Einsicht-13
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Nachrichten und Berichte<br />
Information und Kommunikation<br />
Neues Web-Portal:<br />
Unterrichtsmaterialien<br />
zur Auseinandersetzung<br />
mit dem Hol ocaust<br />
www.holocaust-unterrichtsmaterialien.de<br />
»Es ist geschehen,<br />
und folglich kann es wieder geschehen.<br />
Darin liegt der Kern dessen,<br />
was wir zu sagen haben.«<br />
Primo Levi, Auschwitz-Überlebender<br />
Am Pädagogischen Zentrum<br />
hat Monica Kingreen<br />
ein neues Web-Portal zur pädagogischen<br />
Auseinandersetzung mit dem Holocaust<br />
entwickelt. Das Web-Portal enthält Texte<br />
und Fotos zur Verfolgung jüdischer Deutscher<br />
und zur Ermordung der europäischen<br />
Juden in den Jahren 1933–1945. Es richtet<br />
sich an alle Schulformen der Klassen 9 und<br />
10 sowie der Oberstufe.<br />
Die Unterrichtsmaterialien des Web-<br />
Portals gliedern sich in acht Themenfelder:<br />
I. Vor der Nazi-Zeit; II. Nazis an der Macht;<br />
III. Lebenssituation jüdischer Deutscher<br />
– 1933 bis Herbst 1938; IV. Die Novemberpogrome<br />
1938 und die Jahre bis zu den<br />
Deportationen; V. Die Deportationen – Die<br />
gewaltsamen Verschleppungen jüdischer<br />
Deutscher; VI. Mord an den europäischen<br />
Juden; VII. Bewaffneter jüdischer Widerstand<br />
und Rettung verfolgter Juden; VIII.<br />
Befreiung und Danach<br />
links: Familie Katz in<br />
Ostheim bei Hanau im Hof<br />
ihres Hauses um 1930. Das<br />
Ehepaar Katz wurde in<br />
Auschwitz ermordet, ihre<br />
Kinder konnten sich retten.<br />
© Sammlung Monica<br />
Kingreen<br />
Das Pädagogische Zentrum bietet Schulen<br />
die Vorstellung des Web-Portals im Rahmen<br />
einer Fachkonferenz an.<br />
(Mehr Informationen zum neuen Web-<br />
Portal auf Seite 14 in diesem Heft.)<br />
Kontakt<br />
Monica Kingreen<br />
Pädagogisches Zentrum Frankfurt<br />
Tel.: 069.212 742 38<br />
Monica.Kingreen@stadt-frankfurt.de<br />
Hinweis<br />
Bitte beachten Sie auch den Beitrag unserer<br />
Kollegin Türkân Kanbıçak, »Die Rolle des<br />
Antisemitismus im Prozess islamistischer<br />
Radikalisierung. Interreligiöse Bildungsarbeit<br />
in der Migrationsgesellschaft«, auf Seite<br />
58 ff. in diesem Heft.<br />
unten: Gewaltsame Verschleppung vom Hanauer<br />
Hauptbahnhof am 30. Mai 1942.<br />
© Medienzentrum Hanau<br />
Aus dem Institut<br />
Forschungs- und<br />
Editionsprojekt<br />
Fritz Bauer:<br />
Gesammelte Aufsätze<br />
Fritz Bauer ist als der Staatsanwalt<br />
in die Geschichte<br />
der Bundesrepublik eingegangen, der den<br />
Auschwitz-Prozess initiiert und in einer<br />
Vielzahl weiterer Fälle die Verfolgung von<br />
NS-Verbrechen in die Wege geleitet hat.<br />
Daneben hat Bauer zahlreiche Schriften<br />
hinterlassen, darunter mehrere Bücher,<br />
Aufsätze und Zeitungsartikel sowie Interviews.<br />
Er reflektierte in ihnen die geistige<br />
und politische Lage der Bundesrepublik in<br />
der Nachkriegszeit sowie seine Wirkungsmöglichkeiten<br />
als Staatsanwalt bei der Verfolgung<br />
nationalsozialistischer Verbrechen<br />
und formulierte ein kriminalpolitisches<br />
Programm, in welchem er Ziel und Zweck<br />
des Strafrechts grundlegend in Frage stellte.<br />
Bauer hat in diesen Schriften oft für seine<br />
Zeit ungewöhnliche Positionen bezogen, zugleich<br />
zeigen sie, wie verwoben sein Denken<br />
mit dem seiner Zeit war. Sie gewähren<br />
damit einen Einblick in Diskussionen der<br />
frühen Bundesrepublik und zeigen, wie sich<br />
Bauer als Jurist, Remigrant, jüdischer Intellektueller<br />
und Sozialdemokrat einmischte<br />
und Gehör verschaffte.<br />
Gesamtausgabe der Aufsätze<br />
und Vorträge<br />
Abgesehen von den Büchern, die Bauer verfasste,<br />
