Zum Jahresbericht 2009 - Onko Plus
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«Am Sonntag versammelten sich alle Italiener im grossen Park.<br />
Die Frauen erzählten sich die neuesten Geschichten, laut, lachend,<br />
fröhlich. Die Männer spielten Boccia. Es ging um Sieg und Ehre.<br />
Die Kinder rannten wie wild um die Feuerstelle. Das grosse Gelage<br />
gehörte dazu. Alle um einen Tisch versammelt. Eine verschworene<br />
Gesellschaft, geprägt durch dieselben Sehnsüchte, Nöte und<br />
Hoffnungen und geheimen Wünsche.»<br />
«In der Schule wurde ich anfänglich nicht gut aufgenommen. Ich<br />
war ein Ausländerkind – eine Fremde. Doch durch meine fröhliche<br />
und unkomplizierte Art änderte sich das bald. Der erste Schulschatz,<br />
der darauffolgende Liebeskummer. Dann, als junge Frau,<br />
schlich ich mit meiner ersten Liebe zum Jachthafen runter. Dunkel<br />
war es und niemand sah, wie wir unter der Plane eines Segelschiffes<br />
verschwanden. Dort geschah es – zum ersten Mal.»<br />
«Bei Feldpausch ging ich in eine Verkäuferinnenlehre. Die Welt<br />
der Mode, der eleganten Frauen, das gefiel mir natürlich besonders<br />
gut. Ich hatte grossen Erfolg, alle wollten von mir bedient<br />
werden. Das war ein beglückendes Gefühl.»<br />
«Nach der Lehre wollte ich etwas ganz anderes machen. Servierte<br />
im «Splendid» im Niederdorf. Heuerte beim Zirkus Royal an.<br />
Als Mädchen für alles. Diese besondere Welt, die Manege, voller<br />
Zauber, der Geruch nach Tieren und der Applaus der begeisterten<br />
Zuschauer, welch ein Leben! Als Clown trat er auf im Scheinwerferlicht.<br />
Brachte die Leute zum Lachen. Es war Liebe auf den<br />
ersten Blick. So, als ob wir uns in einem früheren Leben schon<br />
einmal begegnet wären. Heute empfinden wir immer noch so,<br />
wie damals – ein Glücksfall und wunderbar. Auftritte in vielen<br />
Ländern folgten. Oftmals war ich dabei, wenn nicht, arbeitete ich<br />
in Zürich. Dann wollte ich für einige Monate in die Ferne, in die<br />
Vereinigten Staaten von Amerika. Dorthin, wo so viele Vorfahren<br />
meiner Eltern ihr Glück versuchten. Viel habe ich gesehen, gelernt.<br />
Die Eindrücke haben Spuren hinterlassen. Trotzdem war ich<br />
froh, nach einigen Monaten meinen Freund wieder in die Arme<br />
schliessen zu können. Wir heirateten und bekamen einen Sohn.<br />
Ein toller junger Mann!»<br />
«Eines Morgens, vor gut vier Jahren, wachte ich auf und verspürte<br />
einen Knoten in meiner Brust. Was soll das denn, das kann<br />
doch nicht sein. Meine Freundin, eine Ärztin, brachte mich sofort<br />
ins Spital. Wenige Tage später wurde operiert. Die Brust war<br />
weg. Meine Brust – Teil meiner Weiblichkeit. Schlimm – warum<br />
gerade jetzt? Wir haben es doch so schön. Zögernd frage ich<br />
meinen Mann, wie ich denn aussehe, so, so ohne….» «Ach das<br />
macht doch nichts. Es ändert doch an unserer Liebe nichts.» «Das<br />
beruhigte mich sehr, gab mir Kraft. Chemotherapien verbesserten<br />
die Situation. Wir flogen auf die Malediven, liebten das Leben,<br />
liebten uns genauso wie vor vielen Jahren. Im Dezember letzten<br />
Jahres verschlechterte sich die Situation zusehends. Die Krankheit<br />
breitete sich in meinem ganzen Körper aus. Ich habe Schmerzen,<br />
kann nur noch mit leiser Stimme sprechen. Ich habe mich entschieden,<br />
ich will nicht mehr weiterleben – will keine lebensverlängernden<br />
Medikamente. Meinen Entschluss besprach ich mit<br />
meinen Angehörigen. Tränen flossen, doch die Liebe war grösser,<br />
bildet das Fundament, so dass wir alle die ausweglose Lage akzeptieren<br />
können. Meinem Sohn habe ich einen langen Brief geschrieben,<br />
hab ihm erklärt, dass Mami jetzt gehen möchte auf<br />
eine grosse Reise, – dass sie aber immer bei ihm sein werde. Eine<br />
lustige Beisetzung soll es werden, ich will nicht, dass alle traurig<br />
sind. Wir hatten und haben es doch so gut zusammen. Wer kann<br />
denn das so uneingeschränkt von sich behaupten? Angst verspüre<br />
ich nicht. Respekt schon. Respekt vor dem Unbekannten – dem<br />
Abschiednehmen von dieser Erde und dem Hinübergleiten ins Unbekannte.<br />
Ich stelle mir das als eine grosse, helle Ebene vor – mit<br />
vielen bunten Blumen, wohl duftend, frisch.»<br />
«Wenn ich in meinem Bett liege und ein neuer Tag anbricht, dann<br />
geh ich auf Reisen – einmal stehe ich mit meinem Vater am Weiher,<br />
lausche seinen Worten. Ein andermal rieche ich den Pferdemist<br />
aus der Manege und schaue in die leuchtenden Augen des<br />
Clowns, meines Mannes. Gute, beglückende, stärkende Gefühle.<br />
Dankbarkeit erfüllt mich, denn ich durfte all dies während Jahren<br />
erleben.»<br />
«Als Kind wusste ich, wohin ich gehörte. Ein Blick, ein Händedruck.<br />
Ich hatte Boden unter den Füssen. Sah immer das Gute<br />
und Positive. Erfreute mich an den kleinen Dingen des Lebens.»<br />
«Heute erlebe ich die gleichen Emotionen. Sie geben mir Kraft,<br />
den inneren Frieden, die Gewissheit, dass alles gut werden wird.<br />
Dass mein Mann, mein Sohn, meine Mutter ihren Weg gehen<br />
werden und nach dem Trennungsschmerz, gestärkt durch diese<br />
wundervolle Liebe, ihr Glück wieder finden werden. Ich werde sie<br />
begleiten, werde in Gedanken einige Blumen pflücken und ihnen<br />
damit Freude bereiten.»