Stamford Hill. Die Welt der ultra-orthodoxen Juden von ... - WDR 5
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DOK 5 – Das Feature: 20./21.10.2013<br />
<strong>Stamford</strong> <strong>Hill</strong><br />
<strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>der</strong> <strong>ultra</strong>-<strong>orthodoxen</strong> <strong>Juden</strong> <strong>von</strong> Nord-London<br />
Das Bedürfnis, auch die entfernteste Möglichkeit eines Übertretens göttlicher Gebote<br />
zu vermeiden, und <strong>der</strong> Wunsch, diesen Tag doch noch einigermaßen lebbar zu<br />
halten, haben zu einem System beson<strong>der</strong>er Techniken geführt. <strong>Die</strong>se Techniken<br />
beziehen sich auf das Kochen <strong>von</strong> Speisen, auf den Gebrauch <strong>von</strong> Verkehrsmitteln,<br />
das Einschalten <strong>von</strong> Licht und das Tragen <strong>von</strong> Lasten außerhalb des Hauses, auf<br />
Lasten, die so klein und leicht sein können wie das Taschentuch in <strong>der</strong> eigenen<br />
Hosentasche, auf die Milchflasche für ein Baby, o<strong>der</strong> das Baby selbst.<br />
O-Ton Tikvah<br />
The gas gets covered and you put the warm food … yes, that’s the Blech.<br />
Sprecherin 1<br />
Du legst eine Platte auf den Gasherd und darauf kommt das warme Essen, das du<br />
vorbereitet hast. So bleibt es die ganze Zeit warm. Das ist das „Blech“.<br />
Autor<br />
So weit ich weiß, darf man einen Topf nur für wenige Sekunden <strong>von</strong> diesem Blech<br />
nehmen, damit er nicht abkühlt, denn es ist verboten, ihn später wie<strong>der</strong><br />
aufzuwärmen.<br />
O-Ton Tikvah<br />
That’s right … that’s not direct on the flame.<br />
Sprecherin 1<br />
Ja, das stimmt. Manchmal essen wir Suppe am Freitagabend und wollen sie dann<br />
am nächsten Tag wie<strong>der</strong> essen. Mein Mann muss dann den Topf aufheben und<br />
festhalten, weil er ihn nicht absetzten darf. Wenn er ihn absetzt, darf er ihn nicht<br />
mehr auf das Blech zurückstellen. Das ist die Regel. Wenn wir nur zu zweit sind, ist<br />
das einfach. Aber wenn wir viele Gäste haben und <strong>der</strong> Topf schwer ist, wird es<br />
unmöglich. Man kann Speisen auch auf dem Heißwasserspen<strong>der</strong> warm halten. Vom<br />
Heißwasserspen<strong>der</strong> aus kann man Speisen herunter holen und wie<strong>der</strong> zurücksetzen.<br />
Sie stehen nicht direkt auf einer Flamme.<br />
Autor<br />
Tikvah und Gaby haben keinen Fernseher, aber Internetanschluss und einen<br />
Computer, den nur Gaby gebraucht, um sich über das Geschehen in den <strong>ultra</strong><strong>orthodoxen</strong><br />
Enklaven in den USA, Israel und Europa auf dem Laufenden zu halten.<br />
<strong>Die</strong> meisten Haredim haben das Internet verbannt. Wegen des Anblicks unbedeckter<br />
Körper, dem man selbst ungewollt ausgesetzt werden könnte, zum Beispiel durch die<br />
Werbung. Eine an<strong>der</strong>e Regel, <strong>der</strong>en präventive Einhaltung weitreichende Folgen hat,<br />
ist das Verbot für Männer, eine Frau singen zu hören, die nicht zur Familie gehört.<br />
<strong>Die</strong> Stimme könnte verführerisch sein. Damit sind selbst Besuche in einem<br />
Restaurant o<strong>der</strong> Café ausgeschlossen, weil dort Musik gespielt werden könnte.<br />
Das Leben am Samstag ist auch durch das Verbot des „Tragens“ außerhalb des<br />
eigenen Grundstücks stark eingeschränkt. Mütter mit jungen Kin<strong>der</strong>n bleiben deshalb<br />
am Samstag zuhause. Ein Kind zu tragen, es aufzuheben, wenn es gefallen ist o<strong>der</strong><br />
einen Kin<strong>der</strong>wagen zu schieben – all das ist verboten. Tikvah ist Mutter <strong>von</strong> zwei<br />
© Westdeutscher Rundfunk Köln 2013<br />
<strong>Die</strong>ses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb <strong>der</strong><br />
engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des <strong>WDR</strong> unzulässig. Insbeson<strong>der</strong>e darf das<br />
Manuskript we<strong>der</strong> vervielfältigt, verbreitet o<strong>der</strong> öffentlich wie<strong>der</strong>gegeben (z.B. gesendet o<strong>der</strong> öffentlich<br />
zugänglich gemacht ) werden..<br />
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