneben<br />

kümmerte er sich aber auch unermüdlich<br />

um die Förderung der bürgerlichen<br />

Musikkultur und die Kasseler Chorszene<br />

dürfte bis heute von seinem Wirken<br />

profitieren. Schon bald nach seiner Ankunft<br />

gründete er einen Laienchor, dessen<br />

Mitglieder sich aus der Kasseler<br />

Bürgerschaft rekrutierten und der nach<br />

seinem Gründungstag „Cäcilienverein“<br />

genannt wurde. Damit leistete er Entscheidendes<br />

für die Kasseler Musiklandschaft,<br />

denn der Chor wurde nicht<br />

nur <strong>zu</strong>m Hauptakteur der später eingeführten<br />

Karfreitagskonzerte, sondern er<br />

bildete auch die Keimzelle zahlreicher<br />

späterer Kasseler Laienchöre. Hätte<br />

der Kurfürst diese „außerdienstlichen“<br />

Aktivitäten nicht so misstrauisch und<br />

neidisch verfolgt und oft genug auch<br />

nach Kräften boykottiert, so hätte Kassel<br />

sogar die Ehre gehabt, noch vor<br />

Mendelssohns berühmten Konzert <strong>zu</strong>m<br />

Ort der ersten Wiederaufführung der<br />

„Matthäuspassion“ Johann Sebastian<br />

Bachs <strong>zu</strong> werden. Die Idee <strong>zu</strong>r Gründung<br />

eines solchen Chores hatte Spohr<br />

schon am Tag nach seiner Ankunft auf<br />

einer Soirée, wie er in seinen Lebenserinnerungen<br />

schreibt: „Ich traf dort<br />

die Dilettanten der Stadt, die sämtlich<br />

sangen, und zwar in sehr schlechter<br />

Manier. Da aber viele darunter mit guten<br />

Stimmen begabt waren, so brachte<br />

mich das auf die Idee, meine Wirksamkeit<br />

mit der Errichtung eines Gesangsvereins<br />

<strong>zu</strong> beginnen. Ich knüpfte daher<br />

mit einigen der Sänger Bekanntschaft<br />

und teilte ihnen meine Idee mit, und da<br />

sie sich <strong>zu</strong> interessieren schienen, so<br />

beredete ich mit ihnen, dass wir uns


an einem der folgenden Tage versammeln<br />

wollten, um alles Erforderliche <strong>zu</strong><br />

bereden.“ 2<br />

Durch seine gründliche und unermüdliche<br />

Probenarbeit stand ihm mit<br />

diesem Chor schon bald ein Ensemble<br />

<strong>zu</strong>r Verfügung, mit dem er dem Kasseler<br />

Publikum Werke des zeitgenössischen<br />

Repertoires ebenso vorstellen<br />

konnte wie Kompositionen des 17. und<br />

18. Jahrhunderts, etwa Motetten von<br />

Johann Sebastian Bach. Spohr und<br />

seine Sängerinnen und Sänger waren<br />

dabei fest im sozialen und politischen<br />

Leben der Stadt verankert. Als im Jahre<br />

1830 die revolutionäre Stimmung da<strong>zu</strong><br />

führte, dass auch in Kassel die Ständeversammlung<br />

erstmals seit sehr langer<br />

Zeit wieder <strong>zu</strong>sammentrat, war auch<br />

der „Cäcilienverein“ an den Feiern <strong>zu</strong><br />

diesem Ereignis beteiligt. Der Kasseler<br />

Kunstprofessor Friedrich Müller erinnerte<br />

sich später: „Der Gottesdienst<br />

begann mit Absingung des: Herr Gott,<br />

Dich loben wir! durch die Kasseler Gesangsvereine<br />

und unter Mitwirkung des<br />

Opernpersonals und des Orchesters<br />

mit Spohr an der Spitze. Die Execution<br />

ist eine so glänzende gewesen, daß<br />

man nur von ihr und nicht von der ihr<br />

nachfolgenden Festpredigt sprach.“ 3<br />

Auch Louis Spohr erwähnt das Ereignis<br />

in seinen Lebenserinnerungen: „Am<br />

folgenden Tage wurde die Eröffnung<br />

der Ständeversammlung durch einen<br />

feierlichen Gottesdienst in der großen<br />

Kirche begangen und auf Befehl der<br />

Regierung durch einen vom Cäcilien-<br />

2 Louis Spohr, Lebenserinnerungen, hg. von<br />

Volker Göthel, 2. Band, Tutzing 1968, S. 130.<br />

3 Friedrich Müller, Kassel seit siebzig Jahren, 1.<br />

Band, Kassel 1893, S. 227.<br />

vereine mit Begleitung des Orchesters<br />

ausgeführten festlichen Kirchengesang<br />

verherrlicht. Ich wählte da<strong>zu</strong> die Schlußnummer<br />

meiner in Wien komponierten<br />

Kantate: ‘Das befreite Deutschland’ mit<br />

dem darin vorkommenden Soloquartett<br />

und der Schlußfuge: ‘Lasset uns den<br />

Dankgesang erheben’, einen vierstimmigen<br />

Choral, der abwechselnd mit der<br />

Gemeinde gesungen wurde, und das<br />

Halleluja aus Händels ‘Messias’.“ 4<br />

Tatsächlich ging die Initiative <strong>zu</strong> dem<br />

musikalischen Beitrag nicht auf die Regierung<br />

sondern auf eine Petition der<br />

Kasseler Bürgerschaft <strong>zu</strong>rück, der Spohrs<br />

ausgesprochen liberale Gesinnung<br />

nicht entgangen war. Der Hofkapellmeister<br />

hatte sich bei der Regierung lediglich<br />

die Genehmigung für die Teilnahme<br />

einholen müssen. Spohr hatte sich im<br />

Laufe der Zeit <strong>zu</strong> einer Identifikationsfigur<br />

des liberalen Kasseler Bürgertums<br />

entwickelt und der „Cäcilienverein“ hatte<br />

dabei eine nicht unwesentliche Rolle<br />

gespielt. Anlässlich einer Feier dieses<br />

Vereins im November 1831 fasst Friedrich<br />

Müller das mit den folgenden Worten<br />

<strong>zu</strong>sammen, in denen auch das soziale<br />

Engagement Spohrs <strong>zu</strong>m Ausdruck<br />

kommt: „Spohr leitete dieselbe. Durch<br />

seine lebhafte Betheiligung am Dienste<br />

der Bürgerwehr und Kundgebung äußerst<br />

liberaler Gesinnung hatte er sich<br />

inzwischen die Sympathien auch der<br />

nicht musikalischen Kreise erworben.<br />

Er wurde <strong>zu</strong> den bedeutenderen patriotischen<br />

Persönlichkeiten gerechnet.<br />

Zum Vortrag bei der Feier kamen unter<br />

anderem das ‘Vater unser’ von Fesca,<br />

die ‘Hymne an die heilige Cäcilia’ und<br />

4 Louis Spohr, Lebenserinnerungen, hg. von<br />

Volker Göthel, 2. Band, Tutzing 1968, S. 150.<br />

NC 2 / 09 17


Abb. 2: Ludwig Emil Grimm, Louis Spohr dirigiert, Skizze 1850<br />

© Brüder Grimm-Museum, Kassel: Hz 349 (K148)<br />

das ‘Te Deum laudamus’ von Händel;<br />

am Schluß noch ein Streichquintett, bei<br />

dem Spohr die erste Geige vertrat, was<br />

einen solchen Beifallssturm hervorrief,<br />

daß sich das ganze Fest <strong>zu</strong> einer Ovation<br />

für ihn selbst verwandelt <strong>zu</strong> haben<br />

schien. Die eingesammelten, einen hohen<br />

Betrag bildenden Gaben flossen<br />

der in einem hohen Grad <strong>zu</strong>nehmenden<br />

Armuth <strong>zu</strong>.“ 5<br />

Die Kasseler Gesangsvereine profitierten<br />

auch von der gründlichen musikalischen<br />

Ausbildung, die Spohr den jungen<br />

Schülerinnen und Schülern angedeihen<br />

ließ, die schon bald aus ganz Europa<br />

nach Kassel strömten. Spohr verfolgte<br />

in der Ausbildung seiner Schüler näm-<br />

5 Friedrich Müller, Kassel seit siebzig Jahren, 1.<br />

Band, Kassel 1893, S. 231.<br />

18 NC 2 / 09<br />

lich einen bemerkenswert modernen,<br />

ganzheitlichen Ansatz. So bestand er<br />

auf dem Erlernen von mindestens einer<br />

Fremdsprache, geistiger Bildung und<br />

sportlicher Betätigung. Während immer<br />

mehr seiner Kollegen den Weg einer<br />

Spezialisierung auf das virtuose Spiel<br />

einschlugen, mussten Spohrs Schüler<br />

auch auf unterschiedlichen Positionen<br />

in seinem Orchester mitspielen und ein<br />

zweites Orchesterinstrument erlernen.<br />

<strong>Sie</strong> erlangten so wertvolle Erfahrungen,<br />

die ihnen im späteren Berufsalltag<br />

unschätzbare Dienste leisteten. Auch<br />

auf die Pflege der Kammermusik legte<br />

Spohr größten Wert. Er versuchte, den<br />

musikalischen Horizont seiner Schüler<br />

möglichst weit <strong>zu</strong> halten und das Verständnis<br />

für unterschiedliche Musik <strong>zu</strong><br />

wecken, wie er es selbst als Orche


sterleiter vorlebte. Da sie sich auch<br />

als Dirigenten in den Gesangs- und<br />

Orchestervereinen betätigten, standen<br />

diesen dadurch umfassend ausgebildete<br />

Leiter <strong>zu</strong>r Verfügung. Insgesamt<br />

bildete Spohr über 200 Schülerinnen<br />

und Schüler aus, die das europäische<br />

Musikleben in der zweiten Hälfte des<br />

19. Jahrhunderts entscheidend mitprägen<br />

sollten.<br />

Zu ihnen gehören neben vielen anderen<br />

auch der Liederkomponist Karl<br />

Friedrich Curschmann, der Komponist<br />

der finnischen Nationalhymne und „Vater<br />

der finnischen Musik“ Frederik Pacius,<br />

der Begründer der New Yorker<br />

Philharmoniker Ureli Corelli Hill und der<br />

<strong>Düsseldorf</strong>er Komponist Norbert Burgmüller.<br />

Geboren wurde Burgmüller 1810 in<br />

<strong>Düsseldorf</strong>. Sein älterer Bruder Friedrich<br />

ist noch heute vielen Pianisten wegen<br />

seiner Etüden bekannt, während<br />

Norberts Rhapsodie für Klavier in h-<br />

Moll und seine Klaviersonate in f-Moll<br />

Werke von höchster Qualität sind, die<br />

viel <strong>zu</strong> selten gespielt werden. Norbert<br />

Burgmüller kam 1824 <strong>zu</strong> Spohr nach<br />

Kassel. Hier blieb er auch nach dem<br />

Ende seiner Studien 1827 noch bis<br />

1830. Er spielte im Hoforchester und<br />

leitete zeitweise den „Cäcilienverein“.<br />

Unter Spohrs Dirigat spielte er am 14.<br />

Januar 1830 die Uraufführung seines<br />

Klavierkonzerts fis-Moll op.1, das 1834<br />

auch von Mendelssohn in <strong>Düsseldorf</strong><br />

gespielt werden sollte. Bei seiner Tätigkeit<br />

im Theater lernte er die Sopranistin<br />

Sophia Roland kennen, mit der er<br />

sich verlobte. Als diese auf einer Konzertreise<br />

nach Paris im Oktober 1830<br />

starb, stürzte er in tiefe Depressionen.<br />

Er begann <strong>zu</strong> trinken und kehrte nach<br />

<strong>Düsseldorf</strong> <strong>zu</strong>rück. Der von ihm anvisierte<br />

Posten als Musikdirektor wurde<br />

an Mendelssohn vergeben. Dennoch<br />

freundeten sich die etwa gleichaltrigen<br />

Musiker an. Doch auch als Mendelssohn<br />

<strong>Düsseldorf</strong> 1835 wieder verließ,<br />

wurde er bei der Neuvergabe der Stelle<br />

nicht bedacht. Der vermutlich an<br />

manischen Depressionen und Epilepsie<br />

leidende Burgmüller fand in dem<br />

ebenfalls enttäuschten Dietrich Grabbe<br />

einen Leidensgenossen, mit dem er<br />

ausgiebige Zechgelage feierte. 1836<br />

kam er bei einem Kuraufenthalt in Aachen<br />

während eines Bades unter ungeklärten<br />

Umständen <strong>zu</strong> Tode. In seinem<br />

kurzen und tragischen Leben schuf er<br />

bedeutende Werke, die besonders von<br />

Robert Schumann sehr geschätzt wurden.<br />

Dieser unternahm sogar den Versuch,<br />

Burgmüllers Fragment gebliebene<br />

2. Symphonie <strong>zu</strong> vollenden.<br />

Auch Spohr selbst traf übrigens Grabbe<br />

in <strong>Düsseldorf</strong>. Seine Schilderung<br />

dieser Begegnung illustriert anschaulich<br />

den trockenen Humor des Musikers, der<br />

mit seinen 1,92 Metern <strong>zu</strong> den größten<br />

Kasselern seiner Zeit gehörte: „Als ich<br />

von da <strong>zu</strong> Immermann ging, proponierte<br />

mir dieser einen Besuch bei Grabbe,<br />

der sich damals auf Immermanns Einladung<br />

in <strong>Düsseldorf</strong> aufhielt, und so<br />

lernte ich diesen Sonderling noch an<br />

demselben Morgen kennen. Als wir bei<br />

ihm eintraten, und der kleine Mensch<br />

mich Koloß <strong>zu</strong> Gesicht bekam, zog er<br />

sich schüchtern in eine Ecke seines<br />

Zimmers <strong>zu</strong>rück, und die ersten Worte,<br />

die er <strong>zu</strong> mir sprach, waren: ,Es wäre<br />

Ihnen ein leichtes, mich da <strong>zu</strong>m Fenster<br />

hinaus<strong>zu</strong>werfen.’ Ich antwortete:<br />

NC 2 / 09 19


Abb. 3: Der Spohr-Schüler Ureli Corelli Hill<br />

gründete 1842 die New Yorker Philharmoniker<br />

© New York Philharmonic, Archive, mit besonderem<br />

Dank an Barbara Haws, Archiv der New<br />

Yorker Philharmoniker<br />

,Ja, ich könnte es wohl, aber darum bin<br />

ich nicht hierher gekommen.’ Erst nach<br />

dieser komischen Szene stellte mich<br />

nun Immermann dem närrischen, aber<br />

interessanten Menschen vor.“ 6<br />

Ein weiteres Gebiet, auf dem Spohr<br />

vor allem in seiner Kasseler Zeit Furore<br />

machte, war das des Oratoriums, wie<br />

schon <strong>zu</strong> Beginn dieses Artikels angeklungen<br />

ist. Sein erstes Werk in dieser<br />

Gattung war das Oratorium Das jüngste<br />

Gericht gewesen, das er 1812 für das<br />

von ihm geleitete Musikfest in Frankenhausen<br />

geschrieben hatte. Sein zweites<br />

Oratorium, Die letzten Dinge, entstand<br />

in Kassel und wurde hier am Karfreitag<br />

des Jahres 1826 uraufgeführt.<br />

Teile daraus probierte er bereits im November<br />

1825 in einem Konzert mit dem<br />

6 Louis Spohr, Lebenserinnerungen, hg. von<br />

Volker Göthel, 2. Band, Tutzing 1968, S. 165f.<br />

20 NC 2 / 09<br />

„Cäcilienverein“ aus. Dabei bemerkte<br />

er, dass das Werk auf Ausführende und<br />

Zuhörer einen tiefen Eindruck machte.<br />

In einem Brief an Wilhelm Speyer bemerkte<br />

er: „Diese Wahrnehmung war<br />

für mich von größter Wichtigkeit, indem<br />

sie mir die Überzeugung gab, den<br />

rechten Stil für dieses Werk gefunden<br />

<strong>zu</strong> haben. Ich habe mich nämlich bemüht,<br />

recht einfach, fromm und wahr im<br />

Ausdruck <strong>zu</strong> sein und habe alle Künsteleien,<br />

alles Schwülstige und Schwierige<br />

sorgfältig vermieden. Der Gewinn ist:<br />

leichte Ausführbarkeit von Dilettantenvereinen,<br />

für die das Werk doch <strong>zu</strong>nächst<br />

bestimmt ist, und dadurch ein<br />

leichteres Eingehen in meine Ideen<br />

<strong>beim</strong> großen Publikum.“ 7 Der große<br />

Erfolg, den das Werk in den folgenden<br />

Jahren vor allem in Deutschland und<br />

England haben sollte, bestätigte, dass<br />

Spohr mit diesen Überlegungen richtig<br />

lag.<br />

Sein nächstes Oratorium, Des Heilands<br />

letzte Stunden, entstand wieder in<br />

Kassel, zwischen 1833 und 1836. 1839<br />

dirigierte er das Werk bei einem großen<br />

Musikfest in Norwich und festigte damit<br />

den guten Ruf, den er sich auch in England<br />

erworben hatte. Dafür hatte nicht<br />

<strong>zu</strong>letzt eine Aufführung von Die letzten<br />

Dinge bei dem gleichen Musikfest im<br />

Jahr 1830 gesorgt. Der sensationelle<br />

Erfolg wird illustriert von der Reaktion<br />

der berühmten Sopranistin Maria Malibran,<br />

die die Sopranpartie sang und<br />

dermaßen überwältigt wurde, dass sie<br />

das Orchester schluchzend verlassen<br />

musste. Der erneute Erfolg 1839 trug<br />

Spohr den Auftrag ein, für das nächste<br />

Musikfest im Jahr 1842 ein weiteres<br />

Oratorium <strong>zu</strong> komponieren. Da der<br />

7 Ztiert nach: Clive Brown, Louis Spohr, Kassel<br />

2009, S. 210.


