herunterladen (PDF) - Filmstiftung Nordrhein-Westfalen
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eit August leitet Bernd Desinger das Düs-<br />
Sseldorfer Filmmuseum. Desinger wechselte<br />
vom Goethe-Institut Los Angeles in die<br />
Landeshauptstadt, stattete seiner ehemaligen<br />
Wirkungsstätte in Kalifornien aber bereits Ende<br />
September während der Filmwoche German<br />
Currents einen Besuch ab und nutzte die Gelegenheit,<br />
Highlights aus der Ausstellung des Filmmuseums<br />
in Santa Monica zu präsentieren.<br />
In Düsseldorf zeigt das Filmmuseum derweil<br />
noch bis in den Januar eine Filmreihe zum Thema<br />
„Dem Geld auf der Spur“. Die 29 Filme aus<br />
allen Epochen der Filmgeschichte werden von<br />
einer Studio-Ausstellung mit zahlreichen Originalplakaten<br />
und Fotos der Filme sowie verschiedenen<br />
Texten, die sich kritisch mit dem Thema<br />
Geld auseinandersetzen, begleitet.<br />
Heiko R. Blum sprach mit Bernd Desinger<br />
über seine Pläne in Düsseldorf und natürlich<br />
auch über Geld.<br />
Herr Desinger, Sie sind vom<br />
Goethe-Institut in Los Angeles zum<br />
Düsseldorfer Filmmuseum gewechselt.<br />
Warum?<br />
Der Grund ist ganz einfach. Die Aufgabe<br />
beim Filmmuseum stellt zum jetzigen Zeitpunkt<br />
in meinem Leben einfach eine noch größere,<br />
noch spannendere Herausforderung dar. Film<br />
bildete schon immer in meinem Leben einen<br />
sehr großen Schwerpunkt. Das ist ja auch einer<br />
der Gründe, warum ich nach Los Angeles gekommen<br />
war. Dieses Aufgabenfeld jetzt also an<br />
einem Ort zu betreuen wie dem Filmmuseum,<br />
das so vielgestaltig aufgebaut ist, ist besonders<br />
reizvoll. Das Filmmuseum Düsseldorf hat ja eine<br />
Dauerausstellung, es präsentiert dazu Wech-<br />
er Düsseldorfer Regisseur und Produzent<br />
DPhilip Gröning ist derzeit gut ausgelastet.<br />
Er schreibt an seinem Drehbuch „Mein Bruder<br />
Robert“ und bereitet gleichzeitig seinen neuen<br />
Film „Die Frau des Polizisten“ vor. Nach seiner<br />
Kloster-Doku „Die große Stille“ folgen damit zwei<br />
fiktionale Stoffe. Aber auch eine Kunst-Doku ist<br />
in Vorbereitung. Chistian Seebaum sprach mit<br />
Philip Gröning über seine Pläne, den Vergleich<br />
von Doku und Fiction und eine besondere Einladung<br />
in die Sixtinische Kapelle.<br />
Sie sind gerade in Italien und<br />
schreiben – woran?<br />
Ich schreibe an „Mein Bruder Robert“ und<br />
versuche noch einmal, die Balance der Figuren<br />
ein wenig zu justieren. Das ist ein ganz klassisches<br />
Drama im antiken griechischen Sinne über<br />
Zwillinge, Pubertät und Zeit.<br />
Außerdem werden seit einem<br />
Jahr regelmäßig die Dreharbeiten zu<br />
„Die Frau des Polizisten“ angekündigt.<br />
Wie ist da der Stand?<br />
Das hat sich leider wegen der Fernsehverträge<br />
wahnsinnig verzögert, und wir müssen es<br />
jetzt schieben auf Januar/Februar, weil wir sonst<br />
in die Vorweihnachtszeit rein rutschen. Mit<br />
Weihnachtsbeleuchtung bekämen wir einen kitschigen<br />
Film, und das wollen wir nicht.<br />
Aber jetzt steht die Finanzierung?<br />
Ja. Wir hatten im Februar 2009 auch<br />
schon drei Drehtage, aber dann mussten wir<br />
Interview Bernd Desinger, Filmmuseum Düsseldorf<br />
Schätze zeigen<br />
selausstellungen, es gibt eine Bibliothek, ein Archiv<br />
und als Krone des Ganzen ein Programmkino,<br />
die „Black Box“. Alles in einem Haus, unter<br />
einem Dach.<br />
Leider erfährt man über Düsseldorf<br />
hinaus wenig von diesen<br />
Schätzen.<br />
