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getan habe. Dass ich mich schon x-mal<br />
von dieser Stelle abgeseilt habe. Dass<br />
ich jeden Stein und jeden Strudel<br />
kenne. Dass ich vor jedem Sprung zur<br />
Sicherheit einen Tauchgang an der<br />
Landestelle mache, auch wenn ich da<br />
schon oft gefahrlos gelandet bin.“<br />
Verboom hat eine verspielte, draufgängerische<br />
Seite, aber er ist auch ein<br />
kühler Stratege.<br />
Das gilt nicht nur für seine unmittelbaren<br />
sportlichen Ziele, sondern auch<br />
für den Masterplan, mit dem er Freestyle-Canyoning<br />
als neue Extremsportart<br />
etablieren will. Vor drei Jahren<br />
scharte er eine Crew aus ehemaligen<br />
Cliffdivern, Freerunnern und Kunstturnern<br />
um sich – das „deap“-Team.<br />
2012 zog er Sponsoren an Land, drehte<br />
mit der deap-Crew „<strong>The</strong> Beginning“<br />
und stellte schwindelerregende Trailer<br />
auf YouTube. Jetzt veröffentlicht er<br />
seinen zweiten Film „Continue“. Und<br />
als Nächstes will er professionelleres<br />
Equipment für Canyonauten entwerfen<br />
und herstellen lassen.<br />
„Ich meine, sieh uns doch an“,<br />
sagt er und breitet die Arme aus, „wir<br />
sehen aus wie Clowns. Neoprenanzüge<br />
von Tauchern, Helme von Wakeboardern,<br />
Gurtzeug von Kletterern<br />
und nichts davon ideal für unsere<br />
Ansprüche.“<br />
Präzisionslandung<br />
„Den meisten Spaß macht es“, sagt<br />
Warren Verboom, „wenn man in einem<br />
Run mehrere Elemente kombiniert.“<br />
Diesmal steht er achtzehn Meter<br />
oberhalb des Beckens und blickt von<br />
einer waagrechten Platte auf den Wasserfall,<br />
der rechts neben ihm ins Tal<br />
donnert. Er stößt sich ab und springt,<br />
die Beine voran, drei Meter weit in<br />
eine glatt gewaschene Rinne, die wie<br />
die Abenteuerrutsche im Freibad fast<br />
senkrecht nach unten führt.<br />
Um die Aufprallenergie zu verteilen,<br />
muss er in der Rinne gleichzeitig auf<br />
Schultern, Rücken und Beinen aufschlagen<br />
und dabei den Kopf anheben.<br />
„Etwa so“, sagt er, „wie ein Judoka<br />
beim Schulterwurf.“<br />
Verboom gelingt es, genau an der<br />
richtigen Stelle zu landen:<br />
Etwas weiter oben ist es zu flach<br />
und etwas weiter unten zu steil.<br />
Etwas weiter links ist eine scharfe<br />
Kante.<br />
Und etwas weiter rechts würde es<br />
ihn aus der Rinne katapultieren.<br />
Wenn er nicht<br />
genug Speed<br />
draufhat, schlägt<br />
er gegen einen<br />
Fels.<br />
Er übt die Präzision seiner Tricks<br />
im Schwimmbad und am Trampolin,<br />
denn im Wasserfall ist kein Platz mehr<br />
für Fehler.<br />
Die Rinne spült ihn mit dem<br />
reißenden Wasser ein paar Meter weit<br />
nach unten und katapultiert ihn dann<br />
über einen Kicker. Wenn er jetzt<br />
nicht genug Speed draufhat, schlägt<br />
er gegen einen Fels. Doch Verboom<br />
wird weit hinaus in die Luft geschleudert,<br />
zeigt noch einen Gainer Grab Flip<br />
und taucht dann in das große Becken,<br />
in dem der Wasserfall am Ortsrand<br />
von Osogna mündet.<br />
Als er aus dem Wasser klettert,<br />
muss er ständig nach oben schauen.<br />
„Dort oben, dieser andere Felsvorsprung“,<br />
sagt er.<br />
Wenn er von dem rückwärts<br />
abspringen würde, dann könnte sich<br />
vor der Landung in der Rinne noch ein<br />
Cork ausgehen.<br />
„Das traust du dich nie“, sagt der<br />
kleine Junge in ihm.<br />
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