Kurfürst ihm den nötigen Urlaub nicht<br />

gewährte, konnte Spohr die Aufführung<br />

von Der Fall Babylons in Norwich 1842<br />

nicht selbst leiten. Als er das Werk aber<br />

1843 in London dirigierte, spielten sich<br />

gerade<strong>zu</strong> unglaubliche Szenen ab. Bei<br />

der Aufführung in Exeter Hall waren<br />

die über dreitausend Sitzplätze restlos<br />

ausverkauft und Marianne Spohr, die<br />

zweite Frau des Komponisten, berichtete<br />

über den tosenden Applaus: „Am<br />

Schluß wußten die Menschen ihrem<br />

Jubel nichts Neues mehr hin<strong>zu</strong><strong>zu</strong>setzen,<br />

erhöhten ihn aber buchstäblich<br />

dadurch, daß sie sich dabei nun Alle<br />

auf die Bänke stellten“ 8 .<br />

Leider gerieten die Qualität der Werke<br />

Spohrs und sein kaum <strong>zu</strong> über-<br />

8 Zitiert nach: Clive Brown, Louis Spohr, Kassel<br />

2009, S. 335.<br />

schätzender Einfluss auf die Entwicklung<br />

der europäischen Musik mit dem<br />

ausgehenden 19. Jahrhundert etwas in<br />

Vergessenheit. Dies gilt in besonderem<br />

Maße auch für seine Vokalmusik. Erst<br />

in jüngster Zeit wird er von einer neuen<br />

Generation von Musikern und Wissenschaftlern<br />

wieder stärker gewürdigt<br />

und es steht <strong>zu</strong> hoffen, dass sich seine<br />

Werke wieder einen festen Platz im Repertoire<br />

erobern. Dabei gibt es auf dem<br />

Gebiet der Vokalmusik viel <strong>zu</strong> entdekken.<br />

Nicht nur die Oratorien, auch die<br />

A-capella-Messe für fünf Solostimmen<br />

und fünfstimmigen Doppelchor, seine<br />

Chorlieder und zahlreiche andere Werke<br />

hätten es mehr als verdient, wieder<br />

stärker gewürdigt <strong>zu</strong> werden.<br />

Abb. 4: Das Spohr-Denkmal in Kassel (Bronzestandbild von Carl Ferdinand Hartzer, errichtet 1883),<br />

Postkarte des frühen 20. Jahrhunderts aus der Sammlung W. Boder<br />

NC 2 / 09 21


Dr. Wolfram Boder<br />

wurde 1971 in Kassel<br />

geboren. Er studierte<br />

Musik- und Theaterwissenschaft<br />

in München<br />

und Berlin. Bei<br />

Prof. Gerd Rienäcker<br />

promovierte er an der<br />

Humboldt-Universität<br />

<strong>zu</strong> Berlin über das Thema<br />

„Entwicklungslinien<br />

in den Kasseler Opern<br />

Louis Spohrs. Musikdramaturgische<br />

Befunde in<br />

ihrem gesellschaftlichen<br />

Kontext“ (erschienen<br />

2007 im Bärenreiter-<br />

Verlag, Kassel). Boder<br />

lebt als freier Musikwissenschaftler<br />

und Publizist<br />

in Kassel. Neben<br />

seiner Tätigkeit für das<br />

Lektorat des Merseburger<br />

Verlags setzt er sich<br />

hauptsächlich mit dem<br />

Leben und Werk Louis<br />

Spohrs auseinander.<br />

Zuletzt aktualisierte und<br />

übersetzte er eine Biographie<br />

Louis Spohrs<br />

aus dem Englischen.<br />

Damit steht der musikinteressiertenÖffentlichkeit<br />

in Deutschland<br />

erstmals eine wissenschaftlich<br />

fundierte,<br />

ausführliche Biographie<br />

Louis Spohrs <strong>zu</strong>r Verfügung.<br />

Das erste und<br />

grundlegende Werk dieser<br />

Art verfasste 1984<br />

der englische Spohr-<br />

Forscher Clive Brown.<br />

Zum 225. Geburtstag<br />

Spohrs überarbeite sie<br />

Boder gemeinsam mit<br />

dem Autor und übersetzte<br />

sie ins Deutsche.<br />

Das Buch schildert<br />

anschaulich das<br />

Leben und Wirken des<br />

großen Komponisten,<br />

Dirigenten, Violinvirtuosen<br />

und Pädagogen,<br />

dessen wegweisende<br />

Bedeutung auch heute<br />

noch weitgehend unterschätzt<br />

wird. Es ist im<br />

Buchhandel oder direkt<br />

22 NC 2 / 09<br />

<strong>beim</strong> Verlag Merseburger<br />

(www.merseburger.<br />

de) erhältlich.<br />

Hinweis<br />

der Redaktion:<br />

Spohrs Violinkonzert in<br />

Form einer Gesangsszene<br />

Nr. 8 in a-Moll,<br />

op 47 wird am 20.,<br />

22. und 23.11.2009 im<br />

Sternzeichen 4 <strong>zu</strong>sammen<br />

mit Mendelssohns<br />

„Lobgesang“ in der<br />

Tonhalle <strong>Düsseldorf</strong> <strong>zu</strong><br />

hören sein.


Der Komponist Sigismund Neukomm<br />

Neues vom Schüler Joseph Haydns von Erich Gelf<br />

Sigismund (Ritter von) Neukomm<br />

(geb. 10.07.1778 in Salzburg - gest.<br />

03.04.1858 in Paris), ein in Salzburg<br />

und Wien ausgebildeter Komponist,<br />

Dirigent, Pianist und Orgelvirtuose,<br />

war <strong>zu</strong> seiner Zeit in ganz Europa und<br />

in Brasilien in seinen musikalischen<br />

Sparten und darüber hinaus als Lehrer,<br />

Theoretiker und Kritiker bekannt und<br />

höchst anerkannt.<br />

Im Vorjahre wäre <strong>zu</strong> seinem 150.<br />

Todestag wenigstens an den Komponisten<br />

Sigismund Neukomm <strong>zu</strong> erinnern<br />

gewesen. Aber selbst in seiner<br />

Geburtsstadt Salzburg reichte es nur<br />

<strong>zu</strong>r Aufführung einer seiner Ouvertüren<br />

<strong>zu</strong>m Auftakt der Sommerakademie der<br />

Universität Salzburg. Und auch das nur<br />

- so darf man mutmaßen - weil der damalige<br />

Dirigent, Lavard Skou-Larsen,<br />

gebürtiger Brasilianer ist. 1<br />

Jede andere Stadt hätte ihrem berühmten<br />

„Sohne“ schon bald nach seinem<br />

Tode ein Denkmal gesetzt. Aber<br />

in der Salzburger Altstadt liegt das Geburtshaus<br />

Sigismund Neukomms im<br />

Eckhaus am Hagenauerplatz schräg<br />

gegenüber von Mozarts Geburtshaus<br />

in der Getreidegasse 9. In der Getreidegasse<br />

9 ist seit 1880 ein Mozart-<br />

Museum eingerichtet, das jährlich von<br />

zehntausenden Touristen besucht wird.<br />

Vielleicht bemerkt der Eine oder die<br />

Andere die Gedenktafel, die an dem<br />

Geburtshaus Neukomms angebracht<br />

wurde. Dabei war es <strong>zu</strong> einem Teil Neukomms<br />

Verdienst, dass Mozarts - und<br />

1 „Geboren Mozart schräg gegenüber“ CD-<br />

Kritiken DrehPunktKultur Salzburg vom 12.05.09<br />

www.drehpunktkultur.at/txt09-05/0327.html<br />

auch J. Haydns 2 - Werke nach deren<br />

Tode weiterhin aufgeführt wurden, weil<br />

er sich mit seiner Berühmtheit erfolgreich<br />

und unermüdlich dafür einsetzte.<br />

Woher kennen wir<br />

Sigismund Neukomm?<br />

Unsere Zeitschrift hat in Ausgabe Nr.<br />

2/07 unter der Überschrift >Fundsache:<br />

Ein „vollendetes“ Mozart-Requiem aus<br />

Brasilien von 1821< über eine zeitgenössische<br />

Ergän<strong>zu</strong>ng der sog. „Süßmayr-Fassung“<br />

durch Sigismund Ritter<br />

von Neukomm berichtet, die das Spezial-Label<br />

K617 aus Sarrebourg/Moselle<br />

auf CD herausgebracht hatte. 3 Diese<br />

Erstveröffentlichung nahmen wir <strong>zu</strong>m<br />

Anlass, umfassend über Sigismund<br />

Neukomm und sein Werk sowie über<br />

den Hintergrund des Labels K617 <strong>zu</strong><br />

berichten.<br />

Bei einem Aufenthalt am damals in<br />

Rio de Janeiro residierenden portugiesischen<br />

Königshofe von 1816 bis 1821<br />

beeinflusste er das klassische Musikleben<br />

Brasiliens auf Dauer maßgeblich.<br />

Für eine Aufführung in Rio de Janeiro<br />

ergänzte er im Geiste Mozarts dessen<br />

Requiem um das für die Messliturgie<br />

erforderliche, aber in der „Süßmayr-<br />

Fassung“ fehlende, Schlussstück „Libera<br />

me, Domine“.<br />

Dieser Beitrag verhalf übrigens unserer<br />

Zeitschrift <strong>zu</strong> Wikipedia-Ehren. Die<br />

2 MGG Digitale Bibliothek Bd. 60, Berlin 2001,<br />

Stichwort: Sigismund Neukomm, letzter Absatz<br />

3 CD: W.A.Mozart, Requiem K.626 (conclu par<br />

Sigismund Neukomm) harmonia mundi, 2005<br />

K617180<br />

NC 2 / 09 23


„Freie Enzyklopädie Wikipedia“ berichtigte<br />

und ergänzte ihren Artikel über<br />

das Mozart-Requiem <strong>beim</strong> Abschnitt<br />

„Neufassungen/Historische Bearbeitungen“<br />

entsprechend den Informationen<br />

in unserer Veröffentlichung. In der Fußnote<br />

da<strong>zu</strong> setzte sie unter Namensnennung<br />

unserer Zeitschrift und des Autors<br />

einen Link auf die Web-Seite des <strong>Städtischen</strong><br />

<strong>Musikverein</strong>s <strong>zu</strong> <strong>Düsseldorf</strong>.<br />

Wer diesen Link schaltet, erreicht den<br />

Text des angeführten Artikels. Versuchen<br />

<strong>Sie</strong> es einmal; der Text ist immer<br />

noch interessant und aktuell. 4<br />

Neue Informationen <strong>zu</strong>m Leben und<br />

Wirken von Sigismund Neukomm<br />

In unserer o. g. ersten Veröffentlichung<br />

über Sigismund Neukomm haben<br />

wir umfangreiche Fakten seiner<br />

Biografie <strong>zu</strong>sammengestellt. Bei einer<br />

heutigen Internet-Recherche über ihn<br />

bekommt man allerdings deutlich mehr<br />

Ergebnisse als bei der Arbeit an dem<br />

ersten Artikel Mitte 2007.<br />

Der Aufenthalt in Brasilien<br />

Die Umstände seiner Reise an den<br />

portugiesischen Hof in Brasilien im<br />

Jahre 1816 werden etwas deutlicher.<br />

Wegen der schlechten Quellenlage<br />

konnte sogar gemutmaßt werden, dass<br />

Neukomm sich ursprünglich als Spion<br />

mit nach Rio de Janeiro einschiffte. Wir<br />

kennen heute aus der Passagierliste<br />

des Seglers, wer als Begleitung mit<br />

dem Herzog von Luxemburg, der als<br />

Botschafter Frankreichs 1816 an den<br />

portugiesischen Hof entsandt wurde,<br />

nach Brasilien übersetzte. 5<br />

4 http://de.wikipedia.org/wiki/Requiem_(Mozart)<br />

– dort Fußnote 34 anklicken<br />

5 www.musimen.com/neukomm.htm (in<br />

24 NC 2 / 09<br />

Die Aufgabe des Herzogs war es<br />

wohl, das nach der Niederlage Napoleons<br />

politisch (vorübergehend) royalistisch<br />

neu bestimmte Frankreich bei<br />

dem Nachbarland Portugal wieder<br />

„hoffähig“ <strong>zu</strong> machen. Immerhin musste<br />

sich der gesamte portugiesische<br />

Hofstaat 1807 mit Hilfe der englischen<br />

Flotte vor den einmarschierenden Truppen<br />

Napoleons nach Brasilien retten.<br />

Neben seinem Botschaftspersonal<br />

begleiteten den Herzog französische<br />

Wissenschaftler, wie Bergbauingenieure,<br />

Botaniker, Zoologen und Geographen;<br />

unter ihnen der in Paris arbeitende<br />

deutsche Naturforscher Alexander<br />

von Humboldt und sein Pariser<br />

Forschungspartner, der Botaniker Aimé<br />

Bonpland. Der „compositeur de musique“<br />

Sigismund Neukomm, der wegen<br />

seiner musikalischen Verdienste für das<br />

Ansehen Frankreichs <strong>beim</strong> Wiener Kongress<br />

1815 von König Ludwig XVIII. <strong>zu</strong>m<br />

Ritter der Ehrenlegion ernannt worden<br />

war, wird im Kreise der Delegation den<br />

ehrenvollen Auftrag gehabt haben, das<br />

künstlerisch-musikalische Frankreich<br />

<strong>zu</strong> repräsentieren.<br />

Die Mission des Herzogs von Luxemburg<br />

dauerte acht Monate. 6 Neukomm<br />

blieb als Lehrer des Thronfolgers Peter<br />

und seiner Frau Leopoldine von Österreich<br />

in Rio de Janeiro. Erst im Vorfeld<br />

der Unruhen <strong>zu</strong>r Unabhängigkeitserklärung<br />

Brasiliens und der Rückkehr des<br />

französischer Sprache): Auf der Fregatte<br />

L’Hermione (ein Segler mit 44 Kanonen) waren<br />

350 Passagiere; neben der Delegation des<br />

Herzogs von Luxemburg auch Geschäftsleute<br />

und eingeladene Wissenschaftler. Das Schiff<br />

verließ den Hafen von Brest am 2. April 1816<br />

und traf am 31. Mai in der Bucht von Rio de<br />

Janeiro ein.<br />

6 www.musimen.com/neukomm.htm (in<br />

französischer Sprache)


