LINGUAMED - Adipositas Spektrum
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Pharmaka bei <strong>Adipositas</strong>: Nutzen und Risiken<br />
Wirth Alfred<br />
Klinik Teutoburger Wald, Innere, Bad Rothenfelde, Deutschland<br />
Die <strong>Adipositas</strong> ist eine schwer zu behandelnde Krankheit. Nicht nur Patienten,<br />
auch Therapeuten unterschätzen häufig die Schwierigkeit, das Gewicht<br />
effektiv und dauerhaft zu senken. Liegen frustrane Therapieversuche mittels<br />
Lebens-stiländerung vor, ist eine medikamentöse Therapie indiziert. Ziel<br />
der Behandlung ist eine Reduktion der Morbidität, eine Steigerung der Leistungsfähigkeit<br />
und der Lebensqualität, eine Besserung der Beschwerden und<br />
Befindlichkeit sowie eine Verhinderung von vorzeitiger Sterblichkeit. Zu fast<br />
allen Behandlungszielen liegen verlässliche Ergebnisse der einzelnen Pharma<br />
vor, nicht jedoch zur Mortalität. Orlistat, ein Hemmer intestinaler Lipasen,<br />
vermindert das Gewicht um 3 kg und verbessert alle kardiovaskulären Risikofaktoren.<br />
Ein Problem bei hohem Fettkonsum ist eine Stearrhoe. Reductil, ein<br />
Wiederaufnahmehemmer von Serotonin und Noradrenalin, bewirkt durch Verstärkung<br />
der Sättigung eine Gewichtsabnahme von 5 kg. Bei manchen Herz-<br />
Kreislauf-Krankheiten ist Reductil kontraindiziert; seit 5 Jahren läuft eine<br />
Endpunktstudie mit kardiovaskulären Hochrisikopatienten. Rimonabant, ein<br />
Endocannabinoid-1-Rezeptor-Blocker, reduziert durch zentrale Mechanismen<br />
das Gewicht und induziert durch periphere Wirkungen positive metabolische<br />
Auswirkungen. Bei depressiven Patienten darf Rimonabant nicht verordnet<br />
werden. Exenatide, ein Glukogaon-Like-Peptid Analogon, ist als Antidiabetikum<br />
zugelassen. Über kaum bekannte Mechanismen reduziert dieses Inkretin<br />
das Gewicht um ca. 4 kg. Die Behandlung mit Substanzen zur Gewichtsreduktion<br />
muss fachkundig – wie jede andere Pharmakotherapie – durchgeführt werden.<br />
Dazu sind Kenntnisse des Wirkmechanismus, Auswirkungen auf Gewicht<br />
und weitere Stoffwechselparameter sowie der Nebenwirkungen notwendig.<br />
Fit and fat – the truth about weight and health<br />
Steven N. Blair<br />
Dept. of Exercise Science and Epidemiology/Biostatistics, Arnold School<br />
of Public Health, University of South Carolina, Columbia, USA<br />
Overweight and obesity are well established as health risks, and the prevalence<br />
of these conditions is increasing rapidly in many countries around<br />
the world. There have been numerous calls to action to address the public<br />
health problem of overweight and obesity, from the World Health Organization<br />
and many national health authorities. The role of physical activity<br />
in relation to overweight or obesity and health status is mentioned in most<br />
reports and recommendations. A fit and active way of life reduces the risk<br />
of substantial weight gain over time, is useful in weight loss programs, appears<br />
to be crucial in maintaining weight loss, and provides health benefits<br />
to overweight and obese individuals. It is this last point that has largely been<br />
overlooked by those concerned with the public health problem of overweight<br />
and obesity. It is clear that inactivity and low cardiorespiratory fitness increase<br />
the risk of cardiovascular disease and all-cause mortality, as well as for<br />
morbidity from several diseases or conditions. Obese individuals who are fit<br />
have much lower risk of mortality than lean individuals who are unfit, and<br />
low cardiorespiratory fitness in overweight or obese persons is as hazardous<br />
as having other risk factors. The population attributable fraction is higher<br />
for low fitness than for other conditions, including prevalent cardiovascular<br />
disease, for those who are overweight or obese. Public health programs and<br />
