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Die jüdische Bevölkerung in Daubringen und ... - tagebergen.de

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H<strong>in</strong>zu kam die wachsen<strong>de</strong> Kreditbedürftigkeit großer Teile <strong>de</strong>r ländlichen Bevölkerung schongegen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 18. Jahrh<strong>und</strong>erts. Charakteristisch s<strong>in</strong>d die Angaben von Hypothekenbüchernauch <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Dörfern <strong>de</strong>r Umgebung. Überdurchschnittlich viele Ju<strong>de</strong>n treten dar<strong>in</strong> als Gläubiger<strong>in</strong> Kreditgeschäften auf [Hans 1986a, S. 57].Wegen bei<strong>de</strong>r Armut war <strong>de</strong>r Kredit das B<strong>in</strong><strong>de</strong>glied zwischen <strong>de</strong>m Daubr<strong>in</strong>ger Tagelöhner o<strong>de</strong>rKle<strong>in</strong>bauern <strong>und</strong> <strong>de</strong>m örtlich „Han<strong>de</strong>lsju<strong>de</strong>n“ Aron, <strong>de</strong>r aus eigener Not auch ohne verläßlicheSicherheiten Geld verleihen mußte. 18Aron ersche<strong>in</strong>t erstmals 1777 <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Rechnungen <strong>de</strong>r Geme<strong>in</strong><strong>de</strong> Daubr<strong>in</strong>gen. Er bewohntemit se<strong>in</strong>er Familie e<strong>in</strong> Häuschen <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Großgasse. Den Lebensunterhalt für sich <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Familiebezog er genau wie <strong>de</strong>r Ma<strong>in</strong>zlarer Ju<strong>de</strong> Hoijom <strong>und</strong> <strong>de</strong>r Daubr<strong>in</strong>ger Ju<strong>de</strong> Ravogel, diebei<strong>de</strong> bereits Mitte <strong>de</strong>s 18. Jahrh<strong>und</strong>erts <strong>in</strong> E<strong>in</strong>wohnerlisten Erwähnung f<strong>in</strong><strong>de</strong>n, aus <strong>de</strong>m e<strong>in</strong>fachenViehhan<strong>de</strong>l. Hojiom, Ravogel, Aron <strong>und</strong> <strong>de</strong>r etwas später <strong>in</strong> Ma<strong>in</strong>zlar genannte Seligmannhatten wie ihre Glaubensbrü<strong>de</strong>r <strong>in</strong> an<strong>de</strong>ren hessen-darmstädtischen Ortschaften auch <strong>de</strong>n Statuslandgräflicher Schutzju<strong>de</strong>n. Im Dorf wur<strong>de</strong>n sie als Beisassen mit e<strong>in</strong>geschränkten Rechten <strong>in</strong>Bezug auf <strong>de</strong>n Geme<strong>in</strong>schaftsnutzen geführt, <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r Besitz von Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Bo<strong>de</strong>n <strong>in</strong> <strong>de</strong>r Regelnicht gestattet war. Alljährlich zahlten sie daher „wegen Betreibung <strong>de</strong>r Geme<strong>in</strong><strong>de</strong> wey<strong>de</strong>mit [...] Han<strong>de</strong>lsvieh“ e<strong>in</strong>en „unständigen“ Betrag, <strong>de</strong>ssen Höhe sich nach <strong>de</strong>r Dauer <strong>und</strong> <strong>de</strong>mUmfang <strong>de</strong>r Inanspruchnahme <strong>de</strong>r Geme<strong>in</strong><strong>de</strong>wei<strong>de</strong> richtete. 