Einsicht-13
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Aus dem Institut<br />
Neue Adresse<br />
Aus »Grüneburgplatz« wird<br />
»Norbert-Wollheim-Platz«<br />
Der Text der Resolution der Überlebenden von Buna/Monowitz im Wortlaut:<br />
Wir, Überlebende des Konzentrationslagers Buna/Monowitz, wir, Sklavenarbeiter der<br />
IG Farbenindustrie AG in Auschwitz, versammeln uns in diesen Tagen zum zweiten Male<br />
auf Einladung des Fritz Bauer Instituts in Frankfurt am Main. An historischem Ort, im<br />
IG Farben-Haus, gedenken wir der Opfer von Auschwitz, der Tausenden unserer<br />
Kameraden, die der »Vernichtung durch Arbeit« im Werk »IG Auschwitz« zum Opfer<br />
gefallen sind. Wir wenigen, die wir überlebt haben, begegnen heute der deutschen<br />
Jugend, sprechen über die Zeit der Verfolgung und Vernichtung – in Verantwortung für<br />
unser aller Zukunft, im Glauben an eine bessere Welt.<br />
Anlässlich der Enthüllung der Gedenktafel vor dem IG Farben-Haus im Jahre 2001 ist<br />
der Stadt Frankfurt am Main der Vorschlag unterbreitet worden, den »Grüneburgplatz« in<br />
»Norbert-Wollheim-Platz« umzubenennen. Unser Kamerad Norbert Wollheim (19<strong>13</strong>–1998)<br />
– der Anfang der fünfziger Jahre die IG Farben i. L. in einem Musterprozess vor dem LG<br />
und OLG Frankfurt am Main verklagte und dann zusammen mit der Conference on Jewish<br />
Material Claims against Germany und der URO Entschädigungsansprüche erfolgreich<br />
geltend machte – Norbert Wollheim steht stellvertretend für die Opfer von Buna/Monowitz.<br />
Den Platz vor dem IG Farben-Haus nach Norbert Wollheim zu benennen wäre für uns<br />
Überlebende ein sichtbares Zeichen der Stadt Frankfurt am Main, der unvergänglichen<br />
Vergangenheit zu gedenken, der historischen Verantwortung gerecht zu werden.<br />
Wir versammeln uns heute zum letzten Male in Frankfurt am Main. Unsere Generation,<br />
Zeugen und Opfer der nationalsozialistischen Verfolgung und Vernichtung, stirbt aus.<br />
Bevor unser Schicksal nur noch Historie ist, wollen wir dafür streiten, dass Geschichtsvergessenheit<br />
nicht Platz greift. Wir appellieren an die Verantwortlichen der Stadt Frankfurt<br />
am Main, die Umbenennung des »Grüneburgplatzes« in »Norbert-Wollheim-Platz« zu<br />
veranlassen: In Ehrfurcht vor den Opfern, in Verantwortung für die Zukunft.<br />
Mit einer Feierstunde am<br />
4. Februar 2015 wurde einem<br />
Anliegen entsprochen, das im Namen<br />
zahlreicher Überlebender des Konzentrationslagers<br />
Buna/Monowitz vom Fritz Bauer<br />
Institut über viele Jahre mit Nachdruck vertreten<br />
wurde: Umbenennung des vor dem<br />
IG Farben-Haus gelegenen Grüneburgplatzes<br />
in Norbert-Wollheim-Platz.<br />
Straßen und Plätze auf dem<br />
Campus Westend tragen neue Namen<br />
Mit dem Norbert-Wollheim-Platz, dem<br />
Theodor-W.-Adorno-Platz und der Max-<br />
Horkheimer-Straße hat der Campus Westend<br />
der Goethe-Universität Frankfurt am Main<br />
drei neue Ortsbezeichnungen erhalten. Universitätspräsidentin<br />
Prof. Dr. Birgitta Wolff<br />
enthüllte im Rahmen einer Feierstunde<br />
gemeinsam mit Frankfurts Bürgermeister<br />
Olaf Cunitz und dem Ortsvorsteher des<br />
Ortsbeirates 2, Axel Kaufmann, die neuen<br />
Straßenschilder. Kurze Ansprachen hielten<br />
auch die AStA-Vorsitzende Myrella Dorn<br />
und Alisa Siegrist, Vertreterin der Initiative<br />
zur Umbenennung des Grüneburgplatzes<br />
in Norbert-Wollheim-Platz und Präsidentin<br />
des Studierendenparlaments, sowie Trude<br />
Simonsohn, Überlebende des Konzentrationslagers<br />
Theresienstadt und des Vernichtungslagers<br />
Auschwitz-Birkenau.<br />
Der Norbert-Wollheim-Platz, vormals<br />
Grüneburgplatz, trägt nun den Namen des<br />
