Glückauf - Windhoff Bahn
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HOLDING<br />
Von der Natur lernen<br />
GMH Holding · „Max-Planck-Institut für Bioanorganische Chemie“ steht in<br />
großen Buchstaben an dem weißen Gebäude auf dem Kahlenberg in Mülheim<br />
an der Ruhr. Dr. Jürgen Großmann wurde 2005 in das Kuratorium des Instituts<br />
berufen, das sich gerne der Öffentlichkeit vorstellt.<br />
den fast unendlichen Ressourcen<br />
Wasser und Sonnenlicht erzeugen<br />
kann Dies sind nur einige der Fragen,<br />
die die Teams aus Physikern,<br />
Chemikern und Biologen beschäftigen.<br />
Das Institut entwickelte sich<br />
aus der 1958 eingerichteten selbstständigen<br />
Abteilung für Strahlenchemie<br />
im Max-Planck-Institut<br />
für Kohlenforschung und war von<br />
1981 bis 2003 bekannt als „Max-<br />
Planck-Institut für Strahlenchemie“.<br />
Dies änderte sich, als 1994<br />
Prof. Karl Wieghardt als Direktor<br />
nach Mülheim kam. Er hatte in<br />
Heidelberg promoviert und (mit 32<br />
Jahren) habilitiert, war Professor in<br />
Hannover und Bochum, bevor ihn<br />
die Max-Planck-Gesellschaft als<br />
Wissenschaftliches Mitglied berief.<br />
Wieghardt führte die bioanorganische<br />
Chemie am Institut ein,<br />
die nur sechs Jahre später eine wesentliche<br />
Ergänzung erfuhr: Prof.<br />
Wolfgang Lubitz brachte als zweiter<br />
Direktor die Biophysikalische<br />
Chemie und die Spektroskopie<br />
von Metalloproteinen mit. Auch er<br />
hatte eine steile Karriere gemacht,<br />
die von Berlin über die USA zurück<br />
nach Berlin führte – und dann in<br />
die Stadt an der Ruhr.<br />
Damit einhergehend hat es viele<br />
Veränderungen personeller und<br />
baulicher Art gegeben: Die große<br />
Beschleunigerhalle mit den charakteristischen<br />
Bunkern wurde völlig<br />
entkernt und zu einem modernen<br />
Laborgebäude umgestaltet – der<br />
vorläufige Höhepunkt war 2003 die<br />
Umbenennung in „Max-Planck-<br />
Institut für Bioanorganische Chemie“,<br />
gefolgt von einem sehr gut<br />
besuchten Tag der Offenen Tür.<br />
In kleinen Gruppen ist das Institut<br />
auch während des Jahres zu<br />
besichtigen. „Wir betreiben Grundlagenforschung<br />
im Dienst der Öffentlichkeit<br />
– und wollen dies auch<br />
gerne rechtfertigen, besonders im<br />
Hinblick auf den mangelnden Naturkundeunterricht<br />
in den Schulen“,<br />
meint Dr. Klotzbücher und<br />
fügt hinzu: „Allerdings sollten die<br />
Schüler schon etwa die 9. Klasse erreicht<br />
haben.“ Das Institut hat 28<br />
Auszubildende, überwiegend Chemie-<br />
und Physiklaboranten. Für<br />
die zwölf Praktikumsplätze im Jahr<br />
gibt es eine Warteschlange.<br />
Dr. Werner Klotzbücher<br />
Max-Planck-Institut<br />
für Bioanorganische Chemie<br />
glückauf-web-tipp<br />
Weitere Informationen in Deutsch<br />
und Englisch auf der Webseite<br />
www.mpibac.mpg.de.<br />
Sumit Khanra, Doktorand aus Indien, diskutiert mit dem französischen Gast-Wissenschaftler Dr. Sebastian Blanchard<br />
das Ergebnis einer Synthese.<br />
er Fachmann weiß Bescheid,<br />
Dnur der Laie wundert sich: Bioanorganische<br />
Chemie – ist das<br />
nicht ein Widerspruch in sich<br />
Bio steht doch für Leben, anorganische<br />
Stoffe bilden doch die unbelebte<br />
Natur!<br />
Eine häufige Frage von Schülern,<br />
an die sich Dr. Werner Klotzbücher,<br />
der Öffentlichkeitsbeauftragte<br />
des Instituts, gewöhnt hat.<br />
Und dann erzählt er darüber, dass<br />
über Millionen von Jahren die Natur<br />
immer dann, wenn es schwierig<br />
wurde, die besonderen Eigenschaften<br />
