Einsicht-13
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Einsicht-13
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Inwieweit hat die Shoah mit ihren Folgen, hat das<br />
Naziregime mit seinen Auswirkungen die Identitäten<br />
der dreißig Frauen und Männer geprägt, die in diesem<br />
Buch Einblick in ihre Lebensgeschichte geben? Worüber<br />
haben sie nachgedacht, als sie nach ihrer Identität<br />
gefragt wurden? Identität auch in dem Zusammenhang,<br />
unausweichlich durch die Herkunft an eine der beiden<br />
Seiten gebunden zu sein: Beidseits von Auschwitz.<br />
Nachkommen von Verfolgten – Nachkommen von<br />
Verfolgern.<br />
Auch wenn im Hinblick auf die Verfolgten und deren<br />
Nachkommen die jüdische Seite hier im Fokus steht,<br />
so wollten wir doch eine weitere Gruppe zu Wort<br />
kommen lassen. Es gelang uns, den Künstler Alfred<br />
Ullrich, einen Sinto, dessen Mutter den Porajmos<br />
(das „Große Verschlingen“) überlebt hat, für unser<br />
Buch zu gewinnen. Mit Bedacht wurde ans Ende des<br />
Buches ein Beitrag aus dem Kontext des politischen<br />
Widerstands gesetzt.<br />
Neuerscheinung Frühling 2015<br />
ISBN 978-3-929905-34-2<br />
21,50 € (D)<br />
„Ehrenfried & Cohn“ Roman von Uwe Westphal, Berlin Hausvogteiplatz 1935 – gute Freunde werden über<br />
ISBN 978-3-929905-33-5, 186 Seiten, 18,00 € Nacht zu Feinden. Profit durch Arisierung in der Modeindustrie<br />
„Coco“ Buch mit Musik-CD „Solange ich Musik mache, habe ich keine Zeit alt zu werden“ (Coco Schumann)<br />
ISBN 978-3-929905-30-4, 36 Seiten, 15,00 €<br />
„Mein erstes jüdisches Bilderbuch“ Kinderleicht das Judentum verstehen. Ein Gewinn auf dem Kinderbuchmarkt<br />
ISBN 978-3-929905-27-4, 12 Seiten, schadstofffreier Karton, abgerundete Ecken, mit roter Kordel gebunden, 14,90 €<br />
„Sisyphos’ Erbe – Von der Möglichkeit schulischen Gedenkens“ Karin Weimanns umfassende Dokumentation<br />
ISBN 978-3-929905-28-1, 624 Seiten, 21,50 €<br />
„Lichtigs herrliche Postkarten – eine Judaica Edition“ 15 Postkarten mit <strong>13</strong> Motiven<br />
ISBN 3-929905-26-4, 14,90 €<br />
„Schabbat ha-Malka – Königin der Jontefftage & Git Schabbes, Dvorale!“ Zwei Erzählungen über den Schabbat<br />
ISBN: 3-929905-24-8, 50 Seiten, 14,90 €<br />
Editorial<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
am 8. Mai 1945 endete mit der bedingungslosen<br />
Kapitulation des Deutschen<br />
Reiches der von Deutschland entfesselte<br />
Zweite Weltkrieg auf den europäischen<br />
Kriegsschauplätzen. Bereits seit<br />
der verlorenen Schlacht um Stalingrad<br />
Anfang Februar 1943 hatten sich die<br />
Wehrmacht und ihre Verbündeten an<br />
der Ostfront in der Defensive befunden.<br />
Der von Reichspropagandaminister<br />
Joseph Goebbels umgehend proklamierte<br />
»totale Krieg« und alle Rüstungsanstrengungen<br />
konnten aber weder die Landung der Alliierten<br />
in der Normandie im Juni 1944 verhindern noch, dass amerikanische<br />
Truppen im Oktober 1944 mit Aachen die erste deutsche Großstadt<br />
eroberten und im selben Monat erstmals Einheiten der Roten Armee<br />
ostpreußischen Boden betraten. Im Frühjahr 1945 kämpften sich die<br />
alliierten Armeen schließlich unaufhaltsam ins Innere des Deutschen<br />
Reiches vor, während eine deutsche Großstadt nach der anderen unter<br />
den Bombenangriffen in Schutt und Asche versank; im April 1945<br />
begann schließlich die Schlacht um die Reichshauptstadt Berlin.<br />
Die Endphase des »Dritten Reiches« führte zur weiteren Entgrenzung<br />
der Gewalt – vor allem gegen die einheimische Bevölkerung<br />
in den besetzten Gebieten, gegen KZ-Häftlinge, Zwangsarbeiter,<br />
Kriegsgefangene, aber auch gegen deutsche »Volksgenossen«, die<br />
sich etwa dem »Volkskrieg« gegen die Feinde des Reiches entzogen.<br />
Die Täter waren Angehörige von Gestapo, Polizei, Wehrmacht, SA<br />
und SS, aber auch deutsche Bürger, die sich dem unaufhaltsamen Ende<br />
des NS-Regimes meinten entgegenstellen zu müssen und die ihrer Verachtung<br />
nicht nur gegenüber Kriegsgefangenen und Zwangsarbeitern,<br />
