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Rawls - Wolfgang Melchior

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<strong>Wolfgang</strong> <strong>Melchior</strong>: John <strong>Rawls</strong>’ Theorie der Gerechtigkeit<br />

_______________________________________________________________________________________<br />

- Normen sind nützlich (Regelutilitarismus)<br />

- Normen sind Reflexe sozialer und ökonomischer Verhältnisse (Marxismus, Soziologie)<br />

- Normen sind Prima-facie-Pflichten und selbstevidente Einsichten (Intuitionismus)<br />

- Normen sind Vereinbarungen (Vertragstheorie)<br />

<strong>Rawls</strong> verwendet zwei Begründungsmodelle für seine Prinzipien der Gerechtigkeit: ein an der<br />

Vertragstheorie ausgerichtetes Vertragsmodell und ein am Intuitionismus angelehntes<br />

Kohärenzmodell.<br />

Im Vertragsmodell argumentiert <strong>Rawls</strong> aus einer hypothetischen Anfangssituation. Diese<br />

Anfangssituation kann aus zwei Perspektiven gesehen werden: entweder aus der Situation der<br />

Ersten Person Singular (Ich-Sicht) oder aus einer neutraleren Ersten Person Plural (Wir-Sicht) 17 .<br />

Beide Sichten werden als vollständig symmetrisch angesehen. Dies geschieht in der Vertragstheorie<br />

traditionellerweise durch Kongruenzannahmen für alle moralischen Personen 18 . Die<br />

Anfangssituation wird moralisch verankert, indem bestimmte zuvor als moralisch relevant<br />

charakterisierte Kriterien und Merkmale zu ihrer Beschreibung verwendet werden (natürliche<br />

Rechte, Fairneßprinzip). Die Normen, die aus dieser nunmehr moralisch interpretierten<br />

Anfangssituation abgeleitet werden, sind nun in der Wir-Sichtdie Folge eines Vertragsschlusses, zu<br />

dem die Normenträger in dieser symmetrischen Vertragssituation gelangen.<br />

In der Ich-Sicht ist dies jedeoch die Folge eines gültigen Arguments (wobei die Gültigkeit hier nicht<br />

im aussagenlogischen Sinn zu verstehen ist, sondern sehr viele Plausibilitätsschlüsse zulassen muß),<br />

wobei aufgrund der Kongruenzannahme die Wir-Sicht aus der Ich-Sicht unter einem Zusatzpostulat<br />

folgt. Demnach ist es vernünftig, sich als gültig anerkannten Argumenten zu beugen und sich an<br />

dessen Folgerungen zu halten. Letztendlich sind für <strong>Rawls</strong> Normen nach dem Vertragsmodell aus<br />

allgemeinen symmetrieerfüllenden Urteilen (Konzept der moralischen Person, subjektive, objektive<br />

und formale Bedingungen der Gerechtigkeit) abgeleitete Prinzipien, wobei er unter „Ableitung“<br />

einmal im spieltheoretischen Sinne ein Ergebnis, welches sich im Gleichgewicht befindet, und dann<br />

das Schließen unter Plausibilitätsannahmen versteht.<br />

(1962): Utilitarianism, Kap. III in der Frage der Sanktionierung des Nutzenprinzips, d.h., der Frage, auf welche<br />

selbstevidenten Einsichten man rekurrieren muß, um das Nutzenprinzip für jedermann verbindlich zu machen).<br />

17 Im ersten Fall wird gefragt "Was soll ich tun, wenn ich mich in der Angfangssituation befände", im<br />

zweiten Fall "Was sollen Menschen wie wir tun, die sich in der Anfangssituation befinden".<br />

18 Diese bei <strong>Rawls</strong> öfter vorkommende Bezeichnung moral person ist ein systematischer Begriff. Moralische<br />

Personen sind all diejenigen,<br />

- die nach gewissen Rationalitätsstandards einer "abgespeckten" Entscheidungstheorie Ziele formulieren,<br />

- einen Gerechtigkeitssinn besitzen, der sie dazu befähigt, Vereinbarungen zu schließen und sich an diese zu<br />

halten (weiterführende Erklärungen dazu weiter unten).<br />

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