156 IV.1. Beobachtungsprotokoll zum Interview 2: Petra Wiesow Tag ...
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übernimmt oder vermittelt, um - wie <strong>Petra</strong> W. sehr viel später betont – nicht vom<br />
Alltagstrott gefangen zu werden. Ihre Suche gilt dem Außergewöhnlichen mit<br />
idealen Bedingungen. Bis sie ihre Träume realisieren kann, vertraut sie auf das<br />
soziale Absicherungsnetz, auf staatliche Institutionen, gesellschaftliche<br />
Versorgung.<br />
Dass diese Handlungsweise nicht nur wiederkehrende Arbeitslosigkeiten<br />
vorprogrammiert, sondern auch zu Problemen bei der Betroffenen führt,<br />
verneint <strong>Petra</strong> W. vehement. Ohne direkt auf die Schwierigkeiten arbeitsloser<br />
Menschen angesprochen zu werden, betont sie, nicht zu der Kategorie<br />
Arbeitsloser zu gehören, auf die sich ihre berufliche Situation negativ auswirkt.<br />
Sie verstehe es im Gegenteil gerade, das Beste aus der Situation zu machen.<br />
Ihre <strong>Tag</strong>e vergeudet sie nicht mit Sinnlosigkeiten wie viele andere Arbeitslose<br />
sondern hebt sich allein schon dadurch von ihnen ab, dass sie die <strong>Tag</strong>e mit<br />
nützlichen Tätigkeiten ausfüllt. Auf ihrer Liste stehen neben der Renovierung<br />
der Wohnung, alle anfallenden Reparaturen im Haus, die ihr eher<br />
genderuntypisch das Gefühl der Unabhängigkeit geben 33 . Außerdem erledigt<br />
sie alle täglichen Kleinigkeiten, wodurch sie dem Partner erst die volle<br />
Berufstätigkeit ermöglicht.<br />
Am Beispiel ihrer Betroffenheit als Arbeitslose wird das Handlungs-,<br />
Erwartungs- und Antwortraster <strong>Petra</strong> W´s erkennbar. Zuerst schlüsselt sie<br />
Gegebenheiten bis in Einzelheiten auf, grenzt sich dann gegenüber anderen<br />
anonymen Personen ab und stellt klar, das gerade sie in jedem Fall das Beste<br />
aus allem zu machen versteht. Abrupt und ohne erkennbaren Zusammenhang<br />
erfolgt dann die Einschränkung verbunden mit Schuldzuweisungen, warum sie<br />
trotz aller dargestellten Stärke immer wieder die Leidtragende und Verliererin<br />
der Situation ist.<br />
Folgender formaler Ablauf wiederholt sich mehrfach: das Hervorheben der<br />
eigenen Arbeitslosigkeit mit dem ausdrücklichen Hinweis, davon nicht negativ<br />
betroffen zu sein, gefolgt von der Betonung der Unfreiwilligkeit dieses<br />
33 vgl. Keller, Evelyn Fox (1986): Liebe, Macht und Erkenntnis. Männliche und weibliche<br />
Wissenschaft. München: Hanser.