VIERTELJAHRSHEFTE FÜR ZEITGESCHICHTE - Institut für ...
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Hugenberg contra Stresemann 335<br />
Klagen des Maschinenbaus über die Dumpingverkäufe der Syndikate ab, so scheinen<br />
sich zwischen Großmaschinenbau und Stahlwerksverband vor 1914 keine Konflikte<br />
grundsätzlicher Art mehr ergeben zu haben 27 .<br />
Im Zeichen der nur von einer kurzen Zwischenkrise 1907/8 unterbrochenen<br />
Hochkonjunktur seit 1905 kam es zudem zu einer stetigen Expansion der Maschinenbauindustrie,<br />
die sich auch im Schatten der Schutzzölle in der Rangliste der<br />
deutschen Industriewirtschaft beachtlich nach vorn schieben konnte.<br />
Auf lange Sicht versuchte der Großmaschinenbau seine Stellung durch Kooperation<br />
mit den Großbetrieben der Elektroindustrie, die ebenfalls im Verein Deutscher<br />
Maschinenbau-Anstalten organisiert waren, zu stärken. Die Elektrogroßindustrie<br />
nämlich, ebenso wie der Maschinenbau und die chemische Industrie eine Wachstumsindustrie<br />
28 , war wie die eisenverarbeitende Industrie an billigem Rohstoffbezug<br />
interessiert, d. h. ein Gegner allzu hoher Schutzzölle; durch eine erst in Ansätzen<br />
vorhandene Verbandspolitik 29 blieb diese informelle Gruppe indes gegenüber<br />
der straff organisierten Machtgruppe der Kohle-Eisen-Stahl-Seite, die eng<br />
mit der Textilindustrie sowie der schutzzöllnerischen Glas-, Zucker- und Dünge -<br />
mittelindustrie zusammenarbeitete, wenig schlagkräftig. Zudem war sie in ihrem<br />
Aktionsradius durch ein teilweises Gegeneinanderarbeiten der sich herausbildenden<br />
Großbetriebe Siemens und AEG eingeengt: Siemens z. B. war seit 1911 durch<br />
Wilhelm von Siemens im Direktorium des CDI vertreten, während sich die AEG<br />
Walther Rathenaus nicht im Centralverband betätigte und stärker mit der syndikatsgegnerischen<br />
verarbeitenden Eisenindustrie (Bleche, Röhren), bes. mit den<br />
Mannesmannröhrenwerken, die 1911 dem Bdl beitraten, kooperierte 30 .<br />
Die innerverbandliche Machtstruktur verlagerte sich noch mit dem Eintritt der<br />
deutschen Industriewirtschaft in ihre ,reife', monopolistische Phase seit etwa<br />
1910 31 , als sich der Weg vom Großbetrieb zum Konzern in ersten Umrissen abzeichnete<br />
und die Angliederungspolitik von weiterverarbeitenden Betrieben seitens<br />
27 Ohnehin arbeitete die Maschinenbauindustrie vor 1914 zu rd. 70 % <strong>für</strong> den Inlandsmarkt,<br />
vgl. W. Rech, der deutsche Maschinenbau und seine Zukunft, (Deutschlands wirtschaftl.<br />
Zukunft, 4. H.), Nieder-Ramstadt b. Darmstadt 1922, S. 54 ff.<br />
28 Vgl. dazu die Angaben bei Kocka, Siemens, bes. S. 327 ff.; Art. Elektrizitätsindustrie, in:<br />
Handwörterbuch der Staatswissenschaften, Bd. III, 3. Aufl. 1909 (Wirminghaus), S. 927ff.;<br />
J. Loewe, Die elektrotechnische Industrie, in: Die Störungen im deutschen Wirtschaftsleben<br />
während der Jahre 1900 ff., Leipzig 1903, bes. 77 ff.; auch hier bildeten die Jahre 1903 bzw.<br />
1910 ff. nach den elektroindustriellen „Gründerjahren" 1897-1900 eine deutliche Zäsur. So<br />
stiegen z.B. die Zahlen der Beschäftigten von 26 321 im Jahre 1895 über 82 510 im Jahre<br />
1905 auf 106 966 im Jahre 1907; allein die AEG steigerte ihr Aktienkapital über 5 Millionen<br />
(1893), 60 Mill. um 1900 und 100 Mill. (1909) auf 130 Millionen im Jahre 1912. Ähnliche<br />
Steigerungsraten galten <strong>für</strong> den Siemens-Konzern.<br />
29 Ein großer Branchenverband wurde erst im Frühjahr 1918 ins Leben gerufen.<br />
30 Vgl. dazu W. Rathenau, Tagebuch 1907-1922, Düsseldorf 1967, S. 146; S. 287 (Liste der<br />
Aufsichtsratssitze): besonders Kontakte zu Eich (Mannesmann) und einigen kleineren Betrieben<br />
der eisenverarbeitenden Industrie.<br />
31 Vgl. dazu A. Feiler, Die Konjunkturperiode 1907-1913 in Deutschland, Jena 1914, S. 81,<br />
S. 95.