Glückauf - Windhoff Bahn
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INTERVIEW<br />
glück auf: 2004 – die BTBED existierte<br />
erst einige Monate – hatte die<br />
GMH Holding die Rahmenbedingungen<br />
für die Entlohnung neu gesteckt<br />
und eine Tarifbindung vereinbart. Mit<br />
welchen Konsequenzen<br />
Sobotta: Ich muss sagen, ich hatte<br />
schon leichtere Aufgaben zu erfüllen.<br />
Wieso<br />
Sobotta: Mit dieser Tarifbindung<br />
konnte die Leistung im Unternehmen<br />
nicht mehr auf acht volle<br />
Stunden gerechnet werden. Im<br />
Klartext: Für den größten Teil der<br />
Belegschaft, die in drei Schichten<br />
arbeitete, fiel eine halbe Stunde<br />
bezahlte Pause an – und die Pausen<br />
konnten nicht mehr samstags<br />
eingearbeitet werden. Es fehlte<br />
plötzlich Kapazität, die bereits verplant<br />
war. Hinzu kamen noch die<br />
Kosten, die sich aus der Tarifbindung<br />
ergaben. Und darüber hinaus<br />
zeichnete sich noch der Abschluss<br />
der ERA-Verträge ab ...<br />
... für Sie als Kaufmännischer Leiter<br />
wahrscheinlich eine Katastrophe<br />
Sobotta: Ich sagte mir: „Dieser<br />
neuen Herausforderung müssen<br />
wir uns stellen.“ Denn Sie dürfen<br />
nicht vergessen, welche Probleme<br />
sich für ein Unternehmen in der<br />
Aufbauphase auftun.<br />
Traten nicht zeitgleich weitere wirtschaftliche<br />
Außenwirkungen auf, die<br />
gemeistert werden mussten<br />
Sobotta: Richtig – Stahlpreisexplosion,<br />
Erhöhung der Energiekosten<br />
und Unverständnis der Kunden gegenüber<br />
Preiserhöhungen. Das war,<br />
was den Kollegen und mir noch zusätzlich<br />
Kopfschmerzen bereitete.<br />
Aber den Mitarbeitern kommt die sich<br />
abzeichnende tarifliche Anpassung<br />
durch ERA wohl gerade recht, oder<br />
Sobotta: Also bei vielen gab es<br />
nicht nur Freude, denn jeder weiß:<br />
Wenn ein Unternehmen über seine<br />
Verhältnisse lebt, dann lebt es<br />
nicht lange. Und mancher dachte<br />
an die Erfahrungen mit dem ehemaligen<br />
Schmiedebetrieb PSW in<br />
Brand-Erbisdorf.<br />
Gab es Grund, beunruhigt zu sein<br />
Sobotta: Die Ergebnisse waren positiv,<br />
das heißt, wir erwirtschafteten<br />
Gewinne, weil alle ihren Job<br />
vernünftig machten. Jedoch drohten<br />
die finanziellen Spielräume immer<br />
enger zu werden.<br />
SCHMIEDE<br />
Wie Belastung zur großen Chance wird<br />
BTBED · Bald wird die Belegschaft der <strong>Bahn</strong>technik Brand-Erbisdorf GmbH nach dem<br />
Entgeltrahmenabkommen (ERA) entlohnt, abgeschlossen zwischen dem Verband der Sächsischen Metallund<br />
Elektroindustrie und der IG Metall. Wie wird das Unternehmen mit diesem „kostensteigernden Faktor“<br />
umgehen Andreas Sobotta, Kaufmännischer Leiter des Unternehmens, kennt die Antworten.<br />
Andreas Sobotta, Kaufmännischer Leiter<br />
der <strong>Bahn</strong>technik Brand-Erbisdorf GmbH<br />
Wie haben Sie sich mit ERA damit arrangiert<br />
Sobotta: Wir haben versucht, die<br />
zuerst als unternehmerische Belastung<br />
empfundene Erhöhung als<br />
Chance zu begreifen. Uns war klar:<br />
ERA hin oder her – das Unternehmen<br />
muss gesund bleiben. Also<br />
brauchen wir von unseren Mitarbeitern<br />
Ideen, Initiative, Leistungswillen.<br />
Also haben wir die Leistung<br />
des Unternehmens so geplant, dass<br />
auch mit ERA ab Mitte 2006 der<br />
Personalkostenanteil konstant gegenüber<br />
der Gesamtleistung gehalten<br />
wird. Damit können wir, wie<br />
schon in glückauf 4/2005 geschildert,<br />
unseren Weg weiter erfolgreich<br />
beschreiten.<br />
