OPAC 2015 02
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filmtipps<br />
von Gregor Neuböck<br />
Drei Eier im Glas.<br />
Antonin Svoboda<br />
Coop99 Filmproduktion, <strong>2015</strong>.<br />
92 Minuten, ab 14 Jahren.<br />
Christoph Grissemann (Dragan Kuhl),<br />
Dirk Stermann (Bernhard Schweinhammer) und<br />
Heinz Strunk (Michael Kiesel) sind die Protagonisten<br />
im neuen Film von Antonin Svoboda. Die drei<br />
Sonderlinge sind alle mitten in der schönsten Midlife-Crisis.<br />
Mehr oder weniger gescheitert in Beruf<br />
und Familie führt sie der Zufall in eine nicht gerade<br />
friktionsfreie Wohngemeinschaft.<br />
Da ist z.B. Schweinhammer, der sich gerne Barney<br />
nennen lässt, schwelgt gerne in Erinnerung an<br />
seine Jugendzeit als begehrtes Haarmodel. Heute<br />
muss er sich allerdings mit dubiosen Treppenlift-<br />
Spots durch‘s Leben schlagen. Um an frisches Geld<br />
zu gelangen, beschließt er sein Saxophon zu versetzen<br />
und landet prompt in der schon in die Jahre<br />
gekommenen Musikalienhandlung von Michael<br />
Kiesel. Der hat es auch nicht leicht und versucht<br />
all sein Unglück mit Alkohol zu ertränken. Kaum<br />
Kundschaft im Laden, eine unerfüllte Liebe zu Heidrun<br />
Fröhlich (Ursula Strauss), aber dafür einen<br />
schwerkranken, pflegebedürftigen Vater (Wolfgang<br />
Hübsch), der ihn den ganzen Tag tyrannisiert,<br />
sind sein täglich Brot. Selbst ein begnadeter Saxophonist<br />
versucht er mit seinem Marketingkonzept<br />
„Sax Up Your Life“, einem Anfängersaxophonkurs<br />
für Singles, Kundschaft anzuziehen.<br />
Und da ist dann noch Dragan Kuhl, ein Unternehmer<br />
der ein Reisebüro betreibt und sich darauf<br />
spezialisiert hat Reisen zur Realisierung bizarrster<br />
Urlaubsträume auf den Spuren von Tod und Zerstörung<br />
zu organisieren, die zu Orten möglichst<br />
grausamer Verbrechen führen, den sogenannten<br />
„Dark Tourism-Trips“. Dragan lebt alleine in einer<br />
riesigen Villa und spielt Pingpong in den ausgedehnten<br />
Fluren, seitdem seine Mutter (Ingrid<br />
Burkhardt als „Ribiselmörderin“) seinen Vater gemeinsam<br />
mit seiner Geliebten getötet hat.<br />
Beim Saxophonspielen kommen sich die drei näher<br />
und beschließen gemeinsam in der Villa zusammenzuziehen.<br />
Dort fließt dann viel Alkohol,<br />
der zu tiefsinnigen existenzialistisch angehauchten<br />
Diskussionen führt und plötzlich nimmt das<br />
Leben der traurigen drei Ritter doch noch eine unerwartete<br />
Wendung.<br />
Wer Stermann und Grissemann mag, wird auch<br />
diesen Film lieben und weiß auf welche Art von<br />
Humor man sich einstellen muss.<br />
Unter Blinden – Das extreme Leben<br />
des Andy Holzer.<br />
Eva Spreitzhofer<br />
Epofilm Produktion, <strong>2015</strong>.<br />
90 Minuten, ohne Altersangabe.<br />
Andy Holzer ist der einzige blinde Extrembergsteiger<br />
der Welt. Mittlerweile hat er 6 Achttausender<br />
bestiegen und gilt als Ausnahmetalent<br />
in der Szene. Erst neulich scheiterte sein Versuch<br />
den Mount Everest zu besteigen durch das tragische<br />
Erdbebenunglück in Nepal.<br />
Unter der Regie von Eva Spreitzhofer entstand<br />
ein beeindruckendes Dokument, mit dem sie<br />
den Sehenden Einblick in eine fremde Welt ermöglicht.<br />
Der Film ist aber weit mehr als nur Porträt über<br />
einen blinden Bergsportler. Er erzählt von der Bewältigung<br />
eines blinden Lebens, den Herausforderungen,<br />
Träumen und den damit verbundenen<br />
Grenzüberschreitungen.<br />
Das Leben von blinden Menschen ist in unserer<br />
Gesellschaft noch immer nicht präsent. Die Integration<br />
von Menschen mit Sehbehinderung liegt in<br />
vielen Lebensbereichen nach wie vor im Argen.<br />
Andy Holzer ist mit einer sehenden Frau verheiratet<br />
und repariert heute sein Dach selber, fährt Rad<br />
oder geht langlaufen. Er erklärt im Film, wie er mit<br />
den Schwierigkeiten eines Blinden groß wurde<br />
und welche Herausforderungen immer wieder zu<br />
meistern waren/sind.<br />
Er möchte zeigen, dass Menschen mit Sehbehinderung<br />
den Sehenden um nichts nachstehen und<br />
so zeigt er in Führungsseminaren den Sehenden,<br />
wie die Welt funktioniert und nicht umgekehrt.<br />
Ganz allgemein wird unterschwellig transportiert,<br />
dass unsere Gesellschaft viel mehr Wert auf das<br />
Herausstreichen von Schwächen als auf die Betonung<br />
von Stärken legt. Im Film wird gezeigt, wie<br />
befreiend es ist, zu seinen Schwächen zu stehen,<br />
sich aber gleichzeitig auf seine Stärken zu konzentrieren.<br />
Besonders beeindrucken die Aufnahmen bei Bergtouren,<br />
in schroffen Felswänden oder bei Skitouren,<br />
aber auch der Alltag findet Platz in diesem<br />
Film. Als Sehender kann man es kaum glauben,<br />
wie ein Sehbehinderter derartige Wände besteigt,<br />
Rad fährt oder eine Skitour bewältigt. Die Angst<br />
steigt einem im Hals hoch. Die Kamerafrau Lena<br />
Koppe hat maßgeblich durch ihre Kameraführung<br />
zum Gelingen dieses Projektes beigetragen.<br />
Der Film ist übrigens auch barrierefrei in manchen<br />
Kinos zu sehen!<br />
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