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UM UTZU G N N - Restaurator im Handwerk eV

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komplett mit solcher Farbe ausgefüllt und so eine steinharte,<br />

aber nicht zweckdienliche Füllmasse erzeugt worden,<br />

die wie ein Kapillarsystem Wasser hinter den Anstrich<br />

leiten und dort längere Zeit kompensieren konnte.<br />

So hat der Anstrich mehr geschadet als geschützt. Welchen<br />

Auswitterungszustand das Holz erreicht und welche<br />

Schwierigkeit seine Entfernung verursacht, hat zeigen<br />

Fotos.<br />

Bei der mit Heißluft erfolgten Farbentfernung kamen<br />

auch sehr alte Anstriche in geschützten Lagen des<br />

Schnitzwerkes zum Vorschein, deren über 290 Jahre<br />

erhaltene Vitalität mich schon positiv verblüffte. Eine<br />

Erstfassung in einem dunkelgrünen Farbton konnte dabei<br />

eindeutig lokalisiert werden. Als Substanz stellte sich<br />

Ölfarbe auf Leinölbasis als das Material des Erstanstriches<br />

heraus. Warum allerdings der eindeutige Befund<br />

des Erstanstriches nicht in das Farbkonzept der Fassadengestaltung<br />

aufgenommen wurde, bleibt ein Gehe<strong>im</strong>nis<br />

der Verantwortungsträger. Hier war der Bauzeitplan<br />

wie leider so oft ganz offensichtlich wichtiger als der Aspekt<br />

Originalität der barocken Fassung.<br />

An den Bildern nach der Farbentfernung (s. oben)<br />

kann man den schweren Schädigungsgrad der Schnitzwerke<br />

erkennen. In einer ersten Befundermittlung wurden<br />

36 Fehlstellen bzw. Stellen mit der dringenden<br />

Empfehlung des partiellen Austausches der Holzsubstanz<br />

des Schnitzwerkes festgestellt. Dabei handelte es<br />

sich um eine an einige Bedingungen geknüpfte Empfehlung<br />

an die aufsichtsführenden Denkmalpfleger.<br />

Die Hauptbedingung bestand darin, dass die Zahl der<br />

Austauschstellen noch erheblich höher wird, wenn die<br />

Teile nach der restauratorischen Holzbearbeitung nicht<br />

zwingend, mehrfach und über einen längeren Zeitraum<br />

gestreckt, einer Behandlung <strong>im</strong> erhitzten Leinölbad unterzogen<br />

werden. Ohne diese Behandlung konnte für<br />

die weiteren Oberflächenpartien und für die gesamten<br />

Elemente keine Verantwortung für die Haltbarkeit eines<br />

neuen Anstriches und damit für die gesamten Bauteile<br />

übernommen werden.<br />

Zum großen Glück für die originale Substanz vieler<br />

Denkmale hat sich das Verständnis für die positive<br />

Wirksamkeit von Anstrichen auf Leinölbasis allmählich<br />

bei der Denkmalpflege durchgesetzt. Der relativ junge<br />

bauleitende Architekt an diesem Denkmal hatte nach<br />

eigenem Eingeständnis keine Ahnung von den Mög-<br />

lichkeiten und Wirkungen dieses Materials. Es wäre<br />

daher mit Sicherheit zu einer Ablehnung des Einsatzes<br />

gekommen, wenn nicht nach Vorlage von Mustern durch<br />

uns die zuständigen Denkmalpfleger eine eindeutige Befürwortung<br />

dieser Methode ausgesprochen hätten und<br />

somit der Einsatz sogar vorgeschrieben worden wäre.<br />

Besondere Einschränkungen mussten dennoch für<br />

eine vollständige Ranke gemacht werden. Hier war der<br />

Substanzverlust an Plastizität durch die Abwitterung<br />

und natürlich auch durch den wenn auch sensibelst ausgeführten<br />

Farbabtrag gewaltig. Sogar die Rückseite der<br />

Ranke hatte schon Schadstellen, so dass ich, trotz aller<br />

Zuversicht für den Substanzgewinn durch die Leinölbehandlung,<br />

geneigt war, eine Neuanfertigung vorzuschlagen.<br />

Doch durch den Landeskonservator persönlich<br />

ermutigt und mit dem Argument der einzigartigen<br />

Wertigkeit des Originals, zu dem ich mich <strong>im</strong> Zweifelsfalle<br />

<strong>im</strong>mer gern bekenne, war auch diese Frage schnell<br />

geklärt. Nach genauer gemeinsamer Festlegung wurde<br />

das Teil mit insgesamt 16 mittleren bis größeren angear-<br />

<strong>Restaurator</strong> <strong>im</strong> <strong>Handwerk</strong> – Ausgabe 4/2011 39<br />

Ein Teil der eichenen<br />

Bauzier während<br />

und nach<br />

der vorsichtigen<br />

Farbentfernung<br />

Ein Endstück der<br />

Quasten mußte<br />

als komplett<br />

neues Schnitzteil<br />

erstellt werden.

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