21.11.2012 Aufrufe

Der Bayerwald - Bayerischer Wald Verein

Der Bayerwald - Bayerischer Wald Verein

Der Bayerwald - Bayerischer Wald Verein

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

Seite 58 <strong>Der</strong> <strong>Bayerwald</strong> Ausgabe 4/2009<br />

Aus Holz und Sand entstand das „Wunder“ vom <strong>Wald</strong>-Glas<br />

„Helf uns zur Schmelz der liebe Gott!“<br />

Aufstieg und Niedergang der Glashütten<br />

Kötzting. Scherben, „Patterln“ und einige<br />

verfallene Mauern – mehr ist nicht geblieben<br />

von den Glasmachern, die vor rund 500 Jahren<br />

die unberührten Wälder des Lamer Winkels<br />

besiedelten. Generationen versuchten,<br />

mit Quarz und Holz Gewinn aus dem <strong>Wald</strong>reichtum<br />

der Gegend zu schlagen. Doch nur<br />

wenigen sollte es gelingen. Heute spielt der<br />

einstige Standortfaktor „Holz“ schon lange<br />

keine Rolle mehr für die Glasindustrie. Einige<br />

wenige Glashütten im Bayerischen <strong>Wald</strong><br />

überlebten, die letzten Feuer in den Öfen der<br />

Hütten im Lamer Winkel sind dagegen für<br />

immer erloschen. Die Gebäude verfallen, der<br />

einst geschundene <strong>Wald</strong>, der dem Holzappetit<br />

zum Opfer gefallen war, überwuchert die<br />

letzten Spuren einer Epoche, die den Bayerischen<br />

<strong>Wald</strong> jahrhundertelang prägte.<br />

Wer ein Auge dafür hat, kann bei Streifzügen<br />

durch den Forst noch die Überreste einiger<br />

Hüttenstandorte wiederfinden. Fritz Reiter,<br />

Förster vom Brennes, hat es. Weil’s der Beruf<br />

ohnehin verlangt, dass er häufig draußen<br />

ist, und dazu noch genügend geschichtliches<br />

Interesse vorhanden ist, hat er im Laufe der<br />

letzten zwölf Jahre einiges zusammengetragen,<br />

was von den Hütten noch geblieben ist:<br />

Glasfragmente; „Patterln“ (gläserne Rosenkranzperlen),<br />

Quarzbruchstücke und Fotos<br />

von den verfallenen Mauern der Hütten.<br />

Einiges davon hat er letztes Jahr bei einer<br />

Ausstellung in Lohberg gezeigt.<br />

<strong>Der</strong> genaue Zeitpunkt der Gründung der ersten<br />

Glashütte im Bayerischen <strong>Wald</strong> ist nicht<br />

mehr feststellbar. Die ersten Urkunden über<br />

die Existenz von Glashütten im Grenzgebiet<br />

bei Winterberg in Böhmen datiert zurück<br />

ins 15. Jahrhundert. Schriftlich belegt ist<br />

ab 1421 die Glashütte in Rabenstein, die in<br />

Zwieselau wird 1450 urkundlich erwähnt; die<br />

Frauenauer Hütte um 1492, in Schwarzenbach<br />

im Lamer Winkel existieren um 1560<br />

nachweislich zwei Hütten, Silberhütte und<br />

Altglashütte folgen 1614.<br />

Die ersten Glasmacher sollen aus der Winterberger<br />

Gegend von Böhmen nach Bayern<br />

zugewandert sein, wie Kirchenbücher der<br />

Zwieseler und Eisensteiner Gegend dokumentieren.<br />

Dort hatten die Grundbesitzer<br />

frühzeitig erkannt, wie sich die unermesslichen,<br />

aber wirtschaftlich nutzlos scheinenden<br />

Wälder verwerten ließen.<br />

Die ersten Produkte aus den einfachen Glashütten<br />

lösten allerdings alles andere als Begeisterung<br />

aus. Die Städter jammerten, dass<br />

das streifige und knorzige <strong>Wald</strong>lerglas, das<br />

auf holprigen Pfaden auf Schubkarren, Kraxen<br />

oder Fuhrwerken transportiert wurde, in<br />

geheizten Räumen immer dunkler wurde.<br />

Deutlich wird dies beispielsweise in einem<br />

Dekret, das der Rat von Nürnberg im April<br />

1570 erlassen hatte, um die Verbraucher vor<br />

Glasmeistern zu schützen, die das billige<br />

Glas aus den bayerischen und böhmischen<br />

Glashütten als vermeintlich teueres venezianisches<br />

Glas in den Handel zu bringen versuchten.<br />

Ähnliche Verbote finden sich in den<br />

Glaserverordnungen von München, Straubing<br />

oder Burghausen, die den Verkauf des „<strong>Wald</strong>glases“<br />

einschränkten.<br />

Die Hüttenplätze der Pionierzeit wurden in<br />

Tallagen angelegt, wo zugleich die Wasserkraft<br />

für den Betrieb der „Pocher“ genutzt<br />

werden konnte, um den Quarz zu zerkleinern.<br />

Ein alter Mann hatte Fritz Reiter noch ein Widerlager<br />

für die Achse eines Wasserrades, das<br />

den Hammer betrieben hatte, zeigen können.<br />

Viele Hüttennamen enden deshalb auf der<br />

Endsilbe „-au“. Beispiele sind Sommerau,<br />

Zwieselau, Breitenau, Frauenau. Das Holz für

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!