Vitalstoffe – Das Magazin für Mikronährstoffe und deren Wirkungen
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Jens Bielenberg<br />
Bittermelone <strong>–</strong><br />
Eine neue nutritive Therapieoption beim metabolischen Syndrom?<br />
Die Bittermelone, Momordica charantia<br />
senkt nicht nur den Blutzuckerspiegel<br />
<strong>und</strong> wirkt gewichtsreduzierend,<br />
sondern erstmals konnte auch<br />
ein Effekt beim metabolischen Syndrom<br />
nachgewiesen werden 1 . In einer<br />
prospektiven, randomisierten, doppelblinden<br />
<strong>und</strong> Placebo-kontrollierten<br />
Studie bei Typ 2-Diabetikern konnte<br />
ein spezielles auf 10 % Charantin<br />
standardisiertes Bittermelonen-Pulver<br />
(Sanakine ® , Diabetes balance ® )<br />
den HbA1c Wert als Additivum zur<br />
oralen Medikation während der<br />
6monatigen Studiendauer senken 21 .<br />
Der folgende Artikel gibt einen Einblick<br />
in pharmakologische Effekte der<br />
Bittermelone <strong>und</strong> stellt einen Kandidaten<br />
vor <strong>für</strong> diätetische Maßnahmen<br />
im Rahmen der Prävention von diabetogenen<br />
Risikopatienten sowie Patienten<br />
mit metabolischen Syndrom.<br />
Um das Arsenal alternativer nutritiver<br />
Therapieansätze <strong>und</strong> diätetischer Strategien<br />
zu erweitern, sollen in naher Zukunft<br />
alle 100 Bittermelonensorten, die<br />
in einer Gen-Bank in Taiwan lagern, auf<br />
eine Diabeteswirksamkeit getestet werden.<br />
Neue Anbautechniken sollen das<br />
blutzuckersenkende Potential erhöhen<br />
<strong>und</strong> eine Eleminierung der Bitterstoffe<br />
ermöglichen. In bestimmten Regionen<br />
Ostasiens ist die Situation noch dramatischer<br />
als in Europa:<br />
In Samoa weisen nach Untersuchungen<br />
der Universität von Sussex 85 % der erwachsenen<br />
Population Fettleibigkeit <strong>und</strong><br />
in Mikronesien 73 % Übergewicht <strong>und</strong><br />
42 % Fettleibigkeit auf. Mehr als 20 %<br />
der dortigen Bevölkerung weist eine diabetische<br />
Stoffwechselsituation auf. In<br />
an<strong>deren</strong> Regionen im Südpazifik liegt<br />
der Anteil von Diabetes bei 30 % der<br />
Bevölkerung (Dr. Dyno Keatinge, Internationales<br />
Gemüseforschungszentrum<br />
AVRDC in Taiwan). Es ist daher höchste<br />
Zeit, neue Strategien zu entwickeln, um<br />
diesen Fehlentwicklungen entgegenzuwirken.<br />
Zur Bittermelone gibt es mehr als 100<br />
wissenschaftliche Publikationen, die<br />
Juni 2012<br />
einen Effekt bei der Blutzuckerregulation<br />
belegen 2-7 <strong>und</strong> die traditionelle<br />
Anwendung bei Diabetes sowie an<strong>deren</strong><br />
Erkrankungen beschreiben 8 . Die<br />
Saponine wirken gewichtssenkend, die<br />
Lipide senken den Blutzuckerspiegel um<br />
bis zu 15 %. Es gibt eine Vielzahl von<br />
Wirkmechanismen, die zur Zeit diskutiert<br />
werden 9-14 . Wissenschaftler aus Kiel<br />
entdeckten neuerdings einen weiteren<br />
interessanten Interpretationsansatz. Momordica<br />
charantia-Extrakt enthält einen<br />
spezifischen Hemmstoff der 11ß-Hydroxysteroid<br />
-Dehydrogenase Typ 1(11ß-<br />
HSD1), ein Enzym, das bei der Pathogenese<br />
von Diabetes <strong>und</strong> Adipositas eine<br />
Schlüsselrolle spielt <strong>und</strong> weltweit Target<br />
intensiver Forschung ist 15 .<br />
Bittermelone-<br />
Momordica charantia L<br />
Die Bittermelone, auch Balsambirne<br />
oder Bittergurke genannt, ist eine<br />
schlanke grüne Kletterpflanze mit gelben<br />
Blüten, gehört zur Familie der Kürbisgewächse<br />
(Curcubitaceae) <strong>und</strong> ist mit<br />
