2011-03 - lola - Das Magazin für Düsseldorf
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Interview<br />
Woher wissen Sie so viel über Jan Wellem?<br />
Kleinbongartz Als Leiterin der Sammlung <strong>für</strong> ältere Stadtgeschichte<br />
gehört die wissenschaftliche Beschäftigung mit<br />
Jan Wellem zu meinen Aufgaben. Für die Jan Wellem-Ausstellung<br />
2008 (sein 350. Geburtstag) haben wir das Material<br />
zu Jan Wellem neu erarbeitet.<br />
Bis heute gibt es keine fundierte wissenschaftliche Biografie<br />
über ihn, denn es gibt einfach zu viel Material. Und vieles<br />
davon ist durch die Erbfolge nach München gelangt, wo es<br />
sich bis heute befindet.<br />
Was ist Ihrer Meinung nach die größte Leistung des Kur<strong>für</strong>sten<br />
<strong>für</strong> <strong>Düsseldorf</strong>?<br />
Kleinbongartz Jan Wellem war ein leidenschaftlicher Kunstförderer,<br />
der eine großartige Sammlung in <strong>Düsseldorf</strong> zusammentrug.<br />
Die von ihm gegründete Galerie wurde später<br />
eines der ersten Museen in Europa. Die Sammlung befand<br />
sich noch lange nach seinem Tod in <strong>Düsseldorf</strong> und lockte<br />
viele wichtige Besucher an den Rhein. Unter anderem Persönlichkeiten<br />
wie Georg Forster und Johann Wolfgang von<br />
Goethe. Mit dieser Kunstsammlung wurde die Kunststadt<br />
<strong>Düsseldorf</strong> begründet.<br />
Was können Sie über Jan Wellems Charakter sagen?<br />
Kleinbongartz Relativ wenig. Jan Wellem war einer der einflussreichsten<br />
Fürsten des heiligen römischen Reiches und<br />
musste sich einem strengen Hofzeremoniell unterwerfen.<br />
<strong>Das</strong>s er interessiert, begeisterungsfähig und impulsiv war,<br />
können wir aus einigen Quellen ableiten. Seine zweite Frau<br />
beschrieb ihn als leichtgläubig, weil er einem reisenden<br />
Weinhändler aus Armenien Glauben schenkte, der ihm die<br />
armenische Königskrone versprach. <strong>Das</strong>s er mit seinen Untergebenen<br />
„einen Trinken“ gegangen sei, ist nur eine lustige<br />
Anekdote. Ein solches Gelage hat nicht stattgefunden.<br />
Jan Wellem plante eine „Neustadt“ <strong>für</strong> <strong>Düsseldorf</strong>, wie<br />
muss man sich diesen Plan vorstellen?<br />
Kleinbongartz Jan Wellem wollte <strong>Düsseldorf</strong> Richtung Sü-<br />
Pferdepension<br />
Reitsportladen<br />
www.pferdehof-teitscheid.de<br />
Sigrid Kleinbongartz<br />
Stellvertretende Direktorin des Stadtmuseums <strong>Düsseldorf</strong><br />
und Leiterin der Sammlung Ältere Stadtgeschichte<br />
Als Historikerin hat Frau Kleinbongartz einen sehr professionellen Blick auf<br />
Jan Wellem. In unserem Gespräch wurde deutlich, dass viele der bekannten<br />
Geschichten über den Kur<strong>für</strong>sten Anekdoten sind, die sich historisch nicht<br />
belegen lassen.<br />
den um das Fünffache vergrößern. Die Stadt war <strong>für</strong> einen<br />
Fürsten seines Formates zu klein und nicht angemessen<br />
repräsentativ.<br />
Woran scheiterte die Umsetzung dieses Planes?<br />
Kleinbongartz Am Geld. Jan Wellem war chronisch pleite.<br />
Er plante u.a. einen Neubau des <strong>Düsseldorf</strong>er Schlosses, die<br />
Pläne zeigen einen gigantischen Bau, der Versailles in den<br />
Schatten gestellt hätte. Auch dieser Plan konnte nicht umgesetzt<br />
werden. Über das <strong>Düsseldorf</strong>er Schloss ärgerte sich<br />
Jan Wellem, es war alt und klein und seine Zeitgenossen<br />
spotteten über das marode Gebäude.<br />
Wie sehen Sie die Bedeutung Jan Wellems in der heutigen<br />
Zeit <strong>für</strong> unsere Stadt?<br />
Kleinbongartz Jan Wellem förderte seine Residenzstadt<br />
<strong>Düsseldorf</strong> in großem Stil. Die Stadt erlebte eine ihrer glanzvollsten<br />
Epochen und entwickelte sich zu einer kulturellen<br />
Stätte von Rang. <strong>Das</strong>s viele <strong>Düsseldorf</strong>er Jan Wellem heute<br />
nur von dem Reiterstandbild vor dem Rathaus oder als legendäre<br />
Figur kennen, wird ihm nicht gerecht.<br />
Welche ist Ihre Lieblingslegende über Jan Wellem?<br />
Kleinbongartz „Erbsen und Speck“… Jan Wellem war als<br />
Jäger im Wald unterwegs. Er verirrte sich und verlor auch<br />
noch sein Pferd. Also musste er nun zu Fuß den Weg suchen.<br />
Er war es nicht gewohnt, weite Strecken zu gehen, durch<br />
<strong>Düsseldorf</strong> ließ er sich gern in einer Sänfte tragen. Hungrig<br />
und erschöpft kam er an einen alten Kotten. Die Bauersleute,<br />
die hier lebten, gaben dem Kur<strong>für</strong>sten ein Gericht aus<br />
Erbsen und Speck. Dies schmeckte Jan Wellem so vorzüglich,<br />
dass er zu Hause seinen Köchen befahl, es nachzukochen.<br />
Aber es schmeckte ihm nicht. Also ließ er die Bäuerin<br />
kommen, sie sollte es genau so kochen, wie an jenem Tag.<br />
Aber es schmeckte ihm wieder nicht. Jetzt verstand er, dass<br />
es ihm bei den Bauern so gut geschmeckt hatte, weil er<br />
richtigen Hunger hatte. Diesen Zustand kannte er am<br />
Hof natürlich nicht.<br />
Themen im Mai/Juni:<br />
Titel-Thema Am Rhein entlang<br />
Schaufenster Rund um die Ackerstraße<br />
Extra-Thema Hochzeit<br />
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in der <strong>lola</strong><br />
mail@<strong>lola</strong>-magazin.de | Telefon 0211-3<strong>03</strong> 69 96<br />
<strong>Das</strong> Interview wurde von Gisa Borchers zusammengefasst.<br />
Bild: Stadtarchiv<br />
Wenn Sie mehr über Jan Wellem<br />
erfahren möchten, lohnt<br />
sich ein Besuch des<br />
Stadtmuseums.