Wirtschaftsbericht 2012 - Landesregierung Nordrhein-Westfalen
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1. Die Energiewende – Chancen und Risiken für <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong><br />
Kein Sektor war in Deutschland in den vergangenen etwa<br />
eineinhalb Jahren solch massiven Änderungen unterworfen<br />
wie der Energiesektor. Nachdem der eigentliche deutsche<br />
Atomausstieg und die Energiewende bereits im Jahr<br />
2001 vom Bundestag beschlossen worden waren, stellte<br />
die Bundesregierung noch im Herbst 2010 ein neues<br />
Energiekonzept mit einer Langfristperspektive bis 2050<br />
vor. Kernpunkt war hierbei die Laufzeitverlängerung für<br />
deutsche Kernkraftwerke. Doch schon im März 2011 bewirkte<br />
die Reaktorkatastrophe im japanischen Fukushima<br />
ein Umdenken hinsichtlich der Sicherheit von Kernkraftwerksanlagen.<br />
Sie führte schließlich zum als Energiewen -<br />
de bezeichneten Gesetzgebungsprozess mit dem Kernziel<br />
eines beschleunigten Atomausstiegs. Endgültiges<br />
Auslaufdatum der Kernenergie ist nun Ende 2022, gleichzeitig<br />
wurden acht deutsche Kernkraftwerke mit sofortiger<br />
Wirkung vom Netz genommen. Ein beschleunigter<br />
Ausstieg aus der Kernenergienutzung und höhere sicherheitliche<br />
Anforderungen für die Phase bis zum endgültigen<br />
Ausstieg gehörten schon lange vor der Reaktorkatastrophe<br />
in Fukushima zu den energiepolitischen Zielstellungen<br />
der nordrhein-westfälischen <strong>Landesregierung</strong>.<br />
Weitere Ankerpunkte nordrhein-westfälischer Energieund<br />
Klimaschutzpolitik sind verstärkte Energieeffizienzanstrengungen<br />
und ein zunehmend wachsender Beitrag<br />
erneuerbarer Energien zur Energieversorgung in Deutschland.<br />
Das nordrhein-westfälische Wirtschaftsministerium hat<br />
den Gesetzgebungsprozess des Bundes rund um die<br />
Energiewende auf Basis der energiepolitischen Zielstellungen<br />
der <strong>Landesregierung</strong> daher ebenso konstruktiv<br />
wie kritisch begleitet.<br />
Hierbei waren die aus den Veränderungen resultierenden<br />
Chancen und Risiken für das Land <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong>,<br />
das eine der wichtigsten Industrie- und Energieregionen<br />
Europas ist, unter den vielfältigen nationalen und internationalen<br />
energie- und klimaschutzrechtlichen Vorgaben<br />
abzuwägen.<br />
Die historische Chance einer im breiten Konsens eingeleiteten<br />
Energiewende muss nun auch genutzt werden.<br />
Deutlich ist jedoch bereits heute erkennbar, dass der<br />
breite politische und gesellschaftliche Konsens in<br />
Deutschland, endgültig aus der Kernenergienutzung auszusteigen<br />
und die Energieversorgung langfristig, versorgungssicher<br />
und bezahlbar vornehmlich auf erneuerbare<br />
Energien zu stützen, zahlreiche und vielfältige Handlungsnotwendigkeiten<br />
nach sich zieht. Diese müssen umfassend<br />
politisch flankiert werden und betreffen folgende<br />
Problemfelder:<br />
• Im Zuge der vereinbarten Energiewende wird sich<br />
der Strommarkt in Deutschland deutlich verändern.<br />
Dies ist besonders für ein dicht besiedeltes Industrieland<br />
mit einem breiten Spektrum an industrieller<br />
Wertschöpfung wie <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong> von Bedeutung,<br />
weil hier einerseits ein Großteil der energieintensiven<br />
Industrie angesiedelt ist und das Land<br />
andererseits als größter Erzeugungsstandort auf<br />
Basis fossiler Kraftwerke maßgeblich zur Deckung<br />
des Strom bedarfs in ganz Deutschland beiträgt.<br />
• Die energiepolitischen Zielsetzungen sind technisch<br />
und finanziell sehr ambitioniert und lösen immensen<br />
Investitionsbedarf aus. Internationale finanzwirtschaftliche<br />
Entwicklungen werden die nationale<br />
energiewirtschaftliche Entwicklung vor diesem Hintergrund<br />
zwangsläufig beeinflussen.<br />
• Ihre Umsetzung wird in einem Umfeld weit verbreiteter<br />
Skepsis und vielfacher Ablehnung gegenüber<br />
großen Infrastrukturprojekten – beispielsweise hinsichtlich<br />
Kraftwerksneubauten und Übertragungsnetzausbauten<br />
– nicht konfliktfrei erfolgen.<br />
• Der Umbau der Energieversorgung in Richtung eines<br />
stark erhöhten Anteils erneuerbarer Energien wird<br />
nicht zum Nulltarif zu erreichen sein. Die Techniken<br />
der erneuerbaren Energien müssen so weit entwickelt<br />
werden, dass sie marktfähig sind. Nur dann besteht<br />
eine Chance, dass sie Arbeitsplätze, die aufgrund<br />
erhöhter Energiepreise wegfallen, auch substituieren<br />
können. Ein positiver Arbeitsplatzeffekt erneuerbarer<br />
Energien erfordert daher ebenso umfangreiche und<br />
stetige Forschungs- und Entwicklungserfolge wie<br />
auch die Umsetzung in innovative und margenträchtige<br />
Produkte; dies gilt insbesondere im Bereich der<br />
Entwicklung von Stromspeichertechnologien.<br />
Welche Handlungsfelder hierbei aus Sicht der nordrheinwestfälischen<br />
<strong>Landesregierung</strong> besonders relevant sind,<br />
und welche Risiken bzw. Chancen hierbei abzuwägen sein<br />
werden, ist Gegenstand der nachfolgenden Ausführungen.<br />
Diese betreffen: