156 IV.1. Beobachtungsprotokoll zum Interview 2: Petra Wiesow Tag ...
156 IV.1. Beobachtungsprotokoll zum Interview 2: Petra Wiesow Tag ...
156 IV.1. Beobachtungsprotokoll zum Interview 2: Petra Wiesow Tag ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
189<br />
In ihrer Partnerschaft ist sie selber, nicht ihr Partner, diejenige, die die sozialen<br />
Kontakte besitzt, pflegt und auch genau weiß, wie solche Verbindungen zu<br />
fördern sind. Interessanter Weise erfährt die Darstellung der Möglichkeiten<br />
durch die Verwendung des Wortes „eigentlich“ weiß sie es... Einschränkungen.<br />
Nach drei verbalen Anläufen erhalten diese Kontakte das Prädikat „sozial“.<br />
Dann folgt im Ablauf der Erzählung die Darstellung der Förderung und Pflege<br />
dieser Kontakte ohne handlungsimmanente Notwendigkeit, quasi als<br />
Möglichkeit,... die eigene Identität durch eine bestimmte Überlegenheit über<br />
einen anderen zu verwirklichen... in relativ unwichtigen Angelegenheiten 15 .<br />
<strong>Petra</strong> W´s Intention zu verdeutlichen, dass sie selber schon in Kleinigkeiten<br />
anders als ihre Mutter handelt, die über diese sozialen Kompetenzen nicht<br />
verfügt, wird deutlich.<br />
Durch diese verbal geschilderten Handlungsvollzüge erfährt die These von der<br />
verlorenen Persönlichkeit, vom Menschen, der unter allen Umständen anders<br />
sein möchte, als der Rest, neue Impulse. Im Prozess der Abgrenzung zur<br />
Mutter liefert <strong>Petra</strong> W. nicht nur die Hintergründe für ihre Desintegration,<br />
sondern auch für ihre bewusste Abkehr vom jeweils herrschenden<br />
Gesellschaftssystem, in dem sie lebt. Als Individuum, über dessen Abgrenzung<br />
sie ihren eigenen Standort definiert, wählt sie überwiegend ihre Mutter aus, die<br />
wie <strong>Petra</strong> W. meint, am Ende ihrer Lebenszeit noch immer im sozialen Statusund<br />
Gesellschaftsgefüge der Unterschicht verharrt. Indem <strong>Petra</strong> W. diese<br />
Selektion präsentiert, sich bewusst vom Individuum der Mutter distanziert und<br />
damit der Matrophobie unterliegt, legt sie ein Steinchen in den Kreis, der sich<br />
um ihre eigene Person schließt. Sie verortet sich selber nicht nur in ihrem<br />
Herkunftsmilieu, sondern legt darüber hinaus auch dar, warum sie nicht Teil<br />
dieses Milieus ist. Weitere Steine folgen in der Untersuchung über den Umgang<br />
mit fremden Einflüssen.<br />
Strainger-Stigma<br />
15 Mead, George Herbert ([1934] 1995): a. a. O. 363.