VIERTELJAHRSHEFTE FÜR ZEITGESCHICHTE - Institut für ...
VIERTELJAHRSHEFTE FÜR ZEITGESCHICHTE - Institut für ...
VIERTELJAHRSHEFTE FÜR ZEITGESCHICHTE - Institut für ...
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
356 Dirk Stegmann<br />
fährden. Die in einer Verbandsresolution vom 15. 9. 1913 ausgesprochene Weigerung,<br />
höhere Getreide- und Viehzölle <strong>für</strong> die Landwirtschaft durchdrücken zu<br />
helfen - was im übrigen auch die CDI-Leitung seit 1910 öffentlich verkündet hatte<br />
und auch von der anderen Seite nicht zu diesem Zeitpunkt erwartet wurde, zumindest<br />
niemals zentraler Punkt des Kartells war —, hatte dann auch die Wirkung,<br />
daß die süddeutschen Opponenten gegen die Leipziger Absprachen sich beruhigt<br />
fanden, da vor allem in der Zollpolitik ihre Be<strong>für</strong>chtungen einer Schwenkung des<br />
CDI nicht bestätigt worden waren. Erst jetzt, da die Fronten einigermaßen geklärt<br />
waren, nahm auch Vogel zu Stresemanns Brief von Anfang September Stellung<br />
129 . In seiner Antwort teilte er mit, daß er die Ausführungen Stresemanns<br />
auch dem Direktorium des CDI mündlich sowie dessen Vorsitzendem Roetger im<br />
Wortlaut mitgeteilt habe; er betonte, nach der Erklärung des CDI vom 15. 9. 1913<br />
könne man nicht davon sprechen, es habe ein „Bündnis" mit festen Abmachungen<br />
zwischen CDI und Bund der Landwirte gegeben, von einer „neuen Rechtsschwenkung"<br />
könne deshalb auch keine Rede sein.<br />
Im Gegenzug plädierte Vogel <strong>für</strong> eine „Verständigung der großen Verbände der<br />
Industrie", wozu er als erstes eine Einstellung der Pressepolemiken vorschlug,<br />
wenn man nicht schon jetzt einen Schritt weiter gehen und einen Wiedereintritt<br />
des Bdl in die Interessengemeinschaft der deutschen Industrie ins Auge fassen<br />
wollte. Am 17. November 1913, nachdem die Sachlage im Verband Sächsischer<br />
Industrieller und in der Vorstandssitzung des Bdl am 7. 11. 1913 geklärt 130 und<br />
zudem der Hansa-Bund konsultiert 131 worden war, nahm Stresemann zu dem Vogelschen<br />
Vorschlag Stellung. Während die Anregung, die Pressepolemik einzustellen,<br />
gebilligt wurde, lehnte der Bdl den zweiten Vorschlag ab 132 . Bei aller Bereitschaft,<br />
auch weiterhin in allen Fragen, in denen gemeinsame Interessen bestünden,<br />
mit dem CDI zusammenzuarbeiten, sei <strong>für</strong> den Bdl ein Wiedereintritt in die<br />
Interessengemeinschaft nach den alten Bedingungen, d. h. unter Führung des CDI,<br />
wie sie z. B. Roetger angeregt habe, völlig undenkbar. Intern wurde nämlich von<br />
der BdI-Führung das Kalkül der CDI-Leitung durchaus durchschaut: Abgesehen<br />
davon, daß nur eine völlige Gleichberechtigung des Bdl in Frage käme und nicht<br />
wie 1906 eine Unterordnung des Bdl unter die Führung des CDI, müsse auch der<br />
Eintritt im gegenwärtigen Zeitpunkt den Eindruck „einer politischen Schwenkung<br />
129 PA Bonn, NL Stresemann Bd. 122, Vogel an Stresemann 18. 9. 13.<br />
130 Ebda., Stresemann an Friedrichs 10.11.13; Friedrichs an Stresemann 12. 11. 13; Friedrichs<br />
an Stresemann 12. 11. 13 (mit Direktiven <strong>für</strong> die Besprechung mit Vogel).<br />
131 Vgl. dazu die hs. Aufzeichnungen Stresemanns in Bd. 114, o. D., höchstwahrscheinlich über<br />
eine Sitzung mit Vertretern des HB in dieser Zeit (Teilnehmer waren u. a. Helfferich<br />
(Deutsche Bank), Müller (Krefeld), Gröbler (Buderus'sche Eisenwerke, Wetzlar). Hier wurde<br />
die Taktik des CDI, dem „Massen fehlen", aber „Einfluß in den Reichsämtern" besitze<br />
(Stresemann), darin gesehen, durch „Kokettieren mit dem B[und] d[er] L[andwirte]" (Helfferich)<br />
im Vorfeld der neuen Handelsverträge Einfluß zu gewinnen und seine schlechte<br />
Ausgangsposition im Reichstag so zu überspielen.<br />
132 NL Stresemann Bd. 122, Stresemann an Vogel 17. 11. 13.