VIERTELJAHRSHEFTE FÜR ZEITGESCHICHTE - Institut für ...
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Freiheitlicher Sozialismus oder soziale Marktwirtschaß 447<br />
Ich <strong>für</strong>chte, daß die Planungsarbeit, die in der Sowjetzone erfolgreich in Angriff<br />
genommen wurde, aus zwei Gründen Gefahr läuft, kompromittiert zu werden: einmal<br />
durch die Demontage, die den Erfolg der Planungsarbeit illusorisch macht, ja,<br />
die ganze Planungsarbeit fragwürdig macht, denn man kann eigentlich erst nach<br />
Abschluß der Demontage mit der Planungsarbeit beginnen und zweitens durch die<br />
Beschränkung der Zone, da keine Austauschmöglichkeit der Rohstoffe vorliegt.<br />
Ich möchte ausdrücklich betonen, daß ich hierbei nicht die politischen Probleme angefaßt<br />
habe. In der Sowjetzone wird eine Planungsarbeit noch unter Leitung der<br />
Sowjet-Militäradministration gemacht. Es ist also noch eine, wenn Sie wollen militärische,<br />
mehr kriegsmäßige Wirtschaft innerhalb der Planungsarbeit. Die Frage, wieweit<br />
eine solche Planungsarbeit notwendigerweise diktatorisch sein muß, habe ich<br />
nicht erörtert. Daß da Probleme liegen, die von uns aus gelöst werden müssen, ist<br />
selbstverständlich, und wir arbeiten in Berlin, in der fünften Zone, auch noch an<br />
einem Plan.<br />
Die Arbeit in Berlin hat gezeigt, daß wir als eine Insel, als eine steinige Insel, auf<br />
der nichts wächst, die keine Bodenschätze hat, nur die Wirtschaft in Gang bringen,<br />
wenn wir einen einheitlichen Plan haben und die einzelnen Betriebe zu einer Gesamtleistung<br />
zusammenfügen. Die letzten Wochen in Berlin haben ein so eindrucksvolles<br />
Bild von der Notwendigkeit dieser Planungsarbeit vermittelt, daß überhaupt,<br />
wie ich glaube, bei der Bevölkerung kein Zweifel darüber sein kann, daß ein Berliner<br />
Plan notwendig ist, um überhaupt Material zu erhalten." 153<br />
Dr. Deissmann:<br />
[Deissmann stellt eingangs fest, daß die Übergabe von Exekutivbefugnissen an das<br />
ZAW auf dem Gebiet der Wirtschaftsverwaltung erst noch bevorstehe, gleichwohl<br />
aber schon jetzt eine „Lawine der Tagesfragen" 154 auf es zukomme.]<br />
„Wir unterscheiden deshalb oder wollen im Aufbau unserer Planungsabteilung zwischen<br />
langfristiger und kurzfristiger Planung unterscheiden. Wir sind der Meinung,<br />
daß zur Aufstellung eines volkswirtschaftlichen Gesamtplanes, wie er hier gewünscht<br />
worden ist, die Voraussetzungen noch nicht gegeben sind. Es liegen einfach die<br />
primitivsten Voraussetzungen <strong>für</strong> das Aufstellen eines solchen gesamtwirtschaftlichen<br />
Planes noch nicht vor. Es fehlen die juristischen Grundlagen, es fehlt das stabile<br />
Element.<br />
Eingriffe der Besatzungsmacht, Eingriffe äußerer Umstände würden einen solchen<br />
Plan umstoßen. Die grundlegende Voraussetzung ist die Kredit- und Finanzpolitik.<br />
Es fehlt auch im verwaltungsmäßigen Aufbau, die weitgehende Zuständigkeit, die<br />
eine solche zentrale Planungsstelle haben müßte, um in andere Wirtschaftsbereiche<br />
eingreifen zu können wie Transport, Verkehr, Arbeitseinsatz usw. Wir sind uns klar,<br />
daß es verfehlt wäre, in einer solchen Situation nun diese Frage der zukünftigen<br />
langfristigen Planung zu vernachlässigen, denn es ist unbedingt nötig, daß wir auch<br />
diese Dinge jetzt gleich in Angriff nehmen und wir sind daher sehr dankbar <strong>für</strong> alle<br />
Anregungen und Möglichkeiten, auf diesem Gebiete weiterzuarbeiten und legen<br />
größten Wert darauf, in das Zentralamt eine Abteilung einzubauen, die sich mit der<br />
Herausarbeitung der Grundlagen befaßt. 155<br />
153 GA, S. 154-158.<br />
154 GA,S. 159.<br />
155 Im ZAW wurde diese Funktion von der Hauptabteilung Planung und Statistik, insbesondere<br />
von deren Leiter, Günter Keiser, wahrgenommen. Mit dem Umbau des Amtes zum Verwaltungsamt<br />
<strong>für</strong> Wirtschaft Anfang 1947 wurde eine eigenständige Grundsatzabteilung<br />
(Hauptabteilung A) eingerichtet.