Wirtschaftsbericht 2012 - Landesregierung Nordrhein-Westfalen
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T-24-Problematik<br />
In <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong> befinden sich sieben Steinkohlekraftwerke im<br />
Bau, davon sind 6 Kraftwerke unter Einsatz des so genannten T24-<br />
Stahls errichtet worden. Dieser Stahl wird im Bereich des Dampfkessels<br />
eingesetzt und verfügt über hohe Festigkeitseigenschaften und<br />
große Temperaturbeständigkeit, um letztlich den vom Anlagenbetreiber<br />
gewünschten hohen Wirkungsgrad zu erzielen. In allen Kraftwerken<br />
tauchen Probleme bei den Schweißnähten in unterschiedlich starker<br />
Ausprägung auf.<br />
Insbesondere sieht die BNetzA wesentliche Risiken darin,<br />
dass verschiedene Kohlekraftwerke in Nord- und Süddeutschland<br />
nicht rechtzeitig fertiggestellt werden. Insgesamt<br />
muss nach Ansicht der BNetzA der Zubau neuer<br />
Kraftwerke überwiegend im süddeutschen Raum stattfinden,<br />
da vor allem dort im nächsten Jahrzehnt durch<br />
den Atomausstieg erhebliche Erzeugungskapazitäten<br />
entfallen werden.<br />
Der in Deutschland seit Jahren angestrebte Trend eines<br />
rückläufigen Stromverbrauchs ist bislang nicht erkennbar,<br />
so dass konservativ von Lastspitzen in mindestens<br />
der heutigen Größenordnung (80.000 MW) ausgegangen<br />
werden muss. Der häufig als Argument für den leicht zu<br />
verkraftenden Atomausstieg und den gleichzeitigen weitgehenden<br />
Verzicht auf Kohlestrom angeführte Zubau von<br />
Erzeugungskapazitäten bei den erneuerbaren Energien<br />
ist bis auf Weiteres für die sichere Abdeckung der verbraucherseitigen<br />
Lastspitzen mit Blick auf die Gewährleistung<br />
der Versorgungssicherheit nicht von Bedeutung.<br />
Lediglich bei Biomasse- und Laufwasserkraftwerken trägt<br />
die installierte Leistung in einer Größenordnung von über<br />
85% zur „gesicherten Leistung“ bei. Hingegen steht bei<br />
Windkraft (5-10%) und insbesondere bei Photovoltaik<br />
(1%) die installierte Leistung in einem krassen Missverhältnis<br />
zu deren tatsächlichen Beiträgen zur unabdingbar<br />
erforderlichen gesicherten Leistung. Bei Windkraftanlagen<br />
wird sich der Faktor durch den Zubau im Offshorebereich<br />
vermutlich zumindest qualitativ erhöhen.<br />
Zur Abmilderung von Verbrauchsspitzen bestehen aus<br />
nordrhein-westfälischer Sicht mehrere Optionen, die<br />
kumuliert ergriffen werden müssen:<br />
• Intelligentes Lastmanagement (DSM = Demand Side<br />
Management): Hierdurch kann erreicht werden, dass<br />
Lastspitzen künftig abgesenkt werden, indem Stromverbrauch<br />
aus Hochlastzeiten in lastschwächere<br />
Zeiten verschoben wird. Erste Anzeichen für solche<br />
Nutzungsoptionen in einzelnen Branchen sind er-<br />
kennbar; ein hierfür durch die Netzbetreiber zu zahlender<br />
finanzieller Ausgleich wird derzeit diskutiert.<br />
• Intelligente Stromnetze (Smart Grids): Hierdurch<br />
werden Verbraucher sowohl informiert als auch<br />
animiert, elektrische Energie effizient zu nutzen.<br />
Durch die Einführung bzw. den Ausbau von intelligenten<br />
Netzen wäre DSM in der Lage, eine Vielzahl von<br />
Verbrauchern, auch private Haushalte, einzubeziehen.<br />
Datenschutzrechtliche Aspekte müssen dabei stets<br />
Berücksichtigung finden.<br />
• Effiziente Stromspeicherung: Hierüber kann in lastschwachen<br />
Zeiten und bei auflaufender Lastspitze<br />
zuvor gespeicherter Strom in das Netz abgegeben<br />
und so auch die tatsächlich vorzuhaltende Erzeugungsleistung<br />
reduziert werden.<br />
Ausbau der konventionellen Kraftwerkskapazitäten<br />
Wegen des schwankenden Dargebots sowie fehlender<br />
Speicherkapazitäten und -möglichkeiten der erneuerbaren<br />
Energien muss bis auf Weiteres für die Zeiten, in<br />
denen diese nicht im ausreichenden Maße zur Verfügung<br />
stehen, konventionelle Kraftwerkskapazität vorgehalten<br />
werden, um die Versorgungssicherheit und Netzstabilität<br />
zu gewährleisten. Dies ist derzeit unproblematisch, weil<br />
noch ausreichende Kapazitäten vorhanden sind.<br />
Aufgrund der anstehenden Änderungen im Energiesystem<br />
sind jedoch für die kommenden Jahre im konventionellen<br />
Bereich umfangreiche Investitionsbedarfe in Gasund<br />
Kohlekraftwerke erkennbar. Dieser Bedarf an neuen<br />
Kraftwerksanlagen resultiert insbesondere aus dem<br />
• sukzessiven Abschalten alter fossiler Kraftwerksanlagen<br />
aufgrund Erreichens der wirtschaftlichen<br />
bzw. technischen Lebensdauergrenze,<br />
• vereinbarten sukzessiven Abschalten aller Kernkraftwerke<br />
in Deutschland bis Ende 2022,<br />
• wachsenden Back-up-Bedarf im Zuge des forcierten<br />
Ausbaus erneuerbarer Energien,<br />
• wachsenden Beitrag <strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong>s zur Netzstabilität<br />
auch für ganz Deutschland, da die meisten<br />
Kernkraftwerke in Süddeutschland entfallen und<br />
die dort wegfallende regionale Netzunterstützung<br />
aufgefangen werden muss.