der Metalle in der Erdkruste<br />
einsetzte. Zeigt anhand von Beispielen,<br />
wie einzelne Metallatome<br />
die besonders aktiven Reaktionszentren<br />
in biochemischen Prozessen<br />
bilden. Erwähnt das Eisen im<br />
menschlichen Körper, das essenziell<br />
für Sauerstofftransport und<br />
-speicherung ist. Und schildert,<br />
wie in den letzten Jahrzehnten ein<br />
neuer Forschungszweig entstand,<br />
dessen Grenzen derzeit noch nicht<br />
zu erkennen sind. Denn die bioanorganische<br />
Chemie, in der das<br />
Mülheimer Institut eine führende<br />
Rolle spielt, deckt interdisziplinär<br />
eine Reihe von „klassischen“ Fachgebieten<br />
ab.<br />
„Die Natur verstehen und sie<br />
im Labor nachbauen“ – es klingt<br />
so einfach, wenn der Physiker die<br />
komplexen Aufgaben der Wissenschaftler<br />
und Techniker des Instituts<br />
in einem Satz zusammenfasst.<br />
Doch dahinter steht eine fast gigantische<br />
Aufgabe, die nur im<br />
weltweiten Verbund gelöst werden<br />
kann. Wofür die Natur Millionen<br />
Jahre Zeit zur Entwicklung hatte,<br />
das sollen die Forscher in wenigen<br />
Jahren verstehen und nachahmen.<br />
Heute ist den Bürgern bewusst,<br />
dass die Menschheit im rasenden<br />
Tempo die Energievorräte der Erde<br />
verbraucht, dass neue, umweltschonende<br />
Energieträger gefunden<br />
werden müssen. Dabei liefert die<br />
Natur ein Beispiel.<br />
Im wichtigsten chemischen Prozess<br />
überhaupt, der Photosynthese,<br />
entsteht mit Hilfe eines Katalysators<br />
(Chlorophyll) und Sonnenlicht<br />
aus Wasser und CO 2 chemische Energie<br />
(Stärke) und Sauerstoff. Aber<br />
wie funktioniert die Photosynthese<br />
Kann man sie mit einfachen<br />
chemischen Verbindungen nachahmen<br />
Können wir vielleicht sogar<br />
von der Natur lernen, wie man<br />
den Energieträger Wasserstoff aus<br />
Auszubildende sind für jeweils ein Jahr in die Forschung eines Chemie-, Physik- oder<br />
Biologie-Labors integriert und lernen so drei verschiedene Fachrichtungen kennen.<br />
Das MPI<br />
Das MPI für Bioanorganische Chemie ist ein Institut der Max-Planck-<br />
Gesellschaft zur Förderung der Wissenschaften e. V. (MPG). Zum MPI für<br />
Bioanorganische Chemie (MPIBAC) gehören etwa 170 Mitarbeiter, davon<br />
sind fast 40 % Wissenschaftler(innen) und 17 % Auszubildende. In den<br />
Forschungsgruppen der zwei Abteilungen arbeiten Chemiker, Biologen,<br />
Biochemiker, Physiker und Theoretiker aus über 20 Nationen zusammen<br />
– die zweite „Amtssprache“ ist Englisch. Der Etat beträgt rund 8 Millionen<br />
Euro. Der Präsident der MPG hat für das Institut einen international<br />
besetzten Fachbeirat berufen sowie ein Kuratorium, in dem Dr. Jürgen<br />
Großmann seit 2005 Mitglied ist.<br />
Die MPG ist eine unabhängige gemeinnützige Forschungsorganisation,<br />
wurde 1948 gegründet und betreibt in ihren Instituten schwerpunkt mäßig<br />
Grundlagenforschung in den Natur-, Bio-, Geistes- und Sozialwissenschaften<br />
im Dienste der Allgemeinheit, insbesondere auf neuen, besonders<br />
innovativen Gebieten, die aus einer Reihe von Gründen an den Universitäten<br />
in Deutschland noch keinen (angemessenen) Platz gefunden<br />
haben. Die MPG wird weit gehend aus Mitteln des Bundes und der Länder<br />
finanziert und hatte 2005 einen Etat von etwa 1.325 Mill. Euro. Derzeit<br />
unterhält die MPG 78 Institute und Einrichtungen mit mehr als 12.150<br />
Mitarbeitern (davon etwa 4.100 Wissenschaftler) und 10.400 Doktoranden,<br />
Postdoktoranden und Gastwissenschaftlern.<br />
glück auf · 1/2006 ........... 8