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r1 - Geschichtsverein für den Landkreis Deggendorf

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Der Punkt am Ende dieses zweiten Satzungeheuers gibt uns Gelegenheit, über das Gelesene<br />

nachzu<strong>den</strong>ken und die Michlsche Darstellung kritisch zu beleuchten.<br />

Zunächst einmal ist diesem Vorbericht zu <strong>den</strong> Ausgaben auf Baukosten zu entnehmen,<br />

daß die verhältnismäßig junge Greisinger Filialkirche recht begütert war. Über 11 000<br />

Gul<strong>den</strong> waren gegen Zins ausgeliehen wor<strong>den</strong> (Zinsfuß: 5 Prozent). Weitere fast 1300<br />

Gul<strong>den</strong> waren als zinslose Darlehen an Klöster und andere Kirchen vergeben wor<strong>den</strong>.<br />

Die zinsbaren Capitalia waren zum großen Teil an Bauern der näheren Umgebung,<br />

aber auch an <strong>Deggendorf</strong>er Geschäftsleute vergeben wor<strong>den</strong>. Die rund 11 000 Gul<strong>den</strong><br />

erbrachten im Jahr 1723 mehr als 550 Gul<strong>den</strong> Zins. Zusammen mit dem Gottsberath ergab<br />

das allerdings keineswegs die Greisinger Nettoeinnahmen. Auf der Ausgabenseite<br />

schlugen in erster Linie der Mesnerlohn, die Ausgab auf Pristerschafft und Messdiener,<br />

sowie die Gebühren zu Buche, die an die kur<strong>für</strong>stliche Obrigkeit, vertreten durch das<br />

<strong>Deggendorf</strong>er Pfleg- und Landgericht, entrichtet wer<strong>den</strong> mußten. Dies waren sozusagen<br />

die alljährlichen Fixkosten. Hinzu kamen dann noch Zinsen <strong>für</strong> Geld, das man<br />

selbst ausgeliehen hatte. Dieser Umstand ist dadurch zu erklären, daß die ausgeliehenen<br />

Gelder in aller Regel längerfristig gebun<strong>den</strong> waren. Hätte man nun <strong>für</strong> <strong>den</strong> Eigenbedarf<br />

Geld vorzeitig von <strong>den</strong> Gläubigern eingefordert, so wären diese u. U. in größte finanzielle<br />

Bedrängnis, wenn nicht gar in <strong>den</strong> Gantverkauf getrieben wor<strong>den</strong>. So zog man<br />

sich mit einer Art Zwischenfinanzierung recht elegant aus der Affäre. Ein finanzieller<br />

Nachteil entstand auf Grund des einheitlichen Zinssatzes von 5 Prozent ohnehin nicht.<br />

Die Greisinger Filialkirche war begütert, aber deshalb noch lange nicht, wie immer wieder<br />

behauptet wurde, reich. Einige Zahlen sollen dies veranschaulichen. 1752, also 24<br />

Jahre nach Abschluß der Erweiterungsmaßnahmen, hatte die Filiale Greising 9014 Gul<strong>den</strong><br />

gegen Zins und 6043 Gul<strong>den</strong> zinslos ausgeliehen. Die Filialkirche St. Ulrich auf der<br />

Altenbürg hingegen 21 102 bzw. 20 788 Gul<strong>den</strong>. 1771 gingen in Greising an Bargeldund<br />

Naturalopfern insgesamt 146 fl 53 X ein, an der Wallfahrtskirche Halbmeile jedoch<br />

810 fl 36 X 1 Pf. Dies war eine Summe, die in Greising wohl nie erreicht wurde. Die<br />

Wallfahrt in der Halbmeile befand sich damals gerade im „Aufwind", sehr zum Nachteil<br />

anderer nahegelegener Wallfahrten.<br />

Nach diesem Ausflug in die Greisinger Finanzen wieder zurück zu <strong>den</strong> Michlschen<br />

Ausführungen. Auf Seite 87 wurde angezweifelt, ob der Gerichtsschreiber seine Angaben<br />

vollständig aus schriftlichen Unterlagen entnommen hatte. Bei allen Be<strong>den</strong>ken in<br />

dieser Richtung muß jedoch eingeräumt wer<strong>den</strong>, daß er wenigstens ein Schriftstück<br />

kannte: <strong>den</strong> Ungefehrlichen Yberschlag. Immerhin gab Michl an, daß sich dieses<br />

Schriftstück in Actis (bei <strong>den</strong> Akten) befände. Aber <strong>den</strong> Inhalt hatte der Gerichtsschreiber<br />

wohl nicht verstan<strong>den</strong>. Denn liest man seine Ausführungen, und hier ganz besonders<br />

die letzten vier Zeilen, ehe das Zitat abgebrochen wurde, aufmerksam durch, so<br />

kommt man zu dem Schluß, daß 1724 in Greising nur ein Chor, d. h. ein Altarraum<br />

vorhan<strong>den</strong> wäre und sonst nichts! Daß dies nicht zutraf, wurde hinlänglich bewiesen.<br />

Sehen wir einmal von <strong>den</strong> Michlschen Mißverständnissen ab, so läßt sich doch <strong>für</strong>s erste<br />

ein recht brauchbares Motiv <strong>für</strong> <strong>den</strong> geplanten Erweiterungsbau <strong>den</strong> Darstellungen entnehmen:<br />

zu wenig Platz <strong>für</strong> die Gläubigen, störendes Gedränge und auch Behinderung<br />

der Zelebranten. Das sind glaubwürdige und handfeste Argumente. Nur: vergleicht<br />

man <strong>den</strong> Grundriß der Kapelle vor dem Umbau mit dem nach dem Umbau, so ist im<br />

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