Wie hat die Belegschaft reagiert<br />
Sobotta: Sie hat erkannt, dass ERA<br />
nicht einfach nur ein Tarifschritt<br />
ist. Dass es darum geht, nicht nur<br />
gemäß Tabelle eine geänderte Entlohnung<br />
zu bekommen, sondern<br />
auch die individuelle Leistung anzupassen.<br />
Dass sie das kann, hat<br />
die Belegschaft dann unter Beweis<br />
gestellt. Schon nach Abschluss des<br />
dritten Quartals 2005 war klar, was<br />
sich mit dem Jahresabschluss 2005<br />
beeindruckend bestätigen sollte:<br />
Der Leistungswille ist da.<br />
Und wie wollen Sie die von Ihnen zitierte<br />
Chance nutzen<br />
Sobotta: Als Vorbereitung auf die<br />
ERA-Einführung werden Mitarbeiter<br />
an manchen Arbeitsplätzen<br />
neue Inhalte und anspruchsvollere<br />
Aufgaben übernehmen. Um für<br />
diese Anforderungen gewappnet zu<br />
sein, müssen sie weiterqualifiziert<br />
werden. Also wird das Unternehmen<br />
in diesem Jahr über 52.000<br />
Euro für die Qualifizierung ausgeben.<br />
Das klingt nicht nach sehr viel.<br />
Sobotta: Das täuscht, denn das<br />
sind immerhin etwa 667 Euro pro<br />
Mitarbeiter. Hinzu kommt, dass<br />
nicht jeder Mitarbeiter sofort weitergebildet<br />
werden muss und sich<br />
diese Qualifizierungsoffensive über<br />
mehrere Jahre erstreckt.<br />
Was genau will man damit erreichen<br />
Sobotta: Wir wollen exzellente<br />
Fachleute mit sehr guten Kenntnissen<br />
als Mitarbeiter, die alle Arbeitsplatzanforderungen<br />
optimal<br />
erfüllen und flexibel an unterschiedlichen<br />
Arbeitsplätzen arbeiten<br />
können. Das macht uns auch<br />
unabhängiger von immer kostspieligeren<br />
Leistungen Dritter. Außerdem<br />
diskutieren wir derzeit, ob wir<br />
bestimmte Ziele erhöhen sollten<br />
– was in einem gesunden Unternehmen<br />
mit gutem Willen immer<br />
möglich sein muss.<br />
Bekommen dies auch die Kunden zu<br />
spüren<br />
Sobotta: Die Kunden fordern von<br />
uns immer höhere Leistungen bei<br />
wettbewerbsfähigen Preisen. Wenn<br />
sie Aufträge an uns vergeben wollen,<br />
müssen sie fast schon einen<br />
Vorlauf von zwei bis drei und mehr<br />
Monaten einkalkulieren. Da besteht<br />
natürlich die Gefahr, dass sie<br />
sich bei diesen Wartezeiten wieder<br />
nach alten Mitbewerbern umsehen.<br />
Eine Entwicklung, die für das Unternehmen<br />
natürlich höchst fatal wäre ...<br />
Sobotta: ... und was wir auf keinen<br />
Fall zulassen wollen. Wie in Goethes<br />
Zauberlehrling sind die Kunden<br />
wie Geister über uns gekommen,<br />
nachdem wir sie durch gute<br />
Leistungen gerufen haben. Und im<br />
Gegensatz zum Hilferuf des Zauberlehrlings<br />
wollen wir uns ihrer<br />
nicht „erwehren“, sondern noch<br />
mehr leisten. Was wir vordringlich<br />
benötigen, sind Rationalisierungsinvestitionen,<br />
um diese Leistung<br />
auch abzurufen zu können – und<br />
um zu verhindern, dass ERA und<br />
andere tarifliche Konsequenzen<br />
unser betriebswirtschaftliches<br />
Gleichgewicht gefährden.<br />
Dann wird es auch weiterhin in<br />
Betriebsversammlungen ein Vergnügen<br />
sein, so manch ein bestätigendes<br />
Lächeln aus den Reihen der<br />
Belegschaft entgegenzunehmen,<br />
wenn ihr die Geschäftsleitung ihren<br />
Dank für Engagement und<br />
Leistung ausspricht.<br />
Danke für das Gespräch.<br />
Erster Schritt ins Reich der Mitte<br />
RAFIL · Bombardier-Bogie-Symposium in China war voller Erfolg<br />
ieder einmal stand die Eisen-<br />
im<br />
Wbahn-Fahrwerkstechnik<br />
Mittelpunkt, als im November<br />
2005 Bombardier Transportation<br />
