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Ausgabe 2-2013 - IGZ

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| Sc h w e r p u n k t t h e m ader eigentlichen Behandlung erst einmal eingehendzu untersuchen und den Befund zu dokumentieren.Das löst eine Abrechnung dieser Kassenleistung nachBEMA Nr. 01 aus. Hinzu kommen ein PSI-Test (ParodontalerScreening Index, BEMA Nr. 04) und beiUnklarheiten auch noch Röntgenaufnahmen, wennBilder vom Vorbehandler nicht verfügbar sind. Jehäufiger Patienten ihren Zahnarzt wechseln, destohäufiger fallen auch diese Leistungen an. Auf dieseWeise entstehen überflüssige Doppeluntersuchungen- hätte der Patient die PZR bei seinem angestammtenZahnarzt durchführen lassen, wären solche Leistungennicht angefallen. Die unnötige Aufblähung desLeistungsvolumens bei den Kassenleistungen gehtzwar wegen der Vergütungsobergrenzen zunächsteinmal nicht sofort zu Lasten der gesetzlichen Kassen,wirkt sich aber perspektivisch über die Budgetverhandlungenvon KZVen und Kassen kostensteigerndaus. Wettbewerb kann teuer werden.Wettbewerbsantagonismen kontra vertrauensvollesMiteinanderÖkonomen sehen Zahnarzt und Patient in einer krudenKunden-Lieferanten-Beziehung, ausgestattet mithöchst gegensätzlichen Interessen. Der modellierteKunde der Wirtschaftstheorie möchte den geringstmöglichenPreis erzielen, der modellierte Lieferantsteht dem diametral entgegen. Dass solche Antagonismenschon im ganz normalen Wirtschaftslebennicht die ganze Realität abbilden, dass es neben derPreisverhandlung immer auch um ein Vertrauen indie Seriosität des Partners, in die Qualität von Produktenund Leistungen geht und so ein wechselseitigesAufeinander-Angewiesensein entsteht, ist eineBinsenweisheit. Insofern ist die Vertrauensbeziehungzwischen Arzt und Patient, eine Beziehung, in der ausguten Gründen das Miteinander dominiert, gar nichtso weit entfernt von der Realität des wirtschaftlichenHandelns, wie es uns die Ökonomen in ihren Modellendes „homo oeconomicus“ weismachen wollen. Dasvertrauensvolle Miteinander ist eben kein ethischromantischerAnachronismus aus vergangenen Tagen,sondern möglicherweise sogar die effizientereForm des „Wirtschaftens“. Unser Beispiel der PZRweist jedenfalls in diese Richtung.Homo oeconomicusDer „homo oeconomicus“ ist - und das sollte nichtaus dem Blick geraten - nur ein Modell der Wirtschaftswissenschaft,eine Vereinfachung, Vergröberungvon Realität, um Mechanismen wirtschaftlichenHandelns zu beschreiben. In den politischenDebatten wird das Modell des „homo oeconomicus“als des egoistisch-triebhaft, ja quasi naturgesetzlichseinem wirtschaftlichen Vorteil folgenden Menschenaber gern - weil es so verlockend simpel erscheint -als Natur des Menschen, als Realität gesehen. Dochebenso wenig, wie die Vergröberung des Menschenzum „homo oeconomicus“ die ganze Vielfalt menschlicherHandlungen erklärt, sollte sich die Politik derVersuchung hingeben, vorrangig mit dem aus diesemModell abgeleiteten Instrumentarium von wirtschaftlichenAnreizsystemen und Wettbewerb das Gesundheitswesenzu gestalten. Der „homo oeconomicus“ ist- wie der Wettbewerb - nur ein Teil des Ganzen undnicht das Ganze selbst.Medizin und wirtschaftlicher WettbewerbIn der Medizin geht es im Unterschied zu anderen Bereichender gewerblichen Wirtschaft um fundamentaleGüter der menschlichen Existenz: die Gesundheitund das Leben. Das trifft nicht minder auf dieZahnmedizin zu: Bekannt sind inzwischen die vielfältigenWechselwirkungen von Erkrankungen desMundraumes mit weitverbreiteten, schweren Allgemeinerkrankungenwie beispielsweise Diabetesund Herz-Kreislauf-Erkrankungen. In Studien zeigtesich, dass Patienten mit Parodontitis ein 1,7facherhöhtes Risiko für eine Koronare Herzerkrankunghatten. Deutliche Hinweise gibt es auch auf Zusammenhängevon Frühgeburten und Atemwegserkrankungenmit einer unbehandelten Parodontitis. Bakterienaus den Zahnfleischtaschen wirken nicht nurim Mundraum, sondern gelangen über die Blutbahnin den Körper. Die Zahnmedizin ist längst schon demtradierten Image eines Zahnreparaturbetriebes entwachsenund heute mehr als je zuvor prophylaxeorientiertund in Themen anderer medizinischer Disziplineneingebunden.Zahnärztinnen und Zahnärzte sind sich der besonderenVerantwortung ihrer Berufsausübung bewusst. DasWohl der Patienten ist die oberste Maxime zahnärztlichenHandelns - so steht es in den Berufsordnungender Landeszahnärztekammern. Diese Verpflichtunggrenzt den Berufsstand von gewerblichen, im wirtschaftlichenWettbewerb stehenden Unternehmenab und macht den Weg frei für eine vertrauensvolleZahnarzt-Patient-Beziehung. Nur unter solchen Voraussetzungenist letztlich eine gelingende Medizinsinnvoll denkbar, denn Patienten wünschen sich ihrenArzt als Helfer und nicht als Verkäufer medizinischerDienstleistungen. Wenn sie hinter jedem Therapievorschlagnur noch monetäre Motive vermutenmüssten, stünden wir vor einem grundlegenden kulturellenWandel, den niemand - weder Politiker nochVertreter der Krankenkassen, Ärzte oder Patienten -ernsthaft wollen kann. Dass eine vertrauensvolle Zahnarzt-Patient-Beziehungauch wirtschaftlich effizientsein kann und der wirtschaftliche Wettbewerb bei näheremHinsehen keineswegs zwangsläufig zu Kostenreduzierungen,sondern eher noch zu Kostensteigerungenführt, dürfte eine gute Nachricht sein.24 | <strong>IGZ</strong> Die Al t e r n a t iv e Nr. 2/<strong>2013</strong>

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