Festschrift-Helmholtz-Gemeinschaft-web
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„Für mich war die wichtigste Entwicklung der<br />
<strong>Gemeinschaft</strong>, die Kapazitäten und Potenziale<br />
der Zentren und exzellenter externer Partner<br />
in Programme zusammenzuführen und dadurch<br />
Qualität und Relevanz der Arbeiten zu steigern.“<br />
WALTER KRÖLL<br />
60 Nahm die Politik Einfluss auf den Umwandlungsprozess,<br />
aus einer als behäbig wahrgenommenen Großforschung flotte<br />
Schiffe zu machen?<br />
Walter Kröll Die Politik förderte diesen Prozess nachdrücklich.<br />
Grundlage dafür war meines Erachtens die wachsende Überzeugung,<br />
mit der <strong>Helmholtz</strong>-<strong>Gemeinschaft</strong> eine Hilfe an der Hand<br />
zu haben, um forschungspolitische Ziele für Deutschland umzusetzen<br />
und den großen Herausforderung von Wissenschaft,<br />
Wirtschaft und Gesellschaft wirkungsvoll zu begegnen. Darin<br />
sahen auch wir unsere Mission. Wir begaben uns ganz bewusst<br />
in eine gewisse Politiknähe. Es ging uns darum, wissenschaftlich<br />
definierte Themen zu bearbeiten, die auch ganz oben auf der<br />
Prio ritätenliste der Politik, insbesondere des Bundes, stehen<br />
und zu diesen Themen international anerkannte Forschungsergebnisse<br />
zu liefern. Diese Haltung resultierte aus der Analyse<br />
unserer Situation und wurde durch viele Gespräche mit der<br />
Politik bekräftigt. Ich denke, den allermeisten Mitgliedern der<br />
<strong>Gemeinschaft</strong> war klar: Wir müssen etwas tun; die <strong>Gemeinschaft</strong><br />
muss ihr beträchtliches Potenzial in einer auch die Politik und<br />
Öffentlichkeit überzeugenden Weise nutzen.<br />
Es gab zu der Zeit eine Reihe von Zentren, darunter das<br />
Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), das Deutsche<br />
Krebsforschungszentrum und das Deutsche Elektronen-Synchrotron,<br />
die gewissermaßen auf der sicheren Seite waren, weil<br />
sie eine klare und allgemein anerkannte Mission hatten. Andere<br />
Zentren, insbesondere ehemalige Kernforschungszentren fühlten<br />
sich infrage gestellt und hatten Existenzsorgen. Allen aber<br />
war klar, dass man gemeinsam stärker sein könnte – nicht<br />
nur in der Wissenschaft, sondern auch gegenüber der Politik.<br />
Was waren dann die ersten Schritte dahin?<br />
Walter Kröll Ein wichtiger erster Schritt war es, für die <strong>Gemeinschaft</strong><br />
eine überzeugende Mission zu formulieren und dazu<br />
eine Strategie zu entwickeln. In beidem mussten sich alle Zentren<br />
wiederfinden, denn die rechtlich selbstständigen Zentren<br />
mussten diesen Prozess mittragen. Daher ging das nicht per<br />
präsidialer Verfügung. Es wurde lange und ausführlich diskutiert,<br />
letztlich jedoch einstimmig beschlossen. Ein weiterer wichtiger<br />
Schritt war die Aktivierung des sogenannten Impuls- und Vernetzungsfonds,<br />
der zunächst mit 25 Millionen Euro dotiert war,<br />
später signifikant aufwuchs und wesentliches Gestaltungsinstrument<br />
des Präsidenten ist. Er hatte – wie der Name sagt – zum<br />
Ziel, Impulse zu geben. Mit seiner Hilfe konnten selbstständige<br />
Nachwuchsgruppen und die Schülerlabore an den Zentren einge<br />
richtet werden, neue Themen angestoßen und innovative<br />
Entwicklungen wie die Partikeltherapie gegen Krebs unterstützt<br />
werden. Auch die Vernetzung mit externen Partnern, insbesondere<br />
mit exzellenten Forschergruppen in Universitäten beispielsweise,<br />
wurde durch Virtuelle Institute und <strong>Helmholtz</strong>-Allianzen<br />
gefördert.<br />
Sie mussten also Überzeugungsarbeit leisten als Präsident?<br />
Walter Kröll Ja, aber das war nicht sonderlich schwer. Für die Entwicklung<br />
des zentralen Instruments, der PoF, gab es positive<br />
Erfahrungen mit der sogenannten programmatischen Steuerung<br />
des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR). Auch<br />
der Rückgriff auf diese Erfahrungen führte dazu, dass gelegentlich<br />
von einer DLR-isierung der <strong>Helmholtz</strong>-<strong>Gemeinschaft</strong> gesprochen<br />
wurde.<br />
Damit waren Sie gemeint, weil Sie vom DLR kamen?<br />
Walter Kröll Ja. Als ich 1987 Vorstandsvorsitzender des DLR<br />
wurde, gab es dort eine Struktur, die gewisse Ähnlichkeiten mit<br />
der <strong>Helmholtz</strong>-<strong>Gemeinschaft</strong> hatte. Mehr als 20 große und<br />
selbstbewusste Institute an verschiedenen Orten, die weitgehend<br />
eigenständig und unabhängig voneinander, manchmal<br />
sogar im Wettbewerb miteinander agierten. Der neue DLR-<br />
Vorstand hat dann mit der sogenannten Programmsteuerung<br />
eine Art Matrixorganisation etabliert. Die Institute waren gehalten,<br />
ihr Know-how und ihre Kapazitäten in gemeinsam definierte<br />
Programme einzubringen, die auf Grundlage einer internationalen<br />
Begutachtung finanziert wurden. An diesen Programmen<br />
wurden auch starke externe Partner, insbesondere aus Universitäten<br />
und internationalen Forschungseinrichtungen der Luftund<br />
Raumfahrt, beteiligt. Das hat die Leistungsfähigkeit, die<br />
internationale Sichtbarkeit und das Ansehen des DLR in Wissenschaft,<br />
Wirtschaft und Politik gefördert. Die Situation in der<br />
<strong>Helmholtz</strong>-<strong>Gemeinschaft</strong> war, abgesehen von der rechtlichen<br />
Eigenständigkeit der <strong>Helmholtz</strong>-Zentren, strukturell vergleichbar.<br />
Das war für mich ein wichtiges Argument für die Einführung und