VIERTELJAHRSHEFTE FÜR ZEITGESCHICHTE - Institut für ...
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Hugenberg contra Stresemann 359<br />
Gründe: Für Friedrichs und Stresemann war die Absicht maßgebend, durch eine<br />
öffentlich bekundete Kooperation einen ersten Ansatzpunkt <strong>für</strong> eine Herauslösung<br />
des CDI aus seinem Bündnis mit der Landwirtschaft zu erhalten. Zudem hatte<br />
Stresemann den Hintergedanken, er könne die im CDI versammelte Fertigindustrie<br />
bei Abstimmungen womöglich auf die Seite des Bdl ziehen, und damit ein<br />
Aufbrechen der Front innerhalb des CDI in die Wege leiten 143 . Beide Seiten gingen<br />
also mit recht unterschiedlichen Zielvorstellungen in die Verhandlungen hinein.<br />
Auf der Sitzung am 5. Februar plädierte Roetger da<strong>für</strong>, die geplante „Neuorganisation<br />
auf der Grundlage der bestehenden allgemeinen industriellen Verbände<br />
zu schaffen", d. h. die bestehende Verbandsstruktur als solche nicht anzutasten;<br />
CDI, Bdl und Handelsvertragsverein müßten schon wegen „ihrer Aufgaben auf<br />
dem Gebiete der inneren Politik erhalten bleiben". Allein die außenhandelsorientierten<br />
sog. doppelstaatlichen Verbände müßten in einer neuen Gesamtorganisation<br />
zusammengefaßt werden. Stresemann stimmte dem zu, wenn er sich auch<br />
skeptisch zeigte, ob es gelingen werde, alle vorhandenen doppelstaatlichen Wirtschaftsvereine<br />
zu integrieren. Wahrscheinlich <strong>für</strong>chtete er zu diesem Zeitpunkt<br />
schon Schwierigkeiten aus dem eigenen Lager und dem des Handelsvertragsvereins.<br />
Ballin regte zusätzlich an, als Protektor den Kaiser und als Präsidenten der<br />
neuen Gesellschaft, die den Namen ,Deutsche Gesellschaft <strong>für</strong> Welthandel' tragen<br />
sollte, den Unterstaatssekretär im Preußischen Ministerium <strong>für</strong> Handel und Gewerbe,<br />
Richter, zu gewinnen, um auch gegenüber der Regierung abgesichert zu<br />
sein. Die Einsetzung eines dreiköpfigen Direktoriums, dem Stresemann, Schweighoffer<br />
und Mathies (Disconto-Gesellschaft), angehören sollten, sowie eines<br />
12-14köpfigen Aufsichtsrats wurde bereits in dieser Sitzung verabredet; ja, es<br />
wurde bereits über die Nominierung von Geschäftsführern <strong>für</strong> die „einzelnen, nach<br />
Wirtschaftsgebieten getrennten Abteilungen" gesprochen. Handels- und zollpolitische<br />
Grundsatzfragen wurden indes ganz ausgeklammert, da<strong>für</strong> machten sich vor<br />
allem Hirsch und Roetger <strong>für</strong> den CDI stark 144 .<br />
Diese Einigkeit der verhandelnden, heterogenste wirtschaftspolitische Auffassungen<br />
vertretenden Gruppen muß auf den ersten Blick überraschen; die Schwierigkeiten<br />
ließen dann auch nicht lange auf sich warten. Während es der Bdl erreichen<br />
konnte, gleichberechtigt mit dem CDI zu neuerlichen Besprechungen am 17.<br />
und 25. Februar nach Berlin einzuladen, konnte der Handelsvertragsverein eine<br />
solche Anerkennung als Dritter im Bunde nicht durchsetzen, was zu ersten Unstimmigkeiten<br />
führte.<br />
Noch vor der geplanten Gründungsversammlung am 26. Februar 1914 wurde<br />
der CDI aktiv, der sich in der neuen Organisation möglichst den zentralen Einfluß<br />
143<br />
PA Bonn, NL Stresemann Bd. 114, Stresemann an den Vorstand des Bdl 31. 3. 19 (in einem<br />
Rückblick).<br />
144<br />
Roetger beantragte sogar, daß die Ausschaltung zollpolitischer Fragen auch in der Namensgebung<br />
zum Ausdruck kommen müßte, ein Vorstoß, den Ballin mit dem Hinweis abbiegen<br />
konnte die Tätigkeit des Welthandels-Verbandes bleibe satzungsgemäß allein auf die Förderung<br />
der Ausfuhrinteressen der deutschen Industrie beschränkt.