r1 - Geschichtsverein für den Landkreis Deggendorf

Und dennoch: trotz aller teuerungsbedingten Preisschwankungen nach oben hin blieben
die Arbeitslöhne über viele Jahrzehnte hinweg weitgehend konstant. So verdiente
ein Maurer- oder Zimmergeselle zu Beginn des 18. Jahrhunderts pro Tag 18 bis 20
Kreuzer bei insgesamt 10 Stunden Arbeitszeit (5-7 Uhr, 8-11 Uhr, 12-15 Uhr und
16—18 Uhr). Ein Lehrjunge in diesen Berufszweigen verdiente immerhin 14 Kreuzer
pro Tag. Diese Löhne und Arbeitszeiten galten für die Zeit zwischen Georgi und Michaeli;
im Winterhalbjahr wurde die Arbeitszeit pro Tag um zwei Stunden verkürzt und
an Lohn um eine Stunde weniger ausbezahlt.
Bei vielen Arbeitsleistungen wurde ein z. T. sehr erheblicher Unterschied in der Bezahlung
zwischen Stadt und Land gemacht. So verdiente ein Drescher in der Stadt Deggendorf
ohne Kost 15 Kreuzer, mit Kost 8 Kreuzer pro Tag. Auf dem umliegenden Land
wurde die gleiche Arbeitsleistung hingegen nur mit 12 bzw. 6 Kreuzern entlohnt.
Um diesen finanziellen Aspekt noch ein wenig abrunden zu können, seien noch weitere
Beispiele angeführt. Für eine Milchkuh waren zu Beginn des 18. Jahrhunderts 10 Gulden
zu bezahlen, für ein schlechtes Kölbl (kleines mageres Kalb) konnte 1698 in Greising
der bescheidene Betrag von nur 50 Kreuzer erlöst werden. Für neun kleine und große
Hühner, die im selben Jahr in Greising geopfert wurden, erhielt man den gleichen Betrag.
Ein Pfund gelbes, d. h. ungebleichtes, Bienenwachs konnte damals für 34 Kreuzer
verkauft werden. An unseren heutigen Verhältnissen gemessen, ein geradezu horrender
Preis.
Es ist demnach mehr als müßig, ja geradezu sinnlos, nach der Kaufkraft eines Guldens
der damaligen Zeit im Vergleich zur heutigen Währung zu fragen. Die Feststellung, ein
Gulden z.B. des Jahres 1720 entspräche in seiner Kaufkraft genau 48,— DM, ist blanker
Unsinn. Zwei kleine Rechenbeispiele hierzu. Eine gute Milchkuh stellt heute einen
Wert von rund 2500,— DM dar. Damals kostete sie 10 Gulden. Also: 1 Gulden = rund
250,— DM. Ein Pfund Bienenwachs war damals 34 Kreuzer wert, heute erhält der Imker
dafür rund 4,— DM. Unter Berücksichtigung der unterschiedlichen Pfundgewichte,
0,56 bzw. 0,50 kg, ließe sich für den Kreuzer ein Betrag von rund 13 Pfennigen errechnen,
d. h. der Gulden wäre dann nicht ganz 8,— DM wert gewesen. Mehr sollte
man dazu nicht sagen.
An dieser Stelle sei noch eine kritische Schlußbemerkung zu diesem Kapitel gestattet.
Für viele von uns ist Barock im wesentlichen nur ein Synonym für prachtvolle Kirchenbauten,
für elegante Schlösser, Bachsche Musik. Wir sind von unseren umfassenden
Kenntnissen über diese Zeit überzeugt, wir glauben alles zu wissen. Die brutalen
Nachwirkungen des Dreißigjährigen Kriegs, der Spanische und der österreichische
Erbfolgekrieg mit ihren katastrophalen Auswirkungen passen einfach dann nicht mehr
in das Ansichtskarten- und Urlaubsfoto-Klischee über die Barockzeit. Auch die schon
erwähnten Hungersnöte, Mißernten und Teuerungen sind, auch wenn sie oft nur regionale
Auswirkungen hatten, nicht in unseren liebgewonnenen Barockzeitraster einzuordnen.
Wer weiß schon um den hohen Tribut, den die Krankheiten, von Soldaten eingeschleppt,
im Winter 1742/43 von der Deggendorfer Bevölkerung forderten: im Januar
wurden 80, im Februar sogar 124 Tote in Deggendorf zur letzten Ruhe gebettet. Vielleicht
können uns diese traurigen Tatsachen den Weg zum Verständnis der geradezu
eschatologischen Vorstellungen der damaligen Menschen ebnen, die durch Buße, Op-
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