16.01.2015 Aufrufe

Rawls - Wolfgang Melchior

Rawls - Wolfgang Melchior

Rawls - Wolfgang Melchior

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

<strong>Wolfgang</strong> <strong>Melchior</strong>: John <strong>Rawls</strong>’ Theorie der Gerechtigkeit<br />

_______________________________________________________________________________________<br />

Merkmale Vertragsmodell Kohärenzmodell<br />

1 Moralisches Subjekt Hypothetisches Selbst oder<br />

2 Beziehung zwischen den<br />

Subjekten<br />

3 Anerkennung der Prinzipien<br />

durch<br />

Wir mit Selbstinteresse hinter<br />

dem „Schleier des<br />

Nichtwissens“<br />

Symmetrisch<br />

Einstimmigkeit<br />

Empirisches Selbst als<br />

„kompetenter Moralbeurteiler“<br />

Asymmetrisch<br />

Überlegungsgleichgewicht<br />

4 Ableitungsverfahren Linear und deduktiv „Dialektisch“ und induktiv<br />

5 Status der Gültigkeit Endgültig Vorläufig<br />

6 Ausgangsbasis Allgemeine Urteile<br />

(Fairneßprinzip)<br />

7 Kognitives Ziel Allgemeingültigkeit und<br />

Universalität für Prinzipien der<br />

Gesellschaft als ganzer<br />

Konkrete Einzelurteile<br />

(Alltagsurteile)<br />

Systematisierung<br />

8 Priorität Gegeben durch 4 Ungeklärt<br />

<strong>Rawls</strong> behandelt diese Unterschiede zwischen beiden Modellen nie explizit (ein Umstand, der in<br />

Folge zu sehr vielen Diskussionen Anlaß gegeben hat). Somit ist der Leser auf eine indirekte<br />

Beweisführung angewiesen.<br />

Beide sind nicht aufeinander reduzierbar (implizieren einander nicht):<br />

Das größte Problem für die Vereinbarkeit beider Modelle liegt auf den ersten Blick in den Punkten<br />

4 und 6, dem Ableitungsverfahren und der Ausgangsbasis. Während das Kohärenzmodell annimmt,<br />

daß „a conception of justice cannot deduced from self-evident premises or conditions on principles;<br />

instead , its justification is a matter of the mutual support of many considerations, of everything<br />

fitting together into one coherent view“ (TJ 21; Hervorhebung von mir), argumentiert das<br />

Vertragsmodell aus einer Anfangssituation, die, wie <strong>Rawls</strong> es nennt, einen „Archimedischen Punkt“<br />

zur Beurteilung von Fragen der Gerechtigkeit bietet. Die Ableitung seiner zwei Prinzipien der<br />

Gerechtigkeit nach dem Vertragsmodell nennt <strong>Rawls</strong> moralische Geometrie (moral geometry), sie<br />

soll also nahelegen, daß es sich dabei um ein axiomatisches Verfahren handelt, das auf Prämissen<br />

beruht, die selbst nicht weiter explizierbar sind oder sein sollen. Als solches Verfahren beruht es auf<br />

- 18 -

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!