der Wassermelone verwandt. Sie war ursprünglich<br />
in China <strong>und</strong> Indien beheimatet,<br />
wird aber jetzt auch in Brasilien, den<br />
USA, in Afrika <strong>und</strong> Europa angebaut.<br />
Momordica charantia ist ein seit vielen<br />
Jahrh<strong>und</strong>erten in Asien beliebtes Gemüse<br />
<strong>und</strong> wird dort wegen seiner außergewöhnlichen<br />
ges<strong>und</strong>heitsfördernden Eigenschaften<br />
sehr geschätzt. In Afrika ist<br />
der verbreitete Einsatz von M. charantia<br />
als Mittel gegen Diabetes auffallend.<br />
Die ersten pharmakologischen Untersuchungen<br />
hinsichtlich blutzuckersenkender<br />
Effekte stammten bereits aus den<br />
40iger-Jahren. Rivera demonstrierte<br />
1942, daß ein Kristallisat unbekannter<br />
Natur aus dem alkoholischen Extrakt<br />
der Früchte wirkungsvoll den Blutzucker<br />
senkt. Seither wurden rohe Extrakte,<br />
Fruchtpulver <strong>und</strong> Fruchtsaft als<br />
ausgeprägt hypoglykämisch bestätigt.<br />
Mehreren der aus Frucht <strong>und</strong> Samen<br />
isolierten Polypeptide hohen Molekulargewichts<br />
werden in Tierversuchen eine<br />
Insulin-ähnliche Wirkung zugeschrie-<br />
ben 16 . Insbesondere das p-Insulin (Pflan-<br />
Extrakte<br />
zen-Insulin) erwies sich laut Khanna et<br />
al. als blutzuckersenkend 17 . Mittlerweile<br />
wurde die Wirksamkeit von Momordica<br />
charantia L in klinischen Versuchen<br />
subkutan <strong>und</strong> oral auch bei Diabetikern<br />
bestätigt.<br />
Klinische Studien mit Bittermelone<br />
Eine jüngere chinesische Untersuchung<br />
im Rahmen des Food <strong>und</strong> Nutritional<br />
Science Program der Universität Hongkong<br />
beschreibt neben einem blutzuckersenkenden<br />
Effekt, daß Bittermelone<br />
Adipositas unter einer fettreichen Diät<br />
reduziert. Die Autoren postulieren, daß<br />
Bittermelone einen multiplen Einfluß<br />
auf den Glukose <strong>–</strong> <strong>und</strong> Lipidmetabolismus<br />
besitzt 18 . Japanische Wissenschaftler<br />
wiesen, ebenfalls im Tierversuch,<br />
eine starke Reduktion der Leber <strong>–</strong>Triglycerid-Konzentration<br />
durch Momordica-<br />
Extrakte (Koimidori-Varietät) nach 19 .<br />
Interessant sind auch Ergebnisse Gießener<br />
Wissenschaftler, die genetische<br />
veränderten diabetischen Mäusen mit<br />
Bittermelone fütterten. Schon nach<br />
5 Wochen kam es zu einer deutlichen<br />
Reduktion der Gewichtszunahme <strong>und</strong> zu<br />
einem Absinken des Blutzuckerspiegels.<br />
(Presseinformation GTZ, 28.Juni 2010)<br />
Eine Untersuchung an taiwanesischen<br />
Probanden mit metabolischem Syndrom<br />
denen über 3 Monate Kapseln, die<br />
4,8 g eines lyophlisierten Pulver aus<br />
wilder Bittermelone enthielten, gegeben<br />
wurden, zeigte nach 4 Monaten<br />
(d.h. 1 Mon. nach Einstellen der Supplementierung)<br />
einen deutlichen Effekt, der<br />
aber im 5. <strong>und</strong> 6.Monat wieder abnahm.<br />
Die Verträglichkeit war gut, Nebenwirkungen<br />
waren leichte Magenschmerzen<br />
<strong>und</strong> Diarrhoe. Der Taillen-Umfang nahm<br />
deutlich ab 20 . Damit konnte zum ersten<br />
Mal beim Menschen ein Nachweis des<br />
Effektes von Bittermelone beim metabolischen<br />
Syndrom gemacht werden.<br />
Zänker <strong>und</strong> Mitarbeiter vom Institut <strong>für</strong><br />
Immunologie <strong>und</strong> experimentelle Onkologie<br />
in Witten-Herdecke widmeten der<br />
Comorbidität von Krebserkrankungen<br />
<strong>und</strong> Typ 2 -Diabetes besonderes Interes-<br />
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