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Westminster Abi 2010 - Dortmunder & Schwerter Stadtmagazine

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Von Ballonen und anderen Luftnummern<br />

Manchmal ist es richtig schade,<br />

dass diese Rubrik „Politik in<br />

Dortmund“ heißt. Schauen Sie, es<br />

gab in den letzten zwei Monaten<br />

so schöne Ereignisse, über die es<br />

sich zu schreiben lohnt, aber im<br />

Folgenden geht es mal wieder um<br />

etwas, das mit Schönheit nur sehr<br />

begrenzt zu tun hat.<br />

Kaum hatte der Mai begonnen,<br />

kam die Kulturhauptstadt endlich<br />

dort an, wo sie hingehört: bei den<br />

Menschen! Denn eine Woche lang<br />

– aufgehalten nur durch das<br />

schlechte Wetter – schwebten im<br />

gesamten Ruhrgebiet über 300<br />

große und mit Helium gefüllte<br />

Ballone über ehemaligen Schachtanlagen<br />

und erinnerten an die<br />

bergbauliche Vergangenheit unserer<br />

Region. Auch Dortmund beteiligte<br />

sich und hatte mit gut 30<br />

Ballonen nach Essen und Bochum<br />

die meisten „SchachtZeichen“.<br />

Nur eine Woche später folgte mit<br />

!Sing – Day of Song das nächste<br />

Großprojekt der RUHR.<strong>2010</strong>.<br />

Rund 1.000.000 Menschen machten<br />

aus dem Ruhrgebiet einen großen<br />

Konzertsaal und intonierten<br />

neben dem Steigerlied auch die<br />

Kulturhauptstadt-Hymne von<br />

Herbert Grönemeyer. Während<br />

12<br />

OB Ullrich Sierau auf dem Alten<br />

Markt mitsang, gaben diverse<br />

Chöre auf den anderen Plätzen in<br />

der <strong>Dortmunder</strong> Innenstadt un-<br />

So schön ist unsere Stadt: Blick vom Deusenberg auf den Hafen und den<br />

Hammerkopfturm der Zeche Minister Stein.<br />

terschiedlichste Musikstile zum<br />

Besten. Kaum waren die Gesänge<br />

verhallt, hielt ein bis dahin ungewohnter<br />

Summton Einzug in<br />

deutsche Wohnzimmer: das nervtötende<br />

Gedröhne der so genannten<br />

Vuvuzelas wird vermutlich<br />

lange im Gedächtnis bleiben, auch<br />

wenn in Südafrika längst kein Ball<br />

mehr rollen wird... Apropos nervtötend,<br />

da wären wir wieder bei<br />

der Politik. Anfang Mai waren wir<br />

mal wieder aufgerufen, einen<br />

Oberbürgermeister zu wählen.<br />

Zählt man alle Wahlen zusammen,<br />

haben wir innerhalb der<br />

letzten zwölf Monate sage und<br />

schreibe neun Stimmen abgegeben!<br />

Sowas nennt man wohl Demokratie<br />

XXL. Die Menschen in<br />

Brackel gaben sogar noch eine<br />

Stimme mehr ab, so dass zu befürchten<br />

steht, der eine oder andere<br />

im <strong>Dortmunder</strong> Osten sei mittlerweile<br />

heiser.<br />

Die Ergebnisse der OB- und der<br />

Brackeler BV-Wahl zeigten zudem,<br />

dass ein erneuter Gang zur<br />

Urne irgendwie überflüssig war.<br />

Ullrich Sierau gewann einmal<br />

mehr deutlich gegen seinen Kontrahenten<br />

Joachim Pohlmann<br />

und die BV Brackel erlebte ebenfalls<br />

keine nennenswerten Veränderungen.<br />

Am Wahlabend war im<br />

Rathaus immer wieder die Legende<br />

vom roten Besenstiel zu vernehmen<br />

und dass die <strong>Dortmunder</strong><br />

auch ihn wählen würden, falls<br />

er denn Sozialdemokrat sei. Vermutlich<br />