handelt es sich bei seinen Veröffentlichungen<br />
um kleinere Schriften. Ein Großteil<br />
von ihnen ist in Tageszeitungen oder heute<br />
unbekannten Zeitschriften erschienen. Während<br />
man auf die Bücher auch heute noch<br />
über Bibliotheken unproblematisch zugreifen<br />
kann, sind diese kleinen Schriften Bauers<br />
für die Forschung und das interessierte<br />
Publikum nicht ohne Aufwand auffindbar.<br />
Eine Auswahl seiner Schriften wurde<br />
1998 von Irmtrud Wojak und Joachim Perels<br />
in dem Band Die Humanität der Rechtsordnung<br />
herausgegeben. In diesem mittlerweile<br />
vergriffenen Buch sind die wichtigsten Schriften<br />
Bauers zur Aufarbeitung des NS-Unrechts,<br />
zum Widerstandsrecht, zur Strafrechtsreform<br />
und zu seinen rechtsphilosophischen Grundannahmen<br />
versammelt. Es ist thematisch gegliedert,<br />
der zeitliche Schwerpunkt liegt in den<br />
1960er Jahren. Viele interessante Aspekte von<br />
Bauers Werk konnten in die Auswahl nicht<br />
eingehen, insbesondere fehlen die Schriften,<br />
die Bauer im Exil und in der Zeit unmittelbar<br />
nach der Remigration verfasste.<br />
Gerade diese Schriften sind jedoch interessant.<br />
Bereits in der Weimarer Republik<br />
hat Bauer in Aufsätzen zu philosophischen<br />
und tagesaktuellen Themen Stellung bezogen.<br />
In der Emigration schrieb Bauer bis<br />
1938 für die Allgemeine Zeitung des Judentums,<br />
das Organ des Zentralvereins der Juden<br />
in Deutschland. Zudem bewegte er sich in<br />
exilpolitischen Kreisen, brachte sich aktiv in<br />
die Diskussionen um eine Zusammenarbeit<br />
zwischen SPD und KPD ein, schrieb in der<br />
Exilantenzeitschrift Deutsche Nachrichten<br />
und war Chefredakteur der Exilzeitung Sozialistische<br />
Tribüne. Zurück in Deutschland<br />
konzentrierte er sich in seinen ersten Veröffentlichungen<br />
zunächst auf strafrechtspolitische<br />
Fragen. Diese Schriften ermöglichen<br />
den Blick auf die Brüche in Bauers Biographie,<br />
auf Exil und Remigration als Schlüsselerfahrungen.<br />
Die Tagung »Fritz Bauer in der<br />
deutsch-jüdischen Nachkriegsgeschichte«,<br />
die im Oktober 2012 vom Fritz Bauer Institut<br />
veranstaltet wurde, hat gezeigt, wie wenig<br />
davon hier bislang bekannt ist.<br />
Die Aufgabe einer erneuten Herausgabe<br />
der Schriften Bauers soll es sein, gerade diese<br />
bislang wenig bekannten Schriften zugänglich<br />
zu machen und damit die Vielfalt von<br />
Bauers Denken und Wirken umfassend und<br />
ungefiltert sichtbar zu machen. Ziel ist, eine<br />
möglichst vollständige Sammlung der Schriften<br />
Bauers der Öffentlichkeit zur Verfügung<br />
zu stellen. Die Bücher sollen im Rahmen<br />
dieses Publikationsprojekts unberücksichtigt<br />
bleiben, da ihre Verfügbarkeit über Bibliotheken<br />
gewährleistet ist. Die Kommentierung<br />
soll aus rechts- und zeitgeschichtlicher Perspektive<br />
geschehen. Sie soll den Zugang zu<br />
den Texten Bauers aus unterschiedlichen Disziplinen<br />
und Zusammenhängen ermöglichen.<br />
Bauer kann als SPD-Mitglied, als Rechtsreformer,<br />
als Sozialpolitiker, als Angehöriger<br />
der Justiz, als Rechtshistoriker, als Jude und<br />
Remigrant in verschiedene historische Kontexte<br />
gesetzt werden. Die Kommentierung<br />
soll keinen dieser Zugänge ausschließen und<br />
dennoch schlank gehalten werden.<br />
Das Projekt wird gefördert durch die<br />
Gerda Henkel Stiftung.<br />
Projektteam<br />
› Dr. Lena Foljanty, Rechtshistorikerin<br />
am Max Planck Institut für Europäische<br />
Rechtsgeschicht<br />
› Dr. David Johst, Zeithistoriker an der Universität<br />
Halle<br />
94 Pädagogisches Zentrum<br />
<strong>Einsicht</strong> <strong>13</strong> Frühjahr 2015 95