Glückauf - Windhoff Bahn
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GUSS<br />
Klasse statt Masse<br />
HGZ · Jahrelang wurde den deutschen Gießereien vorausgesagt, dass<br />
sie am heimischen Standort kaum noch Überlebenschancen hätten. Eine<br />
Fehleinschätzung, wie sich heute herausstellt. Denn Gießereien wie die Harz<br />
Guss Zorge GmbH (HGZ) beweisen das Gegenteil.<br />
wei Herzen schlagen in der<br />
ZBrust von Wolfgang Schmidt,<br />
Geschäftsführer der Harz Guss<br />
Zorge GmbH. Das eine ist eher pessimistisch<br />
und sagt ihm, dass „das<br />
Sterben in der Gießereibranche<br />
noch nicht vorbei ist“. Das andere<br />
blickt optimistisch in die Zukunft<br />
und ist der festen Überzeugung,<br />
„dass wir uns als Nischenanbieter<br />
genau richtig aufgestellt haben“.<br />
Denn während mit einfachen<br />
Gussprodukten in Deutschland<br />
kaum noch Geld zu verdienen ist,<br />
hat HGZ mit extrem komplizierten<br />
Teilen ihre Nische und damit<br />
auch ihre Wettbewerbsfähigkeit<br />
gefunden.<br />
Der Erfolg der Gießerei aus dem<br />
idyllischen Südharz kommt nicht<br />
von ungefähr. Zusammen mit der<br />
Geschäftsführung haben sich die<br />
360 Mitarbeiter ihre gute Stellung<br />
am Markt gezielt erarbeitet. Die<br />
Tradition verpflichtet halt in dieser<br />
Gegend des Harzes. Denn die Region<br />
ist seit Jahrhunderten durch<br />
Erzbergbau, Hüttenwesen, Gießerei<br />
und Maschinenbau geprägt. Bereits<br />
1842 wurden in Zorge Lokomotiven<br />
und Tender gebaut.<br />
Heute hat man sich bei der Harz<br />
Guss Zorge GmbH auf äußerst<br />
komplizierte und dünnwandige<br />
Gussteile mit einem Gewicht zwischen<br />
fünf und 120 Kilogramm<br />
ausgerichtet, verbunden mit besonderer<br />
Qualität und Liefertreue.<br />
Dazu kommen spezielle Legierungen,<br />
die dem Material eine extrem<br />
hohe Festigkeit und Temperaturwechselbeständigkeit<br />
verleihen.<br />
Zu den Hauptprodukten gehören<br />
Getriebegehäuse, Abgaskrümmer,<br />
Turboladergehäuse, Zylinderköpfe,<br />
Wasserpumpengehäuse<br />
und so genannte Fangmäuler, das<br />
sind Anhängerkupplungen für<br />
Nutzfahrzeuge. Hier hat das Unternehmen<br />
weltweit eine führende<br />
Marktstellung.<br />
Hauptabnehmer sind die Nutzfahrzeugindustrie<br />
und Hersteller<br />
von Kompressoren, Getrieben,<br />
Land- und Baumaschinen oder<br />
Guss – Ei sen/Stahl Au to mo ti ve: Wal ter Hund hau sen GmbH · Die cker hoff Guss GmbH · Harz Guss Zor ge GmbH · BA LO-MO TOR TEX GmbH<br />
Guss – Ei sen/Stahl Ma schi nen bau: Pleiss ner Guss GmbH · Pleiss ner GmbH · Fried rich Wil helms-Hüt te GmbH · Stahlguss Gröditz GmbH<br />
Guss – Leicht me tall: MWK Me tall wer ke Kloß GmbH (50-% Be tei li gung)<br />
auch Industrierobotern. Exportiert<br />
wird aus dem Harz vor allem<br />
in den europäischen Raum, einige<br />
Produkte gehen sogar nach China.<br />
„Ein Kunde benötigt dort Gehäuse<br />
für Kältekompressoren“, so<br />
Schmidt, „die 30 Jahre ohne Reparaturaufwand<br />
laufen müssen.“<br />
Billiganbieter haben bei solchen<br />
Anforderungen keinen Platz. „Was<br />
wir bieten“, so Schmidt, „können<br />
Polen und Tschechen auch nicht<br />
günstiger.“ Und die Kunden wissen<br />
das. So hat sich in den letzten Jahren<br />
der Trend verstärkt, dass heimische<br />
Kunden, die zuvor Gusserzeugnisse<br />
im Ausland gekauft haben,<br />
wieder zu Unternehmen in<br />
Thomas Hollburg und Volker Helwig simulieren einen Gießvorgang am PC.<br />
Die Maßgenauigkeit der Gussteile wird im Messraum von Stefan Mehlhorn überprüft und protokolliert.<br />
Deutschland zurückkehren. Nach<br />
negativen Erfahrungen mit Lieferungen<br />
aus Niedriglohnländern<br />
musste mancher einsehen, dass<br />
der Preis nicht immer die oberste<br />
Lieferant des Jahres<br />
HGZ · Bereits im zweiten Lieferjahr vom Kunden ausgezeichnet<br />
ür die Harz Guss<br />
FZorge GmbH sollte<br />
der Lieferantentag der<br />
Raba Holding PLC, der<br />
am 9. Dezember 2005<br />
im unternehmenseigenen<br />
Hotel „Konferencia”<br />
in Györ stattfand,<br />
etwas ganz Besonderes<br />
werden. Denn vor etwa<br />
70 weiteren geladenen<br />
Lieferantenvertretern<br />
wurde sie von ihrem<br />