ihr erstes Bogie-Symposium in<br />
China durchführte. Tagungsort<br />
war Qingdao (auch: Tsingtau),<br />
eine etwa 900 km südöstlich von<br />
Peking gelegene Stadt am Gelben<br />
Meer. Sie hat mit Vororten rund<br />
sieben Millionen Einwohner. Die<br />
umliegende Region gilt als ein<br />
Schwerpunkt des chinesischen<br />
Schienenfahrzeugbaus. Außerdem<br />
werden vor Qingdao 2008 die<br />
olympischen Segelwettbewerbe<br />
ausgetragen, was sich in einer regen<br />
Bautätigkeit niederschlägt.<br />
Das Symposium umfasste zahlreiche<br />
Fachvorträge und ausreichend<br />
Raum für Diskussionen.<br />
Bombardier nutzte natürlich die<br />
Gelegenheit, ihre gesamte Drehgestellpalette<br />
zu präsentieren, die<br />
in die Bereiche „Straßenbahnen,<br />
Stadt- und Vorortbahnen“, „Metrofahrzeuge,<br />
Regionalverkehr, Hochgeschwindigkeit“<br />
und „Lokomotiven,<br />
Güterwagen“ gegliedert ist.<br />
Zu jedem Bereich hat das Unternehmen<br />
eine Reihe von Lösungen<br />
entwickelt, in die zu einem guten<br />
Teil die Produkte der GMH-<strong>Bahn</strong>gruppe<br />
Eingang gefunden haben.<br />
Ein weiterer Schwerpunkt: Vorträge<br />
über die Drehgestellfertigung von<br />
Bombardier in China am Beispiel<br />
Puzhen. Aufschlussreich waren<br />
vor allem die Informationen über<br />
Technologietransfer sowie Auswahl<br />
und Qualifizierung chinesischer<br />
Zulieferer. Zudem konnte man die<br />
Fertigungsstätten eines Joint Ventures<br />
besichtigen.<br />
Denn um behördliche Auflagen<br />
zu erfüllen, musste Bombardier vor<br />
Ort für ihre China-Projekte „Metro<br />
Guangzhon, Tibet“ (Drehgestell<br />
AM 96) und „Hochgeschwindigkeitszug<br />
HSEMU“ eine Drehgestellfertigung<br />
aufbauen. Sie ist in einer<br />
Werkshalle auf dem Gelände der<br />
CSR Sifang Locomotive and Rolling<br />
Stock Co. Ltd. untergebracht<br />
und hat sechs Arbeitsstationen.<br />
Geplante Kapazität: 50 Drehgestelle<br />
im Monat. In der Endstufe sollen<br />
50 bis 60 Mitarbeiter tätig sein.<br />
Insgesamt haben alle Beteiligten<br />
das Symposium positiv bewertet.<br />
Wünschenswert wäre lediglich,<br />
dass sich die chinesischen Betreiber<br />
noch stärker beteiligen. Sie waren<br />
dieses Mal sehr zurückhaltend. Gelegenheit<br />
dazu wird es noch geben,<br />
denn Bombardier erwägt, die Veranstaltung<br />
in diesem Jahr schon<br />
fortzusetzen.<br />
Jörg Villmann<br />
Blick auf die Konkurrenz<br />
RAFIL-Geschäftsführer Jörg Villmann vertrat die <strong>Bahn</strong>gruppe der<br />
Georgsmarienhütte Holding GmbH auf dem Symposium.<br />
glück auf: Was macht das Symposium so interessant<br />
Jörg Villmann: Der Austausch mit Fachleuten, hochrangige Kontakte zu<br />
Betreibern und Bombardier-Partnern und Gespräche außerhalb offizieller<br />
Vertragsverhandlungen. Dies betrifft auch Kontakte zu chinesischen Partnern,<br />
um Betriebserfahrungen auf den dortigen <strong>Bahn</strong>netzen zu erwerben.<br />
Konnten Sie auch einen Blick auf Industriebetriebe werfen<br />
Villmann: Ich hatte in der Tat die Gelegenheit, eine Werkshalle zu besichtigen,<br />
wo Radsätze im Neubau und in der Instandhaltung gefertigt werden.<br />
Die Fertigungstiefe ist der in Ilsenburg etwa gleichzusetzen. Die Kapazität<br />
ist jedoch wesentlich geringer. Der Maschinenpark ist relativ modern.<br />
Hatten ausreichend Zeit, sich zwischen den Vorträgen auszutauschen: die Teilnehmer des Symposiums beim Gruppenfoto.<br />
Und die Qualität der Radsätze<br />
Villmann: Augenscheinlich entsprechend den Kundenanforderungen.<br />
glück auf · 1/2006 ......... 24