36 „Eine halbe Stunde später bin ich in den Hügeln am Rand der Stadt. Dort oben, wo ein frischer Wind weht und die feinen Leute zu hause sind.“ Dwight Mc Carthy
Comics einfach so sehr geliebt, und ich wusste, ich musste diesen Stoff verfilmen. Denn jeder andere würde ihn einfach nur verpfuschen.“ Was Rodriguez an den Büchern mehr als alles andere faszinierte, war ihr Bildstil: Miller zeichnet in reinem Schwarz-Weiß. Wie bei seinen Charakteren gibt es keine Schattierungen. Keine Graustufen. Er erzählt Geschichten von entstellten Mördern, Prostituierten, rachsüchtigen Cops und korrupten Politikern. Im ersten „Sin City“-Streifen brachte Rodriguez 2005 den Dreck und das Blut von Millers Zeichnungen auf die Leinwand, indem er dem Publikum knallhartes Schwarzweiß mit partiellen Kolorierungen zumutete. Ein mutiger Schritt, dennoch sagt Rodriguez: „Im ersten Film wollte ich es nicht auf die Spitze treiben. Ich dachte, die Leute würden es nicht verstehen. Doch dann meinten sie, es sei visuell bahnbrechend. Und ich dachte nur: Oh mein Gott, ich bin ja noch nicht mal annähernd in die Vollen gegangen.“ Auf „Sin City“ folgte unter anderem die Double-Feature-Zusammenarbeit „Grindhouse“ mit Quentin Tarantino; kommerziell gesehen ein Misserfolg, für Rodriguez führte sie immerhin zu zwei Spin-offs, den kitschig-kultigen Streifen „Machete“ und „Machete Kills“. Doch jedes Mal, wenn er sein Troublemaker-Büro betrat, fiel sein Blick auf die hinter seinem Schreibtisch aufgereihten Ausgaben von Frank Millers Comicromanen. Nach fast zehn Jahren wollte Rodriguez endlich wieder nach „Sin City“ zurückkehren. Die Arbeiten an „Sin City 2“ begannen mit einem Anruf: Rodriguez wählte die Nummer von Jessica Alba, die im ersten „Sin City“-Streifen die exotische Tänzerin Nancy Callahan gespielt hatte. Er bat sie, bei ihm in den Studios vorbeizuschauen. Sechs Monate vor Drehbeginn von „Sin City 2“ erhielt sie das Skript und fing an, mit einem Choreographen die diversen Tänze der Nancy Callahan einzustudieren. Als sie bereit war, war ihre Arbeit in Austin eine Sache weniger Tage. „Robert erledigt einfach alles wahnsinnig schnell“, sagt sie. „Und dabei bleibt er wirklich gelassen und freundlich.“ Außer Alba hatte Rodriguez noch keine weiteren Schauspieler gecastet, als er zu drehen begann. „Wenn man sein eigenes Studio hat, braucht man niemanden um Erlaubnis zu fragen, wenn man loslegen will“, sagt er. „Sobald der Zug die Station verlässt, springen die Leute ohnehin auf.“ Und tatsächlich: Innerhalb weniger Tage befanden sich zwei weitere Stars an Bord des Zugs: Eva Green, sie verkörpert die im Titel genannte Dame to kill for. Und Joseph Gordon-Levitt, der einen Glücksspieler auf geheimnisvoller Mission darstellt. Als er den ersten Teil von „Sin City“ machte, war Rodriguez einer der Pioniere der Greenscreen- „Ich interessiere mich nicht für Hollywood. Und Hollywood interessiert sich nicht für mich.“ Technik, bei der die Schauspieler vor blankem Hintergrund gefilmt werden und die Umgebung erst während der Nachbearbeitung der so gedrehten Szenen digital hinzugefügt wird. Rodriguez’ Greenscreen-Kulisse in den Troublemaker Studios ist gewaltig: ein höhlenartiges Set von der Größe einer Fabrikshalle, komplett in einem Tropisches-Insekt-Neongrün gestrichen. Für Leute, die noch nicht mit dieser Technik gearbeitet haben, kann es eine ziemlich heftige Erfahrung sein. „Als Josh Brolin auftauchte, fragte er: ‚Wo ist Mickey Rourke?‘, und ich sagte: ‚Mit seinen Aufnahmen bin ich schon fertig‘“, erinnert sich Rodriguez. „Er war völlig vor den Kopf gestoßen: ‚Alle meine Szenen sind doch mit Mickey?! Wir trinken was zusammen, er fährt mich in Autos rum!‘, und ich sag nur: ‚Ich weiß.‘“ Die Story von „Sin City 2: A Dame to Kill For“ verbindet gleich vier von Millers Geschichten – zwei zuvor unveröffentlichte, den titelgebenden Comicroman und den Band „<strong>The</strong> Long Bad Night“. Die Fortsetzung greift vieles vom Charakter des ersten Teils auf; doch Rodriguez möchte, dass diesmal alles größer, heftiger und noch näher am „Shock and Awe“-Stil von Millers Werk ist, er soll zugleich erschrecken und faszinieren. Der Film hält an der Schwarz-Weiß-Gewichtung des Originals fest – allerdings erscheint er dieses Mal in 3-D. „Ich wollte weiter in Richtung dessen gehen, was die Bücher ursprünglich geboten haben“, sagt Rodriguez. „Wenn man etwas so Außergewöhnliches hat, dann möchte man dem auch gerecht werden.“ Und dennoch blieb er seinem Ruf gerecht: Für die Filmaufnahmen brauchte Robert Rodriguez 35 Tage. Das ist ein Drittel der Zeit, die normalerweise für einen Sommer-Blockbuster mit großem Budget benötigt wird. www.sincity-2.com FORTSETZUNG FOLGT …