recommendations on obesity should include much greater emphasis on physical<br />
activity than is done at present.<br />
Is there a genetic predisposition to obesity?<br />
Claude Bouchard<br />
Pennington Biomedical Research Center, Baton Rouge, USA<br />
The obesity epidemic is driven by pervasive positive energy balance. When<br />
individuals living in a “restrictive” environment evolve towards an “obesogenic”<br />
environment, most are likely to gain weight. However, those with a high<br />
genetic predisposition will gain the most weight, whereas those resistant to<br />
obesity will gain little if any. A direct demonstration of the presence of human<br />
variation in the predisposition to obesity comes from a series of experiments<br />
with identical twins. These studies strongly suggest that the magnitude of the<br />
response to excess caloric consumption or negative energy balance conditions<br />
depends on a predisposition thought to be largely inherited. What are the genes<br />
and sequence variants responsible for this variation in the risk of obesity remain<br />
to be fully answered. About two dozen genes have been associated with obesity<br />
or weight gain in at least 10 studies or more. The strongest evidence is for the<br />
FTO gene. If one accepts that FTO is typical of all common obesity genes,<br />
then we would conclude that an obesity gene has a small effect size, with a<br />
rather high frequency of the risk allele. However, despite its overall small effect<br />
size, the homozygotes for the FTO risk allele weigh on average almost 4 kg<br />
more than those without the risk allele, and the population attributable risk for<br />
obesity of the FTO gene reaches 20 %. Other genes identified to-date seem to<br />
have even smaller effect sizes than FTO, suggesting that the predisposition to<br />
obesity is determined by many genes, each with a small effect size.<br />
Eingeladene Vorträge<br />
Vergleich dreier Modelle des RICHTIG ESSEN INSTITUTS<br />
zur Gewichtsreduktion<br />
Heidi Brünion<br />
RICHTIG ESSEN INSTITUT, Berlin, Deutschland<br />
Methode: Eine aktuelle Evaluierung vergleicht zwei Gruppenkurse mit<br />
dem Individualberatungskonzept. Der Gruppenkurs GB-3 hat acht Veranstaltungen<br />
über drei Monate und GB-6 zehn Termine über sechs Monate. Die<br />
Individualberatung gliedert sich in drei bzw. fünf Beratungen über drei bzw.<br />
fünf Monate (IB-3 bzw. IB-5). Die Auswertung erfolgt in GB-3 für 331 Teilnehmer,<br />
in GB-6 für 1250, in IB-3 für 37 und in IB-5 für 137 Patienten. Ergebnisse:<br />
Hinsichtlich der Geschlechterverteilung wird deutlich, dass in den<br />
Individualberatungen der höchste Männeranteil vorliegt (GB-3: 1,2 %, GB-6:<br />
21 %, IB-3: 27 %, IB-5: 38 %). Betrachtet man die Altersverteilung, bilden<br />
in der Individualberatung die Teilnehmer zwischen 31 und 40 Jahren die<br />
größte Gruppe (GB-3:17,6 %, GB-6: 25,8 %, IB-3: 35 %, IB-5: 36 %). Die<br />
Ergebnisse zum Körpergewicht zeigen, dass die Teilnehmer der Individualberatungen<br />
im Durchschnitt ein höheres Ausgangsgewicht aufweisen (GB-3:<br />
82,5 kg, GB-6: 83,4 kg, IB-3 und IB-5: 93,4 kg). Dementsprechend sind in der<br />
Individualberatung <strong>Adipositas</strong> Grad II und III am häufigsten (GB-3: 39,6 %,<br />
GB-6: 36,6 %, IB-3: 62 %, IB-5: 51 %). Die Ergebnisse zur Gewichtsreduktion<br />
zeigen, dass die Individualberatung am erfolgreichsten ist (IB-3 und<br />
IB-5: Gewichtsverlust 4,6 kg bzw. 5 %). Dann folgen GB-6 (4,2 kg bzw. 5 %)<br />
und GB-3 (3,6 kg bzw. 4,4 %). Zusammenfassung: Die Individualberatung<br />
ist bei stark adipösen Patienten der beste Weg. Eine längere Betreuung wäre<br />
wünschenswert, um die Gewichtsreduktion nachhaltig zu etablieren.<br />
Energieumsatz, Muskelmasse und körperliche Aktivität<br />
Peter Deibert<br />
