Rawls - Wolfgang Melchior
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<strong>Wolfgang</strong> <strong>Melchior</strong>: John <strong>Rawls</strong>’ Theorie der Gerechtigkeit<br />
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Unschuldige freigesprochen werden. Ist im Fall (a) die Beziehung „es gibt ein Verfahren, so daß es<br />
zu dem vom Kriterium stipulierten Ergebnis führt“, haben wir es im diesem Fall (b) mit der<br />
Beziehung „while there is an independent criterion for the correct outcome, there is no feasible<br />
procedure which is sure to lead to the desired outcome“ (TJ 86) zu tun. D.h., nicht jedes Verfahren<br />
liefert, selbst bei korrekter Anwendung, das gewünschte Ergebnis. Den Grund hierfür sieht <strong>Rawls</strong><br />
in einer Verkettung ungünstiger Umstände (fortuitious combination of circumstances), was auch<br />
immer das heißen soll.<br />
Ein anderes Beispiel dieser Verfahrensgerechtigkeit ist der politische Meinungsbildungs- und<br />
Entscheidungsprozeß. Dort soll eine Diskussion möglichst vieler Personen zu einem korrekten<br />
Ergebnis führen. Korrekt ist es dann, wenn alle Interessen und Standpunkte im Laufe des<br />
Verfahrens berücksichtigt werden. 24 Dazu dient die öffentliche Diskussion. Da aber nicht sämtliche<br />
Meinungen gehört werden können, muß der politische Prozeß auf ein unvollkommeneres Verfahren<br />
zurückgreifen, den Mehrheitsentscheid.<br />
Ich möchte nun <strong>Rawls</strong> dahingehend interpretieren, daß die oben genannten Standpunkte (Jetzt-<br />
Zustand , hypothetische Anfangssituation und die wohlgeordnete Gesellschaft) jeweils eine andere<br />
Verfahrensgerechtigkeit erfordern.<br />
Die vollkommene Verfahrensgerechtigkeit hat nur für die wohlgeordnete Gesellschaft<br />
Gültigkeit und dies aus zwei Gründen:<br />
1. Es bestehen bereits unabhängige Kriterien, die bestimmte Ergebnisse als gerecht auszeichnen.<br />
Diese Kriterien sind die durch die reine Verfahrensgerechtigkeit gewonnenen Ergebnisse der<br />
<strong>Rawls</strong>schen Anfangssituation, d.h. die zwei Prinzipien der Gerechtigkeit.<br />
2. In einer wohlgeordneten Gesellschaft wird angenommen, die Kriterien würden streng<br />
angewendet und befolgt. Daher gibt es, nach der Definition der vollkommenen<br />
Verfahrensgerechtigkeit, auch ein bestimmtes Verfahren, welches das gewünschte Ergebnis<br />
(Verteilung nach den zwei Prinzipien) liefert.<br />
Die Anfangssituation ist so beschaffen, daß in ihr die reine Verfahrensgerechtigkeit<br />
Anwendung findet. Es existiert kein vom Verfahren unabhängiges Kriterium von Gerechtigkeit<br />
(ex- post-gerecht). Die Ergebnisse sind alle fair und bestehen in den beiden Prinzipien der<br />
Gerechtigkeit. Wir werden weiter unten bei der Erläuterung und Diskussion der <strong>Rawls</strong>schen<br />
Anfangssituation (Urzustand) noch klarer sehen, warum dies so ist. Hier mögen folgende Hinweise<br />
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