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VIERTELJAHRSHEFTE FÜR ZEITGESCHICHTE - Institut für ...

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Hugenberg contra Stresemann 347<br />

Hugenberg, seit 1909 Vorsitzender des Kruppschen Direktoriums, 1910 bereits<br />

Vorstandsmitglied des Bergbaulichen Vereins (1912 dessen Vorsitzender) und seit<br />

1911 auch Direktoriumsmitglied des CDI. Mit ihm trat ein neuer Typ des industriellen<br />

Managers auf die Bühne, der souverän ,moderne' Techniken der Verbandspolitik<br />

praktizierte: Öffentlichkeitsarbeit durch Pressepolitik über gezielte<br />

Inseratenvergabe an ausgewählte Zeitungen, finanzielle Förderung der politischen<br />

Mittelstands- und der nationalen Arbeiterbewegung 89 . Damit wurde die Ebene der<br />

Auseinandersetzung verlagert auf die Öffentlichkeit selbst, nicht nur auf einzelne<br />

Segmente der Gesellschaft wie vordem.<br />

Die politische Polarisierung zwischen beiden Verbänden war nicht zuletzt auch<br />

ein Reflex auf die gesamtgesellschaftliche Polarisierung in Deutschland seit 1909/<br />

1910, als nämlich die Modalitäten der Reichsfinanzreform, die weitgehend auf die<br />

Interessen des Großgrundbesitzes zugeschnitten war 90 , eine partielle Linksentwicklung<br />

im gewerblichen Bürgertum und in Teilen des sog. Neuen Mittelstandes bewirkte.<br />

Zum ersten Male bestand eine politisch kalkulierbare Chance, mit den innerhalb<br />

der SPD stärker werdenden revisionistischen Gruppen zu Zweckbündnissen<br />

zu kommen; der politische Linksliberalismus selbst erhielt zudem durch die<br />

Schaffung einer einheitlichen Partei — Gründung der Fortschrittlichen Volkspartei<br />

im Frühjahr 1910 — neuen Auftrieb und bewirkte gleichzeitig einen Linksrutsch<br />

bei den Nationalliberalen. Wenn der Bdl auch 1912 anerkennen mußte, der CDI<br />

sei „heute noch der stärkste industrielle Verband" 91 und besitze „einen großen Einfluß,<br />

namentlich bei der Regierung" 92 , so konnte er doch im Reichstag durch seine<br />

Verbindungen zur Nationalliberalen Partei (Stresemann) und zur Fortschrittlichen<br />

Volkspartei (Friedrichs) gegenüber dem CDI — sei dieser hier doch „vollkommen<br />

einflußlos" - Gegengewichte schaffen, wobei ihm seine enge Verbindung mit dem<br />

Hansa-Bund zusätzlich zustatten kam, der seinerseits parteipolitisch bei den linken<br />

Nationalliberalen und in der Fortschrittlichen Volkspartei verankert war. Außerparlamentarisch<br />

wurde dieses Bündnis noch dadurch erweitert, daß Hansa-Bund<br />

und Bdl auf der Ebene der Verbandspolitik seit 1911 Interessenkoalitionen quer<br />

durch ihnen nahestehende gewerbliche Gruppen propagierten, die durch die Gründung<br />

eines sog. Handelspolitischen Verständigungskomitees 93 realisiert wurden.<br />

89<br />

Guratzsch, passim. Hugenbergs Wirken und Einfluß wird in dieser Arbeit <strong>für</strong> die Zeit bis<br />

1918 wohl abschließend erhellt.<br />

90<br />

Vgl. dazu Witt, passim.<br />

91<br />

J. März (stellv. Geschäftsführer des Verbandes Sächs. Industrieller), Die Organisation der<br />

deutschen Industrie, in: DWZ Nr. 20, 15. 10. 1912, Sp. 890, auch <strong>für</strong> das Folgende.<br />

92<br />

Ebda., vgl. auch Anm. 65.<br />

93<br />

Vgl. Protokoll der Konferenz von Delegierten wirtschaftlicher Körperschaften über Rationelle<br />

Vorbereitung von Handelsverträgen, Berlin, 6. Mai 1911, Berlin 1911. Teilnehmer<br />

waren u. a. der Handelsvertragsverein, der Hansa-Bund, der Bdl, der Verein Deutscher<br />

Maschinenbau-Anstalten, der Verband Sächs. Industrieller und die Gesellschaft <strong>für</strong> Soziale<br />

Reform. Vgl. auch das (2.) Protokoll der Konferenz von Delegierten wirtschaftlicher Körperschaften<br />

über Rationelle Vorbereitung von Handelsverträgen, Berlin 5. Dez. 1911, Berlin<br />

o. J: (1912). Einem hier gebildeten Ausschuß gehörten folgende Personen an: Friedrichs<br />

(Bdl) Knobloch (HB), Waldschmidt (Ludwig Loewe & Co., Vors. des Vereins Berliner Kauf-

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