PROBENORT<br />

Die Proben finden i.d.R.<br />

im Helmut-Hentrich-Saal der Tonhalle statt,<br />

Ehrenhof 1, Eingang Rheinseite.<br />

Gehen <strong>Sie</strong> in die 1. Etage,<br />

im Vorraum des Saales finden <strong>Sie</strong> vor den<br />

Proben immer einen Ansprechpartner<br />

oder<br />

vereinbaren <strong>Sie</strong> vorher telefonisch einen<br />

Termin mit Vorstand oder Chorleitung.<br />

PROBENZEITEN<br />

Gemeinschaftsproben<br />

finden i.d.R. dienstags von<br />

19.25 Uhr bis 21.25 Uhr statt.<br />

Stimmbildung mit anschließenden<br />

Einzelproben werden<br />

um 19.00 Uhr angeboten:<br />

für Herren montags und<br />

für Damen donnerstags<br />

Bei Ihrem ersten Besuch sollten <strong>Sie</strong><br />

gegen 19.00 Uhr in der Tonhalle sein.<br />

Aktive Sängerinnen und Sänger:<br />

Sopran: Kaoru Abe-Püschel • Britta Abelmann • Megumi<br />

Akao-Haug • Jutta Bellen • Susanne Bellmann • Annebärbel<br />

Bierbach • Justyna Bokuniewicz • Beatrix E.<br />

Brinskelle • Svetlana Bujanovskaja • Doris Büscherfeld<br />

• Yung-Hi Choi-Michalczyk • Dagmar Clöfers • Sabine<br />

Dahm • Giovanna Di Battista • Wilma Diekmann-Bastiaan<br />

• Monika Egelhaaf • Stefanie Gehle • Anja Gersdorf<br />

• Maria Goebel • Dr. Anna Caroline Gravenhorst •<br />

Heidemarie Hachel • Alexandra Holtz • Barbara Hopf-<br />

Kürten • Susan Jones • Monika Kehren • Gretel Kringe<br />

• Ingeborg Kupferschmidt • Bettina Lange-Hecker •<br />

Hyun-Jin Lim • Claudia Luthen • Chie Mugitani •Nicole<br />

Oehlert • Yeon Joo Park • Sigrid Petrell • Teresa Petrik •<br />

Elisabeth Petrusch • Larisa Rabinovich • Anke Rauber<br />

• Alexandra Romanowski • Ulrike Rotermund • Tanja<br />

Ruby • Karolina Rüegg • Christiane Schmidt • Younghui<br />

Seong • Wanda Skory • Dörte Springorum-Kölfen • Petra<br />

Strömer-Müller • Sabine Vogt • Satoko Yamamoto •<br />

Bo-Ram Yang • Alt: Karen Baasch • Dr. Maria Bauer<br />

• Birgit Biereigel • Angela Bönn-Griebler • Gerlinde<br />

Breidenbach • Ursula Brückner • Astrid Dahm • Ulrike<br />

Eitel • Ursula Eitel • Bettina Caroline Elsche • Helga<br />

Franz • Monika Greis • Renate Heinzig-Keith • Sybille<br />

Hermeling-Krön • Petra Hermes • Irmgard Hill • Alexandra<br />

Jakob • Imke Jürgens • Satomi Kondo • Sabine<br />

Kreidel • Andrea Kugler-Sterzel • Annemarie Küppers-<br />

Seiltgen • Ingrid Lang-Andrée • Young Lee • Angelika<br />

Liedhegener • Renate Madry • Stefanie Meding •<br />

Christine Meißner • Anke Merz • Kristina Maria Miltz<br />

Städtischer <strong>Musikverein</strong> <strong>zu</strong><br />

<strong>Düsseldorf</strong> e.V. • Konzertchor der<br />

Landeshauptstadt <strong>Düsseldorf</strong><br />

www.musikverein-duesseldorf.de<br />

Kompakt-Falter-200910-©-GL<br />

• Barbara Mokross-Brisson • Josefine Nitz • Susanne<br />

Obst • Jasmin Pauen • Dr. Astrid Pustolla • Marianne<br />

Rasp • Konstanze Richter • Lucia Ronge • Annegret<br />

Scharpenack • Enikö Schmidt • Ute Schröder • Ulrike<br />

Schulte <strong>zu</strong> Sodingen • Anja Schwarzwalder • Rita<br />

Schwindt • Ingrid Spieckermann • Heide-Marie Spohr •<br />

Dr. Lisette Streefland • Hella Stursberg • Doris Stüttgen<br />

• Christa Terhedebrügge-Eiling • Margaret Thomes •<br />

Margit von Wrisberg •Angelika Weyler • Beate Wieland<br />

• Margit Zuzak • Tenor: Jens D. Billerbeck • Eike Fiedrich<br />

• Georg Fleischhauer • Erich Gelf • Axel Guelich<br />

• Joachim Günther • Thomas Henneke • Hans-Peter<br />

Hill • Karl Hönig • Myung-Ki Jang • Sungwook Jung •<br />

Ki-Hyoung Kim • Kitae Kim • Tae-Hwan Kim • Adam<br />

Kirchner • Horst Meyer • Dr. Thomas Ostermann • Dr.<br />

Jens Petersen • Wolfgang Reichard • Horst Schlechtriemen<br />

• Rolf Schumacher • Dr. Reiner <strong>Sie</strong>ger • Boris<br />

Sorin • Reinhard Spieß • Thomas Whye Leng Stebel<br />

• Klaus-Peter Tiedtke • Ulrich Viehoff • Klaus Walter •<br />

Baß: Dr. Tilmann Bechert • Dr. med. Francesco Bonella<br />

• Manfred Hill • Udo Kasprowicz • Volker Kaul •Johannes<br />

Keith • Minsung Kim • Markus Klausch • Lutz-Uwe<br />

Köbernick • Wolf Koch • Peter Kraus • Dr. Wolfram<br />

Küntzel • Georg Lauer • Hak-Young Lee • Johannes<br />

Meller • Hermann Oehmen • Ralf Oehring • In Taek Oh<br />

• Boris Osipo • Sangywoon Park • Yun-Il Michael Park<br />

• Dr. Wolf-Dietrich Pflugbeil • Dr. Walter Pietzschmann<br />

• Wolfgang Reinartz • Benno Remling • Jochen Schink<br />

• Rüdiger Schink • Ernst-Dieter Schmidt • Rolf Schönberg<br />

• Georg Toth • Christof Wirtz • Klaus Zink


Städtischer<br />

<strong>Musikverein</strong><br />

<strong>zu</strong> <strong>Düsseldorf</strong> e.V.<br />

Unser<br />

Programm<br />

2009/2010<br />

und andere<br />

wichtige Informationen!<br />

Ein Falt-Plan für Ihre Hand-Tasche!<br />

(bitte heraustrennen und noch dreimal falten:<br />

2-mal längs und einmal quer - vielen Dank!)<br />

Stand August 2009<br />

- Änderungen vorbehalten -<br />

SEPTEMBER 2009<br />

Abschlußkonzert<br />

Altenberger Kultursommer<br />

Freitag 11.9.2009 - 20 Uhr<br />

Dom <strong>zu</strong> Altenberg<br />

Johannes Brahms<br />

« Ein Deutsches Requiem »<br />

Bayer-Philharmoniker<br />

Anke Krabbe, Sopran<br />

Thomas Laske, Bariton<br />

Chor der Konzertgesellschaft<br />

Wuppertal<br />

Städtischer <strong>Musikverein</strong><br />

<strong>zu</strong> <strong>Düsseldorf</strong><br />

Marieddy Rossetto, Einstudierung<br />

Rainer Koch, Dirigent<br />

OKTOBER 2009<br />

Symphoniekonzert<br />

Sternzeichen 3<br />

Freitag 30.10.2009 - 20 Uhr<br />

Sonntag 01.11.2009 - 11 Uhr<br />

Montag 02.11.2009 - 20 Uhr<br />

Tonhalle <strong>Düsseldorf</strong><br />

Georg Friedrich Händel<br />

« Israel in Egypt »<br />

<strong>Düsseldorf</strong>er Symphoniker<br />

Joanne Lunn, Sopran<br />

Sarah Wegener, Sopran<br />

Alex Potter, Countertenor<br />

Christian Feichtmeir, Bass<br />

Städt. <strong>Musikverein</strong> <strong>zu</strong> <strong>Düsseldorf</strong><br />

Marieddy Rossetto, Einstudierung<br />

Frieder Bernius, Dirigent<br />

NOVEMBER 2009<br />

Symphoniekonzert<br />

Sternzeichen 4<br />

Freitag 20.11.2009 - 20 Uhr<br />

Sonntag 22.11.2009 - 11 Uhr<br />

Montag 23.11.2009 - 20 Uhr<br />

Tonhalle <strong>Düsseldorf</strong><br />

Felix M. Bartholdy<br />

« Lobgesang »<br />

Symphonie Nr. 2 B-Dur op 52<br />

<strong>Düsseldorf</strong>er Symphoniker<br />

Anna Virovlansky, Sopran<br />

Katarzyna Kuncio, Mezzosopran<br />

Corby Welch, Tenor<br />

Städt. <strong>Musikverein</strong> <strong>zu</strong> <strong>Düsseldorf</strong><br />

Marieddy Rossetto, Einstudierung<br />

Axel Kober, Dirigent


KONZERTKARTEN<br />

Konzertkasse Tonhalle:<br />

Ehrenhof 1<br />

40479 <strong>Düsseldorf</strong><br />

Telefon: 0211 - 89 96 123<br />

konzertkasse@tonhalle.de<br />

www.tonhalle-duesseldorf.de<br />

JANUAR 2010<br />

Neujahrskonzert<br />

Freitag 01.01.2010 11 Uhr<br />

Tonhalle <strong>Düsseldorf</strong><br />

Robert Schumann<br />

« Neujahrslied » u.a.<br />

<strong>Düsseldorf</strong>er Symphoniker<br />

Städt. <strong>Musikverein</strong> <strong>zu</strong> <strong>Düsseldorf</strong><br />

Marieddy Rossetto, Einstudierung<br />

Hubert Soudant, Dirigent<br />

FEBRUAR 2010<br />

Symphoniekonzert<br />

Sternzeichen 7<br />

Fr 05.02. / So 07.02. / Mo 08.02.2010<br />

Tonhalle <strong>Düsseldorf</strong><br />

Robert Schumann<br />

« Das Glück von Edenhall op 143 »<br />

<strong>Düsseldorf</strong>er Symphoniker<br />

Städt. <strong>Musikverein</strong> <strong>zu</strong> <strong>Düsseldorf</strong><br />

Marieddy Rossetto, Einstudierung<br />

Alexander Vedernikov, Dirigent<br />

------------------------<br />

Sonnenwind 4<br />

Sonntag 28, Februar 2010 - 16.30 Uhr<br />

Tonhalle <strong>Düsseldorf</strong><br />

Robert Schumann<br />

« Der Königssohn »<br />

<strong>Düsseldorf</strong>er Symphoniker<br />

Städt. <strong>Musikverein</strong> <strong>zu</strong> <strong>Düsseldorf</strong><br />

Marieddy Rossetto, Einstudierung<br />

Gregor Bühl, Dirigent<br />

APRIL 2010<br />

Symphoniekonzert<br />

Sternzeichen 9<br />

Freitag 16.04.2010- 20 Uhr<br />

Sonntag 18.04.2010 - 11 Uhr<br />

Montag 19.04.2010 - 20 Uhr<br />

Tonhalle <strong>Düsseldorf</strong><br />

Robert Schumann<br />

« Szenen aus Goethes Faust »<br />

<strong>Düsseldorf</strong>er Symphoniker<br />

Simona Saturova, Gretchen<br />

Dietrich Henschel, Faust<br />

Peter Mikulás, Mephisto<br />

Werner Güra, Ariel<br />

Ingeborg Danz, Alt<br />

Städt. <strong>Musikverein</strong> <strong>zu</strong> <strong>Düsseldorf</strong><br />

Marieddy Rossetto, Einstudierung<br />

Bernhard Klee, Dirigent<br />

VORSCHAU 2010/2011<br />

NOVEMBER 2010<br />

Fr 26.11. / So 28.11. / Mo 29.11.2010<br />

Tonhalle <strong>Düsseldorf</strong><br />

Robert Schumann<br />

« Manfred »<br />

<strong>Düsseldorf</strong>er Symphoniker<br />

Städt. <strong>Musikverein</strong> <strong>zu</strong> <strong>Düsseldorf</strong><br />

Marieddy Rossetto, Einstudierung<br />

Andrey Boreyko, Dirigent<br />

-------------------------<br />

DEZEMBER 2010<br />

Fr 17.12. / So 19.12. / Mo 20.12.2010<br />

Tonhalle <strong>Düsseldorf</strong><br />

Robert Schumann<br />

« Adventlied »<br />

<strong>Düsseldorf</strong>er Symphoniker<br />

Städt. <strong>Musikverein</strong> <strong>zu</strong> <strong>Düsseldorf</strong><br />

Marieddy Rossetto, Einstudierung<br />

Andrey Boreyko, Dirigent


Vorstand Städt. <strong>Musikverein</strong>:<br />

Vorsitzender: Manfred Hill<br />

Kempenweg 12 - 40699 Erkrath<br />

Tel: 02103.94 48 15<br />

eMail: m.hill@musikverein-duesseldorf.de<br />

Schriftführerin: Jutta Bellen<br />

Hildebrandtstr.13 - 40215 <strong>Düsseldorf</strong><br />

Tel: 0211.31 80 557<br />

eMail: j.bellen@musikverein-duesseldorf.de<br />

Schatzmeister I: Ernst-Dieter Schmidt<br />

Lintorfer Str. 75 - 40878 Ratingen<br />

Tel: 02102.2 34 34<br />

eMail: e.d.schmidt@musikverein-duesseldorf.de<br />

Schatzmeister II: Ingeborg Kupferschmidt<br />

Gartenstraße 28 - 40479 <strong>Düsseldorf</strong><br />

Tel: 0211.49 81 783<br />

eMail: i.kupferschmidt@musikverein-duesseldorf.de<br />

Medienreferent: Jens D. Billerbeck<br />

Dietrich-Bonhoeffer-Straße 33 - 42653 Solingen<br />

Tel: 0212 25 91 712<br />

eMail: j.billerbeck@musikverein-duesseldorf.de<br />

Archivarin: Christiane Schmidt<br />

Deutzer Str. 35 - 41468 Neuss<br />

Tel: 02131.33 533<br />

eMail: c.schmidt@musikverein-duesseldorf.de<br />

Stimmvertreter:<br />

Sopran: Sabine Dahm<br />

Benrather Schlossallee 34 - 40597 Düsseld.<br />

Tel: 0211.70 72 77<br />

eMail: s.dahm@musikverein-duesseldorf.de<br />

Alt: Rita Schwindt<br />

Josef-Kuchen-Straße 7 - 41462 Neuss<br />

Tel: 02131.17 69 595<br />

eMail: r.schwindt@musikverein-duesseldorf.de<br />

Tenor: Hans-Peter Hill<br />

Kempenweg 10 - 40699 Erkrath<br />

Tel: 0204.31 566<br />

Bass: Lutz-Uwe Köbernick<br />

Merowingerstraße 186 - 40225 <strong>Düsseldorf</strong><br />

Tel: 0211.31 45 31<br />

eMail: l.u.koebernick@musikverein-duesseldorf.de<br />

Stimmbildung:<br />

Sopran/Alt: Ulrike Eitel<br />

In der Huppertslaach 25 - 41464 Neuss<br />

Tel: 02131.85 80 39<br />

eMail: ulrike-eitel@hotmail.de<br />

Tenor/Bass: Klaus Walter<br />

Holsteinstr. 8 - 41564 Kaarst<br />

Tel: 02131.63 189<br />

eMail: kwalter-kaarst@t-online.de<br />

Künstlerische Leitung:<br />

Chordirektorin:<br />

Marieddy Rossetto<br />

Stralsunder Straße 15<br />

42109 Wuppertal<br />

Tel: 0202.27 50 132<br />

eMail: m.rossetto@musikverein-duesseldorf.de<br />

Korrepetitor:<br />

Reinhard Kaufmann<br />

Derner Straße 5a<br />

59174 Kamen<br />

Tel: 02307.74 504<br />

Geschäftsstelle:<br />

Städtischer <strong>Musikverein</strong> <strong>zu</strong> <strong>Düsseldorf</strong> e.V<br />

