Bildungssituation und Bildungsverhalten migrantischer Gruppen in ...

Gruppen in Österreich erschreckend niedrig ist. Bauböck sehe das Problem aber nicht in den
schlechten Lebensbedingungen der Einwanderer, sondern im blockierten Aufstieg, wie das
hier weiter oben bereits dargestellt wurde. 64 Es scheint deshalb nicht angebracht, die Situation
migrantischer Jugendlicher vorschnell nur aus der Perspektive der „Besonderheit“ dieser
Situation als binationale und bikulturelle zur betrachten und in der Folge die Schwierigkeiten
ihrer Identitätsfindung nur dort verortet zu sehen. Nuran Dönmez Befund hinsichtlich der
Berufswünsche migrantischer Jugendlicher, auch ihrer blockierten, führt auch zu den
strukturell beeinflussten Ähnlichkeiten mit denen der Jungendlichen deutscher Herkunft. Ein
Beleg findet sich bei H. Keupp, W. Kraus und F. Straus. Die Autoren analysieren den
Identitätsbildungsprozess Jugendlicher im Zusammenhang ihrer beruflichen Entwicklung vor
dem Hintergrund des Wandels der Arbeitswelt anhand empirischer Befunde. Wie in dieser
Schrift mit Solga und Hengsbach gezeigt, verlangen die modernen Arbeitstätigkeiten und
Organisationsstrukturen ein erhöhtes Maß der Selbststeuerung der arbeitenden Menschen.
Eine solche an bewusste Selbstverantwortlichkeit geknüpfte Selbststeuerung kann eigentlich
nur durch eine erhöhte subjektive Identifikation mit der Arbeit erzielt werden. „Immer mehr
wollen ihre Identität nicht an der Garderobe abgeben, sondern sich mit ihrer Arbeit
identifizieren“ 65 (Martin. Baethge). Sie können das aufgrund der modernen Erfordernisse der
Arbeitswelt auch nicht mehr, kann hier ergänzt werden. Und des Weiteren, diese Freiheit der
Identifikationen ist, Ulrich Beck zu Folge, an die unausweichlich gewordene Notwendigkeit
gebunden, Identität finden zu müssen.
Andererseits wird die Erlangung einer beruflichen Ausbildung objektiv schwieriger, der
zeitliche Verlauf von Erwerbsarbeit wird brüchig und ihre inhaltlichen Anforderungen
variieren innerhalb einer Berufsbiographie vermehrt. Für die migrantischen wie die
Jugendlichen deutscher Herkunft gestaltet sich heute die Findung eines Berufsziels
schwieriger. Hinsichtlich ihrer Identifikationswünsche können sie heute keine wie
selbstverständlich vorgefundenen Muster mehr auffinden, anhand derer sie ihre individuellen
Fähigkeiten und Kenntnisse abgleichen und Identität finden können. Diese strukturellen
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Dönmez, Nuran: „Kultur und Integration“. In: Gümrükcü, Harun, Gutmann Rolf (Hg.), Januar 2003:
Globalisierung. Zuwanderung und Interkulturelle Kompetenz, ITES-Jahrbuch 2002-2003, Schriften des
Instituts für Türkisch-Europäische Studien Bd. 16, Hamburg, S. 225-226. Dort unter Bezug auf: Bauböck,
Rainer: Gleichheit, Vielfalt und Zusammenhalt – Grundsätze für die Integration von Einwanderern
(Einleitung) in: Wolf, Patrik, Bauböck, Rainer: Wege zur Integration, Klagenfurt 2001.
Zit. nach: Heiner Keupp, Wolfgang Kraus, Florian Straus, „Civics matters: Motive, Hemmnisse und
Fördermöglichkeiten bürgerschaftlichen Engagements“. In: Beck, Ulrich (Hg.), 2000: Die Zukunft von
Arbeit und Demokratie, Frankfurt a. M., S. 241.
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