kommunalinfo24 5/2014
Wegweisend für Kommunen
Wegweisend für Kommunen
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vor Ort<br />
Kommissionspaket zur Müllpolitik<br />
Wiederverwenden statt Wegwerfen<br />
Die EU-Kommission will Behörden und Verbraucher zu einem nachhaltigen Umgang mit Müll<br />
zwingen. So soll die Recyclingrate bis 2030 auf 70 Prozent steigen, Stand 2012 lag der Wert<br />
im EU-Schnitt bei 42 Prozent. Das neue verbindliche Ziel ist einem EU-Gesetzespaket zur Kreislaufwirtschaft<br />
zu entnehmen, das Umweltkommissar Janez Potocnik am 1. Juli vorstellen will.<br />
Grundsätzlich soll das Prinzip der Kreislaufwirtschaft gestärkt werden - anstatt Produkte wegzuschmeißen<br />
und nicht mehr zu nutzen, sollen ihre Bestandteile wieder in die Wertschöpfungskette<br />
einfließen. Durch die konsequente Umstellung auf eine Kreislaufwirtschaft könnten Unternehmen<br />
laut EU-Kommission 600 Milliarden Euro einsparen, etwa indem sie Material sparen. EU-Kommissar<br />
Potocnik nennt Pflichtziele zum Müll «absolut notwendig, um den Wandel von einer linearen<br />
zur Kreislaufwirtschaft anzukurbeln». Dadurch würden Investitionen und Innovationen ausgelöst,<br />
betonte er auf einer Umweltkonferenz am 5. Juni <strong>2014</strong> in Brüssel. Nur Ziele zu setzen reiche<br />
allerdings nicht aus. «Man braucht den politischen Willen, um Regeln vor allem auf kommunaler<br />
Ebene wirksam umzusetzen.» Das Paket enthält eine Mitteilung mit dem Titel «Hin zur Kreislaufwirtschaft:<br />
Ein Null-Abfall-Programm für Europa».<br />
Zu dem unverbindlichen Strategiepapier<br />
kommen - als deutlich schärfere<br />
legislative Maßnahmen - drei<br />
Richtlinien-Vorschläge: zum Abfall<br />
generell, zu Verpackungen und zu<br />
Deponien. Die EU-Kommission macht<br />
weitere Vorschläge zu verschiedenen<br />
Pflichten und Vorgaben im Bereich<br />
Kreislaufwirtschaft. Am härtesten ist<br />
letztlich die Recycling-Vorgabe - derzeit<br />
gibt es einen für 2020 gültigen<br />
Wert von 50 Prozent. Von 2012 bis<br />
2020 muss der EU-Schnitt demzufolge<br />
um acht Prozentpunkte steigen<br />
- verglichen hiermit würde sich<br />
das Reformtempo in der nationalen<br />
Recycling-Politik nach 2020 verdoppeln<br />
müssen, schließlich wären 20<br />
Prozentpunkte in 10 Jahren (Zeitraum<br />
2020 bis 2030) zu meistern,<br />
also zwei Prozentpunkte pro Jahr. Ein<br />
geplantes Frühwarnsystem dürfte so<br />
manchem EU-Staat nicht schmecken.<br />
So müssen die Staaten drei Jahre vor<br />
Ablauf einer Frist den Stand der Dinge<br />
nach Brüssel melden - im Fall der<br />
Recycling-Quote wäre das also das<br />
Jahr 2027. Sollte ein Staat hinterherhinken,<br />
müsste er einen Plan einreichen,<br />
wie er die Situation schnell<br />
verbessern kann. Als Gegenleistung<br />
zu dem Plan könnte das EU-Mitglied<br />
eine Fristverlängerung von drei Jahren<br />
beantragen - Griechenland müsste<br />
die Recyclingquote dann beispielsweise<br />
erst 2033 erreichen. Außerdem<br />
gibt es zahlreiche weitere Vorgaben,<br />
um Prinzipien der Kreislaufwirtschaft<br />
durchzusetzen.<br />
So soll der Nahrungsmittel-Abfall bis<br />
2025 um 30 Prozent sinken - der Wert<br />
ist zwar unverbindlich, dennoch gilt<br />
er als wegweisend. Schließlich hat die<br />
EU bislang noch keinen so konkreten<br />
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| <strong>kommunalinfo24</strong> - Das Magazin | 5/<strong>2014</strong><br />