Ehrenhof 1<br />

40479 <strong>Düsseldorf</strong><br />

eMail: info@musikverein-duesseldorf.de<br />

Schallarchiv: Rainer Großimlinghaus<br />

Zum Wetterhäuschen 22<br />

14532 Kleinmachnow<br />

Tel: 033203.83 211<br />

eMail: r.grossimlinghaus@musikverein-duesseldorf.de<br />

Redaktion NeueChorszene:<br />

Chefredakteur: Georg Lauer<br />

Dörperweg 33 - 40670 Meerbusch<br />

Tel: 02159. 5912<br />

eMail: g.lauer@musikverein-duesseldorf.de<br />

Jens D. Billerbeck<br />

Dietrich-Bonhoeffer-Straße 33 - 42653 Solingen<br />

Tel: 0212. 25 91 712<br />

eMail: j.billerbeck@musikverein-duesseldorf.de<br />

Erich Gelf<br />

Niederrheinstraße 2b - 40474 <strong>Düsseldorf</strong><br />

Tel: 0211. 45 94 22<br />

eMail: Erich.Gelf@t-online.de<br />

Udo Kasprowicz<br />

Dresdener Str. 2 - 40670 Meerbusch<br />

Tel: 02159-29 60<br />

eMail: HalteDeinWortnicht<strong>zu</strong>rueck@t-online.de<br />

Dr. Thomas Ostermann<br />

Breidenplatz 14 - 40627 <strong>Düsseldorf</strong><br />

Tel: 0211.15 78 566<br />

eMail: t.ostermann@musikverein-duesseldorf.de<br />

Konstanze Richter<br />

Heinrichstr. 62 - 40239 <strong>Düsseldorf</strong><br />

Tel: 0211. 94 68 944<br />

eMail: k.richter@musikverein-duesseldorf.de


Hofes nach Lissabon kehrte er im Jahre<br />

1821 nach Paris <strong>zu</strong>rück. Die Musikgeschichte<br />

Brasiliens hält die Erinnerung<br />

an die Episode im Wirken Neukomms<br />

bis heute wach, da dessen Bemühungen<br />

um die Vermittlung klassischer europäischer<br />

Musik an das einheimische<br />

Publikum durchaus erfolgreich waren.<br />

Sein bekanntester Mitarbeiter und<br />

Schüler in Brasilien war der 1767 als<br />

Sohn einer Mulattin und eines Sklaven<br />

geborene José Mauricio Nunes Garcia.<br />

Er komponierte zwar schon vor der Ankunft<br />

Neukomms und entwickelte sich<br />

dann unter dessen Einfluss <strong>zu</strong>m „brasilianischen<br />

Mozart“.<br />

Zu Lebzeiten verehrt –<br />

heute vergessen<br />

Ein besonderes Phänomen ist der<br />

Umstand, dass Person und Werk des in<br />

ganz Europa hochgeschätzten, mit Auszeichnungen,<br />

Ehrungen und Kompositionsaufträgen<br />

überhäuften Sigismund<br />

Neukomm so bald nach seinem Tode<br />

in Vergessenheit gerieten. Seine Tragik<br />

war, dass sein hohes Lebensalter weit<br />

in neue Musikepochen hineinragte und<br />

er unbeirrt an dem Stilideal der Wiener<br />

Klassik, genauer an der musikalischen<br />

Sprache und Schreibweise Haydns<br />

und Mozarts, festhielt, so dass seine<br />

Schöpfungen <strong>zu</strong>m Schluss als veraltet,<br />

ja rückständig erschienen. Die künstlerischen<br />

Neuerungen Beethovens oder<br />

Berlioz’ oder die „kühnen Aufbrüche der<br />

Romantik“ berührten Neukomm nur am<br />

Rande. 7 Es war wohl seine Persönlichkeit,<br />

die ihn trotz seiner musikalischen<br />

7 Ulrich Konrad, Vorwort <strong>zu</strong>m<br />

Aufführungsmaterial: Sigismund Neukomm,<br />

Libera me, Domine, liturgische Komplettierung<br />

von Mozarts Requiem KV 626, Breitkopf &<br />

Härtel, Wiesbaden, Winter 1998/1999<br />

NC 2 / 09<br />

„Rückständigkeit“ auch noch in seine<br />

späteren Jahren begehrt und beliebt<br />

machten.<br />

Neukomms breit gefächertes Interesse,<br />

seine umfassenden und hervorragenden<br />

Sprachkenntnisse (er<br />

beherrschte neben griechisch und lateinisch<br />

sechs lebende europäische<br />

Sprachen), seine fundierte Bildung<br />

- weit über die Fachgrenzen hinaus -,<br />

seine europäische Orientierung und<br />

sein Nationalgrenzen überschreitendes<br />

Schaffen machten ihn <strong>zu</strong>m gerngesehenen<br />

Gast des Publikums in den<br />

europäischen Musikmetropolen und<br />

<strong>zu</strong>m Freund berühmter Musiker und<br />

Geisteswissenschaftler wie z. B. Massenet,<br />

Cherubini, Mendelssohn und<br />

Moscheles 8 .<br />

Insbesondere die Romantiker lehnten<br />

die aktuellen Schöpfungen Neukomms<br />

ab. Ignaz Moscheles, der Neukomm<br />

einerseits einmal bewundernd „die Enzyklopädie“<br />

nannte, schreibt 1834 an<br />

Mendelssohn: „Deine Bemerkungen<br />

über Neukomms Musik sind mir aus der<br />

Seele gesprochen; was mich nur wundert,<br />

ist, wie ein sonst so geschmackvoller<br />

und gebildeter Mann nicht auch<br />

in der Musik in Folge dieser beiden Eigenschaften<br />

mehr gewählt und elegant<br />

schreibt; denn ohne von Ideen und von<br />

dem Grunde seiner Compositionen <strong>zu</strong><br />

sprechen, scheinen sie mir oft sorglos,<br />

fast ordinär gemacht <strong>zu</strong> sein. Auch das<br />

viele Blech gehört hierher; schon aus<br />

Berechnung müsste man’s aufsparen,<br />

8 Ignaz Moscheles (1794 Prag-1870 Leipzig)<br />

war böhmisch-österreichischer Komponist,<br />

Klaviervirtuose und –pädagoge. Er war<br />

befreundet mit Beethoven und Mendelssohn.<br />

Auf Wunsch Mendelssohns übernahm er ab<br />

1846 die Leitung der Klavierklasse am 1843<br />

gegründeten Leipziger Konservatorium.<br />

29


von aller Kunst <strong>zu</strong> schweigen.“ 9 In seinen<br />

Tagebüchern schreibt Moscheles über<br />

Neukomm: „Ein edler Charakter, ein<br />

gebildeter Mann, ein Freund, der sicht<br />

treu bewährt, leider aber kein Genie,<br />

sondern nur ein solider, wohldenkender,<br />

gutschreibender Componist...“ 10<br />

In Birmingham – wo er bei seiner ersten<br />

Reise 1830 gefeiert wurde und<br />

danach alljährlich in der Saison große<br />

Erfolge verzeichnete - ließ man Neukomm<br />

schon <strong>zu</strong> Lebzeiten hart empfinden,<br />

dass seine Kompositionen einem<br />

Vergleich beispielsweise mit denen<br />

Mendelssohns nicht Stand hielten. Dies<br />

geschah im Jahre 1837 als Mendelssohns<br />

„Paulus“ bei dem Musikfest erstmals<br />

in England aufgeführt wurde und<br />

einen ungeheuren Erfolg errang. Auch<br />

diesmal war Neukomm als Mitwirkender<br />

gewonnen worden. Seine absichtliche<br />

Zurückset<strong>zu</strong>ng empörte Mendelssohn,<br />

der darüber an seine Mutter aus<br />

Birmingham folgendes schreibt. „Du<br />

weißt, wie sie ihn sonst verehrt und<br />

wirklich überschätzt haben, wie alle<br />

seine Sachen dort gesucht und gepriesen<br />

wurden, so dass ihn die Musiker<br />

immer „King of Birmingham“ nannten;<br />

und diesmal haben sie ihn auf so unziemliche<br />

Art <strong>zu</strong>rückgesetzt, nur ein<br />

kurzes Stück von ihm am ersten (dem<br />

allerschlechtesten) Morgen gegeben,<br />

und ihn selbst ohne die geringste Aufmerksamkeit<br />

im Publicum aufgenommen,<br />

dass es wirklich eine Schande für<br />

die Menschen war, die vor drei Jahren<br />

nichts Höheres oder Besseres kannten,<br />

als Neukomms Musik. Das Einzige,<br />

was ihm vor<strong>zu</strong>werfen ist, ist eben, dass<br />

9 ADB: Neukomm, Sigismund über www.<br />

de.wikisource.org<br />

10 a.a.O. wie 9<br />

30 NC 2 / 09<br />

er vor drei Jahren ein Oratorium fürs<br />

Musikfest schrieb, was recht auf Effect<br />

berechnet war. Die große Orgel, die<br />

Chöre, die Soloinstrumente, alles kam<br />

darin vor, damit es den Leuten gefiele,<br />

und so was merken die Leute, und<br />

es tut nicht gut. Dass sie ihn aber <strong>zu</strong>m<br />

Dank diesmal so behandelten, ist eben<br />

wieder eine Zeichen, was von all ihrem<br />

Gefallen <strong>zu</strong> halten ist, und was man<br />

davon hat, wenn man’s sucht.“ Und an<br />

Ferdinand Hiller schreibt Mendelssohn<br />

aus diesem Anlass: „Du wirst mir sagen,<br />

seine Musik sei auch nichts wert<br />

– da stimmen wir wohl überein, - aber<br />

das wissen doch Jene (das Publicum)<br />

nicht, die damals entzückt waren und<br />

jetzt vornehm tun. Empört hat mich die<br />

ganze Geschichte, und Neukomms ruhiges,<br />

ganz gleichmäßiges Benehmen<br />

ist mir doppelt vornehm und würdig<br />

gegen die Andern erschienen, und ich<br />

habe ihn viel lieber gewonnen durch<br />

diese entschiedene Haltung.“ 11<br />

Diese Zitate belegen, dass Neukomm<br />

<strong>zu</strong>letzt nur wegen seiner Persönlichkeit<br />

Aufmerksamkeit und Anerkennung<br />

als eine Figur der Musikgeschichte<br />

erfuhr. Sein musikalischen<br />

Schaffen dagegen wurde abgewertet.<br />

Nachdem nach seinem Tode die persönliche<br />

Präsenz entfiel, wurden der<br />

Komponist Neukomm und sein Werk<br />

bald vergessen.<br />

Neukomms Jugend und Familienverhältnisse<br />

Auch über die familiären Verhältnisse<br />

Sigismund Neukomms finden sich<br />

neue Angaben 12 .<br />

Sein Vater, David, war ein wissen-<br />

11 a.a.O. wie 9<br />

12 www.musicologie.org/Biographies/


schaftlich gebildeter Mann und Lehrer<br />

an der Zentral-Normalschule in Salzburg.<br />

Er achtete darauf, dass sein<br />

Sohn Sigismund <strong>zu</strong> guten Lehrern kam.<br />

Schon als Kind von sieben Jahre beginnen<br />

seine musikalischen Studien bei<br />

dem Salzburger Kathedral-Organisten<br />

Franz-Xaver Weissenauer. Seit seinem<br />

zwölften Lebensjahr studierte er bei<br />

Michael Haydn, dem Bruder von Joseph,<br />

Musiktheorie. In Pierers Universal-<br />

Lexikon von 1857 wird auf eine Verwandtschaft<br />

Neukomms mit Hadyn hingewiesen.<br />

In musikalisch-technischer<br />

Hinsicht ließ der Vater dem Sohn Sigismund<br />

wohl seinen freien Willen. Jedenfalls<br />

erwarb der Sohn auf fast jedem<br />

Instrument einige Fertigkeit, von Flöte<br />

bis Orgel, so dass er in den Salzburger<br />

Kirchenorchestern eine gesuchte<br />

Persönlichkeit war, die überall helfend<br />

einspringen konnte. Beim Orgelspiel<br />

entwickelte er überdurchschnittliche<br />

Fähigkeiten; vierzehnjährig wurde er<br />

Titularorganist der Universitätskirche<br />

<strong>zu</strong> Salzburg. Gleichzeitig studierte er<br />

auch Philosophie und Mathematik.<br />

1797 wechselte Sigismund Neukomm<br />

nach Wien und studierte dort bei Joseph<br />

Haydn, der ihn wie einen Sohn<br />

aufnahm. In Wien widmete er sich außerdem<br />

dem Studium der Naturwissenschaften<br />

und der Medizin.<br />

Sigismund Neukomm hatte 14 Schwestern<br />

und Brüder.<br />

Eine Schwester, Elise Neukomm<br />

(1789-1816) war eine berühmte Sopranistin<br />

in Wien; eine andere, Elisabeth,<br />

war ebenfalls Sängerin, sie lebte in<br />

Rouen.<br />

Sein Bruder Anton (1793-1873) unter-<br />

richtete als Professor am Konservatorium<br />

in Rouen und war dort Organist an<br />

der großen gotischen Abteikirche Saint-<br />

Ouen. Anton wurde übrigens in Paris<br />

an der Seite seines Bruders Sigismund<br />

auf dem Friedhof von Montmartre beerdigt.<br />

Das Grab existiert allerdings nicht<br />

mehr; es wurde von der Friedhofsverwaltung<br />

1988 eingezogen.<br />

Bekannt wurde noch Sigismund Neukomms<br />

Neffe, Edmond, geboren 1840<br />

in Rouen und gestorben 1903, ein Sohn<br />

Antons. Er war Musikredakteur bei dem<br />

Verlag L’année musicale und schrieb<br />

Kritiken in renommierten Pariser Musikzeitungen.<br />

Außerdem ist er als Autor<br />

verschiedener musikwissenschaftlicher<br />

Publikationen hervorgetreten. Er bewahrte<br />

die Manuskripte seines Onkels<br />

und vermachte sie schließlich 1896<br />

der Pariser Bibliothèque du Conservatoire.<br />

13<br />

Sigismund Neukomm war nicht verheiratet<br />

und hatte keine Nachkommen.<br />

Das geht aus den jetzt veröffentlichten<br />

notariellen Urkunden über seine Hinterlassenschaft<br />

bei seinem Tode hervor. 14<br />

Seit 1810 in Paris lebte er - mit Unterbrechung<br />

seiner Zeit in Brasilien - als<br />

Pianist und Musikdirektor im Hause des<br />

Fürsten Talleyrand bis <strong>zu</strong> dessen Tode<br />

1838; jenes Talleyrand, der in diesen<br />

Jahren als Außenminister, Politiker und<br />

Diplomat durch alle politischen Veränderungen<br />

hindurch an der Geschichte<br />

Frankreichs beteiligt war.<br />

Der Fürst nahm Neukomm 1814 mit<br />

<strong>zu</strong>m Wiener Kongress, wo dieser ein<br />

französisches, musikalisches Beipro-<br />

13 a. a. O. wie 6<br />

14 a. a. O. wie 6<br />

NC 2 / 09 31


gramm organisierte. Mit Talleyrand<br />

reiste Neukomm ebenfalls 1830 -1834<br />

in einer diplomatischen Mission nach<br />

London. In England wurde Neukomm<br />

so gefeiert, dass er sich danach noch<br />

einige Jahre in der musikalischen Saison<br />

dort aufhielt und London seine<br />

zweite Heimat nannte. Am Ende seines<br />

Lebens wohnte er, wenn er nicht auf<br />

Reisen war, in Paris. Gelegentlich pendelte<br />

er zwischen Rouen, dem Wohnsitz<br />

seines Bruders Anton und seiner<br />

Schwester Elisabeth, und Paris hin und<br />

her.<br />

Neukomm inspiriert die „französische“<br />

Orgel von Cavaillé-Coll<br />

Eine interessante Entdeckung am<br />

Rande ist, dass Neukomm ein Freund<br />

des berühmten Orgelbauers Aristide<br />

Cavaillé-Coll (1811-1899) war.<br />

Cavaillé-Coll kreierte einen neuen typisch<br />

französischen Orgeltyp, der die<br />

orchestral-symphonische Orgelmusik<br />

in Frankreich des 19. Jahrhunderts ermöglichte.<br />

Neukomm hat ihn bei der<br />

Disposition bedeutender Orgelbauten<br />

in den Jahren nach 1840 beraten. 15<br />

Neukomm und das Metronom<br />

Johann Nepomuk Mälzel (1772-<br />

1838), ein erfolgreicher Konstrukteur<br />

mechanischer Musikinstrumente in<br />

Wien, meldete 1816 einen mechanischen<br />

Taktmesser in Paris <strong>zu</strong>m Patent<br />

an, der dort alsbald auch fabrikmäßig<br />

hergestellt wurde. Beethoven interessierte<br />

sich sehr für die Herstellung<br />

des „Metronom“ genannten Gerätes<br />

und hat in seinen Kompositionen auch<br />

nach diesem Instrument Taktzahlen<br />

angegeben, jedenfalls solange, bis er<br />

15 www.musimem.com/neukomm.htm<br />

32 NC 2 / 09<br />

mit Mälzel in einen unsäglichen Urheberstreit<br />

über eine Musik für dessen<br />

mechanischen Trompeter geriet. Alle<br />

zeitgenössischen Komponisten bedienten<br />

sich für die Präzisierung der Tempoangaben<br />

der Möglichkeit dieses neuen<br />

Instrumentes. So auch Sigismund<br />

Neukomm. Schon in unserem Bericht<br />

über Neukomms Vervollständigung<br />

des Mozart-Requiems (siehe oben)<br />

haben wir auf eine Liste Neukomms<br />

mit Metronomenangaben bei seinem<br />

ergänzenden „Libera me, Domine“ hingewiesen,<br />

durch die die musikwissenschaftliche<br />

Forschung Hinweise über<br />

die mozartschen Tempi aufgrund eines<br />

„Ohrenzeugen“ und epochentreuen<br />

Zeitzeugen gewinnen könnte. Bei den<br />

neuerlichen Recherchen stoßen wir<br />

darauf, dass Neukomm in seinem zweiten<br />

Klavieraus<strong>zu</strong>g <strong>zu</strong> Joseph Haydns,<br />

Die Schöpfung, bei jeder Nummer Metronomenangaben<br />

macht. „Demnach<br />

nahm Haydn nicht die allerschnellsten<br />

Tempi“: so resümiert Georg Feder in<br />

seiner Bärenreiter Werkeinführung <strong>zu</strong><br />

Haydns ,Die Schöpfung‘ aufgrund der<br />

Angaben Neukomms 16 . Da Neukomm<br />

genau in dem Zeitraum Schüler und<br />

Vertrauter Haydns war, in dem Haydn<br />

an der Komposition arbeitete, die ersten<br />

Aufführungen vorbereitete und<br />

selbst leitete, dürften seine Angaben<br />

mit den Tempi-Vorstellungen des Komponisten<br />

genau übereinstimmen. Georg<br />

Feder macht es durch seine Arbeit<br />

den heutigen Interpreten leicht, sich<br />

mit den Originaltempi Haydns auseinander<br />

<strong>zu</strong> setzen, denn er vermerkt bei<br />

seiner Beschreibung und Analyse des<br />

16 Georg Feder, Joseph Haydn, Die Schöpfung,<br />

Kassel usw., Bärenreiter 1999 (Bärenreiter<br />

Werkeinführungen) ISBN 3-76118-1253-1, Seite<br />

119 Zeilen 14 - 17


Werkes <strong>zu</strong> jeder Nummer die Metronomenzahlen<br />

aus dem Klavieraus<strong>zu</strong>g<br />

17 18<br />

Neukomms.<br />

Aufnahmen von Werken<br />

Sigismund Neukomms<br />

Alter Bestand der Aufnahmen<br />

Zu einer einigermaßen vorläufigen,<br />

geschweige denn einer abschließenden<br />

Beurteilung des musikalischen und<br />

literarischen Werkes Sigismund Neukomms<br />

fehlen uns immer noch Aufnahmen,<br />

Notenausgaben und die Erschließung<br />

der teilweise fremdsprachlichen<br />

Quellen. Bei der Internet-Recherche<br />

bei einem führenden Versandhaus finden<br />

wir nur 23 Angebote über neue<br />

und gebrauchte CDs mit Werken Sigismund<br />

Neukomms. Ein großer Musikalien-Spezialversand<br />

bietet 13 lieferbare<br />

originalverpackte CDs an, auf denen<br />

teilweise einzelne Werke Neukomms<br />

mit anderen zeitgenössischen Kompositionen<br />

<strong>zu</strong>sammengefasst sind (insbesondere<br />

Lieder und Orgelmusik). Interessant<br />

unter den älteren Aufnahmen ist<br />

eine ‚Messe de Requiem‘ mit großem<br />

Orchester aus einer japanischen Produktion<br />

des Jahres 2003, bei der u. a.<br />

17 wie 16 abweichend davon Abschnitt:<br />

„Werkbetrachtung: Die einzelnen Teile, Bilder<br />

und Nummern“, Seiten 31 - 108<br />

18 Wie 17 <strong>zu</strong>sätzlich: Abschnitte<br />

„Aufführungsdauer und Pausen“, „Tempi“, Seiten<br />

118 und 119<br />

Aufgrund seiner wissenschaftlichen Arbeit<br />

stehen Feder Dokumente über abweichende<br />

Tempi bei zeitgenössischen Aufführungen<br />

der Schöpfung unter anderen Dirigenten<br />