Medizinische Universitätsklinik, Rehabilitative und Präventive<br />
Sportmedizin, Freiburg, Deutschland<br />
Der Energieumsatz setzt sich aus dem Grundumsatz (GU), der nahrungsinduzierten<br />
Thermogenese sowie dem Arbeits- bzw. Leistungsumsatz zusammen.<br />
Während der Grundumsatz mit der Muskelmasse und der hormonellen<br />
Regulation korreliert, lassen sich der Anteil der Thermogenese durch individuelle<br />
Nahrungsauswahl und der Leistungsumsatz durch das Aktivitätsniveau<br />
direkt beeinflussen. Der Energieaufwand für körperliche Aktivität und damit<br />
auch der tägliche Gesamtenergiebedarf kann einerseits abgeschätzt werden<br />
oder kalorimetrisch exakt bestimmen werden. Bei körperlicher Aktivität kann<br />
man je nach Belastungsdauer und -intensität das 1,5-fache bis 2-fache des GU<br />
veranschlagen. Während des Zeitraumes intensiver Muskelarbeit kann sogar<br />
ein Mehrfaches des GU umgesetzt werden. Der Arbeitsumsatz bei leichter<br />
körperlicher Arbeit macht ca. 30 % des GU aus. Dagegen fällt der Einfluss<br />
der Thermogenese eher gering aus. Generell wird der individuelle Energieverbrauch<br />
bzw. -bedarf gerne überschätzt. Der Energieverbrauch bei körperlicher<br />
Belastung hängt im Wesentlichen vom Ausmaß der eingesetzten Muskulatur<br />
und natürlich von der Intensität der Muskelarbeit ab. Bei Reduktion<br />
des Körpergewichtes sollte also dringend auf einen Erhalt der Muskelmasse<br />
geachtet werden. Bei weit verbreiteten Diätprogrammen zur Erzielung eines<br />
raschen Diäterfolges sind 25–35 % und mehr der Gewichtsreduktion durch<br />
einen Verlust an Muskelmasse bedingt. Dies bedingt einen verminderten GU<br />
sowie eine verminderten möglichen maximalen Arbeitsumsatz, wodurch der<br />
Jojo-Effekt mit erklärt wird. Wie eigene Ergebnisse sowie vergleichbare Studien<br />
aus der Literatur eindeutig zeigen, kann durch die Auswahl geeigneter<br />
Diätverfahren sowie Einbindung körperlicher Aktivität ist ein Erhalt der Muskelmasse<br />
auch bei bedeutsamer Gewichtsreduktion möglich.<br />
Polygene <strong>Adipositas</strong><br />
*Susann Friedel (1), Johannes Hebebrand (1), Anke Hinney (1)<br />
(1) Universität Duisburg-Essen, Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie<br />
des Kindes- und Jugendalters, Essen, Deutschland<br />
Molekulargenetische Analysen zur Etiologie der <strong>Adipositas</strong> haben bislang<br />
zur Identifikation einer begrenzten Anzahl an bestätigten Genen mit einem Haupgeneffekt<br />
geführt. Während solche Hauptgene einen klaren Einfluss auf die<br />
Entwicklung des Phänotyps haben, sind die zugrunde liegenden Mutationen<br />
extrem selten und daher von untergeordneter klinischer Bedeutung. Man geht<br />
daher davon aus, dass die genetische Prädisposition für <strong>Adipositas</strong> polygen<br />
bedingt ist; d. h. eine Anzahl solcher Varianten sollte in den meisten adipösen,<br />
aber auch in normal- und untergewichtigen Individuen gefunden werden.<br />
Demzufolge können polygene Varianten nur mittels statistischer Methoden<br />
identifiziert werden: die betreffenden Genvariante (Allel) sollte öfter in adipösen<br />
als in Kontrollindividuen vorkommen. Jedes Polygen leistet einen kleinen<br />
Beitrag zur Entstehung der <strong>Adipositas</strong>. Das 103I-Allel des V103I-Polymorphismus<br />
im Melanokortin-4-Rezeptorgen (MC4R) war die erste bestätigte<br />
polygene Variante mit einem Einfluss auf den BMI; in einer groß angelegten<br />
Meta-Analyse konnte gezeigt werden, dass der Effekt dieses Allels auf den<br />
mittleren BMI -0,5 kg/m 2 beträgt. Mittels der ersten genomweiten Assoziationsstudie<br />
(GWA) zu <strong>Adipositas</strong>, basierend auf 100.000 SNPs, die in Fami-<br />
<strong>Adipositas</strong><strong>Spektrum</strong> Kongressausgabe Oktober 2008 4. Jahrgang<br />
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