Stamford Hill. Die Welt der ultra-orthodoxen Juden von ... - WDR 5
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DOK 5 – Das Feature: 20./21.10.2013<br />
<strong>Stamford</strong> <strong>Hill</strong><br />
<strong>Die</strong> <strong>Welt</strong> <strong>der</strong> <strong>ultra</strong>-<strong>orthodoxen</strong> <strong>Juden</strong> <strong>von</strong> Nord-London<br />
Gabys Vater stammt aus Deutschland, seine Mutter aus Polen. Sie konnten<br />
rechtzeitig nach Palästina fliehen. Gaby wurde in Jerusalem geboren. Der Vater<br />
seiner Frau Tikvah entstammt einer bekannten nie<strong>der</strong>ländischen Rabbinerfamilie. Er<br />
überlebte Auschwitz. Tikvah kam in Rotterdam zu <strong>Welt</strong>. Gaby und Tikvah lernten sich<br />
in London kennen, am Abend vor ihrer Hochzeit. <strong>Die</strong> Ehe war arrangiert. Wie lebt<br />
man zusammen, frage ich sie, wenn man sich noch gar nicht kennt und dann am<br />
nächsten Tag gleich heiraten und zusammen leben muss.<br />
O-Ton Gaby<br />
We live normally together … have you practiced Yiddishkeit No, you haven’t.<br />
Sprecher 3<br />
Wir leben ganz normal zusammen. Und wir gebrauchen keine Laken. Leute erzählen<br />
sich einen riesen Unsinn über uns! Sie wissen gar nichts. Sie wissen nicht, dass es<br />
einen Segensspruch gibt: Gib mir Liebe, Harmonie, Frieden und Freundschaft. Das<br />
ist einer <strong>der</strong> Segensprüche unter dem Baldachin. Wir bitten Gott um Liebe, um<br />
Zufriedenheit, um Freundschaft. Wir bitten, dass er uns zusammen führt. Und was<br />
sagen die Leute: Sie haben Sex mit einem Bettlaken, eingerollt in ein Bettlaken. Sie<br />
machen sich lustig über uns. Warum fragen sie nicht, ob es wahr ist Es ist reiner<br />
Unsinn! Sie sagen: Ihr wisst nichts vom Leben. Wir gehen vorher aus, wir gehen<br />
tanzen. Und was haben sie da<strong>von</strong>, frage ich Praktizieren sie Jiddischkeit Nein.<br />
Autor<br />
Gaby ist seit einigen Jahren pensioniert. Aber <strong>der</strong> <strong>ultra</strong>-orthodoxe Lebensstil beschert<br />
einem strenggläubigen Mann wie ihm auch jetzt keinen gemütlichen Rentneralltag.<br />
O-Ton Gaby<br />
Every day I go to the morning prayers … is pushing them towards it.<br />
Sprecher 3<br />
Ich gehe jeden Tag zum Morgen-, Mittag- und Abendgebet. Ich halte mich an die 618<br />
Gebote; ich sage die Segensprüche, wenn ich etwas esse. Ich tue sehr viel. Ich sitze<br />
tägliche viele Stunden und lerne die Gebote. Manchmal kann ich noch nicht alles<br />
ganz perfekt. Mein Ziel ist, ein perfekter religiöser Jude zu sein. Das heißt, die<br />
Religion so zu praktizieren, wie es im Shulchan Aruch steht, so wie es Josef Caro<br />
aufgeschrieben hat.<br />
Autor<br />
Der Shulchan Aruch, wörtlich: ‚Der Gedeckte Tisch‘, erschien zuerst im Jahre 1565<br />
und enthält den für fromme <strong>Juden</strong> bindenden Codex jüdischen Rechts: die Regeln<br />
für Gebete, Gottesdienst und Feiertage, die Speisegesetze, die Gesetze über Heirat,<br />
Scheidung und Konversion, die Regeln für den Umgang zwischen den<br />
Geschlechtern, für Handel und Gerichtsbarkeit. Im Shulchan Aruch werden auch die<br />
„39 Arbeiten“ diskutiert, die am Schabbat verboten sind und die für <strong>ultra</strong>-orthodoxe<br />
<strong>Juden</strong> den Samstag zu einem geradezu drakonisch reglementierten Ruhetag<br />
machen.<br />
© Westdeutscher Rundfunk Köln 2013<br />
<strong>Die</strong>ses Manuskript einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb <strong>der</strong><br />
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zugänglich gemacht ) werden..<br />
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