als Haydn selbst <strong>zu</strong> Verfügung. Dies teilt er<br />

mit. Insbesondere die <strong>zu</strong> einigen Nummern<br />

überlieferten Metronomangaben Salieris, die<br />

abweichend von Neukomm schnellere Tempi<br />

vorsehen, stellt er den Angaben Neukomms<br />

gegenüber.<br />

Edith Matthis und Ernst Haefliger unter<br />

der Leitung von Jörg Ewald Dähler mitwirken<br />

19 . Bei einem Werk von ca. 2000<br />

Kompositionen sind diese wenigen Tondokumente<br />

ein verschwindend geringer<br />

Teil des Nachlasses.<br />

Neue Aufnahmen<br />

Umso erfreulicher ist es, das im Zeitraum<br />

von Oktober 2008 bis Mai 2009,<br />

vier neue CDs mit Werken von Sigismund<br />

Neukomm herausgekommen<br />

sind. Und offengestanden ist dieser<br />

Umstand der Anlass dafür, dass wir das<br />

Thema „Sigismund Neukomm“ wieder<br />

aufgenommen haben.<br />

Drei CDs hat das Label K617 (Vertrieb<br />

harmonia mundi), das von dem Centre<br />

International des Chemins du Baroque<br />

im Couvent St. Ulrich Sarrebourg/Moselle<br />

getragen wird, herausgebracht.<br />

Der Couvent St. Ulrich verpflichtete<br />

Jean-Claude Malgoire und sein auf die<br />

Musik des 17. und 18. Jahrhunderts<br />

spezialisiertes Kammerorchester „La<br />

Grande Écurie et la Chambre du Roy“<br />

um bei seinem Barockmusikfestival in<br />

Sarrebourg/Moselle 2005 in der Kirche<br />

<strong>zu</strong> Sarrebourg das Mozart Requiem<br />

mit der Vervollständigung durch Sigismund<br />

Neukomm auf<strong>zu</strong>führen und auf<strong>zu</strong>nehmen.<br />

Damals fanden wir <strong>zu</strong>fällig<br />

diese CD bei Internet-Recherchen und<br />

19 Camerata Tokyo, CM-555 / Dähler<br />

(geb.1933) ist ein Berner Dozent, Dirigent,<br />

Chorleiter, Cembalist und Komponist. Er<br />

leitet den Berner Kammerchor und die<br />

Kammerkonzerte in der Rathaushalle Bern.<br />

Er unternimmt weltweite Konzertreisen und<br />

gibt Meisterkurse. Regelmäßig jedes Jahr<br />

leitet er Symphoniekonzert und Festivalchöre<br />

in Japan. Die Noten <strong>zu</strong>r ‚Messe de Requiem‘<br />

hat er im Selbstverlag herausgebracht - www.<br />

bernerkammerchor.ch<br />

NC 2 / 09 33


erichteten darüber in unserer Ausgabe<br />

2/07 (siehe oben). Diese CD wurde<br />

das meistverkaufte Produkt des Labels.<br />

Jetzt hat es eine „Ré-Edition“ dieser<br />

Version des Mozart Requiems <strong>zu</strong> einem<br />

äußerst günstigen Preis aufgelegt. 20<br />

Jean-Claude Malgoire hat offensichtlich<br />

gefallen an der Musik Sigismund<br />

Neukomms gefunden, denn die beiden<br />

(echten) Neuerscheinungen mit Werken<br />

dieses Komponisten bei dem Label<br />

K617 entstanden ebenfalls unter seiner<br />

Leitung.<br />

Am 13. 2. 2009 erschien eine CD „Sigismund<br />

Neukomm, Messe de Requiem<br />

suivie d’une marche funèbre“. 21<br />

Auch hierbei handelt es sich um einen<br />

Mitschnitt vom 6. Juli 2008 <strong>beim</strong> Festi-<br />

20 harmonia mundi K617208<br />

21 harmonia mundi K617210<br />

34 NC 2 / 09<br />

val International de Sarrebourg, diesmal<br />

aus der Kirche des <strong>zu</strong> Sarrebourg<br />

eingemeindeten alten Ortes Hoff. Die<br />

Komposition ist 1838 entstanden. Die<br />

Noten sind wiederum durch Zufall in<br />

einer Mappe unter dem Nachlass Neukomms<br />

in der Bibliothèque nationale de<br />

France gefunden worden, wo der von<br />

Neukomms Neffen 1896 abgegebene<br />

Nachlass jetzt lagert.<br />

Die <strong>zu</strong> Beginn des 19. Jahrhunderts<br />

aufgekommene Frage, ob ein Requiem<br />

für die Kirche oder für den Konzertsaal<br />

komponiert werden soll, stellte sich<br />

für den tiefgläubigen Neukomm nicht.<br />

Seine Totenmessen sind für die Kirche<br />

bestimmt. Für den Theater- oder Konzertsaal<br />

hatte er seine Oratorien vorgesehen.<br />

Aus dieser Vorgabe ergibt sich<br />

die Dauer und die Beset<strong>zu</strong>ng der Komposition<br />

für den kirchlichen Gebrauch.<br />

Die vorliegende Requiem-Aufnahme<br />

dauert 37 Minuten mit ihrer Fortset<strong>zu</strong>ng<br />

durch den Trauermarsch kommt sie auf<br />

eine Gesamtdauer von 59 Minuten.<br />

Die dramatische Wucht großer<br />

Schwesterwerke des 19. Jahrhunderts<br />

(allen voran die Totenmesse von Berlioz)<br />

ist dem Werk vollkommen fremd.<br />

<strong>Sie</strong> nähert sich an die Vorbilder früherer<br />

Kirchenmusik an und wirkt dadurch getragen,<br />

liturgisch erhaben und entrückt.<br />

Das Orchester besteht ausschließlich<br />

aus Blechbläsern. Gelegentlich wirkt<br />

die Orgel mit. Die Instrumente haben<br />

kaum eine eigenständig Funktion, sondern<br />

sie dienen der Unterstüt<strong>zu</strong>ng der<br />

Stimmgruppen des Chores. Die Aufführung<br />

wird fast ausschließlich vom Chor<br />

bestritten; er wird nur von kurzen solistischen<br />

Einwürfen unterbrochen.<br />

Der gleichzeitig komponierte Trauermarsch<br />

besteht aus instrumentalen


Passagen, in das das Miserere des<br />

Chores an mehreren Stellen eingefügt<br />

ist. Bei diesem Marsch kommen originelle<br />

Klangfarben ins Spiel: Neukomm<br />

setzt zwei ungewöhnliche Instrumente<br />

ein: die Ophikleide, ein auch von Mendelssohn,<br />

Berlioz, Verdi und Wagner<br />

verwendetes, 1817 in Paris erfundenes,<br />

dem Horn verwandtes, tiefes Blechblasinstrument,<br />

das später im Orchester<br />

durch die Ventiltuba ersetzt wurde,<br />

und das Tam-Tam, eine Schlagtrommel<br />

chinesisch-malayischen Ursprungs mit<br />

70 cm Durchmesser, das in Frankreich<br />

seit Ende des 18. Jahrhunderts bei<br />

Trauermusiken und Trauerzügen Verwendung<br />

fand.<br />

Einen exotischen Touch erhält die gesamte<br />

Aufnahme durch die Mitwirkung<br />

des Chores Cantaréunion, Ensemble<br />

vocal de l’Océan Indien (Tahiti, Réunion).<br />

Der Chor singt etwas <strong>zu</strong>rückgenommen,<br />

in einer Art Anlehnung an den<br />

Gemeindegesang. Damit kommt seine<br />

besondere Klangfarbe nicht genügend<br />

<strong>zu</strong>m Zuge. Leider ist der Gesamtklang<br />

des Live-Mitschnittes aus der Kirche etwas<br />

„muffig“. Das Werk ist ein Leckerbissen<br />

für Liebhaber von Kirchenmusik<br />

im getragenen Duktus, für Neukomm-<br />

Spezialisten und wegen seines Repertoirewertes<br />

für Sammler.<br />

Am 15.05.2009 schließlich ist bei<br />

K617 die CD „Sigismund Neukomm,<br />

Missa Solemnis Pro Die Acclamationi<br />

Johannis VI“ erschienen. Um es vorweg<br />

<strong>zu</strong> sagen, über diese CD kann man in<br />

jeder Beziehung nur jubeln. Die Komposition<br />

Neukomms, 1818 in Rio de Janeiro<br />

für die Feier der Thronbesteigung<br />

als Königs von Portugal und Brasilien<br />

durch König Joao VI fertiggestellt, ist<br />

ein monumentales Werk mit schöner<br />

Musik, die sich - allen späteren Unkenrufen<br />

<strong>zu</strong>m Trotz - neben den Werken<br />

Mozarts und Haydns behaupten kann.<br />

Die ebenfalls aus der Bibliothéque<br />

nationale in Paris<br />

stammenden Noten<br />

wurden von dem französischenBarock-Urgestein<br />

Jean-Claude<br />

Malgoire für Konzerte<br />

am 3. und 5. Oktober<br />

2008 in der Kirche Notre<br />

Dame des Anges in<br />

Tourcoing für ein dreifaches<br />

Gedächtnis<br />

ausgesucht: dem 150.<br />

Todestage Sigismund<br />

Neukomms in 2008,<br />

Ophikleide<br />

dem 200. Todestage<br />

seines Lehrers Joseph Haydn in 2009<br />

und dem 200jährigen Gedächtnis der<br />

Flucht des portugiesischen Hofes vor<br />

den Truppen Napoleons nach Brasilien<br />

1808. Auf dem Programm dieses ersten<br />

Konzerts der Saison 2008 – 2009 des<br />

von Malgoire geleiteten „Atelier Lyrique<br />

de Tourcoing“ stand außerdem das Te<br />

Deum von Joseph Haydn.<br />

Malgoire führt sein 1966 gegründetes<br />

Kammerorchester „La Grande Ecurie<br />

et la Chambre du Roy“, das auf historischen<br />

Instrumenten spielt, den seit<br />

NC 2 / 09 35


1987 bestehenden stilsicheren Choeur<br />

de Chambre de Namur und die hervorragenden<br />

Solisten: Marie-Camille<br />

Vaquié, Sopran; Camille Poul, Sopran;<br />

Gemma Coma-Alabert, Mezzo-<br />

Sopran; Daniel Auchincloss, Tenor,<br />

und Jonathan Gunthorpe, Bariton, <strong>zu</strong><br />

Höchstleistungen. Dem Aufnahmeteam<br />

unter Olivier Lautem, gelingt eine Live-<br />

Einspielung, die durch eine gerade<strong>zu</strong><br />

naturalistische Abbildung der Stimmen<br />

und Instrumente, Durchhörbarkeit,<br />

Ausgewogenheit der Klangkörper und<br />

solistische Präsenz allen Anforderung<br />

gerecht wird. Kaufempfehlung für Alle!<br />

Zum Schluß sei noch hingewiesen<br />

auf eine am 1. 10. 2008 erschienene<br />

CD der Ars Produktion, Ratingen, in der<br />

Reihe „Forgotten Treasures“ - Musik<br />

auf historischen Instrumenten - VOL 8<br />

mit Werken von Sigismund Neukomm,<br />

die seinem 150. Todestag gewidmet<br />

ist 22 . Die „Kölner Akademie“, die Pianisten<br />

Riko Fukuda und Marianne Beate<br />

Kielland, Mezzosopran, musizieren unter<br />

der Leitung von Michael Alexander<br />

Willens Werke aus der frühen Schaffensphase<br />

(1804 –1808) Neukomms.<br />

22 ArsProduktion Schumacher, ARS 38030<br />

36 NC 2 / 09<br />

Ausführung und Aufnahme in der<br />

Immanuelskirche Wuppertal am 4. bis<br />

6.1.2008 verdienen einhelliges Lob und<br />

große Anerkennung.<br />

Gerade<strong>zu</strong> exemplarisch aus den verschiedenen<br />

Werkgruppen Neukomms<br />

werden geboten:<br />

- Fantasie c-moll für großes Orchester<br />

op. 11 Neukomm Verzeichnis (NV) 25, ein<br />

neues Musikgenre, das Neukomm erfand,<br />

- Konzertarie „Misera, dove son“ NV 12, die<br />

durchaus neben der Vertonung desselben Textes<br />

durch Mozarts –KV 369- bestehen kann,<br />

- Großes Klavierkonzert C-Dur op. 12 NV<br />

7, mit noblen musikalischen Einfällen<br />

- Arianna a Naxos, Kantate für Solostimme,<br />

komponiert von Joseph Haydn(1789)<br />

und von Neukomm orchestriert 1808.<br />

Das Beiheft ist knapp formuliert, jedoch<br />

umfassend, übersichtlich und informativ,<br />

auch das sei lobend erwähnt,<br />

Auch diese CD, die in Multichannel<br />

Hybrid SACD-Technik aufgenommen<br />

wurde, aber auch auf CD- und audio<br />

auch auf DVD-Spielern ohne Abstriche<br />

gehört werden kann, ist nachdrücklich<br />

<strong>zu</strong> empfehlen.<br />

Ausblick<br />

Man möchte hoffen, dass die grandiose<br />

Live-Aufnahme Malgoires und die<br />

vorbildlichen Aufnahmen unter Michael<br />

Alexander Willens für ein interessiertes<br />

Publikum und in der Fachwelt Anlässe<br />

sind, sich der einst berühmten und faszinierenden<br />

Persönlichkeit Neukomms<br />

<strong>zu</strong> erinnern und um Impulse <strong>zu</strong> setzen<br />

für eine Wiederentdeckung seines bedeutenden<br />

Schaffens. Schüchterne Ansätze<br />

für eine Renaissance in Konzert-<br />

und Radioprogrammen gibt es schon<br />

hier und da.


Selten gehörte Chorwerke<br />

Carl Loewes Oratorien von Dr. Michael Wilfert<br />

Der 140. Todestag Carl Loewes<br />

am 20. April 2009 ist uns Anlass,<br />

die Reihe „Selten gehörte Chorwerke“<br />

fort<strong>zu</strong>setzen. Unser Gastautor<br />

Dr. Michael Wilfert befasst<br />

sich im nachstehend abgedruckten<br />

Beitrag mit dem Oratorienschaffen<br />

des vor allem als Lied-<br />

und Balladenkomponist bekannten<br />

Carl Loewe.<br />

Carl Loewe (1796-1869) war von<br />

1820-1866 in Stettin tätig als Organist<br />

und Kantor der Jacobi-Kirche, als<br />

Lehrer am Marienstiftsgymnasium und<br />

Lehrerausbildungs-Seminar. Bis heute<br />

weltbekannt wurde er als Komponist<br />

von Balladen für Gesang und Klavier.<br />

Über zwei Dutzend von ihnen müssen<br />

als Meisterleistungen ersten Ranges<br />

gelten, so z.B. „Der Erlkönig“, „Herr<br />

Oluf“, „Elvershöh“, „Prinz Eugen“, „Der<br />

Totentanz“, „Archibald Douglas“, „Hochzeitslied“<br />

oder „Edward“; die Vertonung<br />

der mehrteiligen Legende „Gregor auf<br />

dem Stein“ hat in der romantischen Musik<br />

nicht ihresgleichen.<br />

Ein weiterer Schwerpunkt in Loewes<br />

Tätigkeit lag in der Komposition von<br />

Liedern, vor allem aber von Oratorien,<br />

mit denen er <strong>zu</strong> Lebzeiten durchaus Erfolg<br />

hatte, die später aber immer mehr<br />

in Vergessenheit gerieten. Erst seit<br />

etwa 20 Jahren werden sie in <strong>zu</strong>nehmendem<br />

Maß wieder aufgeführt, nicht<br />

wenige sind auch auf CDs veröffentlicht<br />

worden.<br />

Abb. 1: Büste des Komponisten CarI Loewe<br />

(1796-1869) aus dem Jahre 1896 von Fritz<br />

Schaper (1841-1919).<br />

Schaper zählte um 1900 <strong>zu</strong> den gefragtesten<br />

Bildhauern der Zeit. Original im Stadtarchiv<br />

Unkel, Wiedergabe mit freundlicher Genehmigung<br />

von Stadtarchivar Rudolf Vollmer.<br />

Foto: M. Wilfert.<br />

Von Loewe sind 17 Oratorien bekannt<br />

1 ; ein weiteres ist verschollen, von<br />

dem nur einige Gesänge erhalten sind.<br />

Loewe ging in seinem Oratorienschaffen<br />

vielfältige, oft auch neue Wege.<br />

Mit vielen Werken näherte er sich der<br />

Oper; er griff auf Stoffe aus Legenden<br />

<strong>zu</strong>rück oder nahm nichtbiblische<br />

Themen als Vorlage. Und schließlich<br />

war er der Erste, der Oratorien nur für<br />

Männerstimmen ohne Instrumental-<br />

Begleitung schrieb. Die wichtigsten und<br />

bedeutendsten all dieser Werke sollen<br />

im Folgenden vorgestellt werden.<br />

NC 2 / 09 37


Das Sühnopfer des Neuen Bundes<br />

(1847), ein Passions-Oratorium<br />

Da seit 1894 dieses Werk als Partitur<br />

oder Klavieraus<strong>zu</strong>g gedruckt vorliegt –<br />

inzwischen auch in neuen Ausgaben<br />

– hat das „Sühnopfer“ von allen Loewe-<br />

Oratorien am meisten Verbreitung gefunden<br />

2 . In unseren Tagen wurde es z.B.<br />

in <strong>Düsseldorf</strong>, Kiel, Karlsruhe oder Mettmann<br />

aufgeführt. Wilhelm Telschow, der<br />

Textdichter, schrieb ein Passions-Oratorium,<br />

dessen Textgrundlage das Johannes-Evangelium<br />

sowie weitere Stellen<br />

aus der Bibel bilden. Die Darstellung<br />

beginnt bei der Salbung in Betanien,<br />

führt über das letzte Abendmahl <strong>zu</strong>r Gefangennahme<br />

Christi; Jesus muss sich<br />

vor Kaiphas und Pilatus verantworten;<br />

Judas bereut seinen Verrat, Jesus trägt<br />

das Kreuz, wird gekreuzigt und ins Grab<br />

gelegt. Loewes Musik ist sehr abwechslungsreich<br />

gestaltet: Rezitative, die unbegleitet<br />

oder mehrstimmig sind, Wechsel<br />

von Solo- und Chorstellen, Choräle,<br />

Arien und Fugen sowie Kanons. Manches<br />

erinnert an ein Volkslied, manches<br />

an Loewes Balladenstil. Besonders eindringlich<br />

und qualitätsreich sind die Alt-<br />

Arie „Ach seht, der allen wohlgetan“, die<br />

Bass-Arie des völlig verzweifelten Judas<br />

„Wehe mir“, ein homophoner Chorsatz<br />

der Zionstöchter, „Fließet ihr unaufhaltsamen<br />

Tränen“ und der große Schlusschor<br />

„Es wird gesäet verweslich“.<br />

Als musikalische Begleitung sieht<br />

Loewe Streichinstrumente und Orgel<br />

vor; sein Bestreben, auch kleineren<br />

Gemeinden eine Aufführung <strong>zu</strong> ermöglichen,<br />

zeigt sich darin, dass das Werk<br />

auch allein durch eine Streichquartett-,<br />

Orgel- oder sogar Klavierbegleitung dargestellt<br />

werden könnte.<br />

38 NC 2 / 09<br />

Die Festzeiten (1825-1836)<br />

Loewe hat das Oratorium als mehrteilige<br />

Kantate angelegt, die in drei<br />

große Abschnitte gegliedert ist: Advent<br />

und Weihnachten; Fastenzeit, Karfreitag<br />

und Ostern; Himmelfahrt, Pfingsten<br />

und Trinitatis. So könnte das Werk nicht<br />

nur als Ganzes, sondern auch in Teilen<br />

<strong>zu</strong> den jeweiligen kirchlichen Festen<br />

aufgeführt werden; Loewe wollte Gemeinden<br />

ganz offenbar „Gebrauchsmusik“<br />

<strong>zu</strong> den jeweiligen Abschnitten<br />

des Kirchenjahres bieten. Solostellen<br />

und Chorpartien sind bewusst nicht<br />

übermäßig schwer angelegt; als Begleitung<br />

sind Streicher und die Orgel<br />

vorgesehen. Textgrundlage sind Zitate<br />

aus der Bibel, sich daran anlehnende<br />

gedichtete Verse sowie Choräle.<br />

Loewes Musik ist abwechslungsreich<br />

und gut verständlich, sie verbindet Anklänge<br />

an alte Meister wie Palestrina,<br />

Bach oder Händel mit neuen musikalischen<br />

Gedanken, ohne im Epigonalen<br />

oder Eklektischen stecken <strong>zu</strong> bleiben.<br />

„Der Reichtum der Riesenpartitur ist<br />

unerschöpflich, und man wird nicht<br />

müde, die Phantasie <strong>zu</strong> bewundern,<br />

mit der Loewe, ohne je über die Disposition<br />

der unzähligen kleinen Textabschnitte<br />

in Verlegenheit <strong>zu</strong> sein, immer<br />

neue Gedanken ausspielt“, würdigt<br />

Arnold Schering dieses Werk. 3 Loewe<br />

schließt seine Vorbemerkung <strong>zu</strong>m Oratorium<br />

mit dem eindrucksvollen Satz:<br />

„Die Gnade des Herrn sei mit mir und<br />

denen, welche dieses Werk ausführen<br />

und hören“.<br />

Hiob (1848)<br />

Für den Loewe-Biographen und Pfar-


Abb. 2: Chorstelle aus dem dritten Teil des Oratoriums „Hiob“, in dem Jehova aus dem<br />