ist diese Erklärung des<br />

CDU-Wahl-Debakels an jenem 9.<br />

Mai ein wenig kurz gegriffen. Natürlich<br />

ist es schwer, die Jahrzehnte<br />

dauernde Herrschaft der SPD<br />

zu brechen, doch gibt sich die<br />

CDU auch alle Mühe, auf immer<br />

und ewig die nörgelnde Nicht-Alternative<br />

zu sein. Erinnert sei an<br />

dieser Stelle an Frank Hengstenberg<br />

und seinen Wechsel zur<br />

EDG.<br />

Der desolate Zustand der <strong>Dortmunder</strong><br />

CDU wird aber auch<br />

deutlich, wenn man sich die Ergebnisse<br />

der Landtagswahl anschaut.<br />

Raten Sie mal, wie viele<br />

Christdemokraten aus Dortmund<br />

in den Landtag gewählt wurden.<br />

Die ganze Stadt sang: der Day of Song auf dem Platz von Netanya.<br />

Genau, es sind 0! Die einzige<br />

<strong>Dortmunder</strong> CDU-Abgeordnete,<br />

Claudia Middendorf aus Hörde,<br />

musste das Landesparlament genauso<br />

schnell verlassen, wie sie<br />

hineingerutscht war; hier passt<br />

das Sprichwort mit der Jungfrau<br />

und dem Kinde. Und auch die<br />

restlichen CDU-Leute hatten gegen<br />

ihre SPD-Konkurrenz nicht<br />

den Hauch einer Chance. Dies allein<br />

auf die <strong>Dortmunder</strong> CDU zu<br />

schieben wäre ungerecht; das<br />

Schwarz-Gelbe Chaos in Berlin<br />

und die Überheblichkeit des Kohl-<br />

Ziehsohns Jürgen Rüttgers, der<br />

sich höchst selbst zum Arbeiterführer<br />

stilisiert hatte und im Januar<br />

an der Hauptschule in Hörde<br />

ein Loblied auf die dem Untergang<br />

geweihte Schulform sang,<br />

taten ihr Übriges dazu. Noch ein<br />

Wort zum doppelten OB-Kandidaten<br />

der CDU, Joachim Pohlmann.<br />

Joachim Pohlmann ist unheimlich<br />

sympathisch, ausge-<br />

sprochen intelligent und gebildet<br />

und kreuzanständig. Und genau<br />

dies sind drei Gründe, die gegen<br />

eine Karriere in der Politik sprechen.<br />

Vielleicht ist Joachim Pohlmann<br />

so etwas wie der <strong>Dortmunder</strong><br />

Horst Köhler: ambitioniert,<br />

das Richtige zu tun und die Stadt<br />

nach vorne zu bringen; Denkanstöße<br />

zu geben und zu verändern;<br />

Sachverstand dort walten zu lassen,<br />

wo sonst der Klüngel bestimmt.<br />

Das konnte nicht gut gehen.<br />

Erst recht nicht, wenn der<br />

Rückhalt innerhalb der Partei<br />

nicht vorhanden ist. Schade! Pohlmann<br />

hätte der Stadt – in welcher<br />

Position auch immer - gut tun<br />

können, die Stadt hat ihm aber<br />

nicht gut getan.<br />

Wie aus dem Nichts erreichte uns<br />

Mitte Mai eine Nachricht, die das<br />

so genannte bürgerliche Lager zutiefst<br />

erschütterte. FDP-Frontfrau<br />

Annette Littmann erklärte ihren<br />

sofortigen Rückzug aus der Politik.<br />

Als Erklärung nannte sie private<br />

Gründe; Familie, Beruf und<br />

Politik ließen sich nicht mehr unter<br />

einen Hut bekommen. Was<br />

dies bedeutet, wurde in der Ratssitzung<br />

Ende Mai deutlich. Während<br />

seiner zweiten Antrittsrede<br />

stockte OB Ullrich Sierau, blickte<br />

nach rechts und fragte spitzbübisch:<br />

„Warum ist es hier heute<br />

eigentlich so ruhig? Wo ist denn<br />

Frau Littmann? Ach ja, die ist arbeiten!“

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