sondern auch gegenüber Wehrmachtdeserteuren freien Lauf ließen.<br />
Die vorliegende Nummer der <strong>Einsicht</strong> behandelt in ihrem Themenschwerpunkt<br />
diese so genannten »Endphasenverbrechen«. In<br />
den vergangenen Jahren sind zahlreiche Studien hierzu erschienen.<br />
Einige der maßgeblichen Experten haben Beiträge zu diesem Heft<br />
beigesteuert. Sven Keller befasst sich einleitend mit der Gewalt<br />
gegen Verweigerer des »Volkskriegs« im Frühjahr 1945. Er nimmt<br />
hierbei die Verfolgung von Personen in den Blick, die »weiße Fahnen«<br />
gehisst hatten und für die friedliche Übergabe von Ortschaften<br />
an feindliche Kampfverbände verantwortlich waren, letztlich aber<br />
<strong>Einsicht</strong> <strong>13</strong> Frühjahr 2015<br />
doch noch in die Hände der Wehrmacht oder SS fielen. Claudia Bade<br />
untersucht Denunziationen a m Kriegsende. Häufige Anlässe hierfür<br />
waren »Rundfunkverbrechen« (das Abhören von »Feindsendern«)<br />
und der verbotene Umgang mit Kriegsgefangenen und ausländischen<br />
Zivil- und Zwangsarbeitern. Sybille Steinbacher beschreibt die<br />
Befreiung des Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz.<br />
Dieser Beitrag geht auf ihren Vortrag zum 70. Jahrestag der Befreiung<br />
von Auschwitz am 27. Januar 2015 in der Goethe-Universität Frankfurt<br />
am Main zurück. Daniel Blatman befasst sich mit den Todesmärschen,<br />
auf die die SS die KZ-Häftlinge bei der Aufgabe der Lager<br />
angesichts der näher rückenden feindlichen Truppen zwang. Edith<br />
Raim schließlich skizziert die ersten Nachkriegsprozesse gegen Täter<br />
dieser Endphasenverbrechen. Der Themenschwerpunkt zur Endphase<br />
des NS-Regimes und ausgewählten Aspekten der unmittelbaren<br />
Nachkriegszeit wird in der Herbst-Ausgabe der <strong>Einsicht</strong> fortgesetzt.<br />
Im Mai 2015 werden in der Wissenschaftlichen Reihe des Fritz<br />
Bauer Instituts die wichtigsten Plädoyers von Henry Ormond veröffentlicht.<br />
Der Anwalt Norbert Wollheims im Prozess gegen die<br />
I.G. Farben war in späteren NS-Prozessen der Vertreter der Nebenklage<br />
vieler Opfer. Die Ausstellung »Fritz Bauer. Der Staatsanwalt.<br />
NS-Verbrechen vor Gericht« wird derzeit im Heidelberger Landgericht<br />
gezeigt, danach wird sie im Landgericht Tübingen zu sehen<br />
sein. Weitere Stationen sind geplant.<br />
Das Fritz Bauer Institut trauert um Prof. Dr. Jiří Kosta, der im<br />
Alter von 94 Jahren verstorben ist. Kosta war Mitglied im Rat der<br />
Überlebenden des Holocaust unseres Instituts.<br />
Diese Ausgabe unseres Bulletins, dessen Themenschwerpunkt maßgeblich<br />
von Jörg Osterloh betreut wurde, ist die letzte, die noch im<br />
Rahmen meiner Institutsleitung erscheint. Ich möchte daher den<br />
Leserinnen und Lesern für ihr großes Interesse an dieser Publikation<br />
und an der Arbeit des Fritz Bauer Instituts danken. Danken<br />
möchte ich vor allem den Gremien, die das Institut unterstützen,<br />
und ganz besonders den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern für die<br />
sehr produktive und gute Zusammenarbeit. Wir haben in den letzten<br />
acht Jahren versucht, in der <strong>Einsicht</strong> die neueren Entwicklungen<br />
der Holocaustforschung zu dokumentieren. Die Bedeutung, die der<br />
Erinnerung an den Holocaust in der Gegenwart zukommt, ist in dieser<br />
Zeit eher noch gewachsen. Zugleich ist die Gegenläufigkeit der<br />
Gedächtnisse deutlicher hervorgetreten. In einer solchen Situation<br />
kann einer Historiographie, die sich an Forschungsfragen orientiert,<br />
eine Schlüsselrolle zukommen.<br />
Ich wünsche dem Institut eine weiterhin gute Entwicklung und<br />
viele neue pädagogische und forscherische <strong>Einsicht</strong>en in der schwierigen<br />
Auseinandersetzung mit der Shoah und ihren Folgen bis in<br />
unsere Gegenwart hinein.<br />
Prof. Dr. Raphael Gross<br />
Frankfurt am Main, im März 2015<br />
Foto: Helmut Fricke, Frankfurter Allgemeine Zeitung<br />
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