Wirtschaftsbericht 2012 - Landesregierung Nordrhein-Westfalen
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Neue Anforderungen an die Infrastruktur – Ausbau<br />
von Speichertechnologien<br />
Neben dem primär notwendigen Ausbau bzw. der Ertüchtigung<br />
von Übertragungs- und Verteilnetzen im Strombereich<br />
sowie dem – speziell im Ruhrgebiet – erforderlichen<br />
Ausbau der Fernwärmenutzung, liegt ein weiterer Aspekt<br />
im Zusammenhang mit dem Umbau der Energieversorgung<br />
auf dem Ausbau von Speichertechnologien. Sie<br />
haben eine Ausgleichsfunktion im Stromerzeugungssystem<br />
und gewährleisten durch die Stromspeicherung zu<br />
Schwachlastzeiten und die Ausspeicherung der Energie<br />
während Hochlastzeiten (Verbrauchsspitzen) eine gleichbleibende<br />
Versorgungssicherheit. Technische Optionen<br />
sind Pumpspeicherkraftwerke, Wasserstoffspeicherkraftwerke<br />
und Druckluftspeicherkraftwerke, dezentrale<br />
Großbatteriespeicher und lokale Kleinspeicher oder auch<br />
thermische Speicher wie Fernwärmenetze. Der erforderliche<br />
Ausbau von Energiespeichern und die damit einhergehende<br />
Notwendigkeit, marktfähige Alternativen zu den<br />
seit Jahrzehnten betriebsbewährten, aber ausbaubegrenzten<br />
Pumpspeicherkraftwerken zu entwickeln, sind<br />
eine der Grundvoraussetzungen für einen erfolgreichen<br />
Umbau der zukünftigen Energieversorgung hin zu erneuerbaren<br />
Energien.<br />
In <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong> wird einerseits nach geeigneten<br />
Standorten für Speicher gesucht, andererseits wird mit<br />
den in <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong> umfassend vorhandenen<br />
Kompetenzen bei Firmen und Forschungseinrichtungen<br />
auch intensiv in die Forschung und Weiterentwicklung der<br />
Speichertechnologien investiert. Wegen der hier erforderlichen<br />
FuE-Anstrengungen von der Grundlagenforschung<br />
bis zur Marktreife neuer Energiespeichertechnologien<br />
wird seitens der <strong>Landesregierung</strong> eine nochmalige Aufstockung<br />
des derzeit geplanten Budgets des Energieforschungsprogrammes<br />
des Bundes von 3,5 Milliarden Euro<br />
für den Zeitraum 2011-2014 angeregt, denn ohne entscheidende<br />
Durchbrüche bei Speichertechnologien lässt<br />
sich die Energiewende nicht realisieren.<br />
Folgen der Energiewende für den Wirtschaftsstandort<br />
<strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong><br />
Die Energiewende stellt einen Paradigmenwechsel in der<br />
Energiewirtschaft dar, der in seinen Konsequenzen über<br />
die bislang diskutierten Folgen für die Energiewirtschaft<br />
hinausgeht und den gesamten Wirtschaftsstandort <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong><br />
betreffen wird. Vor diesem Hintergrund<br />
ist abzuwägen, welche Chancen und Risiken für das Land<br />
bestehen.<br />
Chancen bestehen bei einem Ausbau der erneuerbaren<br />
Energien beispielsweise für Hersteller von Wind- und<br />
Solaranlagen. Gleichzeitig ist jedoch zu beachten, dass in<br />
<strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong> ein Großteil der energieintensiven<br />
Industrie angesiedelt ist. Energiepreise können wie alle<br />
anderen Kostenfaktoren die Wirtschaftlichkeit eines<br />
Unternehmens maßgeblich beeinflussen und werden<br />
deshalb zunehmend zum Standortfaktor. Unterstellt man<br />
aufgrund der geschilderten technischen Investitionsnotwendigkeiten<br />
in der Tendenz steigende Strompreise, bedeutet<br />
dies für die energieintensiven Industrien, etwa die<br />
Eisen- und Stahlindustrie, die Erzeugung von NE-Metallen,<br />
Glas- und Keramikherstellung sowie Teile der Chemischen<br />
Industrie weniger Chance als vielmehr Risiko. Da<br />
sie gut 200.000 Personen in NRW beschäftigen, ist es für<br />
<strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong> essenziell, während des gesamten<br />
Prozesses der Energiewende bezahlbaren Energiepreisen<br />
für Industrie, Gewerbe, aber auch Haushaltskunden einen<br />
hohen Stellenwert einzuräumen. Aufgrund der gegenwärtigen<br />
energiewirtschaftlichen Situation ist bereits eine<br />
Tendenz zur Investitionszurückhaltung erkennbar. Es<br />
muss vermieden werden, dass dieser Trend in eine Abwanderung<br />
der betroffenen Industriebranchen mündet.<br />
Genauso relevant ist die Versorgungssicherheit für<br />
<strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong>. Große Stromausfälle sind in<br />
Deutschland bislang äußerst selten, was dazu führt, dass<br />
Deutschland im europäischen und weltweiten Vergleich<br />
einen Spitzenplatz in Bezug auf die Versorgungssicherheit<br />
einnimmt. Anhand der Kostenschätzungen für die in<br />
den vergangenen Jahren vor allem in den USA aufgetretenen<br />
mehrtägigen Stromausfälle – für den Blackout in<br />
Kalifornien 2000/2001 werden sie auf 4,5 bis 8,2 Milliarden<br />
USD geschätzt – wird deutlich, was für ein hohes Gut<br />
die Versorgungssicherheit für einen Industriestandort<br />
darstellt. Zusätzlich macht sich der Begriff der Versorgungssicherheit<br />
nicht nur an der reinen Verfügbarkeit von<br />
Strom fest, sondern ebenso daran, dass dieser weitestmöglich<br />
ohne Spannungsschwankungen geliefert wird.<br />
Die anerkannt hohe Versorgungssicherheit mit niedrigen<br />
Spannungsschwankungen hat sich bislang in Deutschland<br />
als standortrelevanter Vorteil, insbesondere für die<br />
Hochtechnologiebranchen, herausgebildet. Deshalb stellt<br />
die Versorgungssicherheit für die <strong>Landesregierung</strong><br />
<strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong>s im Rahmen der Energiewende eine<br />
elementare Nebenbedingung dar, die im Folgenden genauso<br />
wie die Strompreise näher betrachtet werden soll.