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VIERTELJAHRSHEFTE FÜR ZEITGESCHICHTE - Institut für ...

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336 Dirk Stegmann<br />

der großen gemischten Werke an der Ruhr eine neue Dimension erreichte 32 . 1912<br />

konnte einer der Führer der Fortschrittlichen Volkspartei, Conrad Haußmann,<br />

konstatieren: „Die Kartelle werden ... in Deutschland eine immer gewaltigere<br />

und drückendere Erscheinung des wirtschaftlichen Lebens und nehmen vielfach<br />

besorgniserregende Formen an." 33 Zu der von ihm geforderten Kartellgesetzgebung,<br />

„um die Ausmündung des Wirtschaftslebens in Monopolform nicht zu<br />

einer schweren Gefahr <strong>für</strong> Deutschland werden zu lassen", kam es indes nicht: einmal<br />

wegen der mangelnden Einheit der Kartellgegner 34 , zum anderen wegen des<br />

starken Einflusses dieser Monopolgruppen auf die staatliche Wirtschaftspolitik.<br />

Aufgrund dieser Konstellation blieb im CDI das Übergewicht der Kohle-Eisen-<br />

Stahlgruppe und ihrer Verbündeten bis 1914 erhalten 35 , nicht zuletzt auch deswegen,<br />

weil sie — abgesehen von ihrer finanziellen Stärke — ihre Machtstellung auch<br />

durch schlagkräftige Unterverbände (Langnamverein, Verein Deutscher Eisenund<br />

Stahlindustrieller, Bergbaulicher Verein) innerverbandlich weiter absichern<br />

konnte. Diesen Unterverbänden konnten die ,jungen' Industrien nichts Gleichwertiges<br />

entgegenstellen.<br />

Gesellschaftspolitisch kooperierte diese im CDI vorherrschende Gruppe in einer<br />

bis 1909/10 zu datierenden Phase zur Absicherung ihrer sozial- und wirtschaftspolitischen<br />

Ziele mit den Parteien und Verbänden der Rechten. Bei allen Divergenzen<br />

in Einzelfragen arbeitete der CDI mit dem Bund der Landwirte als der Interessenvertretung<br />

der Großlandwirtschaft zusammen, da beide ein gemeinsames<br />

Interesse an der Aufrechterhaltung des Schutzzollsystems (Eisen- bzw. Agrarzölle)<br />

einte 36 . Diese wirtschaftspolitische Kooperation ging langfristig Hand in Hand mit<br />

32<br />

Vgl. dazu bereits den Aufsatz des Geschäftsführers des Vereins d. Märkischen Kleineisenindustrie,<br />

M. Gerstein, Kleineisenindustrie, in: Die Weltwirtschaft, 1. Jg., 1906, II.Tl., Leipzig<br />

u. Berlin 1906, S. 52 f.; Schriftwechsel zwischen H. Schmitz (Vertreter der reinen Feinblech-Walzwerke,<br />

Hagen) und dem Direktor der Gutehoffnungshütte und Direktoriumsmitgl.<br />

des Stahlwerks-Verbandes, Schaltenbrand, zu Beginn der Rezession 1907, in: H.A./<br />

GHH, Nr. 300 00 30/5. Vgl. E. Maschke, Kartellgeschichte, a. a. O., S. 26.<br />

33<br />

C. Haussmann, Das wirtschaftliche Programm der fortschrittlichen Volkspartei, in: Deutsche<br />

Wirtschaftszeitung Nr. 1, 1. 1. 12, Sp. 19 ff. (zit. DWZ).<br />

34<br />

Vgl. dazu F. Blaich, Anfänge der deutschen Antikartellpolitik zwischen 1897 und 1914, in:<br />

Jb. f. Sozialwissenschaft 21 (1970), S. 127 ff.<br />

35<br />

Kaelble, S. 94 f., u. ö., unterscheidet demgegenüber drei klar unterschiedene, informelle<br />

Gruppen: eine sog. agrarische Gruppe (Zuckerindustrielle, Produzenten landwirtschaftl.<br />

Maschinen, oberschles. Magnaten), eine Syndikatsgruppe und eine sog. mittelbetriebliche<br />

Gruppe (Textil-, Maschinenbau- und metallverarbeitende Industrie, bes. in Süddeutschland).<br />

Letztere habe sich vor allem durch ihre Frontstellung gegenüber den Syndikaten ausgezeichnet.<br />

Dieses Schema berücksichtigt nicht das System der Abhängigkeiten zwischen den<br />

einzelnen Industriezweigen im Zuge der Konzentrations- und Kartellierungsbewegung; zudem<br />

läßt es die Kooperation der beiden ersten ,Gruppen' außer acht, wobei graduelle Unterschiede<br />

überbetont werden. Vollends die These, die sog. mittelbetriebliche Gruppe, der<br />

er auch - irrtümlicherweise - den Großindustriellen Rieppel mit der MAN zuordnet, habe,<br />

gemessen an ihren Einzelerfolgen im CDI seit 1907, den Verband am stärksten geprägt, ist<br />

unhaltbar.<br />

36<br />

Dieser Gesichtspunkt kommt bei Kaelble, Kocka (in: Jb. f. d. Geschichte Ost- und Mitteldeutschlands,<br />

1971, S. 341 ff.) und Puhle, passim, entschieden zu kurz.

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