Das ist völlig korrekt. Ich habe bislang auch<br />
bedauert, dass die Schätze des Düsseldorfer<br />
Filmmuseums national und auch international<br />
nicht so bekannt sind, wie sie es eigentlich sein<br />
sollten. Ein besonderes Highlight ist z.B. die Filmtechniksammlung,<br />
mit Projektoren, Filmkameras<br />
und vielen technischen Geräten aus der Vorphase<br />
des Films, also bevor das eigentliche Kino<br />
begann. Bei meinen ersten Gesprächen, die<br />
ich in Bezug auf mögliche Kooperationen in Los<br />
Angeles schon geführt habe, waren die Reaktionen<br />
sehr positiv, also hochgezogene Augenbrauen,<br />
oft ein „Das-wussten-wir-ja-gar-nicht“.<br />
Insgesamt gab es ein sehr großes Interesse, und<br />
ich glaube unbedingt, dass man diese Schätze<br />
an anderen Orten in Deutschland und in der<br />
Welt zeigen kann und wird. Und wir haben<br />
noch weitere Spezialitäten, für die ich jetzt auf<br />
Anhieb keine Parallele sehe, wie zum Beispiel<br />
unsere Schattenspielsammlung. Das ist ja ein<br />
einzigartiger Schatz zum weltweiten Schatten-<br />
Interview Philip Gröning<br />
noch mal unterbrechen. Im Januar/Februar geht<br />
es weiter. „Mein Bruder Robert“ geht im Mai/Juni<br />
los. Da ist die Finanzierung jetzt – mit Hilfe<br />
der <strong>Filmstiftung</strong> NRW – auch komplett.<br />
Gibt es auch Vorbereitungen<br />
für ein dokumentarisches Projekt,<br />
oder war „Die große Stille“ für Sie<br />
eine Ausnahme?<br />
Es gibt ein Projekt, das ich – auch zusammen<br />
mit der <strong>Filmstiftung</strong> – vorbereite über das<br />
Wesen der Kunst. Dafür werde ich sicher im Dezember<br />
noch kurz auf die Art Miami fahren, und<br />
ich hoffe, endlich Zugang zu bekommen zu den<br />
steinzeitlichen Malereihöhlen in Chauvet und<br />
Lascaux in Frankreich und Altamira in Spanien,<br />
die leider alle drei im Moment gesperrt sind.<br />
Ist für das Kunst-Projekt auch<br />
schon gedreht worden?<br />
Ja, aber nur vereinzelt zur Materialsicherung.<br />
Etwa die Eröffnung der Documenta durch<br />
Bundespräsident Köhler, bei der die TV-Medien<br />
nur bis zum ersten Raum mit durften, ich aber<br />
die ganze Begehung des Fridericianums mitdrehen<br />
konnte, die auch überraschende Stellung-<br />
29 Filme zum Thema Geld zeigt das<br />
Filmmuseum Düsseldorf, darunter auch Robert<br />
Bressons „Das Geld“ von 1983.<br />
spieltheater, wie es ihn vergleichbar nirgendwo<br />
gibt und an dem mit Sicherheit an anderen Orten<br />
ein großes Interesse besteht.<br />
Soll auch in der Black Box zukünftig<br />
wieder mehr filmhistorische<br />
Arbeit geleistet werden?<br />
Aber unbedingt. Eigentlich hat es sich<br />
schon geändert, seit die Black Box seit Jahresbeginn<br />
wieder unter alleiniger Regie des Filmmuseums<br />
steht. Die Zusammenarbeit mit einem<br />
Partner aus der Privatwirtschaft, der naturgemäß<br />
andere Interessen verfolgen muss, führte<br />
in der Vergangenheit zu einer Einschränkung der<br />
Programmhoheit. Wir sind der Stadt Düsseldorf<br />
Zu Gast beim Papst<br />
nahmen enthielt. Das sind<br />
natürlich Gelegenheiten, die<br />
kommen nie wieder, die<br />
muss man sichern. Ansonsten<br />
geht es noch darum,<br />
Konstellationen zu finden, zu<br />
schauen, mit welchen Kunsthändlern<br />
man arbeiten will,<br />
mit welchen Galeristen, mit<br />
welchen Sammlern, welche<br />
großen Bilderorte man mit<br />
einbezieht.<br />
Philip Gröning,<br />
Foto: Philip<br />
Gröning Filmproduktion<br />
Woran hängt denn grundsätzlich<br />
