OPAC 2015 02
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Pavol Rankov<br />
Es geschah am ersten September<br />
(oder ein andermal)<br />
Klagenfurt, Wieser Verlag, <strong>2015</strong>. 517 Seiten.<br />
ISBN 978-3-99<strong>02</strong>9-132-0<br />
Der Roman des slowakischen Autors Pavel Rankov wurde<br />
2009 mit dem Literaturpreis der Europäischen Union<br />
ausgezeichnet und mittlerweile in acht Sprachen übersetzt. Die<br />
deutsche Übersetzung ist vergangenen Herbst im Klagenfurter<br />
Wieser Verlag erschienen. Es ist ein höchst lesenswertes Buch,<br />
das 30 Jahre europäischer Geschichte voller dramatischer Ereignisse<br />
und politischer Umwälzungen am Beispiel dreier Freunde<br />
aus drei Nationalitäten beschreibt. 1938, kurz vor dem Ausbruch<br />
des Kriegs leben die drei in der südslowakischen Stadt Levice, und<br />
ihre Interessen gelten weniger der sich anbahnenden Katastrophe<br />
als einem Mädchen namens Maria, in das alle drei verliebt<br />
sind. Die Protagonisten sind der Tscheche Jan, den es nach Palästina<br />
und dann nach Amerika verschlägt, was den Geheimdienst<br />
nicht hindert, ihm anhaltende Avancen zu machen. Peter, der mit<br />
ungarischen Wurzeln und dem schier unerschütterlichen Glauben<br />
an die Reformierbarkeit des Sozialismus ausgestattet ist, und<br />
der zuweilen etwas naiv agierende Gabriel, der sich nur dann als<br />
Jude fühlt, wenn jemand auf die Juden schimpft. Verbindende<br />
Klammer bleibt über die 30 Jahre Maria.<br />
Sehr nützlich: ein Glossar, das die wichtigsten historischen Namen<br />
und Fakten erklärt.<br />
Maria Matios<br />
Mitternachtsblüte<br />
Innbruck, Haymon, <strong>2015</strong>. 224 Seiten.<br />
ISBN 978-3-7099-7163-5<br />
„Das ist doch nicht gut, Kind. Ein Mädel soll lange Haare<br />
haben und einen kurzen Verstand. Doch bei dir ist alles<br />
anders … alles.“ In einer Welt, die geprägt ist von magischen und<br />
mythischen Geschichten, von Volks- und Aberglauben, findet das<br />
Mädchen Iwanka in ihrer Fantasiewelt Erklärungen für die Geschehnisse<br />
in ihrer Umgebung. Sie lebt in einem bukowinischen<br />
Dorf und es ist die Zeit der 30er Jahre. Iwanka beobachtet das<br />
bunte Miteinander von Ukrainern, Juden und anderen Volksgruppen<br />
und lernt rasch, was gut ist und was böse.<br />
Das gewohnte friedliche Leben ist vorbei, als eines Tages die „roten<br />
Kommissare“, die Russen einmarschieren, und bald darauf<br />
Deutsche und Rumänen.<br />
Maria Matios, eine der bedeutendsten, 1959 in der Bukowina geborene,<br />
Autorinnen der heutigen Ukraine, beschreibt die dramatische<br />
Geschichte der Ukraine während des Zweiten Weltkriegs aus<br />
der Perspektive jenes Mädchens. Eine bewegende Schilderung,<br />
die einen tiefen Einblick gibt in ein Land, das gar nicht so weit<br />
entfernt und historisch eng verbunden lange Zeit aus unserem<br />
Blick verschwunden war.<br />
Reinhard Kaiser-Mühlecker<br />
Zeichnungen.<br />
Drei Erzählungen<br />
Frankfurt, M., S. Fischer, <strong>2015</strong>.<br />
300 Seiten.<br />
ISBN 978-3-10-0<strong>02</strong>407-7<br />
Dem Dunklen und den schier unentrinnbaren<br />
Verflechtungen menschlicher<br />
Lebensschicksale wendet sich<br />
Reinhard Kaiser-Mühlecker auch in<br />
seinem bereits sechsten Buch zu. Der<br />
Band versammelt drei in sich geschlossene<br />
Geschichten von jeweils etwa<br />
100 Seiten. In jeder der drei Erzählungen<br />
geht es um eine Art schuldhaftes<br />
Geheimnis, einen „fürchterlichen Fehler“,<br />
wie in der dritten Erzählung, die<br />
dem Buch den Titel gibt. Sie erzählt<br />
die Lebensgeschichte eines Mannes,<br />
der sein Zuhause verlässt und sich auf<br />
eine vage Zukunft ohne Aufgabe und<br />
Ziel einlässt, als ein Gerücht die Runde<br />
macht, sein Vater wäre nicht sein wirklicher<br />
Vater.<br />
Die erste Erzählung trägt den Titel<br />
„Spuren“ und handelt vom tiefen Absturz<br />
des Ich-Erzählers, den ein neuer<br />
Job schließlich auf die Spur seiner eigenen<br />
Herkunft bringt.<br />
Die zweiten Erzählung „Male“ spielt in<br />
dem aus nur wenigen Häusern bestehenden<br />
Voralpendorf namens Schwan.<br />
Man findet sich wieder in der vom Autor<br />
bereits eindrucksvoll in seinen Romanen<br />
„Roter Flieder“ und „Schwarzer<br />
Flieder“ erzählten Familiengeschichte<br />
des Ferdinand Goldberger.<br />
Eindrucksvoll, wie unaufgeregt Kaiser-Mühlecker<br />
sich als Erzähler zeigt.<br />
Selbst das Schweigen der Männer, die<br />
nebeneinander auf Stühlen sitzen und<br />
auf den See blicken, wirkt beredt. Der<br />
Autor nimmt seine Leserschaft mit in<br />
die Wirtshausstuben und in die Landschaften:<br />
die äußeren – in der Heimatregion<br />
des Autors – und in die dunklen<br />
inneren Landschaften der Seele. Und<br />
immer geht es um Herkunft, um seelische<br />
Heimatlosigkeit – und die Suche<br />
nach dem Woher und Wohin.<br />
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