VIERTELJAHRSHEFTE FÜR ZEITGESCHICHTE - Institut für ...
VIERTELJAHRSHEFTE FÜR ZEITGESCHICHTE - Institut für ...
VIERTELJAHRSHEFTE FÜR ZEITGESCHICHTE - Institut für ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
354 Dirk Stegmann<br />
portun: Der Bdl müsse sich ein eigenes Programm erarbeiten und nicht dem CDI<br />
nachlaufen 118 . Diese Kritik, die die BdI-Führung durch Stresemann zwar zurückwies,<br />
deren Berechtigung er aber auf Einzelgebieten durchaus zugab 119 , signalisiert,<br />
wie stark auch im Bdl innerverbandliche Konflikte 120 wirksam waren. In den<br />
folgenden Monaten schwelte die Krise weiter; die Geschäftsführung des Bdl war<br />
trotzdem nicht bereit, auf ihre .Umarmungsstrategie' gegenüber einzelnen Gruppen<br />
innerhalb des CDI zu verzichten. Wieder war es Stresemann, der die Doppelstrategie<br />
durchführte. Zu diesem Zwecke trat er Anfang September mit dem<br />
Direktoriumsmitglied des CDI, dem Textilindustriellen Hermann Vogel, in Verbindung.<br />
Vogel schien <strong>für</strong> eine Vermittlertätigkeit prädestiniert, denn er gehörte<br />
in seiner Eigenschaft als Vorsitzender des Verbandes von Arbeitgebern der Sächsischen<br />
Textilindustrie zugleich auch dem Verband Sächsischer Industrieller an.<br />
Vogel, der sich zum gemäßigten Flügel im CDI rechnete und auch über Beziehungen<br />
zur Maschinenbau- und Elektroindustrie verfügte 121 — er saß 1914 auch<br />
noch als einziges Direktoriumsmitglied des CDI im Hansa-Bund-Direktorium —<br />
war bereits am 6. September von Stresemann angeschrieben 122 und um Aufklärung<br />
wegen der ,,neueste[n] Rechtsschwenkung des Centralverbandes" gebeten worden.<br />
Stresemann argumentierte, daß „eine Art von Bündnis" der Industrie mit der<br />
Landwirtschaft aus zollpolitischen Gründen, etwa um die Eisenzölle bei der Revision<br />
des Zolltarifs sicher durchzubekommen, unnötig sei, bestehe doch in der Frage<br />
der Industriezölle eine Mehrheit im Reichstag und unterstütze außerdem die<br />
Reichsregierung diese Forderungen. Eine Erhöhung der Getreidezölle aber, die der<br />
Bund der Landwirte wohl anstrebe, sei allein von der „monopolistischen Syndikatsindustrie"<br />
zu verkraften. Ganz abgesehen davon bestehe auch in politischer<br />
Beziehung ein scharfer Unterschied zwischen Agrariertum und bürgerlichen Industriellen:<br />
Hier ein „extremer Konservatismus", dort ein „gemäßigter Liberalismus."<br />
Geschickt zielte Stresemann also vor allem auf die Ressentiments gegenüber<br />
118 Hier kritisierte der VWI vor allem die Zusammensetzung des 1913 gegr. Handelspolitischen<br />
Ausschusses des Bdl, in dem die Textilindustrie überproportional repräsentiert sei.<br />
119 PA Bonn, NL Stresemann Bd. 121, Stresemann an Friedrichs 14. 6. 1913, bes. gegen Dreyse<br />
und E. St. Clauss, „der als Feinspinner naturgemäß in höherem Maße Schutzzöllner ist und<br />
sein muß".<br />
120 Vgl. den Entwurf des Antwortschreibens des Präsidiums des Bdl an den VWI, ebda.,<br />
Bd. 122, 8. 7. 13: „Auch wir haben im Bund sowohl eine rechte wie eine linke Seite, haben<br />
außerdem wie in Thüringen und Sachsen starke Vertretungen der sog. schweren Industrie,<br />
haben . . . Hochschutzzöllner und Freihändler in unseren Reihen". In dem dem VWI am<br />
15. 8. 13 präsentierten Antwortschreiben verwies das Präsidium z. B. auch darauf, daß der<br />
Vors. des VTI, Pferdekämper, eine Annäherung an den CDI gefordert habe.<br />
121 Vgl. Adreßbuch der Direktoren und Aufsichtsräte, hrgs. von K. Arends u. W. Mossner,<br />
Jhg. 1913, S. 1170: Geh. Komm.rat, Vors. des Aufsichtsrats (AR) der Tüllfabrik Flöha AG,<br />
stellv. Vors. des AR der Elektrizitätsgesellschaft vorm. H. Pöge, Chemnitz; AR-Mitgl. der<br />
Pittersdorfer Filz- und Kratzenfabrik, der Dresdner Bank und der Sächs. Maschinenfabrik<br />
vorm. R. Hartmann AG, Chemnitz.<br />
122 PA Bonn, NL Stresemann Bd. 122, Stresemann an Vogel 6. 9. 13, abschriftlich auch an<br />
Schlenker von der Handelskammer (HK) Saarbrücken.