19 <strong>Die</strong> Rekonstruktion jüdischer Familien<strong>in</strong> Ma<strong>in</strong>zlar <strong>und</strong> Daubr<strong>in</strong>gen am Ausgang <strong>de</strong>s 18. Jahrh<strong>und</strong>erts ist trotz <strong>de</strong>r Überlieferungvon Geburten im Pfarrarchiv Kirchberg nicht ganz e<strong>in</strong>fach. In <strong>de</strong>r Regel gaben jüdische Eltern zudieser Zeit ihren K<strong>in</strong><strong>de</strong>rn Namen <strong>in</strong> hebräisch-alttestamentarischer Tradition, die dann im umgangssprachlichen,„oberhessischen“ Gebrauch abgeschliffen wur<strong>de</strong>n <strong>und</strong> sich so <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er eherjüdischen als auch <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er eher <strong>de</strong>utschen Form <strong>in</strong> <strong>de</strong>n Quellen f<strong>in</strong><strong>de</strong>n. So ersche<strong>in</strong>en im unterenLumdatal beispielsweise Namen wie Salomon, Moses o<strong>de</strong>r Baruch, aber auch Elkan <strong>und</strong> Haune(bei<strong>de</strong> für das hebräische „Elchonon“) o<strong>de</strong>r Hoijom (auch als Heijem o<strong>de</strong>r Heyum). Darüberh<strong>in</strong>aus ist aus <strong>de</strong>n Kirchberger Pfarrakten ersichtlich, daß <strong>in</strong>sbeson<strong>de</strong>re die männlichen Nachkommenjüdischer K<strong>in</strong><strong>de</strong>r bis zur staatlich verb<strong>in</strong>dlichen Durchsetzung <strong>de</strong>s Gebrauchs <strong>de</strong>utscherFamiliennamen zu Beg<strong>in</strong>n <strong>de</strong>s 19. Jahrh<strong>und</strong>erts oft als Zunamen <strong>de</strong>n Vor- o<strong>de</strong>r Be<strong>in</strong>amen <strong>de</strong>sVaters erhielten. Wie <strong>in</strong> früheren Jahrh<strong>und</strong>erten auch bei Christen üblich, ist also e<strong>in</strong>e klare Unterscheidungvon Vor-, Bei-, Zu- o<strong>de</strong>r Familiennamen schwierig, zumal um die Jahrh<strong>und</strong>ertwen<strong>de</strong>schließlich auch bereits <strong>de</strong>utsche Familiennamen bei Ma<strong>in</strong>zlarer o<strong>de</strong>r Daubr<strong>in</strong>ger Ju<strong>de</strong>nVerwendung f<strong>in</strong><strong>de</strong>n [Demandt 1980a] [<strong>Die</strong>tz 1904a].Zwischen etwa 1770 <strong>und</strong> 1815 lebte <strong>in</strong> Daubr<strong>in</strong>gen die Familie <strong>de</strong>s bereits erwähnten Schutzju<strong>de</strong>nAron. Sie bewohnte die zu Beg<strong>in</strong>n <strong>de</strong>r 1980er Jahre abgerissene Hofreite <strong>in</strong> <strong>de</strong>r heutigenGroßgasse 5. Aron, <strong>de</strong>r <strong>in</strong> kirchlichen Quellen auch Elkan Aoron, <strong>in</strong> geme<strong>in</strong>dlicher Überlieferungauch Haune Aron genannt wird, hatte zwei Söhne Michel Elkan, geb. am 18. April 1788,<strong>und</strong> Salomon Elkan, geb. 1. Februar 1791. Ab etwa 1812 ersche<strong>in</strong>en diese drei genannten Mitglie<strong>de</strong>r<strong>de</strong>r Familie Arons mit [S. 242] <strong>de</strong>m jetzt künstlich-<strong>de</strong>utschen Familiennamen Mormelste<strong>in</strong>:Haune Mormelste<strong>in</strong> mit se<strong>in</strong>en Söhnen Mich(a)el Mormelste<strong>in</strong> <strong>und</strong> Salomon Mormelste<strong>in</strong>.18 exemplarisch für <strong>de</strong>n württemberg-badischen Raum: [Jeggle 1969a] [Kaschuba 1982a, S. 35]19 zit.: StdtA Stfbg., Best. Daubr<strong>in</strong>gen, B1/011, Geme<strong>in</strong><strong>de</strong>rechnungen 1777; zu „Ravogel“: [Staufenberg 1983, S.161] („Ravogel“ lässt auf e<strong>in</strong>e m<strong>und</strong>artliche Verballhornung <strong>de</strong>s Vornamens Raphael schliessen); zu „Hoijom“<strong>und</strong> „Seligmann“: [Hormann 1988a]14

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