www.<strong>kommunalinfo24</strong>.de<br />
Wert genannt, um das Problem von<br />
Lebensmitteln im Müll in den Griff zu<br />
bekommen. Das Recycling von Verpackungen<br />
soll gar auf 80 Prozent<br />
steigen. Wiederverwertbare Gegenstände<br />
dürfen den Plänen zufolge<br />
ab 2030 gar nicht mehr auf Mülldeponien<br />
landen. Solch eine Vorschrift<br />
dürfte Staaten wie Griechenland hart<br />
treffen, dort liegt die Deponie-Quote<br />
bei mehr als 80 Prozent.<br />
Nimmt man die gesamte Müllmenge<br />
- also wiederverwertbare Bestandteile<br />
und Teile, die nicht recyclingfähig<br />
sind -, so dürfen maximal fünf Prozent<br />
davon auf Deponien landen. In<br />
Deutschland landet praktisch kein<br />
Müll mehr auf solchen Anlagen, ohne<br />
vorher behandelt worden zu sein –<br />
etwa Aschen aus Verbrennungsanlagen<br />
oder andere Reste aus medizinisch-biologischer<br />
Abfallbehandlung.<br />
Die Reaktionen auf die Brüsseler<br />
Pläne fielen bisher überwiegend positiv<br />
aus. Peter Kurth, Präsident des<br />
Bundesverbandes der Deutschen<br />
Entsorgungs-, Wasser- und Rohstoffwirtschaft<br />
(BDE) erklärte: «Die ersten<br />
Verlautbarungen zum Inhalt des<br />
Pakets zeigen, dass die Kommission<br />
es ernst meint mit einer europäischen<br />
Kreislaufwirtschaft.» Schärfere<br />
Pflichten hin zum Recycling und<br />
anderen Elementen der Kreislaufwirtschaft<br />
könnten laut einer Studie<br />
bis zu 900 000 neue Jobs in Europas<br />
Abfallbranche schaffen, sagte Kurth.<br />
Gut sei auch, dass sich bei der Vergabe<br />
von EU-Fördergeldern die sogenannte<br />
Abfallhierarchie berücksichtigt<br />
werden soll. Dabei bezieht sich<br />
Kurth auf einen Passus in der Mitteilung,<br />
wonach EU-Mittel vor allem an<br />
Recyclinghöfe und andere moderne<br />
Anlagen fließen soll. Deponien etwa<br />
sollen nur gefördert werden, falls das<br />
absolut notwendig ist für die Abfallwirtschaft.<br />
Der CDU-Europaabgeordnete Karl-<br />
Heinz Florenz reagierte ebenfalls erleichtert<br />
auf die bislang bekannten<br />
Vorschläge. «Die Kreislaufwirtschaft<br />
ist unser Ziel», betonte der Umweltpolitiker.<br />
Man müsse bereits beim<br />
Design ansetzen, neue Geschäftsmodelle<br />
fördern und die Verbraucher<br />
einbeziehen. «Wir müssen endlich zu<br />
einer "Null-Abfall-Politik" kommen.»<br />
Ebenfalls positiv, wenn auch verhaltener<br />
äußern sich Umweltschützer zu<br />
dem Gesetzespaket. Die Kommission<br />
komme nun endlich zu einer «aufrichtigeren»<br />
Berechnung der Recycling-Quote.<br />
Bisher gilt in Statistiken<br />
Müll als recycelt, wenn Müll gesammelt<br />
wird. Doch im Sortierungsprozess<br />
fällt ein Großteil der Menge raus<br />
und landet doch noch in Verbrennungslagen<br />
- trotzdem wird diese<br />
verbrannte Menge auf den Recyclingwert<br />
angerechnet. Künftig soll nur<br />
noch der Müll angerechnet werden,<br />
der tatsächlich wiederverwertet wird.<br />
Dies sei ein wichtiger Bestandteil<br />
der Reform, damit Europa seine<br />
Ressourcen effizienter nutze, sagt<br />
Nabu-Bundesgeschäftsführer Leif<br />
Miller. Das Europäische Umweltbüro<br />
(EEB) begrüßt das Vorgehen Brüssels<br />
ebenfalls grundsätzlich und nennt<br />
die neue Berechnungsmethode fürs<br />
Recycling «eine wesentliche Verbesserung».<br />
Allerdings sind dem EEB<br />
die Vorschriften zu lasch. So sei es<br />
bedauerlich, dass die Müllverbrennung<br />
nicht gedeckelt werden soll,