Ihr Herz mehr, am Spiel- oder<br />
am Dokumentarfilm?<br />
Die Frage stellt sich so nicht. Das ist wahrscheinlich<br />
so ähnlich, als wenn Sie Nick Cave fragen<br />
würden, ob er jetzt nur noch Texte oder nur<br />
noch Musik schreiben will.<br />
Sehen Sie das so eng zusammengehörig?<br />
Wenn man Fiktion macht, muss man sich<br />
natürlich fragen: Wenn es so viel Realität gibt,<br />
warum stellt man künstliche Realität her? Und<br />
sehr dankbar für die volle<br />
Rückführung in unsere<br />
Hand. Daneben ist ja eines<br />
meiner Anliegen, nicht nur<br />
die einzelnen Bereiche des<br />
Hauses stärker miteinander<br />
zu verbinden, sondern<br />
das Filmmuseum insgesamt<br />
mit Institutionen in<br />
<strong>Nordrhein</strong>-<strong>Westfalen</strong>, in<br />
Deutschland und auch im<br />
Bernd Desinger,<br />
Fotos: Filmmuseum<br />
Düsseldorf<br />
Ausland zu vernetzen. Das wird auch im Programm<br />
feststellbar sein.<br />
Ist das mit dem derzeitigen<br />
Budget zu machen?<br />
Ein Programm zu machen, mit dem man<br />
Aufmerksamkeit erregt, Ausstellungen zu machen,<br />
die das Interesse anderer Institutionen an<br />
einer Übernahme erwecken, und Filmveranstaltungen<br />
durchzuführen, zu denen man Experten<br />
einlädt, Regisseure, Filmemacher, Filmtechniker,<br />
Visual-Effects-Spezialisten, kostet natürlich<br />
auch ein bisschen Geld. Zwar ist es mir in<br />
der Vergangenheit glücklicherweise meistens<br />
gelungen, dass man Partner gefunden hat in der<br />
freien Wirtschaft, in der Filmwirtschaft, die sich<br />
beteiligt haben an interessanten Ideen. Aber eine<br />
Grundausstattung ist natürlich unumgänglich.<br />
Wer etwas zaubern will, braucht eine gewisse<br />
Grundlage dafür. Und der Rat der Stadt<br />
Düsseldorf plant ja eine Aufstockung der Mittel,<br />
mit denen dann etwas mehr Möglichkeiten<br />
gegeben sind.<br />
Das ist versprochen?<br />
Das ist definitiv versprochen, ja.<br />
die Antwort kann nur sein: Man kann auf dem<br />
fiktionalen Sektor etwas erreichen, was in der<br />
Form und auch in der Gleichnishaftigkeit tiefer<br />
geht, als wenn man „nur“ von Realitäten ausgeht.<br />
Um etwas zu erreichen, von dem man das<br />
Gefühl hat, man sieht eine sehr geschlossene<br />
Gestalt, also eine Parabel für das Leben, dafür<br />
ist Fiktion einfach sehr viel stärker. Für das Dokumentarische<br />
spricht immer, dass man, wenn<br />
es gelingt, eine ungeheure automatische Vitalität<br />
und Glaubwürdigkeit hat.<br />
Sie haben im November eine<br />
Audienz beim Papst, in der Sixtinischen<br />
Kapelle. Wie kam es dazu?<br />
“Die große Stille“ ist sehr lange und erfolgreich<br />
in Italien gelaufen, und ein Kontakt des<br />
italienischen Verleihers war das Institut für Kultur<br />
des Vatikans. So hat man mich gefragt, ob<br />
ich Zeit hätte bei dieser Audienz für ausgewählte<br />
Künstler aus der ganzen Welt dabei zu sein.<br />
Da freue ich mich sehr.<br />
Was erwarten Sie?<br />
Zum einen bin ich sehr gespannt darauf,<br />
was für Künstler da sein werden. Ich glaube,<br />
daß es ein Kreis von sehr interessanten Leuten<br />
ist. Dann ist es natürlich auch ein tolles Gefühl<br />
zu wissen, dass der Papst, als einer der Nachfahren<br />
des Auftraggebers in der Sixtinischen Kapelle,<br />
einer der größten Kunstwerke des Abendlandes<br />
überhaupt, wieder Künstler zusammenruft.<br />
Das ist schon ein mythischer Event. Und<br />
außerdem bin ich sehr gespannt darauf, was für<br />
ein Mensch der Papst ist.<br />
Meldungen – newsletter 6/2009 7