Wetter heraus mit Hiob spricht.<br />

rer Karl Anton war der „Hiob“ Loewes<br />

bedeutendstes Oratorium, und es gelang<br />

ihm, 1908 das Werk in Worms aufführen<br />

<strong>zu</strong> lassen; für kurze Zeit wurde<br />

dadurch größeres Interesse auch für<br />

anderen Oratorien Loewes geweckt.<br />

Der Text Wilhelm Telschows lehnt sich<br />

eng an das alttestamentliche Buch Hiob<br />

an und zeichnet den Lebensweg eines<br />

frommen Mannes nach, der auch im<br />

Unglück an Gott festhält und ein Ende<br />

in Segen und Gnade erleben darf.<br />

Loewes Komposition zeichnet sich<br />

durch eingängige, melodisch reiche<br />

musikalische Erfindung aus, ist eine<br />

„romantische“ Musik im besten Sinne<br />

– vielleicht kann man aber ihr <strong>zu</strong>m<br />

Vorwurf machen, dass sie dadurch<br />

dem unerhörten Geschehen – Hiobs<br />

Versuchungen und Qualen – innerlich<br />

nicht ganz gerecht wird. Erfolgreiche<br />

Aufführungen in neuester Zeit in Bad<br />

Dürkheim und Greifswald belegen jedoch,<br />

dass Loewes Werk noch heute<br />

tragfähig ist. Höhepunkt ist zweifellos<br />

der Teil, in dem Jehova aus einem Gewitter<br />

heraus – durch Pauken symbolisiert<br />

– <strong>zu</strong>erst unisono, dann kanonisch<br />

spricht; der sich <strong>zu</strong>r Sechstimmigkeit<br />

steigernde Satz wird von hymnischen<br />

Sanctus-Rufen der Chöre der Engel<br />

unterbrochen und wirkungsvoll von Posaunen<br />

untermalt. 4<br />

Die sieben Schläfer (1832/33)<br />

Mit diesem Oratorium hatte Loewe <strong>zu</strong><br />

Lebzeiten den größten Erfolg; es gab<br />

Ende des 19. Jahrhunderts sogar Aufführungen<br />

in Amerika. Die Textvorlage<br />

Ludwig Giesebrechts hat als Vorlage<br />

die Erzählung von sieben Brüdern, die<br />

sich als verfolgte Christen in eine Höhle<br />

flüchten und dort eingemauert werden.<br />

Fast 200 Jahre später, nachdem das<br />

Christentum sich durchgesetzt hatte,<br />

wollen Bewohner aus Ephesus vor der<br />

Höhle der Märtyrer gedenken und ent-<br />

NC 2 / 09 39


decken dabei die sieben Brüder. Diese<br />

meinen, nur eine Nacht geschlafen <strong>zu</strong><br />

haben, schicken den Jüngsten in die<br />

Stadt, wo er überall Symbole des Christentums<br />

findet, seinerseits aber durch<br />

seltsame Kleidung und altertümliches<br />

Geld Aufsehen erregt. In Gesprächen<br />

klärt sich das Wunder auf, die Städter<br />

kehren mit dem jüngsten Bruder <strong>zu</strong>r<br />

Höhle <strong>zu</strong>rück, in der alle Brüder bis <strong>zu</strong><br />

ihrem Tod, der dann auch eintritt, bleiben<br />

wollen.<br />

Loewes Musik vermag noch heute<br />

<strong>zu</strong> überzeugen. Der erste Chor „Rüstig<br />

schwingt eure Hämmer“ zeichnet naturalistisch-tonmalerisch<br />

die Arbeit von<br />

Hirten nach; er taucht noch mehrmals<br />

im Folgenden auf. Duette passen sich<br />

formvollendet und textgemäß den jeweiligen<br />

Situationen an, eine Arie „Aber<br />

die Tage der Trübsal schwanden“ geht<br />

über in einen prächtigen Chor „Theodosius<br />

herrschet“ – ungewöhnlich für<br />

einen Triumphgesang im 6/8-Takt geschrieben.<br />

Einer der Brüder beginnt<br />

die Verse des 90.Psalms <strong>zu</strong> singen,<br />

von Strophe <strong>zu</strong> Strophe tritt ein weiterer<br />

Bruder hin<strong>zu</strong>, Loewe gelingt es in<br />

Melodie und Notation das Altertümliche<br />

der Brüder und das Ehrwürdige des<br />

Textes deutlich werden <strong>zu</strong> lassen. Auf<br />

die Melodie des christlichen Chorals<br />

„Erschienen ist der herrlich‘ Tag“ treten<br />

die Brüder aus der Höhle. Im zweiten<br />

Teil, der in Ephesus spielt, passt sich<br />

Loewes Musik den vielen kleinen dargestellten<br />

Szenen an: Chöre, Arien und<br />

Duette gipfeln in einer großangelegten<br />

Fuge. Der dritte Teil wird mit einem<br />

Sextett eröffnet, beeindruckend ist der<br />

Teil, in dem geschildert wird, wie die<br />

Brüder sanft nacheinander entschlafen,<br />

„bis einst die Posaune des Richters der<br />

40 NC 2 / 09<br />

Toten sie und uns in die Wolken entrückt“<br />

– vertont in Form einer großen<br />

Fuge, wie sie auch Loewe nicht immer<br />

gelungen ist.<br />

Die Einwände gegen das Oratorium<br />

beziehen sich vor allem auf <strong>zu</strong> viel theatralische<br />

Effekte in Einzelszenen und<br />

eine <strong>zu</strong> starke Nähe <strong>zu</strong>r Oper; Modeß<br />

macht daher den interessanten Vorschlag<br />

„Die sieben Schläfer“ einmal als<br />

Film <strong>zu</strong> inszenieren. 5<br />

Männerchor-Oratorien (1834, 1835)<br />

Seit etwa 1820 waren im deutschen<br />

Sprachbereich immer mehr Männerchöre<br />

entstanden, die <strong>zu</strong>mindest bis<br />

<strong>zu</strong>m Ende des Kaiserreichs 1914 eine<br />

wesentliche Rolle im deutschen Musikleben<br />

spielten. Es war daher durchaus<br />

kein Wagnis, wenn der Dichter<br />

Ludwig Giesebrecht und Carl Loewe<br />

sich da<strong>zu</strong> entschlossen, Oratorien nur<br />

für Männerstimmen ohne Instrumentalbegleitung<br />

<strong>zu</strong> schaffen. Das erste Oratorium<br />

dieser Art, „Die eherne Schlange“,<br />

entstand 1834.<br />

Als Vorlage dienten Giesebrecht der<br />

biblische Bericht im 4. Buch Mose und<br />

zwei Verse aus dem dritten Kapitel des<br />

Johannes-Evangeliums. Die Israeliten<br />

sind von Ägypten aus auf dem Weg<br />

ins gelobte Land und sind <strong>zu</strong>hehmend<br />

un<strong>zu</strong>frieden mit ihrer Situation: Hunger<br />

und Durst sowie schlechte Wege<br />

setzen ihnen <strong>zu</strong> und führen <strong>zu</strong> Wut,<br />

Verzweiflung und Rebellion. Da erscheinen<br />

im Lager Unmengen giftiger<br />

Schlangen, die durch Bisse viele töten.<br />

Das Volk wendet sich an Mose, der von<br />

Gott den Auftrag erhält, eine eherne<br />

Schlange, d.h. eine aus Bronze oder<br />

Kupfer, her<strong>zu</strong>stellen und an einem Holz


auf<strong>zu</strong>richten. Jeder von Schlangen Gebissene,<br />

der <strong>zu</strong> diesem Bild aufschaut,<br />

wird geheilt und muss nicht mehr sterben.<br />

Giesebrecht nimmt am Schluss<br />

die Worte aus dem Johannes-Evangelium<br />

auf, in denen Christus selbst an die<br />

eherne Schlange erinnert: „Auch des<br />

Menschen Sohn muss erhöht werden,<br />

auf dass alle, die an ihn glauben, nicht<br />

verloren werden“.<br />

Loewes Musik beginnt mit der stimmungsvollen<br />

Darstellung eines Sabbatmorgens,<br />

in den hinein Aufruhr und<br />

Empörung fallen: „Nehmt die Schwerter<br />

... hin <strong>zu</strong> Mose“, von Loewe als Fuge<br />

vertont. Die Ältesten versuchen Mose<br />

<strong>zu</strong> schützen, ihrem Text wird der Melodie<br />

des christlichen Chorals „Dies sind<br />

die heil’gen zehn Gebote“ unterlegt.<br />

Der Angriff der Schlangen wird in einer<br />

großen Fuge tonmalerisch dargestellt:<br />

„Was ist das? Gewalt’ge Schlangen<br />

winden ringelnd sich heran“. Das mutlos<br />

gewordenen Volk sieht sein sündiges<br />

Verhalten ein und fleht Mose um<br />

Hilfe an. Die eherne Schlange wird ins<br />

Lager gebracht; in choralartiger Weise<br />

vertont Loewe die Worte „Heilung hat<br />

dir Gott erfunden“. Den Schlussstrophen<br />

unterlegt Loewe die Melodie des<br />

Passionsliedes „O Haupt voll Blut und<br />

Wunden“ und bekräftigt damit Giesebrechts<br />

Vergleich zwischen der Schlange<br />

am Stab und Christus am Kreuz.<br />

Diese Sichtweise, die letztlich ja nur<br />

rückblickend vom Neuen Testament<br />

möglich ist, ist von vielen Rezensenten<br />

bemängelt worden, fand aber auch ihre<br />

Befürworter.<br />

Die Erstaufführung 1834 in Jena wurde<br />

ein großer Erfolg, Loewe notierte in<br />

seiner Selbstbiographie: „Ich glaube,<br />

dies ist meine beste Composition“. 6 Ein<br />

Oratorium nur für Männerstimmen ohne<br />

Alt- und Sopranstimmen und ohne eine<br />

differenzierende Instrumentalbegleitung<br />

ist und war sicher ein Wagnis,<br />

aber schon Arnold Schering stellte 1911<br />

fest, dass „Loewe das Problem eines acappella-Oratoriums<br />

vorzüglich gelöst<br />

habe“. 7 Vom „Schubertbund Essen“ ist<br />

der Mitschnitt eines Vortrags des Werkes<br />

erhältlich, der zeigt, dass Loewes<br />

Komposition heute noch lebensfähig ist.<br />

Das zweite Männerchor-Oratorium<br />

„Die Apostel von Philippi“, 1835 unter<br />

Loewes Leitung in Jena erfolgreich uraufgeführt,<br />

schildert die Befreiung von<br />

Paulus und zwei seiner Jünger aus<br />

dem Gefängnis durch ein Erdbeben.<br />

Römer und Christen stehen sich gegenüber,<br />

dargestellt in wirkungsvollen<br />

Chören oder in Form eines Doppelchors;<br />

Loewe verlangt den Einsatz von<br />

fünf Chorgruppen und acht Solisten.<br />

Das Oratorium ist noch stärker als „Die<br />

eherne Schlange“ szenisch gedacht<br />

und stellt an die Sänger weit größere<br />

gesangliche Anforderungen. Bulthaupt<br />

meint, das die Heranziehung eines Orchesters<br />

dem Werk „einen <strong>Sie</strong>geslauf<br />

vermutlich bis auf unsere Zeit gebracht“<br />

hätte. 8<br />

Johann Huss (1841)<br />

Das Libretto <strong>zu</strong> diesem Oratorium<br />

stammt von Johann August Zeune,<br />

damaligem Leiter der Berliner Blindenanstalten.<br />

Er gliedert die Handlung in<br />

einen Prolog und sechs Szenen. Huss<br />

wird 1415 vor das Konzil <strong>zu</strong> Costnitz<br />

geladen, Prager Studenten versuchen<br />

seine Abreise <strong>zu</strong> verhindern. Doch<br />

Huss vertraut auf das ihm <strong>zu</strong>gesagte<br />

freie Geleit, bei seinem Abschied erläu-<br />

NC 2 / 09 41


tert er seine reformatorischen Thesen.<br />

Unterwegs trifft er Zigeuner und Wanderer,<br />

die ihn auch <strong>zu</strong>r Rückkehr bewegen<br />

wollen. Die nächste Szene zeigt im<br />

Schloss <strong>zu</strong> Costnitz König <strong>Sie</strong>gmund im<br />

Gespräch mit der Königin, hier bereits<br />

äußet der König, sich nicht an die Zusage<br />

des freien Geleist halten <strong>zu</strong> müssen.<br />

Die Königin berichtet von einem Unheil,<br />

das ihr im Traum widerfuhr und warnt<br />

vor dem Bruch des Versprechens. In<br />

einer Gerichtsverhandlung wird Huss<br />

als Ketzer <strong>zu</strong>m Tode verurteilt, auf dem<br />

Weg <strong>zu</strong>m Scheiterhaufen weist er prophetisch<br />

auf den hin, der sein Vorhaben<br />

und sein Werk in hundert Jahren vollenden<br />

wird.<br />

Allgemein wird Loewes Musik der<br />

Vorwurf gemacht, dass sie im Genrehaften<br />

und in kleinen Szenen steckenbleibt.<br />

Einzelne Chöre und Arien mögen<br />

für sich genommen noch akzeptabel<br />

sein, doch fügen sie sich nicht <strong>zu</strong> einer<br />

großen Komposition mit innerem Zusammenhang.<br />

Bulthaupt weist darauf<br />

hin, dass in einem Oratorium, dass von<br />

Glaubensauseinanderset<strong>zu</strong>ngen, Qualen<br />

und Martyrium handelt, liebliche<br />

Pastoralweisen oder „winzige Einfälle“<br />

wie <strong>zu</strong>m Chor der Studenten nicht am<br />

Platze sind. 9 Auch die Instrumentierung<br />

wird als „stilistisch bunt“ angesehen,<br />

ebenso der „ernüchternde Wechsel der<br />

Formen“. 10 Huss‘ Schlussworten <strong>beim</strong><br />

Tod in den Flammen unterlegt Loewe<br />

die Melodie des Luther-Chorals „Ein<br />

feste Burg“ und weist so auch musikalisch<br />

auf den später kommenden Reformator<br />

hin.<br />

Gutenberg (1835-1836)<br />

Anlass <strong>zu</strong>r Komposition dieses Orato-<br />

42 NC 2 / 09<br />

riums war die Einweihung einer Bildsäule<br />

Johann Gutenbergs in Mainz, Loewe<br />

erhielt den Auftrag 1835 vom Mainzer<br />

Stadtrat, 1837 wurde das Werk nach<br />

einem Text von Ludwig Giesebrecht<br />

uraufgeführt. Gutenberg, Erfinder des<br />

Buchdrucks mit beweglichen Lettern,<br />

will seine Neuerung nur für Drucke<br />

geistlicher Werke nutzen, Druckergehilfen<br />

aber haben einen Trutzbrief gegen<br />

Papst und Adel gedruckt. Ihr Anführer<br />

ist Faust, der <strong>zu</strong>m Gefolge des<br />

im Bann stehenden Kurfürsten Diether<br />

gehört. Dessen Mainzer Bürgerheer<br />

wird von den Truppen Adolph von Nassaus<br />

besiegt. Vor Gericht kommen der<br />

Trutzbrief und die neue Drucktechnik<br />

<strong>zu</strong>r Sprache, auch Gutenberg muss<br />

sich verantworten. Dieser versichert<br />

nochmals, dass das neue Verfahren<br />

allein <strong>zu</strong>r Verbreitung göttlicher Worte<br />

erfunden sei; er wird von Adolph von<br />

Nassau verpflichtet, jeden Missbrauch<br />

des Druckerhandwerks <strong>zu</strong> verhindern.<br />

So können die Anwesenden eine alle<br />

<strong>zu</strong>friedenstellende Einigkeit feiern.<br />

Die Musik lebt von den unterschiedlichen<br />

Chören der Drucker, Lehrlinge<br />

und Bürger, die sich auch in einer<br />

„Trichorie“ vereinigen, und der Kennzeichnung<br />

der handelnden Personen<br />

mit ihren so unterschiedlichen Wesenszügen<br />

und Anschauungen. Die<br />

Chöre sind <strong>zu</strong>m Teil vier- oder sogar<br />

sechsstimmig, eine große Tripelfuge<br />

beendet das Werk. Die Arien verlangen<br />

oft einen großen Tonumfang und die<br />

Beherrschung längerer Melismen oder<br />

umfangreicher Koloraturen. Anlässlich<br />

des Festes „Gutenberg 2000“ wurde<br />

das Oratorium im Mainzer Dom wieder<br />

aufgeführt; ein Konzertmitschnitt ist als<br />

CD erhältlich. 11


Abb. 3: Titelblatt des 1832 erschienenen Klavieraus<strong>zu</strong>gs von Loewes Oratorium “Die Zerstörung<br />

von Jerusalem”. Den Gepflogenheiten der Zeit entsprechend sind die Namen von Dichter und<br />

