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Die jüdische Bevölkerung in Daubringen und ... - tagebergen.de

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<strong>in</strong> die Gießener landgräfliche Amtsverwaltung 14 liefen nun auch die Schutzgeldzahlungen <strong>de</strong>rStaufenberger Ju<strong>de</strong>n über die Rechnungsbücher <strong>de</strong>s landgräflichen Rentmeisters <strong>in</strong> Gießen. Ausdiesen Gießener Amtsrechnungen erfahren wir, daß 1660 „Moyses Jud“ se<strong>in</strong>en Wohnort vonStaufenberg nach Heuchelheim verlegte. Man zog ihn zu e<strong>in</strong>er zweifachen Abgabe heran. Zunächstzahlte er „zu Halbjährigem Schutzgeld“ <strong>in</strong> Staufenberg 6 fl. 8 thr., anschließend <strong>in</strong> Heuchelheimnochmals 5 Goldgul<strong>de</strong>n E<strong>in</strong>zugsgeld an die Gießener Rentei [Stumpf 1981a, S. 219].„Löwe Judt Zum Staufenberg“, <strong>de</strong>r 1602 von Alten-Buseck zugezogen war <strong>und</strong> 1620 im Altervon 67 Jahren vor <strong>de</strong>r Regierung Gießen über die Ju<strong>de</strong>n im Busecker Tal ausgesagt hatte, lebtezu diesem Zeitpunkt schon nicht mehr. 15Nach <strong>de</strong>n Ju<strong>de</strong>n Löwe <strong>und</strong> Moyses sche<strong>in</strong>t es für e<strong>in</strong>e längere Zeit ke<strong>in</strong>e Ju<strong>de</strong>n <strong>in</strong> Staufenberggegeben zu haben; <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Aufstellung, die Landgraf Ernst Ludwig 1713 <strong>in</strong> Auftrag gab, f<strong>in</strong><strong>de</strong>nsich zum<strong>in</strong><strong>de</strong>st ke<strong>in</strong>e jüdischen Schutzgeldzahler <strong>in</strong> Staufenberg [Bo<strong>de</strong>nheimer 1931a, S. 22].Auch die Gießener Amtsrechnungen enthalten ke<strong>in</strong>erlei H<strong>in</strong>weise auf jüdische E<strong>in</strong>wohner <strong>in</strong><strong>de</strong>n umliegen<strong>de</strong>n Orten <strong>de</strong>s Gerichts Lollar [Stumpf 1981a, S. 219].Obwohl sich allgeme<strong>in</strong> im Verlauf <strong>de</strong>s 16. <strong>und</strong> 17. Jahrh<strong>und</strong>erts e<strong>in</strong>e langsame Verbesserung<strong>de</strong>r rechtlichen Situation <strong>de</strong>r Ju<strong>de</strong>n abzuzeichnen begann, unterlagen sie weiterh<strong>in</strong> vielfältigenE<strong>in</strong>schränkungen. Durften sie doch noch immer nicht frei ihren Beruf wählen. Noch immer wur<strong>de</strong>ihnen das Recht auf Zutritt zu <strong>de</strong>n Zünften <strong>und</strong> an<strong>de</strong>ren Vere<strong>in</strong>igungen <strong>de</strong>r Handwerker <strong>und</strong>Gewerbetreiben<strong>de</strong>n verwehrt. <strong>Die</strong> steigen<strong>de</strong> Konkurrenzangst <strong>de</strong>r Zünfte führte zu Spannungen,die nach Ausgleich u.a. <strong>in</strong> Form von Sün<strong>de</strong>nböcken verlangten <strong>und</strong> sich somit nicht nur <strong>in</strong> Wi<strong>de</strong>rstän<strong>de</strong>ngegen jüdische Erwerbstätigkeit son<strong>de</strong>rn auch gegen Ju<strong>de</strong>n als M<strong>in</strong><strong>de</strong>rheit allgeme<strong>in</strong>entlu<strong>de</strong>n. <strong>Die</strong> Ansiedlung von Ju<strong>de</strong>n <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Dörfern <strong>de</strong>s Gerichts Lollar steht vielleicht auch mitsolchen Konflikten <strong>in</strong> Zusammenhang.Auf <strong>de</strong>n Druck <strong>de</strong>r Zünfte <strong>und</strong> christlicher Theologen, die sich um die richtige Konfessionstritten, g<strong>in</strong>gen bereits <strong>in</strong> <strong>de</strong>r ersten Hälfte <strong>de</strong>s 17. Jahrh<strong>und</strong>erts Versuche zurück, die Ju<strong>de</strong>n <strong>de</strong>sLan<strong>de</strong>s zu verweisen [Bo<strong>de</strong>nheimer 1931a, S. 4, 20]. In <strong>de</strong>r Folge verstärkte <strong>de</strong>r Landgraf vonHessen-Darmstadt, Georg II., die Anstrengung, die Ju<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r landgräflichen Gebiete zum Christentumzu bekehren. Alle<strong>in</strong> <strong>in</strong> Gießen wur<strong>de</strong>n 1642/43 drei sogenannte Ju<strong>de</strong>nkonvente abgehalten.16 <strong>Die</strong> Ju<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Umgebung hatten vollständig „ufm Rahthaus“ <strong>in</strong> Gießen zu ersche<strong>in</strong>en<strong>und</strong> mußten e<strong>in</strong> „christliches Gespräch“ <strong>de</strong>s Gießener Super<strong>in</strong>ten<strong>de</strong>nten Haberkorn über sichergehen lassen. Ihnen sollten die <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Ju<strong>de</strong>nverordnungen „begriffene weltliche Sache con<strong>de</strong>rniren<strong>de</strong>nPuncten von unsern Beambten, welche aber die verbotene Lästerung <strong>de</strong>s Herrn Christi,unsers e<strong>in</strong>igen Erlösers <strong>und</strong> Seeligmachers, sodan Verhütung allerhand Ärgernuß betreffen, vongewissen dazu <strong>de</strong>putirten Geistlichen erleutert <strong>und</strong> sie also <strong>de</strong>r Gebühr <strong>in</strong>formirt <strong>und</strong> vermittelstgöttlicher Gnad zu ihrer verhoffen<strong>de</strong>n Bekehrung e<strong>in</strong> Weg gebahnt wer<strong>de</strong>n möge“ 17 . <strong>Die</strong>s allesnatürlich unter Zwang. Über Anwesenheit <strong>und</strong> Ablauf wur<strong>de</strong> genau Protokoll geführt. Ju<strong>de</strong>n aus<strong>de</strong>m Bereich <strong>de</strong>s Gerichts Lollar f<strong>in</strong><strong>de</strong>n wir auch hier nicht genannt [<strong>Die</strong>hl 1925a, S. 612ff].1661/62 gelang es <strong>de</strong>n Zünften auf e<strong>in</strong>em Landtag <strong>in</strong> Gießen, die Ausweisung <strong>de</strong>r Ju<strong>de</strong>n von14 1577 [Weiss 1978a]15 Vernehmungsprotokoll StA DA, E XII, 55/4, S. 1 – 35; [Hans 1986a, div.]16 vgl. die Verordnung von 1642 zur Abhaltung von Ju<strong>de</strong>nversammlungen [Battenberg 1987a, S. .. Nr. 16]17 zit.: Schreiben Landgraf Georgs II. an die Theologen <strong>de</strong>r Universität Marburg vom 26. Febr. 1642 (Univ. Bibl.Gießen, Allg. Nr. 10 Bl. 128 – 129v) [Battenberg 1987a, S. 27]11

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