ehemaligen jüdischen Zwangsarbeiters des<br />
von der IG Farbenindustrie betriebenen<br />
Konzentrationslagers Auschwitz III Monowitz,<br />
Norbert Wollheim, der nach dem Krieg<br />
in einem Musterprozess erfolgreich den IG<br />
Farben-Konzern auf Entschädigung verklagte.<br />
Der Theodor-W.-Adorno-Platz (der<br />
bisher namenlose zentrale Universitätsplatz<br />
zwischen Casinoanbau und Hörsaalzentrum)<br />
oben: Neu angebrachtes Straßenschild,<br />
darunter die Texttafel:<br />
»Norbert Wollheim 19<strong>13</strong>–1998<br />
Wirtschaftsprüfer, Steuerberater<br />
Ehemaliger Zwangsarbeiter für<br />
die I.G. Farben<br />
Verfolgter des NS-Regimes«<br />
links: Ansprache der Präsidentin der<br />
Goethe-Universität Frankfurt am Main,<br />
Prof. Dr. Birgitta Wolff<br />
links: Trude Simonsohn, Sprecherin des<br />
Rats der Überlebenden am Fritz Bauer<br />
Institut, dankte insbesondere den<br />
Studierenden für ihr Engagement.<br />
unten: Alisa Siegrist, Vertreterin der<br />
Initiative zur Umbenennung des<br />
Grüneburgplatzes in Norbert-Wollheim-<br />
Platz und Präsidentin des Studierendenparlaments<br />
(links), und die AStA-<br />
Vorsitzende Myrella Dorn (rechts)<br />
Fotos: Werner Lott<br />
Komitee der Überlebenden von Buna/Monowitz<br />
Frankfurt am Main, 27. März 2004<br />
und die Max-Horkheimer-Straße (vormals<br />
Lübecker Straße) erinnern an die beiden<br />
wohl wichtigsten Vertreter der Frankfurter<br />
Schule, die als jüdische Intellektuelle in der<br />
NS-Zeit in die USA emigrierten und nach ihrem<br />
Exil nach Frankfurt an die Goethe-Universität<br />
zurückkehrten, wo sie entscheidend<br />
zum geistigen und materiellen Wiederaufbau<br />
der Universität beitrugen; Horkheimer<br />
auch als ihr Rektor von 1951 bis 1953.<br />
»Mit den nun vollzogenen Umbenennungen<br />
auf dem Campus Westend wird der<br />
bewegten Geschichte der Universität und<br />
des Campus gedacht. Damit wird nicht nur<br />
an herausragende wissenschaftliche Leistungen,<br />
sondern auch an jüdische Schicksale,<br />
die für Vertreibung und Verfolgung<br />
stehen, dauerhaft erinnert«, betonte Birgitta<br />
Wolff bei der Enthüllung der Namensschilder.<br />
Alisa Siegrist erinnerte in ihrer Rede an<br />
die Resolution der Überlebenden von Buna/<br />
Monowitz, die der Auschwitz-Überlebende<br />
David Salz schon 2004 im Frankfurter<br />
Römer vorgetragen hat, in der die Umbenennung<br />
des Grüneburgplatzes in Norbert-<br />
Wollheim-Platz gefordert wurde – und an<br />
die jahrelangen Widerstände der Universitätsleitung,<br />
dieser Aufforderung zu folgen.<br />
Website zum Norbert Wollheim Memorial:<br />
www.wollheim-memorial.de<br />
Unsere neue Adresse am gleichen Ort:<br />
Fritz Bauer Institut<br />
Norbert-Wollheim-Platz 1<br />
60323 Frankfurt am Main<br />
ANNE C. NAGEL<br />
JOHANNES POPITZ<br />
(1884–1945)<br />
GÖRINGS FINANZMINISTER<br />
UND VERSCHWÖRER<br />
GEGEN HITLER.<br />
EINE BIOGRAPHIE<br />
2015. 251 S. 21 S/W-ABB. GB.<br />
€ 24,90 [D] | € 25,60 [A]<br />
ISBN 978-3-412-22456-1<br />
Johannes Popitz war ein Spitzenbeamter<br />
in der Weimarer Republik<br />
und im »Dritten Reich« der<br />
Finanzminister Görings. Gleichzeitig<br />
gehörte er, als einziger<br />
aktiver Minister, dem Widerstand<br />
an und konspirierte mit Ulrich von<br />
Hassell und Carl Goerdeler gegen<br />
Hitler. Am 2. Februar 1945 wurde<br />
Johannes Popitz von den Nationalsozialisten<br />
hingerichtet. Die<br />
Historikerin Anne C. Nagel fügt<br />
die Widersprüche dieses Lebens<br />
zur umfassenden Biographie.<br />
WWW.BOEHLAU-VERLAG.COM<br />
100<br />
Nachrichten und Berichte<br />
<strong>Einsicht</strong> <strong>13</strong> Frühjahr 2015 101