Komponist weniger auffallend gedruckt als der Name des Widmungsträgers, des preußischen<br />

Königs Friedrich Wilhelm III<br />

Die Zerstörung von Jerusalem (1829)<br />

Sicherlich das imposanteste und<br />

mitreißendste von Loewes Oratorien!<br />

Bereits die Beset<strong>zu</strong>ng zeigt größte<br />

Ausmaße: Zehn Solisten, acht unterschiedliche<br />

Chöre und ein umfangreiches<br />

Orchester. Die Musik wird beherrscht<br />

von gegeneinander gesetzten<br />

Kontrasten, vorwärts drängenden, von<br />

Leidenschaft geprägten Arien und einer<br />

für die damalige Zeit durchaus neuartigen<br />

Instrumentation. So fragt Reinhard<br />

Dusella, ob Loewe mit der „Zerstörung“<br />

nicht seine beste Oper geschrieben<br />

habe. 12<br />

Der Text von Gustav Nicolai behandelt<br />

die Zerstörung Jerusalems durch Titus<br />

im Jahre 70 n. Chr. Die Juden fühlen<br />

sich durch den römischen Statthalter<br />

Gessius Florus unterdrückt, versuchen<br />

ihm <strong>zu</strong> schmeicheln, doch dieser weist<br />

sie <strong>zu</strong>rück. In Gessius‘ Gefolge ist auch<br />

der jüdische König Agrippa mit seiner<br />

Schwester Berenice, die bei Gessius<br />

um Gnade für das jüdische Volk bitten.<br />

Agrippa findet auch <strong>beim</strong> Volk kein<br />

Gehör; Gessius ist entschlossen Jerusalem<br />

<strong>zu</strong> vernichten. Die Widerstandskämpfer<br />

in der Stadt sind <strong>zu</strong>nächst zerstritten,<br />

finden sich aber unter Einfluss<br />

des Hohenpriesters <strong>zu</strong>sammen. In Je-<br />

NC 2 / 09 43


usalem gibt es auch die ersten Christen,<br />

die sich ihres Glaubens wegen von<br />

den Ereignissen nicht berührt fühlen<br />

und sich nach Golgatha <strong>zu</strong>rückziehen.<br />

Titus hat sich in Berenice verliebt und<br />

will das Volk, sofern es Reue zeigt, vor<br />

der Vernichtung bewahren. Da dieses<br />

nicht <strong>zu</strong>r Buße bereit ist, befiehlt Titus<br />

den Angriff. Die Römer triumphieren,<br />

die Juden wünschen sich den Tod, aber<br />

die eigentlichen <strong>Sie</strong>ger sind die Christen,<br />

deren Glaube sich gegen den der<br />

Juden durchsetzt.<br />

Rezitative und Chorszenen gehören<br />

<strong>zu</strong> den beeindruckendsten Abschnitten<br />

des Oratoriums. Loewe verwendet auch<br />

christliche Choräle, sehr wirkungsvoll<br />

eingesetzte a-cappella-Chöre, Fugen<br />

(auch Doppelfugen) und wiederholt an<br />

geeigneten Stellen Themen, so dass<br />

der Eindruck einer Arbeit mit Leitmotiven<br />

entsteht.<br />

1996 wurde in Bad Urach „Die Zerstörung<br />

von Jerusalem“ erfolgreich aufgeführt.<br />

Das Hohelied Salomonis (1855)<br />

Als Textgrundlage verwendet Wilhelm<br />

Telschow das alttestamentliche Buch,<br />

das er recht geschickt in eine Rahmenhandlung<br />

eingliedert: Die Hirtin Sulamith<br />

sehnt sich nach ihrem Bräutigam;<br />

Salomo begegnet ihr und wirbt um sie.<br />

Sulamiths Liebeslied bezieht der König<br />

fälschlicherweise auf sich, Sulamith<br />

aber kann entkommen und <strong>zu</strong> ihrem<br />

Hirten gelangen. Salomo kann das<br />

Mädchen nicht vergessen und eilt ihr<br />

samt Gefolge nach. Sulamith gesteht<br />

Salomo, wen sie wirklich liebt, und sie<br />

kann ihren Bräutigam heiraten.<br />

Loewe versuchte, mit einem erweiter-<br />

44 NC 2 / 09<br />

ten Instrumentarium die Musik des Orients<br />

dar<strong>zu</strong>stellen: Triangel, Trommeln,<br />

Tamburin und Glockenspiel vervollständigen<br />

das Orchester; die meisten durchaus<br />

qualitätvollen Gesangsstücke sind<br />

aber von einem orientalisch-jüdischen<br />

Kolorit weit entfernt, der sich nur an<br />

einigen Stellen finden lässt. Die Arien<br />

verlangen von den Ausführenden große<br />

Fertigkeiten, die Melodien sind bisweilen<br />

stark am italienischen Opernstil<br />

der Zeit orientiert. Dem Inhalt des Oratoriums<br />

entsprechend gibt es nur relativ<br />

wenige Chorsätze, am eindrucksvollsten<br />

sind die Hirtenchöre „Der Winter ist<br />

vergangen“ und „Komm wieder, o Sulamith“.<br />

Nachdem „Das Hohelied“ einige<br />

Jahre nach seiner Entstehung in Stettin<br />

und Berlin aufgeführt wurde, scheint es<br />

in den Jahrzehnten danach keine Aufführungen<br />

mehr gegeben <strong>zu</strong> haben.<br />

Palestrina (1841)<br />

Der Textdichter Ludwig Giesebrecht<br />

greift auf die Erzählung <strong>zu</strong>rück, dass<br />

der Komponist Palestrina durch die<br />

Aufführung seiner „Missa papae Marcelli“<br />

vor dem Tridentiner Konzil im 16.<br />

Jh. die Mehrstimmigkeit für die Kirchenmusik<br />

gerettet haben soll. Giesebrecht<br />

führt um diese Handlung eine bunte Mischung<br />

von Winzern, nach Japan ziehenden<br />

Jesuiten, päpstlichen Kriegern,<br />

ausgewanderten Lutheranern, Palestrinas<br />

Frau, den Kardinälen und dem<br />

Papst ein – ein durchaus theatralischbühnenmäßig<br />

gedachter Stoff, dessen<br />

gegensätzlichen Figuren und Situationen<br />

Loewe mit seiner Musik nicht immer<br />

gerecht wurde. Christliche Choräle<br />

stehen etwas unvermittelt gegen Palestrinas<br />

eigene Messe, Palestrina ist in


seinen Arien <strong>zu</strong> wenig der Kämpfer für<br />

seine Sendung, die Einführung seiner<br />

Frau Fiametta in die Handlung wirkt<br />

– trotz durchaus gelungener Arien für<br />

sie – gekünstelt und die in bewusst<br />

altertümlichem Ton gehaltene Instrumentaleinleitung<br />

bleibt recht eintönig.<br />

13<br />

Der Meister von Avis (1843)<br />

Ludwig Giesebrechts Dichtung beruht<br />

auf dem Schauspiel „Der standhafte<br />

Prinz“ des spanischen Dichters<br />

Calderón de la Barca. Der portugiesische<br />

Prinz Fernando wird in Fez<br />

als Geisel gehalten. Der König von<br />

Fez hofft, im Austausch gegen den<br />

Prinzen die Stadt Ceuta <strong>zu</strong> erhalten;<br />

für die Christen ist der Prinz jedoch<br />

eine Hoffnung auf Befreiung von ihrem<br />

Sklavendasein. Der Vorsteher<br />

des Ordens von Avis trifft in Fez ein<br />

und stimmt dem Tausch des Prinzen<br />

gegen die Stadt <strong>zu</strong>, die <strong>zu</strong>m Teil auch<br />

dem Orden gehört. Prinz Fernando als<br />

Meister des Ordens muss daher dieser<br />

Vereinbarung <strong>zu</strong>stimmen. Er ruft aber<br />

da<strong>zu</strong> auf, um Ceuta <strong>zu</strong> kämpfen. Dadurch<br />

wird er seiner bisher privilegierten<br />

Gefangenenstellung beraubt und<br />

<strong>zu</strong>m Sklaven gemacht. Der Prinz wird<br />

in der Haft immer matter, bei einem<br />

Zusammentreffen mit der Prinzessin<br />

von Fez und deren Bräutigam stirbt er.<br />

Sein Geist leitet das in Fez gelandete<br />

portugiesische Heer und fordert von<br />

ihm, das Brautpaar gefangen <strong>zu</strong> nehmen<br />

und gegen die christlichen Sklaven<br />

aus<strong>zu</strong>lösen. Die Prinzessin bringt<br />

ihren Vater da<strong>zu</strong>, den Tausch durch<strong>zu</strong>führen;<br />