ungarischen Gastgeber<br />
mit dem „Award of Raba<br />
Supplier of the Year“<br />
ausgezeichnet.<br />
„Diese Auszeichnung<br />
ist umso höher einzuschätzen,<br />
als dass die<br />
Kunden-Lieferantenbeziehung<br />
zwischen der Raba<br />
Holding PLC und der<br />
Harz Guss Zorge GmbH<br />
erst seit 2004 besteht“,<br />
merkte József Szabó, Direktor<br />
Strategischer Einkauf,<br />
bei der Übergabe<br />
der Urkunde an.<br />
„Dass wir schon im<br />
zweiten Lieferjahr diese<br />
glück auf · 1/2006 ......... 26<br />
Priorität haben kann. Die Zukunft<br />
von deutschen Gießereien wie der<br />
Harz Guss Zorge GmbH liegt darin,<br />
dass sich die Unternehmen zu Systemlieferanten<br />
entwickeln. Dabei<br />
liefern sie nicht nur einzelne Teile,<br />
sondern ganze Baugruppen und<br />
Module, um die Endmontage bei<br />
den Kunden zu vereinfachen. So<br />
sind die Gießereien zwar weniger<br />
der internationalen Preiskonkurrenz<br />
ausgesetzt, doch erfordert dies<br />
von ihnen größere Forschungs-<br />
und Entwicklungsaufwendungen.<br />
Ein wesentlicher Teil der Wertschöpfung<br />
liegt mittlerweile in der<br />
Produktentwicklung. „Während<br />
wir früher ausschließlich nach<br />
Die offizielle Urkunde für den Supplier of the Year<br />
Zeichnungsvorgaben unserer Kunden<br />
gearbeitet haben“, so Schmidt,<br />
„sitzen unsere Vertriebsspezialisten<br />
heute schon während der Entwicklungsphase<br />
mit im Konstruktionsteam<br />
unserer Kunden.“ Somit<br />
kann die Gießerei die gesamte<br />
Projektleitung für ein neu zu gestaltendes<br />
Bauteil übernehmen.<br />
So begleitet sie im Rahmen eines<br />
Simultaneous Engineering die Entwicklung<br />
vom Auftragseingang bis<br />
zur Serienreife.<br />
HGZ versucht seit Längerem, die<br />
Wertschöpfung auch am Ende des<br />
Produktionsprozesses zu erhöhen.<br />
Mehr als ein Drittel der Produkte<br />
werden mechanisch bearbeitet und<br />
einbaufertig an die Kunden geliefert.<br />
Seit 1999 verfügt das Unternehmen<br />
auch über eine moderne<br />
Farb- und Grundierungsanlage, in<br />
der ein großer Teil der Gussprodukte<br />
entsprechend bearbeitet wird.<br />
„Noch nie in seiner Geschichte“,<br />
sagt Geschäftsführer Schmidt,<br />
„hat das Unternehmen so produktiv<br />
gearbeitet wie heute.“ Durch<br />
ständige Produktivitätssteigerungen<br />
konnte der Betrieb in wenigen<br />
Jahren den Ausstoß von 15.000<br />
Tonnen auf heute 30.000 Tonnen<br />
jährlich steigern. In drei Jahren<br />
plant der Standort einen Ausstoß<br />
von 40.000 Tonnen.<br />
Auch wenn die Ertragslage zufrieden<br />
stellend ist und man in<br />
Zorge optimistisch in die Zukunft<br />
blickt: Die Rahmenbedingungen<br />
werden für die Branche allgemein<br />
immer schwieriger. Vor allem steigende<br />
Kosten für Löhne, Umweltschutz<br />
und Entsorgung – verbunden<br />
mit einem weltweiten Preisverfall<br />
– machen den Unternehmen<br />
arg zu schaffen. Hart trifft die<br />
Gießerei auch der sprunghafte Anstieg<br />
der Energiekosten. Letztlich<br />
könne die Wettbewerbsfähigkeit<br />
auf Dauer nur gehalten werden,<br />
wenn der hohe Personalkostenanteil<br />
an der Produktion reduziert<br />
würde. „Wir sind daher zu intelligentem<br />
Wachstum verdammt“, so<br />
Schmidt, „nicht nur in der Menge,<br />
sondern vor allem durch Produktentwicklungen.“<br />
rw<br />
Auszeichnung vergeben,<br />
zeugt von den erfolgreichen<br />
Anstrengungen der<br />
Firma Harz Guss Zorge<br />
GmbH hinsichtlich der<br />
Erfüllung aller Kundenanforderungen<br />
in Bezug<br />
auf Qualität, Liefertreue,<br />
technische Kompetenz<br />
und Wettbewerbsfähigkeit.“<br />
Raba produziert mit<br />
über 3.200 Mitarbeitern<br />
hauptsächlich Achsen für<br />
Nutzfahrzeuge und Busse.<br />
Zudem werden Komponenten<br />
für die Pkw-Industrie<br />
und Spezialfahrzeuge<br />
für das ungarische Militär<br />
gefertigt.<br />
Ende 2003 übernahm<br />
Raba für die Firma Dana<br />
Spicer Off-Highway Products<br />
aus Brügge die Gehäusebearbeitung,<br />
die das<br />
belgische Unternehmen<br />
ausgelagert hatte. HGZ<br />
liefert dafür pro Jahr über<br />
2.000 t komplexe Getriebegehäuse<br />
für Off-Highway-Getriebe.<br />
Carsten Hinz