Zum Jahresbericht 2009 - Onko Plus
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«Nach Oerlikon zur ABB ging ich in die Lehre. Elektromechaniker,<br />
das war mein Traumberuf. Weitergebildet habe ich mich und bald<br />
wurde ich in der ganzen Schweiz auf Montage geschickt. Einmal<br />
durfte ich sogar nach Spanien. Kollegen hatte ich viele, denn ich<br />
hatte immer gute Ideen und das fanden sie natürlich toll.»<br />
«Da sass ich mit einem Kumpel in einem Restaurant. Zwei junge<br />
Frauen kamen herein und wollten das Lokal wieder verlassen, weil<br />
die Preise zu teuer waren. Diese Gelegenheit liessen wir uns natürlich<br />
nicht entgehen und luden die beiden ein. Daraus entstand<br />
eine Freundschaft und einige Jahre später heirateten wir. Das war<br />
ein Glücksfall – schon zwanzig Jahre gehören wir nun zusammen.<br />
Ich spürte bald, dass diese Herzlichkeit, diese offene und liebevolle<br />
Art genau das ist, was ich schon immer gesucht hatte.»<br />
«Natürlich gibt es auch bei uns Meinungsverschiedenheiten. Oft<br />
ärgere ich mich, dass die Sachen nicht immer an ihrem Platz sind.<br />
Wenn ich bedenke, dass bei uns zu Hause alles immer millimetergenau<br />
ausgerichtet in den Schränken versorgt wurde. Doch dann<br />
lachen wir darüber und alles ist wieder gut.»<br />
«Eine unserer Töchter ist taub. Zuerst war das ein Schock für uns.<br />
Wie wird sie das Leben meistern? Wie wird sie sich zurechtfinden?<br />
Ich musste vermehrt körperliche Nähe zulassen. Umarmungen,<br />
Chüssli, das war nicht einfach, war eine grosse Herausforderung<br />
für mich. Aber schön ist es! Ich wechselte den Arbeitsplatz, fand<br />
eine tolle Stelle hier in der Stadt, denn ich wollte doch bei meinen<br />
Kindern sein, wollte an ihrem Leben, ihren kleinen und grossen<br />
Sorgen teilhaben. Ich bin ein glücklicher Vater – vier Kinder wurden<br />
uns geschenkt. Zwischen achtzehn und zehn Jahre alt. Drei<br />
Töchter und ein Sohn. Die jüngsten sind Zwillinge.»<br />
«Dann, vor einem Jahr, kurz nach dem grossen Stadtfest, verspürte<br />
ich einen Schmerz im Rücken. Nein, zum Doktor wollte<br />
ich nicht. Das geht schon wieder vorbei. Wenig später wurde<br />
ich notfallmässig ins Spital eingeliefert. Grauenvolle, grässliche<br />
Schmerzen. Untersuchungen, nachdenkliche Gesichter. Dann die<br />
Diagnose: Unheilbar, sechs Monate… Mein Zimmer teilte ich mit<br />
Schicksalsgenossen. Dreissig Jahre alt war er, mein Kollege, eine<br />
Tochter, sechs Monate alt. Wir erzählten uns Geschichten, weinten<br />
zusammen. Dann, eines Abends, wurde er aus dem Zimmer<br />
geführt, wenige Stunden später verstarb er.»<br />
«Warum gerade ich? Warum ich, ich bin doch erst 43 Jahre alt!<br />
Die Kinder, meine Frau, sie wissen ja gar nicht, was auf sie zukommt!<br />
Genug, genug.»<br />
«Alles ist verätzt. Ich kann nicht mehr essen. Ha, ich lebe noch –<br />
die sechs Monate sind schon längst abgelaufen. Für wie lange?<br />
Niemand weiss es. Tage, Wochen?»