alle preisen den Frieden;<br />

die Prinzessin vermag sich aber mit<br />

der christlichen Lehre nicht <strong>zu</strong> identifizieren,<br />

am Schluss macht der Chor<br />

deutlich, dass der Tod des Meisters ihr<br />

das Leben gebracht habe.<br />

Die Bibliothek Ksiaznica Pomorska<br />

in Stettin besitzt, wie erst seit einiger<br />

Zeit bekannt ist, eine handschriftliche<br />

Abschrift der Partitur des Werkes 14 ,<br />

das musikalisch in neuerer Zeit noch<br />

nicht ausgewertet wurde und von<br />

dem nur einige Arien gedruckt in der<br />

17bändigen Gesamtausgabe der Lieder<br />

und Balladen Loewes durch Max<br />

Runze (1899-1904) bekannt sind.<br />

Arnold Schering lobt die Chöre 15 ;<br />

eindrucksvoll ist vor allem der ariose<br />

Gesang des sterbenden Meisters,<br />

dessen Worte dem „Stabat mater“<br />

entnommen sind. Nahe<strong>zu</strong> alle Kommentatoren<br />

stören sich an der Einordnung<br />

des Werkes als „Oratorium“; es<br />

stehe auf der Grenze zwischen Oper<br />

und Oratorium und sei weder das eine<br />

noch das andere.<br />

Weitere kleinere Oratorien<br />

„Polus von Atella“ (1856-1859)<br />

scheint über eine einzige Aufführung<br />

1860 in Stettin nicht hinaus gekommen<br />

<strong>zu</strong> sein. Giesebrecht als Textdichter<br />

stellt die Bekehrung des Komödianten<br />

Polus dar. Bei seiner Taufe<br />

im Tiber durch den greisen Bischof erwarten<br />

die Besucher wieder eine lustig-fröhliche<br />

Inszenierung voller Spott,<br />

Polus aber steigt bekehrt als Paulus<br />

aus dem Wasser auf. Der römische<br />

Kaiser, wütend über das entgangene<br />

Schauspiel, lässt ihn <strong>zu</strong> sich kommen<br />

und überantwortet ihn dem Feuer.<br />

Mutter, Schwester und Bischof segnen<br />

Polus im festen Glauben an den<br />

NC 2 / 09 45


kommenden <strong>Sie</strong>g des Christentums.<br />

Loewes Musik zeichnet sich aus durch<br />

lebendige Chöre, deren Melodien oft<br />

den Charakter italienischer Volkstänze<br />

haben, durch geschickte Benut<strong>zu</strong>ng<br />

von Chorälen (vor allem von „Wie schön<br />

leuchtet der Morgenstern“), durch eine<br />

differenzierende Instrumentation sowie<br />

eine anspruchsvolle Harmonisierung<br />

der Melodien. Die Arien sind entweder<br />

schlicht gehalten oder virtuos angelegt.<br />

Sicher hat das Werk auch Schwächen,<br />

ist aber doch den Versuch einer Neuinszenierung<br />

wert!<br />

In seinen letzten Lebensjahren nach<br />

1860 schuf Loewe drei Vokaloratorien,<br />

bei denen als Begleitung nur Orgel oder<br />

auch Klavier vorgesehen sind. Auch<br />

die Zahl der Solisten bleibt klein, und<br />

jeweils nur ein Chor mit 4-5 Stimmen<br />

tritt auf.<br />

„Die Auferweckung des Lazarus“<br />

(1863) liegt in einer einstündigen CD-<br />

Aufnahme des Labels Capriccio (Nr. 10<br />

581) vor. Loewe stellte den Text nach<br />

Worten des Johannes-Evangeliums<br />

selbst <strong>zu</strong>sammen. Wie in barocken<br />

Oratorien gibt es einen Evangelisten,<br />

dessen Stimme ungewöhnlicherweise<br />

einem Alt <strong>zu</strong>geteilt ist. Die Melodien<br />

sind recht einprägsam, gelegentlich etwas<br />

opernhaft; die Anforderungen an<br />

den Chor nicht all<strong>zu</strong> hoch, und kleine<br />

Passagen auf der Orgel sorgen für Abwechslung.<br />

In „Johannes der Täufer“<br />

(1861), wieder von Loewe nach Texten<br />

aus den Evangelien <strong>zu</strong>sammengestellt,<br />

wird die Stimme des Erzählers einem<br />

Sopran übertragen. Das Oratorium enthält<br />

überdurchschnittlich viele und auch<br />

anspruchsvolle Chorszenen, die Or-<br />

46 NC 2 / 09<br />

gelbegleitung entwickelt recht oft eine<br />

Unabhängigkeit von der Melodiestimme,<br />

während die Arien <strong>zu</strong>meist schlicht<br />

gehalten sind. Der Text <strong>zu</strong> „Die Heilung<br />

des Blindgebornen“ (1860/61) wurde<br />

von Loewe nach dem Johannes-Evangelium<br />

gestaltet und offenbar bewusst<br />

in Richtung einer nicht all<strong>zu</strong> schweren<br />

Ausführung komponiert. Die Chorsätze<br />

sind dramatisch angelegt, während die<br />

Arien ausgesprochen sanften Charakter<br />

haben. Der Orgel sind am Anfang<br />

und an anderen Stellen kleine solistische<br />

Aufgaben <strong>zu</strong>gewiesen.<br />

Eine Schlussbemerkung<br />

Die Übersicht macht deutlich, dass<br />

Loewe sich nicht an eine feste Form<br />

des Oratoriums gebunden fühlte. Wie<br />

auch in seinen Klaviersonaten versuchte<br />

er sich immer wieder in neuen Darstellungen.<br />

Die Grenzüberschreitung<br />

zwischen Oper und Oratorium wurde<br />

ihm oft <strong>zu</strong>m Vorwurf gemacht, letztlich<br />

mag die Diskussion darüber akademischer<br />

Natur sein, wenn nur das Werk<br />

als solches die Hörer anspricht und<br />

überzeugt. Nicht genug <strong>zu</strong> loben ist<br />

sein Sinn für Aufführungen durch Gemeinden<br />

mit geringeren musikalischen<br />

Mitteln; dies gilt vor allem für die <strong>zu</strong>letzt<br />

entstandenen Vokaloratorien, aber<br />

auch für die Wiedergabe des „Sühnopfers“<br />

mit Orgel- oder Klavierbegleitung.<br />

Der <strong>zu</strong>nächst etwas befremdlich<br />

wirkende Versuch, Oratorien nur für<br />

Männerstimmen <strong>zu</strong> komponieren, hatte<br />

<strong>zu</strong>r Entstehungszeit der Werke seine<br />

Berechtigung; heute ist die Zahl der<br />

Männergesangvereine stark <strong>zu</strong>rück gegangen,<br />

so dass man nur die Hoffnung<br />

haben kann, dass der eine oder andere


Verein auf die durchaus bedeutsamen<br />

beiden Oratorien dieser Richtung aufmerksam<br />

wird. Die Legenden-Oratorien<br />

mit mehr oder minder starkem<br />

christlichem Be<strong>zu</strong>g oder die weltlich<br />

ausgerichteten Werke bilden eine gute<br />

Abwechslung <strong>zu</strong> den rein biblischen<br />

Oratorien, die heut<strong>zu</strong>tage im Vordergrund<br />

an christlichen Festen stehen.<br />

Die Aufführungen von Loewe-Oratorien<br />

in den letzten 20 Jahren und die CD-<br />

Einspielungen zeigen, dass Oratorien<br />

nicht nur von den immer gleichen<br />

Komponisten wie Bach, Händel, Haydn<br />

oder Mendelssohn Bartholdy gegeben<br />

werden müssen; mag Loewes schöpferisches<br />

Talent auch mehr oder minder<br />

weit unter ihnen stehen, so hat er doch<br />

neben seinen Balladen auch Aufmerksamkeit<br />

für dieses Schaffensgebiet verdient.<br />

Dr. Michael Wilfert<br />

Geboren 1944 in Hemer (Kreis Iserlohn),<br />

1963 Abitur in Baden-Baden,<br />

danach Studium der Zoologie an<br />

der FU Berlin und an der Universität<br />

<strong>Düsseldorf</strong>. Promotion 1972 <strong>zu</strong>m Dr.<br />

rer. nat., Lehrer an einer Schule in<br />

<strong>Düsseldorf</strong>. Mitglied des Redaktionsbeirats<br />

der Zeitschrift „Pommern".<br />

Zahlreiche Veröffentlichungen <strong>zu</strong>r<br />

Musikgeschichte Pommerns, über<br />

Komponisten aus Pommern und<br />

<strong>zu</strong>m Werk von Carl Loewe.<br />

www.carl-loewe-gesellschaft.de<br />

1 Überblick bei R. Dusella, Die Oratorien Carl<br />

Loewes. Bonn, 1991.<br />

2 Die Partitur erschien in der Edition<br />

Hänssler, der Klavieraus<strong>zu</strong>g im Carus-Verlag;<br />

CD-Aufnahmen bei FSM (FCD 97755) und<br />

Naxos (hier vollständiger!), Nr. 8.557635-36.<br />

3 A, Schering, Geschichte des Oratoriums,<br />

S.406-424. Leipzig, 1911.<br />

4 Einspielung durch die Kantorei der<br />

Schlosskirche Bad Dürkheim; dort ist die CD<br />

erhältlich.<br />

5 J.A. Modeß, Carl Loewes Oratorium Die<br />

sieben Schläfer op. 46. In E. Ochs, L. Winkler<br />

(eds.): Carl Loewe. Beiträge <strong>zu</strong> Leben, Werk<br />

und Wirkung. S. 297-308. Frankfurt a. M.,<br />

Berlin,1998.<br />

6 C.H. Bitter: Dr. Carl Loewes Selbstbiographie,<br />

S. 204. Berlin, 1870.<br />

7 Vgl. Anm. 3.<br />

8 H. Bulthaupt, Carl Loewe. Berlin, 1898.<br />

9 Ebenda.<br />

10 Vgl. Anm 3.<br />

11 „Gutenberg“, Philharmonisches Orchester<br />

des Staatstheaters Mainz, Leitung: Mathias<br />

Breitschaft; Stadt Mainz, ACO CD 111 00.<br />

12 R. Dusella: Loewes erfolgreichste Oper?<br />

Das Oratorium Die Zerstörung von Jerusalem.<br />

In: E. Ochs, L. Winkler (eds.), Carl<br />

Loewe. Beiträge <strong>zu</strong> Leben, Werk und Wirkung,<br />

S. 391-395. Frankfurt a. M. und Berlin,<br />

1998.<br />

13 Arien aus „Palestrina“ und anderen Loewe-<br />

Oratorien auf der CD: Carl Loewe, Arien und<br />

Duette aus Opern und Oratorien. Koch Schwann,<br />

Nr. 3-5054-8.<br />

14 W. Dziechciowska, Musikdrucke und<br />

Handschriften von Carl Loewe im Bestand<br />

der Ksiaznica Pomorska in Szczecin. In: E.<br />

Ochs, L. Winkler (eds.), Carl Loewe. Beiträge<br />

<strong>zu</strong> Leben, Werk und Wirkung. S. 375-378.<br />

Frankfurt a.M. und Berlin, 1998.<br />

15 Vgl. Anmerkung 3.<br />

NC 2 / 09 47


Buchrezension: Beethovens 10. Sinfonie<br />

von Dr. Thomas Ostermann<br />

Vielleicht gehören <strong>Sie</strong> auch <strong>zu</strong>r Gruppe<br />

derjenigen NeueChorszene-Leser,<br />

die sich in Internet-Plattformen tummeln.<br />

Auf einigen von Ihnen kann man<br />

dann feststellen, über welche Kontakte<br />

man mit einer Person verbunden ist, die<br />

man gerade auf dem Bildschirm vorfindet.<br />

Meistens braucht man, ausgehend<br />

von seinen eigenen Kontakten dafür<br />

nur weniger als fünf Stationen. Bereits<br />

1967 hat Stanley Milgram diesen Zusammenhang<br />

mit dem Begriff „Kleine-<br />

Welt-Phänomen“ (engl. „small world<br />

paradigm“) bezeichnet.<br />

Was hat das nun mit dem aktuell <strong>zu</strong><br />

besprechenden Buch <strong>zu</strong> tun? Nun, offensichtlich<br />

gilt dieser Zusammenhang<br />

auch für manche neu auf dem Markt<br />

erschienenen Bücher. Der aufmerksame<br />

Leser hat vielleicht noch die letzten<br />

Ausgabe der Neuen Chorszene griffbereit<br />

oder kann sich trotz des regelmäßigen<br />

Abtransports von Altpapier<br />

an die Artikel erinnern. Aktuell wurden<br />

dort Chorsinfonien mit den Numerierungen<br />

1-9 behandelt. Da<strong>zu</strong> eine Rezension<br />

über „Das Grauen der Nacht“<br />

in dem Bachs Goldberg-Variationen<br />

auftauchen. Einge Ausgaben vorher<br />

gab es Rezensionen <strong>zu</strong> einem Roman,<br />

der eine verschollene Partitur Vivaldis<br />

<strong>zu</strong>mThema hatte (den Titel dieses Romans<br />

wiederhole ich aus guten Gründen<br />

nicht). Etwas älteren Datums war<br />

ein Beitrag <strong>zu</strong>r Musiktherapie meines<br />

Kollegen Lutz Neugebauer.<br />

Und nun habe ich gerade die letzten<br />

Seiten des Romans „Die 10. Symphonie“<br />

von Joseph Gelinek auf dem Rück-<br />

48 NC 2 / 09<br />

flug von Wien nach <strong>Düsseldorf</strong> gelesen.<br />

Bei diesem Autor handelt es sich um<br />

ein Pseudonym eines spanischen Musikwissenschaftlers,<br />

der echte Joseph<br />

Gelinek stammte aus Böhmen und war<br />

<strong>zu</strong> Mozarts und Beethovens Zeit ein<br />

begehrter Klavierlehrer und Hauspianist<br />

und lebte von 1758 bis 1825.<br />

In diesem Roman nun tauchen wie in<br />

dem von Milgram beschriebenen „Kleine-Welt-Phänomen“<br />

nun viele direkte<br />

Kontakte <strong>zu</strong> den bisherigen Artikeln der<br />

NC auf. Natürlich handelt es sich, wie<br />

der Leser im Laufe des Romans erfährt,<br />

bei der verschollenen Partitur um eine<br />

Chorsinfonie. Und auch Wien, genauer,<br />

die spanische Hofreitschule spielt hier<br />

eine nicht unwichtige Rolle. Ebenfalls<br />

wird hier, allerdings nur als Nebenstrang<br />

die Musiktherapie aufgegriffen.<br />

Und leider sind der Erzählstil und die<br />

Charaktere von Gelinek oft recht oberflächlich<br />

und erinnern manchmal an<br />

den oben genannten Roman über Vivaldis<br />

verschollene Partitur.<br />

Warum also sollte man dieses Buch<br />

lesen? Nun, es enthält im Gegensatz <strong>zu</strong><br />

vielen auf dem Markt befindlichen Werken<br />

einen wahren Kern: <strong>zu</strong>r 10. Sinfonie<br />

existiert von Beethoven eine große Anzahl<br />

von Skizzen (siehe Abb. 1)<br />

Der Roman von Gelinek bietet nun<br />

dem Leser die Möglichkeit, die historischen<br />

Fakten eingebettet in einen<br />

durchaus nicht unspannenden Szenario<br />

kennen <strong>zu</strong> lernen.<br />

Der Musikwissenschaftler, Dozent<br />

und Beethovenfan Daniel Paniagua bekommt<br />

die Möglichkeit, die Rekonstruk-


Abb1.<br />

tion von Beethovens erstem Satz der<br />

10. Symphonie im Rahmen einer privaten<br />

Aufführung <strong>zu</strong> Gehör <strong>zu</strong> bekommen.<br />

Während der Aufführung bekommt er<br />

bereits Zweifel an der „Rekonstruktion“<br />

und glaubt vielmehr, es handele sich<br />

um das komplett fertiggestellte Autograph<br />

von Beethoven.<br />

Er sucht den Dirigenten noch am Aufführungsabend<br />

auf, dieser hat jedoch<br />

keine Zeit und wird leider kurze Zeit<br />

später ermordet aufgefunden.<br />

Und nun kommen neben den üblichen<br />

Verdächtigen (Freimaurer, Illuminaten)<br />

auch noch (und dies wird meinen frankophilen<br />

Chorszene-Autor Erich Gelf<br />

sicherlich freuen) die Nachfahren von<br />

Napoleon und ein mysteriöses Porträt<br />

des Komponisten ins Spiel. Natürlich<br />

dürfen auch Zahlencodes und eine Liebesgeschichte<br />

nicht fehlen, vor allem<br />

letztere ist allerdings nicht unbedingt<br />

ein Gewinn für den Roman. Zum Ende<br />

hin gibt es dann noch einen Schwenk<br />

<strong>zu</strong> Beethovens unsterblicher Geliebter.<br />

<strong>Sie</strong>ht man also von diesen eher nicht<br />

so gelungenen Elementen ab, so hat<br />

der Leser, der sich durch 424 Seiten<br />

gelesen hat, einiges über Beethoven<br />

erfahren. Für mich hat es für ca. vier<br />

Stunden Flugzeit gereicht. Allerdings<br />

hat es entgegen dem Klappentext<br />

schon Thriller gegeben, die „besser geklungen“<br />

haben.<br />

Hintergrundmaterial:<br />

Leser, die die Rekonstruktion der<br />

Zehnten hören möchten, können dies<br />

hypothetisch tun: Barry Cooper veröffentlichte<br />

1988 einen Sinfonie-Satz mit<br />

der Tempobezeichnung Andante - Allegro<br />

- Andante als Sinfonie Nr. 10 in<br />

Es-Dur, der auf Beethovens Skizzen<br />

<strong>zu</strong> seiner 10. Sinfonie aus den Jahren<br />

1822-1825 beruht. Dieser Sinfonie-Satz<br />

wurde schon mehrfach auf CD eingespielt.<br />

Leider konnte ich bisher keine<br />

Be<strong>zu</strong>gsquelle in Erfahrung bringen.<br />

Daneben gibt es noch eine CD<br />

des Trans-Siberian Orchestras <strong>zu</strong><br />

„Beethoven´s Last Night“, in der im<br />

Stile eines Musicals ein Dialog von<br />

Beethoven und Mephistopheles über<br />

die Zehnte gesponnen wird.<br />

Joseph Gelinek: Die 10.<br />

Symphonie (Broschiert);<br />

Knaur Verlag, 14,95 €<br />

NC 2 / 09 49


Wuppertaler Singpause...<br />

...auch ein Beitrag <strong>zu</strong>m Haydn-Jahr von Udo Kasprowicz<br />

Zwischen zwei Skriabin Konzerten<br />

lockte uns der Chor der Konzertgesellschaft<br />

Wuppertal <strong>zu</strong>r Probe ins Bergische<br />

Land. Nach dem Prinzip „Eine<br />

Hand wäscht die andere“ oder „Skriabin<br />

Männer von Euch gegen Haydn Sänger<br />

von uns“, hatte man uns die Mitwirkung<br />

an der „Schöpfung“ in der Wuppertaler<br />

Konzerthalle angeboten. Ist es schon<br />

verlockend genug <strong>zu</strong> Pfingsten „<strong>zu</strong><br />

Ehre Gottes und seiner Hände Werk“<br />

<strong>zu</strong> singen, so erhebt die Doppelung<br />

der Ereignisse - Pfingsten und der 200.<br />

Todestag Joseph Haydns fallen <strong>zu</strong>sammen<br />

- das Konzert in den Rang des<br />

Einzigartigen.<br />

Aber ohne Proben kein Konzert!<br />

Also brechen wir - zwei Getreue aus<br />

dem Linksrheinischen - dem Mittagessen<br />

schnöde entsagend auf in die<br />

Stadt der Schwebebahn, <strong>zu</strong>r Wiege der<br />

deutschen Industrialisierung, in die Heimatstadt<br />

Friedrich Engels, Else Lasker<br />

Schülers und immerhin noch 356.420<br />

lebender Menschen, um dort in der Burgunder<br />

Str. (wahrscheinlich hatte <strong>Sie</strong>gfried<br />

auf dem Weg von Xanten nach<br />

Worms hier sein berühmtes Schwert<br />

Balmung bestellt, denn in Deutschland<br />

wird keine Straße grundlos benannt!)<br />

<strong>zu</strong> proben.<br />

Inmitten eines Raumes von industriegeschichtlichem<br />

Charme unterstreicht<br />

ein Flügel aus der ältesten Klavierfabrik<br />

der Welt gleich um die Ecke in<br />

Schwelm das Selbstbewusstsein des<br />

hier beheimateten Chores. Freundliche<br />

Begrüßung, Einsingen und los: Schon<br />

die ersten Takte entlarvten mein Vorhaben,<br />

in vier Proben ein so riesiges Werk<br />

50 NC 2 / 09<br />

wie die Schöpfung aus den versteckten<br />

Hirnwindungen wieder hervor<strong>zu</strong>zaubern<br />

und aufführungsreif auf<strong>zu</strong>frischen,<br />

als Hybris. Umgeben von absolut sicheren<br />

Nachbarn können meine falschen<br />

Töne nicht verborgen bleiben.<br />

Dennoch kein scheeler Blick, kein bissiger<br />

Kommentar, sondern freundliche<br />

Aufmunterung.<br />

Nach einer Stunde sind wir und das<br />

halbe Werk geschafft. Also: Singpause!<br />

Hinter einer Tür erwartet uns eine<br />

Überraschung. Die ruhmreichen Bergischen<br />

wissen <strong>zu</strong> leben. Die verschiedensten<br />

Obstkuchen, einer köstlicher<br />

als der andere, Schokoladentorten,<br />

kleine pikante Häppchen mit erlesenem<br />

Aufstrich, gefüllte Blätterteigtörtchen,<br />

Obst und Gemüserohkost für die<br />

Kalorienfeinde und Kaffee aus riesigen<br />

Kannen, die still vor sich hin dröppeln<br />

und der Chorjause etwas von einem<br />

verschwenderischen Gelage geben. Im<br />

Nu ist der Raum mit Menschen gefüllt,<br />

die sich blendend unterhalten und den<br />

guten Gaben kräftig <strong>zu</strong>sprechen. Der in<br />

dieses Ritual nicht eingeführte Chronist<br />

muss nicht lange gebeten werden und<br />

lässt es sich wohl sein. Auf der Rückfahrt<br />

beschließen wir, auch im <strong>Musikverein</strong><br />

für ein kulinarisches Verständnis<br />

von „Singpause“ <strong>zu</strong> werben.<br />

Nichts eignet sich da<strong>zu</strong> besser als<br />

Barbaras 1/2 Pfund Kuchen:<br />

½ Pfund Butter<br />

½ Pfund Zucker<br />

½ Pfund Mehl<br />

½ Pfund gemahlene Nüsse<br />

4 Eier<br />

1 Päckchen Backpulver


Rosinen, Zimt, Zitronensaft und etwas<br />

geriebene Zitronenschale nach<br />

Geschmack und (nur?) 3 Esslöffel Rum<br />

<strong>zu</strong> einem Rührteig verarbeiten, in eine<br />

vorbereitete Kastenform geben und 60<br />

Minuten bei 160 0 bis 180 0 backen.<br />

Die Hüterin des Rezeptes ließ es dabei<br />

nicht bewenden, sondern gewährte<br />

bei nächster Probengelegenheit in<br />

wenigen Zeilen Einblick in ihre kulinarische<br />

Erfahrungswelt. Wir wollen sie<br />

selbst <strong>zu</strong> Wort kommen lassen:<br />

„Ich hatte Bio Dinkelmehl genommen,<br />

ca. 200gr. Butter und nur 150 gr. Zukker,<br />

statt Backpulver Natron, außer Zimt<br />

noch <strong>Korea</strong>nder und Kardamom und<br />

etwas geraspelte Schokolade. Eventuell<br />

etwas Milch oder Wasser, so dass<br />

der Teig geschmeidig ist. 20 Minuten<br />

quellen lassen! Weitere Varianten, z.B.<br />

Sonnenblumenkerne(?) selbst ausprobieren.“<br />

Ob es die Köstlichkeiten der Singpause<br />

waren oder ob sich der Genius<br />

Haydns in der Aufführung auf uns herabsenkte,<br />

man weiß es nicht! Veronika<br />

Pantel schwelgte jedoch in der Westdeutschen<br />

Zeitung vom 4. Juni: „Die<br />

aufwändigen fugalen Partien meistert<br />

der Chor sicher, er glänzt mit präzisen<br />

Einsätzen und folgt den extremen<br />

Dynamik-Anweisungen des Dirigats<br />

bedingungslos. So gelingen fesselnde<br />

Darstellungen.(...) „Vollendet ist<br />

das große Werk“ - so jubelt der Chor<br />

am Ende des zweiten Teils.(…) Von<br />

Soli durchsetzt klingt es machtvoll auf:<br />

„Singt dem Herrn alle Stimmen“.“<br />

Vielen Dank dafür, dass wir dabei sein<br />

durften!<br />

Pfingstsonntag 31.05.2009 und 200. Todestag Josef Haydns: in der Historischen Stadthalle<br />

Wuppertal erklingt unter der Gesamtleitung von Andreas Spering «Die Schöpfung»<br />

mit dem Sinfonieorchester Wuppertal, Elena Fink, Sopran, Cornel Frey, Tenor, Kay Stiefermann,<br />

Bass, dem Chor der Konzertgesellschaft Wuppertal und Mitgliedern des <strong>Städtischen</strong><br />

<strong>Musikverein</strong>s <strong>zu</strong> <strong>Düsseldorf</strong>, Einstudierung Marieddy Rossetto. Foto Gerhard Bartsch<br />

NC 2 / 09 51


Der Städtische <strong>Musikverein</strong><br />

probt jeweils um 19.25 Uhr<br />

im Helmut-Hentrich-Saal der Tonhalle, Eingang Rheinseite.<br />

Marie-Colinet-Straße 14<br />

40721 Hilden<br />

Ruf: +49 (0)2103-9448-0<br />

Fax: +49 (0)2103-32272<br />

E-Mail: info@weber-feuerloescher.de<br />

Gemeinschaftsproben für alle<br />

Stimmen finden i.d.R.<br />

dienstags statt. Proben mit<br />

chorischer Stimmbildung werden<br />

montags für die Herren und<br />

donnerstags für die Damen<br />

um 19 Uhr angeboten.<br />

Tel.: 02103-944815<br />

(Manfred Hill, Vorsitzender) oder<br />

Tel.: 0202-2750132<br />

(Marieddy Rossetto, Chordirektorin)<br />

Aus Anlass von Händels 250.<br />

Todestag gibt der Städt. <strong>Musikverein</strong><br />

- in leicht verringerter<br />

Auflage - eine Sonderausgabe<br />

seiner Zeitschrift NeueChorszene<br />

heraus. <strong>Sie</strong> kann auf telefonische<br />

Anfrage oder über<br />

info@musikverein-duesseldorf.de<br />

angefordert werden<br />

Hermann Weber<br />

Feuerlöscher GmbH<br />

Feuerlöscherfabrik<br />

ISSN-Nr. 1861-261X

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!